Dgoe hat geschrieben:unsere Unterhaltung hat etwas komplett einmaliges sicherlich auch. ^^
Hallo Dgoe,
ganz gewiss.
Dgoe hat geschrieben:Ja, an den Säulen zu rütteln, bis Blätter runterfallen, schaffen sicher nur die Wenigsten. Bei Baumstämmen stehen die Chancen besser...
Das Thema "Unendlichkeiten" ist geeignet, um selber einmal etwas zu probieren. Auch wenn das am Ende nur zu Widersprüchen führt, so hat es trotzdem einen ganz grossen Vorteil, nämlich dass Du ganz zwanglos damit Erfahrung sammeln kannst.
Und es ist keine Schande, da auf einen Holzweg zu geraten, ganz im Gegenteil: es ist ein Zeichen von wachsender Kompetenz, den Holzweg zu erkennen und dann wieder einen anderen Weg zu versuchen.
Nehmen wir nochmals die Riemann'sche Zahlenkugel; das Malheur ist mir damals in der Schule passiert, damals wusste ich noch nichts von Riemann'schen Zahlenkugeln: da wird ja -oo und +oo "gleichgesetzt und topologisch kann man eine solche "Ein-Punkt-Kompaktifizierung" durchauf widerspruchsfrei machen (die Details hierzu brauchen wir jetzt natürlich nicht; nur, dass Du dieses Wort einmal gelesen hast).
Nur … - und jetzt kommt eben das grosse "nur": die Exponentialfunktion:
e
oo divergiert gegen oo, während e
-oo gegen 0 konvergiert. Um den Widerspruch aufzulösen müsste man jetzt auch noch die 0 gleichsetzen, und da e
0 = 1 gilt, auch die Zahl 1 gleichsetzen, und da e
1 = e ergibt auch noch e gleichsetzen und am Ende sind alle Zahlen einschliesslich +oo und -oo einander gleichgesetzt. Was ich sagen will: das führt zu Unsinn.
Wo ist nun der "Fehler" passiert ? - Die "Ein-Punkt-Kompaktifizierung" ist widerspruchsfrei und die Exponentialfunktion ist ebenfalls widerspruchsfrei.
Und das Zauberwort lautet zum Beispiel "stereographische Projektion", das ist ja diese Konstruktion, mit der man die komplexe Zahlenebene auf die Riemann'sche Zahlenkugel ohne Nordpol bijektiv
abbildet, und das
Bild des "unendlich fernen Punkt" mit dem Nordpol identifiziert.
Auch die Details zur "stereographischen Projektion" brauchen wir jetzt natürlich nicht; es genügt völlig, dass Du auch dieses Wort einmal gelesen hast.
Was aber wichtig ist sind zwei andere Worte und ich habe sie im Text
blau eingefärbt: "Abbildung" und "Bild".
Die komplexe Zahlenebene mit divergentem +oo, -oo, i*oo, -i*oo, (1+i)*oo (d.h. rechts diagonal hinauf) oder (-1+i)*oo, d.h. (d.h. links diagonal hinauf) ist das
Original und all diese Unendlichkeiten mit anderen "Hochgehwinkeln" als 45° und -45°) sind nicht definiert, während die Riemann'sche Zahlenkugel ein
Bild dieses Originals ist und das Bild kann (und
wird auch im Allgemeinen) ganz andere Gesetze haben als das Original, denn eine Kugel ist geometrisch keine Ebene ! Das bedeutet aber nicht, dass es keine Anwendungen gäbe, die man mit Vorteil auf dem Bild löst und dann die inverse stereographische Projektion durchführt - solange der Nordpol da nicht involviert ist ist das auch möglich, da die stereographische Projektion bijektiv ist.
Noch ein Wort zur Widerspruchsfreiheit: nehmen wir das Russell'sche Paradoxon bzw. diese "Menge aller Mengen, die sich selber als Teilmenge nicht enthält": obgleich diese in der naiven Mengenlehre widerspruchsbehaftet ist wird wohl jeder Mathematiker zustimmen, dass diese Menge zu den Top Ten der prominentesten Mengen gehört; ich persönlich würde nur die leere Menge, die Menge mit 1 Element (z.B. {0}), die Menge der natürlichen Zahlen, die Menge der ganzen Zahlen, die Menge der rationalen Zahlen, die Menge der reellen Zahlen, die Menge der komplexen Zahlen sowie die Menge der Drehungen, die ein Quadrat auf sich selber abbildet, als prominenter ansehen, und die Menge des Einheitskreises (d.h. die Menge aller Punkte, die vom Nullpunkt den Abstand 1 haben) als gleich prominent. Das wären also "meine" Top Ten aller Mengen.
Freundliche Grüsse, Ralf