Diktatur Weißrussland?

Moderator: enegh

Diktatur Weißrussland?

Beitragvon Britta » Samstag 12. November 2011, 23:49

Durch den Libyenkrieg und den Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste kam ich immer wieder mit Weißrussland in Berührung. Zum einen hatte Gaddafi eine weißrussische Krankenschwester, die sehr gut von ihm sprach und zum anderen wurde Weißrussland vorgeworfen, Gaddafi Waffen und Söldner geliefert zu haben.

Dass mit den Waffenlieferungen wurde auch im Fall des Bürgerkrieges in der Elfenbeinküste behauptet. Da hieß es, Weißrussland habe Kampfhubschrauber an den gestürzten Präsidenten Gbagbo verkauft:

http://www.focus.de/politik/weitere-mel ... 04653.html
Die Vereinten Nationen untersuchen unterdessen Vorwürfe, wonach Weißrussland trotz eines Waffenembargos drei Kampfhubschrauber in die Elfenbeinküste geliefert hat. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte, einem Bericht zufolge seien die Hubschrauber am Sonntag auf dem Flughafen von Yamoussoukro angekommen, weitere Flüge seien geplant. Die Helikopter und weiteres Material seien für den abgewählten Präsidenten Laurent Gbagbo bestimmt, der sich auch Monate nach seiner Wahlniederlage noch mit Gewalt im Amt hält.


Was sich hinterher aber als nicht wahr herausstellte und man sich vor der UN für die Falschbehauptung entschuldigen mußte. Aber es war erstmal durch die Presse gegangen und die Leser hatten es sich gemerkt. Von der Entschuldigung hat kaum einer was mitbekommen.

Auch ansonsten kommt Weißrussland bei uns in der Presse nicht gut weg.

Da gibt es z.B. solche Meldungen immer wieder gerne:
http://www.zeit.de/politik/ausland/2011 ... and-pleite
Wie Europas letzte Diktatur mit der Pleite lebt

Weißrussland ist finanziell am Ende, es braucht IWF-Geld. Und Diktator Lukaschenko beschuldigt sein eigenes Volk. Die Menschen in Minsk reagieren gelassen oder empört.


Man läßt nichts aus um das Land und besonders die Regierung schlecht zu machen. Lukaschenka ist seit 1994 Präsident und wenn man unseren Medien glaubt, ein böser Diktator.

Das wollte ich nun genauer wissen. Meine erste Infoquelle dazu war erst einmal Wikipedia. Ich zitiere mal, was mir so aufgefallen ist:

http://de.wikipedia.org/wiki/Wei%C3%9Frussland
In dem multiethnischen und multikonfessionellen Land leben Vertreter von mehr als 100 Nationalitäten und vieler Religionen zusammen.

Trotz der Einwanderung vieler Russen und der Deportation zehntausender Weißrussen unter Stalin liegt der Anteil der Weißrussen innerhalb der Bevölkerung bei 81,1 %. Die größte Minderheit sind die Russen mit 11,2 %, dann folgen 3,4 % Polen und 2,4 % Ukrainer. Viele weitere ethnische Gruppen umfassen die restlichen 1,9 %, darunter Tataren, Roma (u. a. Jerli), Selonen, Jatwinger, Ruthenen, Russlanddeutsche, Litauer, Letten, Slowaken und Moldauer (Rumänen).


Weißrussland hat knapp 9,5 Mio. Einwohner (Stand 2009). Das Bevölkerungswachstum beträgt zurzeit etwa −0,15 %. Die Lebenserwartung in der Bevölkerung liegt bei 68,14 Jahren; bei Männern sind es 62,06 Jahre, bei Frauen 74,52. Die Alphabetisierungsquote ist mit 98 % auf europäischem Standard-Niveau.


Weißrussland ist am stärksten von der Katastrophe von Tschernobyl (1986) betroffen, die ca. 25 % der Landesfläche, besonders im Osten und Süden, nachhaltig kontaminiert hat.

Nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl wurde in verschiedenen Ländern eine Reihe privater Hilfsorganisationen gegründet, die den Kindern aus den vom radioaktiven Niederschlag betroffenen Gebieten Erholungsaufenthalte bieten. Dadurch wird das Immunsystem der Kinder gestärkt und die Völkerverständigung gefördert. Vom Staat Weißrussland und von der Deutschen Botschaft werden diese Erholungsaufenthalte unterstützt.


