War es richtig, Pluto seinen Planetenstatus abzuerkennen ?

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Re: War es richtig, Pluto seinen Planetenstatus abzuerkennen

Beitragvon Spacerat » Dienstag 11. August 2015, 01:40

ralfkannenberg hat geschrieben:Ich verstehe nicht, worauf Du hinaus willst: bei "-oo - n" wird doch subtrahiert und keineswegs potenziert
Nun verwirrst du mich aber. Was hat denn dein Beweis dann noch mit -oo - n zu tun? Von welchem Beweis reden wir hier? Mir ist bisher nur jener im anderen Thread aufgefallen und da fängst du mit "0 = 0.4 + 0.3 * 2^x" an. Hab ich etwas überlesen? Wie gesagt, ich habe Mathe nicht studiert.
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Re: War es richtig, Pluto seinen Planetenstatus abzuerkennen

Beitragvon ralfkannenberg » Dienstag 11. August 2015, 09:56

Spacerat hat geschrieben:
ralfkannenberg hat geschrieben:Ich verstehe nicht, worauf Du hinaus willst: bei "-oo - n" wird doch subtrahiert und keineswegs potenziert
Nun verwirrst du mich aber. Was hat denn dein Beweis dann noch mit -oo - n zu tun? Von welchem Beweis reden wir hier? Mir ist bisher nur jener im anderen Thread aufgefallen und da fängst du mit "0 = 0.4 + 0.3 * 2^x" an. Hab ich etwas überlesen? Wie gesagt, ich habe Mathe nicht studiert.

Hallo Spacerat,

gut habe ich nachgefragt, denn hier haben wir uns missverstanden: das ist kein Beweis, da habe ich nur mal ausgerechnet, für welchen Exponenten der Titius-Bode'schen Reihe man im Rahmen meiner Theorie beim Sonnenmittelpunkt landet.

Als kleine Übung könntest Du das mal im Rahmen der klassischen Mathematik mit der Euler'schen Identität ausrechnen; hierbei muss man aber noch die Basis 2 auf die Basis e umrechnen.


Bewiesen habe ich hier nur, dass "-oo - n" = "-oo" ist und nicht wie Du behauptet hast, dass "-oo - n" echt kleiner als "-oo" sei.

Allerdings ist dieser Beweis in dieser Form etwas unsauber, da weder der Ausdruck links des Gleichheitszeichens noch der Ausdruck rechts des Gleichheitszeichens definiert ist. Korrekt macht man das also mit einer vollständigen Induktion, die man bei n verankert. Hierbei kann man auch noch verwenden, dass sich das Konvergenzverhalten einer Folge nicht ändert, wenn die ersten endlich vielen Folgenglieder durch andere ersetzt oder ganz weggelassen werden.

Ich will einen weniger strengen, aber dafür anschaulicheren Beweis tätigen:

Wir wollen das ganze für folgende Ausdrücke untersuchen:
1. "-oo"
2. "-oo - 1"
3. "-oo - 2"
4. "-oo - n"

Sei "-oo" der Grenzwert der Folge (-1, -2, -3, ..., -n, -(n+1), -(n+2), ...)

Dann ist "-oo - 1": der Grenzwert der Folge (-2, -3, -4, ..., -(n+1), -(n+2), -(n+3), ...)
Dann ist "-oo - 2": der Grenzwert der Folge (-3, -4, -5, ..., -(n+2), -(n+3), -(n+4), ...)

Dann ist "-oo - n": der Grenzwert der Folge (-(n+1), -(n+2), -(n+3), ..., -(2n+1), -(2n+2), -(2n+3), ...)

Man beachte, dass jedes vorgenannte Folgenglied endlich ist !


Wir wollen nun andere Repräsentanten dieser Folgen aufscheiben:
"-oo" ist der Grenzwert der Folge (-1, -2, -3, -4, ..., -n, -(n+1), -(n+2), -(n+3), ...)
"-oo - 1" ist der Grenzwert der Folge (-2, -3, -4, ..., -n, -(n+1), -(n+2), -(n+3), ...)
"-oo - 2" ist der Grenzwert der Folge (-3, -4, ..., -n, -(n+1), -(n+2), -(n+3), ...)
"-oo - n" ist der Grenzwert der Folge (-(n+1), -(n+2), -(n+3), ...)

