Iapetus hat geschrieben:nocheinPoet hat geschrieben:
Es kann ja auch sein, das der Wille sich weiter unten auf eine noch nicht materiellen Ebene manifestiert, er eben auch die Ursache für die gemessenen Werte ist. Es kann auch sein das der Wille die Handlung veranlasst, und eine Wahrnehmung bzw. eine Erfassung erst im nach herein im Gehirn stattfindet. Also, so: Ein selber nicht physikalisch messbarer Wille möchte die Hand heben, hebt sie und im nach herein, wird dieses eben im Gehirn gespeichert. Wer sagt den das wirklich das Gehirn am Anfang der Kette steht.
Selbst wenn wir einen, ich sage mal, „metaphysischen Willen“ vor der Manifestation im Materiellen platzieren und somit die Möglichkeit zur Entscheidungsfindung frei von allen physikalischen Einflussgrößen postulieren, verlagern wir das Problem nur. Denn wir können nun fragen: Wodurch wäre in diesem Falle die Beschaffenheit des metaphysischen Willens bedingt? Um wirklich frei zu sein müsste dieser metaphysische Willen seinerseits unbedingt sein. So habe ich auch deine folgenden Aussagen verstanden:
nocheinPoet hat geschrieben:
Wäre ich ein freier Wille, und würde sagen, ich will diese und jenes, so könnte nie auf die Frage Antwort geben, warum ich diese eben will, denn wenn ich einen Grund nennen könnte, wäre der Wille ja wohl nicht mehr frei
In diesem Sinne können wir eben wollen, doch wir können nicht wollen was wir wollen.
So würde ich das mal sagen. Wir haben hier auch ein wirklich schwieriges philosophisches Thema am Wickel.
Iapetus hat geschrieben:nocheinPoet hat geschrieben:
Wir haben nun so sage ich, mal eine Kraft, welche für den Zerfall Verantwortung trägt. Um hier nicht eine endlose Kausalkette aufzubauen, postulieren wir mal, das diese Kraft selber frei von einer Ursache ist. Ich könnte diese Kraft nun Dieter oder auch Katrin nennen, aber ich sage einfach mal das diese Kraft Wille heißt. Diese Kraft ist ja dem Universum eigen, also könnte ich nun sagen, das Neutron zerfällt, weil es das will, oder weil es der Wille des Ganzen, des Universums ist. Hier kann man sich nun streiten, aber ich sehe keine Möglichkeit, das mir ein kluger Wissenschaftler aufzeigt, das ich es hier nicht mit einem Willen zu tun habe.
Nun ist Wille doch aber nicht nur das Streben nach etwas sondern auch das phänomenale Erleben desselben. Tatsächlich ist für unser menschliches Verständnis doch grade der mentale Zustand der mit dem Willen einhergeht das eigentlich Bedeutsame, eben dieses charakteristische Gefühl „Ich will“.
Wahrnehmung ist bei mir nicht Wollen. Es steht sicher außer Frage, das man die Welt und das was ist wahrnehmen muss, und auch sich in dieser, aber das Erleben ist in meinen Augen nicht Wollen. Eine Mücke nimmt mich wahr und will mich stechen, ich will das aber nicht, und wenn ich die Mücke wahrnehme dann werde ich versuchen ihrer Wahrnehmung ein Ende zubereiten.
Iapetus hat geschrieben:nocheinPoet hat geschrieben:
Die Frage an sich implizieret ja auch einen unfreien Willen, wenn dem nicht so wäre, müssten wir uns nur die Frage nach einem Willen an sich stellen, und nicht auch nach der Freiheit des selbigen fragen.
Eben. Einen freien Willen gibt es nur in der Abgrenzung zum unfreien Willen. Ich behaupte für die Klassifizierung als Wille ist erstmal nicht dass Zustandekommen bedeutsam sondern die Empfindung des Willens selbst. Ansonsten wäre doch jede Kraft die danach strebt etwas zu verändern ein Wille: die zufällig auftretenden Kräfte ein freier Wille (so wie du es oben beschrieben hast) und die kausal bedingten Kräfte ein unfreier Wille.
Wir kommen zum Punkt, zu dem ich will. Ein freier Wille kann im Grunde für uns immer nur wie Zufall wirken und auch nicht von einem solchen zu unterscheiden sein. Sobald wir nämlich einen Grund finden, eine kausale Erklärung, wäre er eben nicht mehr frei. Und ich würde es noch weiter treiben, selbst für sich kann dieser Wille nur Zufall sein, denn wenn er sich selber erkennen kann, und begründen, wäre er nicht mehr frei. Er muss also auch frei von sich selber sein. Sonst haben wir einen Willen, der den freien Willen wollen lässt. Ein freier Wille kann keine Ursache davor haben. Er kann nicht bedingt sein. Wenn es aber so ist, dann kann die Empfindung seiner selbst keine Rolle spielen, denn diese darf keinen Einfluss auf das Wollen des Willens haben.