Weißrussland ist Mitglied in der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit und bildet mit Russland die Russisch-Weißrussische Union, die in letzter Zeit jedoch starken Belastungen ausgesetzt war. Freundschaftliche Verbindungen werden daneben zu Venezuela, zum Iran, zu Nordkorea, zur Volksrepublik China und zu Kuba gepflegt. Die Beziehungen zu den NATO-Staaten gelten als gespannt, diejenigen zur Ukraine als ambivalent.


Nun zur Politik:
Die Oppositionsparteien einigten sich auf Aljaksandr Milinkewitsch als gemeinsamen Kandidaten für die Wahlen 2006. Durch politische Besuche in Russland und EU-Ländern suchte Milinkewitsch sich im Vorfeld abzusichern. Seinen Mitbewerbern Aljaksandr Kasulin und Sjarhej Hajdukewitsch wurden nach Ansicht von Beobachtern von vornherein keine reellen Wahlchancen eingeräumt. Umfragen ließen keinen Zweifel daran, dass Amtsinhaber Lukaschenka die Wahl für sich entscheidet. Die Wahlen wurden von der Ankündigung des Geheimdienstes begleitet, gegen Gegner der Regierung mit lebenslanger Haft und sogar Todesstrafen vorzugehen. Von russischer Seite wurden die Wahlen und deren Verlauf nicht kritisiert. Auch in der Beurteilung der Politik Lukaschenkas steht Russland konträr zu EU und USA. Nachdem Lukaschenka bei den Präsidentschaftswahlen am 19. März 2006 laut offiziellen Angaben 83 % der Stimmen geholt hatte, demonstrierten nach Schließung der Wahllokale mehr als 200 Menschen auf dem zentralen Oktoberplatz in Minsk und forderten Neuwahlen, da sie das Wahlergebnis für gefälscht hielten. Milinkewitsch, der auf sechs Prozent der Stimmen kam, bezeichnete die Wahl als Farce und sagte, dass die Opposition die Angst besiegt habe und kündigte an, die Wahl nicht anzuerkennen und auch mit internationaler Hilfe eine Annullierung der Wahl anzustreben.


Also demonstrierten nach den Wahlen immerhin 200 Menschen weil sie das Wahlergebnis für gefälscht hielten. Das ist natürlich nicht besonders viel.

Die Menschenrechte sind in Weißrussland extrem eingeengt. Amnesty International dokumentierte neben 3 Todesurteilen diverse Verletzungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung und des Versammlungs- und Demonstrationsrechts. Nach dem diverse Oppositionelle wegen regimekritischer Äußerungen auf Demonstrationen verhaftet wurden, begann die Opposition Schweigemärsche durchzuführen. Um auch diesen entgegenzuwirken, wurde auch gegen diese ein Gesetz erlassen, das „nicht sanktionierten Handlungen oder nicht sanktionierte Tatenlosigkeit“ seit September 2011 unter Strafe stellt.


Der größte Teil des Wikipedia-Artikels befasst sich mit der weißrussischen Wirtschaft.
Der Staatshaushalt umfasste 2009 Ausgaben von umgerechnet 22,5 Mrd. US-Dollar, dem standen Einnahmen von umgerechnet 22,1 Mrd. US-Dollar gegenüber. Daraus ergibt sich ein Haushaltsdefizit in Höhe von 0,9 % des BIP

Davon können Griechenland, Italien und der Rest der EU nur träumen.

Weissrussland ist touristisch nicht sehr erschlossen. Ähnlich wie in Russland braucht man ein Visum; mit entsprechendem Aufwand – meistens gut organisiert durch spezialisierte Reisebüros – gelangt man zu den entsprechenden Einreisedokumenten. Hauptanziehungsmagnet stellt die Hauptstadt selber dar, diese verfügt über ein umfangreiches Netzwerk von kulturellen Einrichtungen mit 18 Museen und 12 Theatern. Es gibt zahlreiche interessante historische Orte und Baudenkmäler.

Also kein sehr bekanntes Urlaubsziel für westliche Touristen.

Die Hauptverkehrsachse besteht aus einer von der staatlichen belarussischen Eisenbahn Belaruskaja Tschyhunka betriebenen elektrifizierten Eisenbahnlinie. Die Eisenbahnstrecke erreicht aus Polen kommend die weißrussische Grenze bei Brest in Normalspur (1435 mm Spurweite) und führt von dort in russischer Breitspur (1520 mm) weiter.