Wir sehen, dass:
- die erste Folge sich von der zweiten Folge nur darin unterscheidet, dass sie ein Folgenglied mehr hat, nämlich das erste.
- die erste Folge sich von der dritten Folge nur darin unterscheidet, dass sie zwei Folgenglieder mehr hat, nämlich die beiden ersten.
- die erste Folge sich von der vierten Folge nur darin unterscheidet, dass sie n Folgenglieder mehr hat, nämlich die ersten n Folgenglieder.

Ansonsten sind die Folgen gleich und insbesondere haben sie auch denselben Grenzwert. Dieser ist allerdings nicht Grenzwert einer konvergenten Folge, sondern Grenzwert einer divergenten Folge.


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Re: War es richtig, Pluto seinen Planetenstatus abzuerkennen

Beitragvon Spacerat » Dienstag 11. August 2015, 14:00

Hallo Ralf

Wow... Ich bin begeistert... aber bei weitem nicht überzeugt. ;)

Dein letzter Satz sagt ja eigentlich schon alles (uneigentliche Konvergenz lt. Wikipedia).

"Endlich" ist hier wohl das Stichwort und der Grund dafür, dass Rechenwerke deinem Beweis "-oo - n = -oo" (selbiges gilt für "oo + n = oo") folgen. Das Problem ist ja, dass +-oo in Rechenwerken als "Wert" definiert werden (IEEE 754). Das ist doch genau das, was ich zuvor gesagt hatte. Rein technisch stimmt dein Beweis aber rein mathematisch leider nicht. Ich meine gehört zu haben, das dies auch einer der Gründe war, warum man komplexe Zahlen erfunden hat. Rein mathematisch ist der Zahlenstrahl reeller Zahlen in beide Richtungen unendlich, rein technisch aber begrenzt. Zumindest sollte man es begrenzen, sonst landet man in Endlosschleifen (BigDecimals). Und so steht es nun um deinen Beweis - dieser ist nur für endliche Folgen gültig. In unendlichen Folgen müssen Grenzglieder (-oo, NaN, oo) definiert werden, damit man zu einem Ergebnis kommt. Afaik sind letztere Grenzglieder für divergente Folgen kennzeichnend (Stichwort: eigentlich konvergent).
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Re: War es richtig, Pluto seinen Planetenstatus abzuerkennen

Beitragvon ralfkannenberg » Dienstag 11. August 2015, 14:48

Spacerat hat geschrieben:Wow... Ich bin begeistert... aber bei weitem nicht überzeugt. ;)

Dein letzter Satz sagt ja eigentlich schon alles (uneigentliche Konvergenz lt. Wikipedia).

"Endlich" ist hier wohl das Stichwort

Hallo Spacerat,

so ist es: nur endliche Zahlen sind definiert. Deswegen habe ich ja auch diese 4 Folgen verwendet:

Folge 1: (-1, -2, -3, -4, ..., -n, -(n+1), -(n+2), -(n+3), ...)
Folge 2: (-2, -3, -4, ..., -n, -(n+1), -(n+2), -(n+3), ...)
Folge 3: (-3, -4, ..., -n, -(n+1), -(n+2), -(n+3), ...)
Folge 4: (-(n+1), -(n+2), -(n+3), ...)

Diese 4 Folgen enthalten nur endliche Zahlen !

Man kann dann noch folgende Sachverhalte feststellen:

1. Monotonie:
Jede dieser Folgen ist streng monoton fallend

2.Beschränktheit
Jede dieser Folgen j=(1, 2, 3, 4) ist nach oben beschränkt, denn es gilt für jedes Folgenglied a(j,k) dieser 4 Folgen: a(j,k) < 0

Indes ist keine dieser Folgen nach unten beschränkt:

denn wären diese Folgen nach unten beschränkt, so gäbe es ein N in IN, so dass für jedes Folgenglied a(j,k) gilt:
-N < a(j,k) für alle j und für alle k.

Man sieht aber, dass alle Folgenglieder um 1 auseinander liegen, so dass spätestens nach N+1 Folgengliedern gilt:
a(j,N) < -N

Dies steht im Widerspruch zur Annahme, dass -N eine untere Schranke dieser Folgen ist.

Im übrigen gilt das sogarfür alle m > N: a(j,m) < -N

Findet sich keine untere Schranke einer Folge, so sagt man umgangssprachlich, diese Folge divergiere gegen -oo. Mathematisch korrekt indes sagt man, dass es keine untere Schranke gibt.


