Dgoe hat geschrieben:Wie was ist der Unterschied? Der zwischen offensichtlich und niemals jemals sichtlich.
Hallo Dgoe,
kannst Du das noch ein bisschen genauer ausführen ?
Zunächst einmal erscheinen Wurzeln aus negativen Zahlen absurder als unendliche Grössen, und in der Vergangenheit haben sich auch namhafte Mathematiker entsprechend geäussert und der imaginären Einheit i bzw. sqrt(-1) so ziemlich alles abgesprochen was möglich ist.
Für mich, der ich mich immer für Zahlen interessiert habe, ist natürlich jede algebraische Erweiterung stets sehr willkommen, und dank dem intensiven Studium in Hinblick auf mein Vordiplom des Körpers IQ(sqrt(2)), also der Menge p+q*sqrt(2) mit p,q in IQ und dann auch noch des Körpers IQ(sqrt(3)) habe ich natürlich ein unverkrampftes Verhältnis zum sehr analogen Körper IQ(sqrt(-1)), also den rational-zahligen komplexen Zahlen; zwar liegt letzterer in IC, aber die beiden ersten liegen eben vollständig in IR, d.h. alle in IR gültigen Gesetze gelten auch für sie. Dennoch sind sqrt(2) bzw. sqrt(3) linear
unabhängig in IQ, so dass man diesbezüglich dieselben Überlegungen wie für IC anstellen kann, mit dem grossen Vorteil, dass man sich
jederzeit in IR und
nicht bei den geheimnisvollen imaginären Zahlen aufhält !
Hinweis für diejenigen, die unsere früheren Unterhaltungen zu diesem Thema nicht kennen:man dividiert durch p+q*sqrt(2), indem man das mit seiner "Konjugierten" (p-q*sqrt(2)) erweitert, d.h. 1/(p+q*sqrt(2)) = (p-q*sqrt(2))/(p²-2*q²); auf diese Weise bekommt man die sqrt(2) aus dem Nenner hinaus in den Zähler.
Aber eben: Kritiker können - zurecht - einwenden, dass die Konstruktion von IC zwar formal korrekt sei, aber jeder Anschauung entbehre. Zwar gilt die Euler'sche Formel als die schönste Gleichung in der Mathematik - hierzu dürfte weitgehender Konsens herrschen, aber wer die Hintergründe nicht kennt kann damit nicht allzuviel anfangen.
Zudem ist der Beweis auch nicht sonderlich schön - man rechnet die Taylorreihen der Exponentialfunktion, des Cosinus und des Sinus brute force aus und "addiert" die entsprechend; da es sich hierbei um Summen mit unendlich vielen von 0 verschiedenen Summanden handelt, besteht der Beweis letztlich darin, nachzuweisen, dass man das auch darf, d.h. das alle involvierten Ausdrücke auch definiert und wohldefiniert sind. - In der Zeta-Theorie würde der Beweis so übrigens gar nicht funktionieren, d.h. man müsste statt dessen das ganze nach endlich vielen Gliedern abbrechen und nachweisen, dass der Rest-Term gewisse Bedingungen hinsichtlich seines Absolutbetrages erfüllt, d.h. dass er auf geeignete Weise "klein" genug ist. Ob man das dann als "Gleicheit" anerkennen würde ist nochmal eine andere Frage, da man auch andere Gleichungen finden könnte, deren Toleranzen ebenfalls "klein genug" wären, aber offensichtlich eben nicht gleich sind.
Ob es einen anderen Beweis für die Euler'sche Formel gibt, der ohne das auskommt, weiss ich nicht. Ja ich wüsste nicht einmal, wie man den am besten ansetzen würde. Vielleicht über die trigonometrischen Additionstheoreme, denn die werden (recht umständlich, aber immerhin) ebenfalls ausschliesslich in IR
bewiesen. - Ja, das könnte klappen; ob ein solcher Beweis aber hieb- und stichfest wäre kann ich momentan nicht beurteilen.
Freundliche Grüsse, Ralf