Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.

Moderator: enegh

Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.

Beitragvon Der Neandertaler » Samstag 25. September 2010, 13:37

Nachdem Konrad Adenauer (CDU) 1949 zum ersten Bundeskanzler gewählt wurde - mit einer Stimme Mehrheit, also quasi seiner eigenen, sah er die Entwicklung Deutschlands und dessen Zukunft nur in enger Anlehnung an die West-Alliierten.
Daher strebte er eine Mitgliedschaft in der NATO an, zu dessen Beitritt es 1955 kam. Voraussetzung sei allerdings, so vermutete er, eine deutsche Wiederbewaffnung, deswegen drängte er auf eine solche.
Später ersann er zusammen mit dem französischen Staatspräsidenten Charles De Gaulle die „Vereinigte Staaten von Europa“, was dann in der Montan-Union seinen Anfang nahm.
1952 bot der sowjetische Diktator Joseph Stalin den Westmächten eine Wiedervereinigung Deutschlands an, allerdings mit einigen Bedingungen:
    So sollte Deutschland seine Neutralität erklären, ebenso sollten in einem wiedervereinigten Deutschland keine freien, demokratischen Wahlen stattfinden.
      Dieses wurde unter Stalin-Noten bekannt.
      Später wurde dies mit Finnlandisierung bezeichnet, da auch Finnland praktisch nur mit Zustimmung der UdSSR existiert.
Adenauer konnte letztlich die West-Alliierten von den unlauteren Absichten Stalins überzeugen, und somit deren Zustimmung zu diesem Vorschlag verhindern.
Infolge blühte (West-) Deutschland tatsächlich auf, nicht zuletzt wegen des wirtschaftlichen Kurses Ludwig Erhards (CDU) - erst Wirtschaftsminister, später Bundeskanzler.

    "Die Zukunft wird nicht gemeistert von denen, die am Vergangenen kleben."
erkärte Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) nach der Bundestagswahl 1969 und bemühte sich, gemeinsam mit Außenminister Walter Scheel (FDP), um eine „Entspannung in Europa“.
ja, es gab mal bessere und vernünftigere Zeiten in der FDP und für diese

Er setzte schließlich die „Neue Ostpolitik“ gegen den entschiedenen Widerstand der Mehrheit der CDU/CSU-Opposition durch. Einige meinten, daß sich die SPD mit diesem Vorhaben mit der deutschen Teilung abfinden würde.

Helmut Schmidt wurde 1974 zum 5. Kanzler der Bundesrepublik gewählt. Er hatte die Ölkrisen der 70er Jahre des vorigen Jarhhunderts zu bewältigen, sowie den Terrorismus der Rote Armee Fraktion (RAF) im sogenannten „Deutschen Herbst“.
Danach setzte er 1979 gegen erheblichen Widerstand der Opposition, großen Teilen der Bevölkerung sowie auch dem überwiegenden Teil seiner eigenen Partei, den NATO-Doppelbeschluß durch.
    NATO-Doppelbeschluß:
      1. Verhandlungen mit dem Warschauer Pakt über eine beidseitige Begrenzung atomarer Mittelstreckenraketen, sowjetischer und US-amerikanischer Bauart.
      2. Falls dies zu keiner Einigung führen würde, sollten US-amerikanische Pershing II und BGM-109 Tomahawk aufgestellt werden.
      1983 wurden die Raketen aufgestellt.
    Daraufhin spalteten sich erste Teile der SPD ab, es erschienen die GRÜNEn auf der politischen Bildfläche.
    "Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen."
meinte einst Helmut Schmidt.
      besser bekannnt als "Schmidt-Schnauze" - wegen seines rhetorischen Rede-Talents, von dessen er im Bundestag reichlich Gebrauch machte.
  • Hat er recht?
    Hatte Konrad Adenauer also lediglich nur Glück, weil Deutschland am Boden lag und es von da an nur besser werden konnte?
  • Oder kann man das Geschick von Adenauer und Brandt als Weitblick, ja: als Visionen umschreiben?
  • Kann man nicht auch das Vorhaben Helmut Schmidts (NATO-Doppelbeschluß) letzlich sogar auch als Vision betrachten, da dies, wie auch die Haltung Adenauers (Westbindung), sowie das Gebaren Brandts (Neue Ostpolitik), da alles letztlich zu dem Untergang des Warschauer-Paktes beigetragen hat, dazu geführt hat. Daß wir somit - Kohl sei Dank! - dieser Tage den 20. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung feiern können.
  • Waren dies alles Visionen? Zufall?
    „Nehmen Sie die Menschen, wie sie sind, andere gibt's nicht.“
meinte einst Konrad Adenauer.