Freundliche Grüsse, Ralf
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Re: War es richtig, Pluto seinen Planetenstatus abzuerkennen

Beitragvon ralfkannenberg » Dienstag 11. August 2015, 21:25

Spacerat hat geschrieben:Es ist mehr eine ähnliche Spielerei wie bei DivisionByZero...

1/1=1
1/0,1=10
1/0,001=100
...

Der Teiler wird immer kleiner und das Ergebnis immer größer. Ergo ergibt ein Teilen durch 0 Unendlich, mit Ausnahme 0/0, was NaN (Not a Number) ergibt.

Hallo Spacerat,

hier ist noch ein offener Punkt: dass da ein Ergebnis irgendwie gegen unendlich geht ist keineswegs der Grund, dass man nicht durch 0 dividieren darf und im Allgemeinen geht da auch nichts gegen unendlich, weil in endlichen Mengen nichts einfach so gegen unendlich streben kann.

Der Grund ist ein ganz anderer (ich habe das schon mal aufgeschrieben, kann es aber nicht mehr finden):

Um eine Gleichung x=1/0 lösen zu wollen muss man also eine Gleichung vom Typ

x * 0 = 1

lösen können. Und in einem Ring - und jeder Körper ist eben auch ein Ring - geht das eben nicht.

Warum ?

x * 0 =
= x * (r-r), wobei r ein beliebige Ringelement(1) ist
= (x*r) - (x*r) wegen der Gültigkeit der Distributivgesetze
= 0, weil das additive Inverse von x*r eindeutig ist.

Also ist x * 0 = 0 und kann nicht x * 0 = 1 sein.


Freundliche Grüsse, Ralf


(1): Ein Ring braucht im Allgemeinen kein Einslelement zu haben, d.h. man kann nicht einfach x * (1-1) schreiben
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Re: War es richtig, Pluto seinen Planetenstatus abzuerkennen

Beitragvon ralfkannenberg » Sonntag 20. September 2020, 01:11

ralfkannenberg hat geschrieben:Die Vorstellungen betreffend der Anzahl der Planeten unseres Sonnensystems haben sich nämlich im Laufe der Zeit gewandelt, und zwar wie folgt:

bis 1781: 6 Planeten (Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn; alle bequem von blossem Auge sichtbar)
1781: Endeckung Uranus, also 7 Planeten
1801: Entdeckung (1) Ceres, also 8 Planeten (füllt die Lücke in der Titus-Bode'sche Reihe aus)
1802: Entdeckung (2) Pallas, also 9 Planeten
1804: Entdeckung (3) Juno, also 10 Planeten
1807: Entdeckung (4) Vesta, also11 Planeten
1845: Entdeckung (5) Astrea, also 12 Planeten
1846: Entdeckung Neptun, also 13 Planeten
1847: Entdeckung (6) Hebe, also 14 Planeten
1847: Entdeckung (7) Iris, also 15 Planeten
1847: Entdeckung (8) Flora, also 16 Planeten
1848: Entdeckung (9) Metis, also 17 Planeten
1849: Entdeckung (10) Hygeia, also 18 Planeten
1850: Entdeckung (11) Parthenope, also 19 Planeten
1850: Entdeckung (12) Victoria, also 20 Planeten
1850: Entdeckung (13) Egeria, also 21 Planeten
1851: Entdeckung (14) Irene, also 22 Planeten (*)
1851: Entdeckung (15) Eunomia, also 23 Planeten (*)

Das wurden also rasch mehr, so dass auf Vorschlag von Alexander von Humboldt im Jahr 1851 die Zahl der (großen) Planeten auf acht begrenzt und die neue Objektklasse der Pleantoiden geschaffen wurde.

ab 1851: 8 Planeten (Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn; Uranus, Neptun)
1930: Entdeckung Pluto, also 9 Planeten
2005: Entdeckung Eris, also "10 Planeten" (Vorschlag)
2006: Zuerkennung Planetenstatus für Eris, Ceres und Doppelplanet-Partner Charon (Plutomond), also 12 Planeten

Da man eine grosse Zahl weiterer Entdeckungen "befürchtete", beschloss die IAU im Jahre 2006, das Planetenkriterium zu verschärfen, so dass Pluto und Eris ebenso wie Ceres (zum zweiten Mal) und der Plutomond Charon ihren Planetenstatus verloren haben. - Allerdings wurde seitdem kein weiterer vergleichbarer "Planet" in unserem Sonnensystem entdeckt.