Iapetus hat geschrieben:nocheinPoet hat geschrieben:
1. Das All darf nicht deterministisch sein.
2. Das Wirken eines freien Willens kann nicht physikalisch erklärt werden, es gibt nicht nur keine erkennbare oder feststellbar und messbare Ursache, sondern es gibt eben gar keine.
Punkt 2. bedeutet doch grade dass der Inhalt des Willens zufällig ist. Wenn aber der freie Wille ein zufälliger Wille ist, ist da nichts mit Selbstbestimmtheit.
Das Problem das ich beschreiben „will“
, ist das wir den freien Willen schon unfrei machen, wenn wir ihm Selbstbestimmtheit vorlegen. Dann ist er ein vom Selbst bestimmter Wille. Ist der Wille denn das Selbst, das ihn dann bestimmt? Damit erreichen wir nur einen Zirkelschluss. Dann können wir auch sagen, der Wille will eben was er will. Es kann im Willen selber keine Ursache für das geben, das den Willen entscheiden lässt, sonst wäre er eben nicht frei in seinem Handeln, sondern eben bestimmt.
Iapetus hat geschrieben:
Einen solchen freien Willen könnte es wohl geben, allerdings sind Zufall und die Abwesenheit von Selbstbestimmtheit nun nicht unbedingt Dinge die gemeinhin mit dem freien Willen assoziiert werden, drum noch ein anderer Blickwinkel auf den freien Willen:
Der freie Wille, genauer die Möglichkeit zur freien Entscheidungsfindung ist zentraler Bestandteil zahlreicher religiöser Lehren und auch Fragestellungen rund um Schuld und Verantwortung stehen damit in Zusammenhang. Einen zufälligen Willen fehlt nun aber das Moment der Selbstbestimmtheit und er hat nun so gar nichts mehr mit dem religiösen Konzept des Freien Willen gemein. Wenn zum Beispiel ein Christ sagt: „Gott gab uns einen Freien Willen“, so meint er sicher was anderes als einen zufälligen Willen.
Ich sage ja im Grunde auch, das Bild einen freien Willen „haben/besitzen zu können“ ist schon ein Widerspruch in sich. Ob es einen geben kann, und ob er sein kann, will ich mal offen lassen. Aber wenn ich sage, ich habe einen freien Willen, dann sage ich, das ich da bin, und ich der Besitzer des freien Willen bin, eben der, der dann über diesen verfügt, und vorgibt was er will. Ich stelle mein Ich eben über den Willen, und nicht darunter. Nicht mein freier Wille sagt mit, was ich will, sondern ich will eben der sein, der bestimmt und vorgibt. Ich kann in dem Sinne keinen freien Willen haben, ich könnte aber einer sein.
Iapetus hat geschrieben:
Ich sage jetzt also einen solchen freien Willen im religiösen Verständnis kann es nicht geben.
Da finden wir dann schon mal zusammen. Dazu noch eine Sache, die Aussage ein freier Wille kann kein Zufall sein, würde diesen auch schon wieder einschränken, was ist denn, wenn er Zufall sein will?
Iapetus hat geschrieben:
Worüber ich nun also nachdenke ist: Macht es für uns überhaupt noch einen Unterschied ob unser (/der) Wille nun zufällig oder determiniert ist? Was bedeutet das nun für Verantwortung und Schuld? Um die Problematik zu verdeutlichen formuliere ich mal eine weitere Frage:
Können wir uns frei für oder gegen etwas entscheiden?
Nun, wird die Entscheidung von einem freien Willen getroffen, so ist es eigentlich keine wirkliche Entscheidung sondern Zufall. Wird hingegen die Entscheidung von einem unfreien Willen getroffen so ist sie nicht frei.
Betrachten wir es real, dann hat eh keiner einen freien Willen, denn alle Entscheidungen werden auf Grundlage bestimmter Überlegungen und Abwägungen getroffen. Mich interessiert das eher tief philosophisch. Ich lege aber hier dann schon einige Dinge zugrunde, welche ich hier so noch nicht beschrieben habe. Ich gehe mal davon aus, das alles was ist, nur Eins ist, ein großes Ganzes. Einige würden hier Gott sagen, der Begriff ist aber für mich nicht entscheidend. Und nun frage ich, wie frei ist dieses Ganze, ist es nur ein Automat, etwas das durchgerechnet wird, determiniert und vorherbestimmt, oder ist es frei?
Und dann kommt man zu der Frage, wie frei kann es von seiner Selbst sein, von seiner Existenz und der Form die es hat? Denn dieses ist auch schon wieder bedingend.