  • Müssen wir uns damit abfinden, daß Politiker heutzutage keine Visionen mehr entwickeln?
    Ja, keine Visionen mehr entwickeln können? Weil entweder fast alles geregelt ist, oder Brüssel weitgehend mitreden will ... oder mitreden kann.
  • Kann man nicht auch Kohl's Aussage von den "blühenden Landschaften" ebenfalls zu den Visionen zählen?
      Ich meine:
        wenn man so durch MekPom fährt ... rechts und links überall Felder mit bunten Blumen und so ...
        soweit das Auge reicht.
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.

Die Welt ist so geräumig und der Kopf ist so beschränkt.

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Re: Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.

Beitragvon Anna15 » Samstag 25. September 2010, 14:12

Wenn ich das so lese, kommt es mir vor wie aus einer anderen Welt, und - bedeutungslos. :?
Der Neandertaler hat geschrieben:
  • Müssen wir uns damit abfinden, daß Politiker heutzutage keine Visionen mehr entwickeln?
    Ja, keine Visionen mehr entwickeln können? Weil entweder fast alles geregelt ist, oder Brüssel weitgehend mitreden will ... oder mitreden kann.

Ob das an Brüssel liegt?

Weder deutsche noch europäische Politiker haben erkennbare Visionen. Das sieht eher aus wie "Weitermachen wie bisher und die eingene Tasche bloß nicht vergessen". Oder: "Karriere macht man nur, wenn man an Bestehendem nicht kratzt".

Da bleibt kein Spielraum für Visionen.


Der Neandertaler hat geschrieben:
  • Kann man nicht auch Kohl's Aussage von den "blühenden Landschaften" ebenfalls zu den Visionen zählen?
      Ich meine:
        wenn man so durch MekPom fährt ... rechts und links überall Felder mit bunten Blumen und so ...
        soweit das Auge reicht.

  • Das waren keine Visionen - es waren Lügen.
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    Re: Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.

    Beitragvon Elfer » Samstag 25. September 2010, 15:18

    Schmidt hatte recht. Wer Visionen hat, muss zum Arzt gehen, da es sich um Trugbilder/Erscheinungen handelt.

    Ich glaube, man muss Politiker immer erst an ihrer Persönlichkeit messen. Dann muss man die Zeit ihres "Schaffens" betrachten und dann das Ergebnis ihrer Arbeit.

    Kohl war kein Politiker, er war ein Herrscher. Kohl wurde von Hochmut getragen. Er war ein Schmarotzer und Lügner. Kohl hat andere arbeiten und denken lassen und sich daran genüge getan. Das waren er und Stoiber sich wohl sehr ähnlich. Wer an der Statue kratzt wird abgesägt.

    Die Entwicklung seit Ende der 80er Jahre fand zu schnell statt. Nein, eigentlich war es keine Entwicklung. Man kann es Erweiterung, Wachstum oder Expansion nennen. Alles ist zu schnell gewachsen, vor allem die EU.

    Jeder der genannten hatte seine Macken. Aber bis auf Kohl hat jeder seine Arbeit gemacht. Kohl war einfach nur eine miese Zecke und das ist er bis heute. Er hat sich immer auf den Leistungen anderer ausgeruht und Feindbilder geschaffen.

    Visionen? Ich glaube jeder hatte Ziele, vor allem Brandt, der durch seine Zeit in Berlin wohl auch für die Bundes- und Außenpolitik geprägt wurde.

    Nein, der Wiederaufbau und der damit verbundene Aufschwung waren keine Selbstverständlichkeit. Ich überlege, was geworden wäre, wenn - egal ob Stalin oder ein anderer - eine Wiedervereinigung in Neutralität und Demokratie in den 50ern möglich gemacht hätte. Ein neutrales Deutschland mitten in Europa, als Puffer zwischen Ost und West. Ein neutrales Deutschland in der Weltpolitik.
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    Re: Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.

    Beitragvon Britta » Samstag 25. September 2010, 16:31

    Elfer hat geschrieben:Schmidt hatte recht. Wer Visionen hat, muss zum Arzt gehen, da es sich um Trugbilder/Erscheinungen handelt.

    Eine Vision muß kein Trugbild oder eine Erscheinung sein. Eine Vision kann auch eine innere Vorstellung sein, die sich auf die Zukunft bezieht. Ein Bild, wie die Zukunft aussehen soll, meist positiv.

    In der Politik läßt sich kein Zukunftsbild finden, was vom gegenwärtigen Zustand abweicht. Da ist es eher so, dass man weitermacht wie bisher. Nichts Neues - was bedeutet es wird nichts besser.