ab 2006: 8 Planeten (Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn; Uranus, Neptun) <---- das hatten wir 1851 auch schon einmal ...


ralfkannenberg hat geschrieben:(*) Es entzieht sich meiner Kenntnis, wann genau im Jahre 1851 Alexander von Humboldt seinen Vorschlag eingebracht hat

Hallo zusammen,

diese Auflistung ist ungenau, denn Galileo Galilei hat die vier Jupitermonde zunächst ebenfalls als Planeten ("Wandernde") bezeichnet. Da er zunächst erst 3 Jupitermonde entdeckt hatte und erst später derer vier, ist obige Auflistung also noch zu ergänzen:

bis 1610: 6 Planeten (Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn; alle bequem von blossem Auge sichtbar)
1610: Entdeckung 4 Jupitermonde, also 10 Planeten: Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Io, Europa, Ganymed, Kallisto, Saturn
spätestens 1655: 6 Planeten, da die Monde nun nicht mehr als Planeten, sondern als Monde bezeichnet wurden: bei der Entdeckung des Saturnmondes Titan wurde dieser als "saturni luna" bezeichnet.
1781: Entdeckung Uranus, also 7 Planeten

u.s.w.


Hier noch der in die englische Sprache übersetzte Entdeckungsbericht Galileo Galileis der 4 Jupitermonde Io, Europa, Ganymed und Kallisto:
There remains the matter, which seems to me to deserve to be considered the most important in this work, namely, that I should disclose and publish to the world the occasion of discovering and observing four Planets, never seen from the very beginning of the world up to our own times


Sei noch am Rande erwähnt, dass Galileo Galilei zunächst erst 3 Jupitermonde entdeckt hatte, aber zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung wurden alle vier Jupitermonde veröffentlicht.


Freundliche Grüsse, Ralf
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Re: War es richtig, Pluto seinen Planetenstatus abzuerkennen

Beitragvon nocheinPoet » Sonntag 20. September 2020, 16:14

Moin Ralf,

ja sehr schön, also ich hätte gerne Pluto als Planet behalten, man hätte es von der Definition ja ruhig ändern können und Pluto eben die Wildcard geben. ;)
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Re: War es richtig, Pluto seinen Planetenstatus abzuerkennen

Beitragvon ralfkannenberg » Montag 21. September 2020, 00:34

ralfkannenberg hat geschrieben:ist obige Auflistung also noch zu ergänzen:

bis 1610: 6 Planeten (Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn; alle bequem von blossem Auge sichtbar)
1610: Entdeckung 4 Jupitermonde, also 10 Planeten: Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Io, Europa, Ganymed, Kallisto, Saturn
spätestens 1655: 6 Planeten, da die Monde nun nicht mehr als Planeten, sondern als Monde bezeichnet wurden: bei der Entdeckung des Saturnmondes Titan wurde dieser als "saturni luna" bezeichnet.
1781: Entdeckung Uranus, also 7 Planeten

u.s.w.

Hallo zusammen,

das stimmt natürlich immer noch nicht, da ich viel zu modern denke.

Damals glaubte man ja noch an das Ptolemäisches Weltbild, welches geozentrisch war, d.h. mit der Erde im Mittelpunkt der Welt. Zwar hatte Nikolaus Kopernikus bereits im Jahre 1543 in seinem Werk "De revolutionibus orbium coelestium" die kopernikanische Wende ausgelöst, doch wurde das neue heliozentrische Weltbild keineswegs akzeptiert und auch von kirchlicher Seite abgelehnt. Kam hinzu, dass Kopernikus' Ansatz aus Kreisbahnen bestand, die dann ebenfalls mühsam korrigiert werden mussten, d.h. rechnerisch brachte erst Kepler mit den Keplerschen Gesetzen die Vereinfachung, indem er erkannte, dass die Planetenbahnen nicht Kreise, sondern weniger streng Ellipsen sind, bei denen die Sonne nicht im Mittelpunkt, sondern in einem der beiden Brennpunkte steht. Das führt zur auf den ersten Blick paradoxen Situation, dass das Perihel (sonnennächster Punkt) und das Aphel (sonnenfernster Punkt) gleichweit vom Mittelpunkt der Ellipse entfernt sind, aber natürlich keineswegs gleichweit vom Brennpunkt der Ellipse.

