totale Transparenz - öffentliches Ärgernis mit Abstrich

Moderator: enegh

totale Transparenz - öffentliches Ärgernis mit Abstrich

Beitragvon Der Neandertaler » Samstag 9. Mai 2015, 12:43

Hallo.
Man hört es ja immer wieder - ist ja auch schon empirisch untersucht und wissenschaftlich ... psychologisch belegt:
"Der Mensch lügt ca. 200 mal am Tag!"

Das fängt schon an beim: "Schönen guten Morgen, wie geht's Dir?" - "Gut! Freut mich, Dich zu seh'n!"
(... und denkt: der Morgen hätte schön werden können!)

Das hört nicht auf beim: "Gute Nacht - träum' was Schönes - träum' von mir." - "Werd' ich bestimmt - versprochen!
(statt Helga muß aber Gabi herhalten!)

Lügen setzt erwiesenermaßen bessere kognitive Leistungen voraus ... es erfordert kompliziertere und vielschichtigere Denkvorgänge - als wenn man die Wahrheit sagt, weil man um die Ecke denken muß, weil man dem Anderen diese eine Lüge als Wahrheit verkaufen will und muß. Es gibt nur einen Ort, da sollte man eine Lüge tunlichst vermeiden - das kann ansonsten Nachwirkungen haben und recht teuer werden, weil es dort jemanden gibt, der sich mit Lügen besser auskennt und den Lügner eventuell recht schnell als solchen entlarvt:
vor dem Standesamt!

>>>> Cut! Andere Baustelle - der selbe Unsinn:

Man kennt es ja aus diversen SOKO- und Tatort-Filmen: Jeder muß oder sollte, um eine Tatbeteiligung auszuschließen, ein Alibi haben. Schließlich soll die Polizei ja unvoreigenommen nach allen Seiten ermitteln - tut sie in der Regel ja auch. Aber dann kommt die unheilvolle, unausweichliche, auffordernde und praktische Frage:
    "... na, dann haben Sie ja auch nichts gegen eine erkennungsdienstliche Behandlung?"!
Und dann kommt unverhofft das ultimative Utensil, was jeder Polizist nunmal dabei haben sollte: das Röhrchen. Das Röhrchen für den Abstrich.
    ... nein, ...: für den DNA-Abstrich. Zögert der Protagonist kurz, wird abgeblendet.
Es ist jeder Mann oder Frau gutes Recht, erkennungsdienstliche Maßnahmen, die nicht lediglich Daten umfassen, die auch in jedem Ausweis und Reisepaß ersichtlich sind (Vorname, Familienname, Wohnort, etc.), abzulehnen. Jede Person, die "der allgemeinen Meldepflicht unterliegt", die "über 16 Jahre alt" ist und "sich überwiegend in Deutschland" aufhält, diese ist "verpflichtet, einen Ausweis zu besitzen"
(§1 - PAuswG - Personalausweisgesetz)
Aber hier ist es wie immer: es kommt auf jedes Wort an! "... zu besitzen" ist das Stichwort! Wenn die Personalangaben ... diese Identitätsnachweise auch aus einem anderen "amtlich anerkannten Identitätsdokument" hervorgehen können (das kann etwa auch der Führerschein sein - steht bloß keine Adresse drauf), muß die Polizei sich damit begnügen. In Deutschland gibt es zwar eine "Ausweispflicht", aber keine allgemeine Mitführpflicht für Identitätsnachweise. Als Autofahrer sollte ich einen Verbandkasten oder einen Führerschein nicht nur besitzen, sondern eventuell auch (an Ort und Stelle!) vorzeigen können. (sonst kann's teuer werden) Zum Betreten eines Konzerts benötige ebenso ich eine Eintrittskarte. Ich benötige auch eventuell einen Mitarbeiter- oder Mitgliedsausweis. Polizisten sollten eine Dienstwaffe mitführen oder eben ... ein Röhrchen.