    Mir ist die Welt zu materialistisch und meine Vision wäre, dass die Menschheit weg kommt vom materialistisch eingestellten Menschen mehr hin zum geistig eingestellten Menschen. Das sich eben die Werte ändern, andere Dinge zählen, wie die derzeitigen.

    Elfer hat geschrieben:Ich glaube, man muss Politiker immer erst an ihrer Persönlichkeit messen. Dann muss man die Zeit ihres "Schaffens" betrachten und dann das Ergebnis ihrer Arbeit.

    Herausragende Persönlichkeiten sehe ich da schon lange keine mehr.

    Elfer hat geschrieben:Kohl war kein Politiker, er war ein Herrscher. Kohl wurde von Hochmut getragen. Er war ein Schmarotzer und Lügner. Kohl hat andere arbeiten und denken lassen und sich daran genüge getan. Das waren er und Stoiber sich wohl sehr ähnlich. Wer an der Statue kratzt wird abgesägt.

    Das hast du zutreffend formuliert.

    Elfer hat geschrieben:Die Entwicklung seit Ende der 80er Jahre fand zu schnell statt. Nein, eigentlich war es keine Entwicklung. Man kann es Erweiterung, Wachstum oder Expansion nennen. Alles ist zu schnell gewachsen, vor allem die EU.

    Und die EU ist ebenfalls materialistisch orientiert. Es geht nur ums Geschäft und nicht um die Menschen. Das ist keine Vision, das ist Schrott.
    Elfer hat geschrieben:Jeder der genannten hatte seine Macken. Aber bis auf Kohl hat jeder seine Arbeit gemacht. Kohl war einfach nur eine miese Zecke und das ist er bis heute. Er hat sich immer auf den Leistungen anderer ausgeruht und Feindbilder geschaffen.

    Und sein 'Ehrenwort' war mehr wert, wie sein Eid auf die Verfassung.
    Elfer hat geschrieben:Visionen? Ich glaube jeder hatte Ziele, vor allem Brandt, der durch seine Zeit in Berlin wohl auch für die Bundes- und Außenpolitik geprägt wurde.

    und seit Brandt hat sich das mit den Visionen erledigt. Politikereinheitsbrei, wo keiner groß hervorsticht. Auch Merkel ist einfach nur farblos - owohl sie seit sie Kanzlerin ist, Make-up trägt.
    Elfer hat geschrieben:Nein, der Wiederaufbau und der damit verbundene Aufschwung waren keine Selbstverständlichkeit. Ich überlege, was geworden wäre, wenn - egal ob Stalin oder ein anderer - eine Wiedervereinigung in Neutralität und Demokratie in den 50ern möglich gemacht hätte. Ein neutrales Deutschland mitten in Europa, als Puffer zwischen Ost und West. Ein neutrales Deutschland in der Weltpolitik.

    So viel Bedeutung für Deutschland wollten die anderen beteiligten Ländern nicht. Da hätte Deutschland ja mal wieder eine Sonderrolle gespielt, die es auch hätte spielen können.
    People who lie to others have merely hidden away the truth, but people who lie to themselves have forgotten where they put it.
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    Re: Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.

    Beitragvon elfenpfad » Sonntag 26. September 2010, 14:42

    Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen ...


    <ich hege die Befürchtung, dass vorhandenen Visionen bei Amtsantritt mit mit der Zeit jedem Politiker ausgetrieben werden, da braucht es keinen Arzt dazu -
    oder zumindest in gewollte Bahnen gelenkt .....
    Wer nicht mitspielt, den ereilt zuweilen dann ein früher Tod, ich denke da z.b. an Kennedy -.-

    Bild


    Nichts desto Trotz gilt es, sich die Visionen von einer besseren Welt zu verinnerlichen - zu bewahren.
    :)


    „Die Vitalität selbst ist das Resultat einer Vision. Wenn es keine Vision mehr gibt von etwas Großem, Schönem, Wichtigem, dann reduziert sich die Vitalität, und der Mensch
    wird lebensschwächer.“
    Erich Fromm (1900-80), amerik. Psychoanalytiker dt. Herkunft


    „Eine überzeugende Vision kann die Bündelung des Ideenpotentials und die Freisetzung zielgerichteter Energien bewirken.“

    Herbert Henzler (*1941), dt. Unternehmensberater, b. 1998 Chef McKinsey Deutschland
    "Nur das Denken, das wir leben, hat einen Wert.
    Hermann Hesse, Demian, Gesammelte Werke Bd. 5"
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