Kopernikus' Weltbild brachte rechnerisch somit keine Vorteile und die offizielle Lehrmeinung verblieb vorerst beim geozentrischen Weltbild.

Somit waren damals 7 Planeten bekannt, nach denen auch unsere Wochentage benannt sind - erstaunlich, dass sich auch der Liebe Gott in seinem Schöpfungskt an diese 7 Wochentage hält - nämlich die Sonne, der Mond, der Mars, der Merkur, der Jupiter, die Venus und der Saturn in der Reihenfolge der Wochentage, und bis heute unterscheidet man zwischen den 7 Wandelsternen (Planet = Wanderer) und den zahlreichen Fixsternen.

Im Jahre 1610 kamen dann 4 Planeten dazu, nämlich die vier Jupitermonde Io, Europa, Ganymed und Kallisto, somit waren nun 11 Wandelsterne (Planeten) bekannt.

Galileo Galilei folgerte dann ganz richtig (kostenfrei einsehbar, auf "Article PDF" drücken):

Besides, we have a notable and splendid argument to remove the scruples of those who can tolerate the revolution of the planets round the Sun in the Copernican system, yet are so disturbed by the motion of one Moon about the Earth, while both accomplish an orbit of a year's length about the Sun, that they consider that this theory of the universe must be upset as impossible : for now we have not one planet only revolving about another, while both traverse a vast orbit about the Sun, but our sense of sight presents to us four satellites circling about Jupiter, like the Moon about the Earth, while the whole system travels over a mighty orbit about the Sun in thé space of twelve years.


Die Schwierigkeiten, die Galileo Galilei wegen dieser Ansicht mit der Kirche bekam, dürften hinlänglich bekannt sein, auch wenn er von der katholischen Kirche am 2. November 1992 rehabilitiert wurde, also vor 28 Jahren, nach jahrelangen Beratungen von 1979 bis 1992. Tatsächlich habe ich mir damals sehr ernsthaft überlegt, aus der katholischen Kirche auszutreten, da ich es als unerträglich empfand, dass die katholische Kirche 13 Jahre für die Rehabilitation Galileo Galieis benötigte.

Tatsächlich liess sich die neue Lehre im 17.Jahrhundert nicht mehr stoppen und aus den 11 Planeten wurden dann nur noch 6: die Sonne verlor ihren Planetenstatus, der Erdmond verlor seinen Planetenstatus, die vier Jupitermonde verloren ihren Planetenstatus, dafür gab es einen neuen Planeten, der bislang als Zentrum des Universums gegolten hatte, nämlich unsere Erde.

Natürlich war das für die Erde keine "Beförderung", sondern eine aus kirchlicher Sicht unerträgliche Degradierung auf das Niveau "einer von mehreren Planeten", die plötzlich allesamt zu Geschwistern der Erde wurden.

Wenigstens waren die nächsten Entdeckungen im Sonnensystem dann keineswegs mehr Planetenentdeckungen, sondern Mondentdeckungen, ausnahmslos um den Planeten Saturn, ehe im Jahre 1781 mit dem Uranus ein weiterer Planet entdeckt wurde und somit wie in der Klassik 7 Planeten bekannt waren.


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Re: War es richtig, Pluto seinen Planetenstatus abzuerkennen

Beitragvon ralfkannenberg » Montag 21. September 2020, 01:09

nocheinPoet hat geschrieben:ja sehr schön, also ich hätte gerne Pluto als Planet behalten, man hätte es von der Definition ja ruhig ändern können und Pluto eben die Wildcard geben. ;)

Hallo Manuel,

es macht nicht Sinn, Pluto die Wildcard zu geben und der Eris nicht.

Bislang ist die Zahl der Planeten dreimal aus dem Ruder gelaufen: das erste Mal im geozentrischen Weltbild, als die Monde von Planeten ebenfalls "Planeten" waren, allerdings hatte man damals ganz andere Probleme, nämlich das Vertreter des heliozentrischen Weltbildes riskierten, in den Fokus der katholischen Inquisition zu gelangen.