Bei Verdacht einer Straftat im Verkehr (etwa Alkoholfahrt - Schlangenlinien) darf die Polizei die Identität einer Person feststellen ... verlangen, daß "er mitgeführte Ausweispapiere vorzeigt und zur Prüfung aushändigt" (Führerschein, Fahrzeugschein, Mitgliedsausweis, etc.), aber was ich nicht mithabe, kann ich auch nicht vorlegen. Dann muß ich eben zur Identitätsfeststellung mit "auf die Wache". Die Polizei darf einen betrunkenen Autofahrer in die Ausnüchterungszelle stecken, ihn - wenn Fluchtgefahr besteht - längstens bis zum Ablauf des folgenden Tages festnehmen - danach aber muß der Festgenommene dem Haftrichter vorgeführt werden. Die Polizei darf vom Autofahrer auch verlangen, daß er in ein Promillemeßgerät pustet - sie darf alles verlangen, wofür eine aktive Mitwirkung des Protagonisten benötigt wird. Es ist auch die einzige Gelegenheit, bei der man der Polizei den Mittelfinger zeigen darf (auf Aufforderung versteht sich): beim Koordinationstest - Finger zur eigenen Nase. Sie darf ihn auch zu einem Drogenschnelltest auffordern, aber schon eine Blutprobe ohne Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen, ist sie an sich rechtswidrig und kann demzufolge sogar unter Umständen eine strafbare Körperverletzung darstellen. Eine Blutentnahme muß richterlich angeordnet werden - nur bei Gefahr im Verzug geht das auch ohne richterlichen Beschluß. Ebenso ist dies bei einem DNA-Abstrich (Genetischer Fingerabdruck/Speichelprobe) - auch dieser darf nur bei "Straftaten von erheblicher Bedeutung" und auf richterliche Anordnung durchgeführt werden.
Nun noch der Klassiker - wird von Verkehrsexperten ... von Verkehrspsychologen gerne genommen:
    (nach einer Autofahrt - quasi unter Polizeischutz, klicken die Handschellen:)
    "Herr Oberforstrat, ich bin ein Fan der totalen Transparenz ..."
      "Ihre Religion interessiert nicht ... nackt Autofahren ... OK! Aber dann aussteigen ist 'Erregung öffentlichen Ärgernisses' - das wird teuer!"
Vor Gericht muß nicht ich meine Unschuld beweisen, sondern die Staatsanwaltschaft muß mir meine Schuld nachweisen. Um ein milderndes Urteil zu bekommen, muß ich nur dem Richter "berechtigte Zweifel" an meiner Schuld aufzeigen - was mit Unschuldsbeweis weitgehend einhergeht, stimmt! Das aber ist einer unserer Rechtsgrundlagen: "in dubio pro reo!"
Kehrt nicht aber eine Weigerung, an einem allgemeinen GEN-Test teilzunehmen, diese Rechtsgrundlage um?
Führt nicht das, ... erkennungsdienstliche Maßnahmen zu verweigern ... oder sich weigern, einer Blutentnahme zu unterziehen (was ja sein gutes Recht ist - ich muß mich ja nicht selber belasten!), zur Umkehr unseres Rechstgrundsatzes?
... weil er sich dadurch verdächtig macht

À propos "öffentliches Ärgernis":
Geheimdienste sind geheim, weil sie ihre Dienste im Geheimen erledigen. Ich meine, ich laß mir auch ungern in die Karten schau'n. Frankreich weiß bestimmt, warum sich Frankreich nicht über eventuelles Ausspähen seiner Institutionen durch den BND beschwert - Österreich sollte sich dementsprechend ebenso zurückhalten. Merkel wußte schon, warum sie sich über das Abhören ihres Handys nur verhalten beschwerte.
Aussagen im "Parlamentarischen Kontrollgremium (zur Kontrolle der Geheimdienste: PKGr)" sind ebenso geheim - oder sollen es bleiben. Es ist also weitgehend "normal", daß sich deren Mitglieder auf Geheimhaltung berufen. Verhandlungen (etwa die TTIP-Verhandlungen oder ...) sind auch geheim.
Vor dem Arbeitgeber muß ich nicht alle Fragen wahrheitsgemäß beantworten. (Fragen etwa: nach eventueller Schwangerschaft oder nach einer Gewerkschaftszugehörigkeit, oder, oder, ...)
Ist also "totale Transparenz" immer gewünscht?
Ist also, um im ersten Fall zu bleiben, die silberne Notlüge besser, als die goldene Wahrheit?
Fördert Transparenz also immer Vertrauen?

Ach ja, Vertrauen:
    der griechische Regierungschef Tsipras, hat nun seinem Finanminister Varoufakis einen Maulkorb verpaßt. Tsipras meinte: Entlaßen könne er ihn nicht - er hat ihm ja sein Vertrauen ausgesprochen. Na dann sollte er mal Merkel frage wie das geht - Entlaßen trotz Vertrauen ...?
    zu Guttenberg ... Schavan ... Röttgen ...
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.

Die Welt ist so geräumig und der Kopf ist so beschränkt.

Zpět k budoucnosti ke nejlebší čas.


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Viele Grüße
Der Neandertaler
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