Dann im 19.Jahrhundert mit der Inflation der Planetoiden-Entdeckungen - am Anfang hatte man sich ja noch über die beiden neuen Planteten, die die Titius-Bodes'sche Reihe vervollständigten, gefreut; ok, es kam natürlich unerwartet, dass sich da gleich zwei Planeten (1 Ceres und 2 Pallas) befanden, aber die waren dafür ja auch kleiner als die anderen Planeten. Aber als es dann zu viele von ihnen wurden wurden sie als "Kleine Planeten" kategorisiert.

Und zu Beginn des 21.Jahrhunderts, als nach dem Quaoar, der Sedna, dem Orcus, der Haumea und Makemake - allesamt grösser als der grösste bekannte Planetoid Ceres, nun mit der Eris ein plutogrosser Planetoid entdeckt wurde und sich alle über den neuen zehnten Planeten gefreut haben. Doch dann war es diese vollmundige Ankündigung, dass es hunderte solcher Planeten geben könnte und diese erneute Inflation war dann offenbar ebensowenig erwünscht, so dass die nun in die neuen Kategorie "Zwergplaneten" gelangten.


Es hat den Anschein, dass den Menschen 8 Planeten zu wenig sind, aber sobald es deutlich mehr als ~10 werden regt sich Widerstand und sie gelangen in neue Kategorien; erst "Mond", dann "Kleine Planeten" und nun "Zwergplaneten".

Rein pragmatisch hätte man im Jahre 2006 den Pluto belassen und die Eris aufnehmen können, zumal es seitdem bis heute keine Neuentdeckungen über 2000 km gab und auch nur eine einzige Neuentdeckung über 1000 km, d.h. die Entdeckung der hunderte neuer Planeten ist in den vergangenen 15 Jahren ausgeblieben. Und zwar nicht teilweise, sondern vollständig - kein einziger dieser hunderte von Planeten wurde bislang entdeckt. Und da stellt sich dann tatsächlich die Frage, ob man Definitionen schon vorsorglich oder erst dann anpassen soll, wenn wenigstens ein Teil der Neuentdeckungen erfolgt ist. Denn eine Schwalbe macht noch keinen Frühling und eine Eris noch keine Planeten-Inflation.

Auf der anderen Seite ist man nun von dieser willkürlichen 2000 km-Grenze weg und hat ein neutrales wissenschaftliches Kriterium, was ein Planet sein soll. Nochmals anders betrachtet wäre es auch nicht schlimm, würde unser Sonnensystem aus 4 Gesteinplaneten, 4 Gasplaneten und 4 Eisplaneten bestehen, von denen bislang zwei entdeckt worden sind.


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Re: War es richtig, Pluto seinen Planetenstatus abzuerkennen

Beitragvon ralfkannenberg » Donnerstag 24. September 2020, 09:58

nocheinPoet hat geschrieben:also ich hätte gerne Pluto als Planet behalten, man hätte es von der Definition ja ruhig ändern können und Pluto eben die Wildcard geben. ;)

Hallo Manuel,

ich habe nun mal einen kleinen Thread über den Zwergplaneten Eris erstellt; sie war ja im Jahr 2005, als ihre Entdeckung bekannt gegeben wurde, auch von der astronomischen Community stillschweigend als 10.Planet betrachtet worden. Schon vor ihr gab es zahlreiche Planetoiden, die ebenfalls als "10.Planeten" bezeichnet worden waren, als ob damals der Wunsch bestanden hat, dass unser Sonnensystem zehn Planeten haben solle, doch wurden diese ausnahmslos von den Entdeckern als "zu klein" empfunden, um ein Planet zu sein.


Parallel dazu lief ja auch noch die Suche nach dem "Transpluto", der für die verbliebenen Bahnstörungen des Uranus verantwortlich sein sollte - verbliebene Bahnstörungen, die nicht durch den Neptun verursacht sein konnten, so dass nach dem Pluto gesucht worden war, und für deren Erklärung aber auch der Pluto aufgrund seiner geringen Masse nicht in Frage kommen konnte.

Diese Fragestellung erübrigte sich erst mit dem Vorbeiflug der Voyager 2-Sonde am Uranus und am Neptun, bei dem eine genauere Masse dieser beiden Planeten ermittelt werden konnte und somit keine Bahnstörungen des Uranus mehr verblieben sind. Statt eines transplutonischen Planeten stellte sich dann heraus, dass es im Sonnensystem zahlreiche durchaus grosse transneptunische Planetoiden und (mindestens) zwei transneptunische Planeten gibt, denen dann der Planetenstatus im Jahre 2006 aberkannt wurde.


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