Die Hauptverkehrsachse besteht aus einer parallel zur Eisenbahnmagistrale verlaufenden autobahnartig ausgebauten Fernstraße. Rund um Minsk besteht ein Schnellstraßenring mit Ausläufern nach Litauen/Hrodna und nach Babrujsk/Homel im Südosten des Landes. Außerdem sind noch Polazk über Wizebsk und Orscha sowie Mahiljou über Babrujsk an Minsk angeschlossen.


Die Verkehrswege scheinen recht übersichtlich.

Die weißrussische Wirtschaft wurde nicht in eine Marktwirtschaft umgewandelt, da die Planwirtschaft von der Regierung bevorzugt wird. Aufgrund sehr guter Wirtschaftsbeziehungen zu Russland (starker Export, verbilligter Rohstoffimport) war die wirtschaftliche Situation bislang stabil. Industrie und Landwirtschaft sind größtenteils in Staatshand.

Weitere bedeutende weißrussische Unternehmen sind neben den Verkehrsbetrieben Belaruskaja Tschyhunka und der Belavia Belarusian Airlines das weißrussische Automobilwerk BelAZ, der Kaliproduzent Belaruskali, der Reifenhersteller Belshina, das Minsker Armbanduhrenwerk Strahl (Lutsch), der Fahrzeug- und Rüstungsproduzent Minski Awtomobilny Sawod (MAZ), der Fahrzeughersteller Minski Sawod Koljosnych Tjagatschei (MZKT), die Minsker Traktorenwerke (MTS) und der Halbleiterhersteller NPO Integral.

Die weißrussische Industrie zählt heute rund 600 staatliche Unternehmen, die 30 Prozent der gesamten Produktion erzeugen. Mit dem IWF wurde 2009 eine Pilot-Privatisierung von fünf der größten Staatsbetriebe vereinbart. Zudem sind schon rund 160 staatliche Großbetriebe in Industrie, Bauwirtschaft und Transportsektor in Aktiengesellschaften überführt worden, darunter das Erdöl verarbeitende Kombinat Naftan-Polimir, der Fahrzeug- und Rüstungsproduzent Minski Awtomobilny Sawod (MAZ), die Minsker Traktorenwerke (MTS) und das Stahlwerk in Schlobin. Federführend bei der Privatisierung ist Vize-Ministerpräsident Andrei Kobjakow.

In den letzten Jahren nahmen auch die Direktinvestitionen von Unternehmen aus dem Westen zu und betrugen im Jahr 2007 nach Angaben der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) rund 1,8 Milliarden US-Dollar.

Da gibts also für westliche Konzerne noch jede Menge Sahnestückchen an Staatsunternehmen zu holen.

Und so schlecht wie in dem Artikel der "Zeit" dargestellt, geht es dem Land wohl kaum. Mein Eindruck ist, dass Präsident Lukashenka den Privatisierungswünschen des Westens ziemlich im Wege steht.

Am 04. November nannte Lukashenko die NATO "Terroristen", die Gaddafi ermordeten und schlimmer sind, wie die Nazis.

Dazu muß man wissen, dass die Nazis in Weißrussland übel gewütet haben.

http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelsp ... 63528.html
Im besetzten Weißrussland versuchen die Nazis, eine Musterkolonie aufzubauen. Doch Inkompetenz, Ausbeutung und Massenmorde der SS lassen eine gewaltige Partisanenbewegung entstehen.


Er sagte auch, dass er die Situation nur negativ sehen kann. Der Krieg der NATO in Libyen sei ein Verstoß gegen das Mandat des Sicherheitsrates. Er übertreibe nicht was diesen gedankenlosen, verrückten Sicherheitsrat betreffe und er übertreibe auch weder dessen Rolle noch die Rolle der Vereinten Nationen, die sich zu einer Art Deckung (für solche Aktionen) entwickelt habe. "Irak, Afghanistan, die gesamte arabische Welt... Warum hat die UN dabei versagt, dass alles zu verhindern?"

“We can view the situation extremely negatively only. How can we evaluate NATO actions in Libya? As a violation of the mandate of the UN Security Council. I am not exaggerating this mindless and mad Security Council. I am not exaggerating their role and the role of the United Nations Organizations. The latter has evolved into some kind of cover-up. See or yourself: Iraq, Afghanistan, an entire Arabic curve. Why has UN failed to prevent all of it?

“It seems they have written one mandate while the NATO troops dared to violate the mandate,” said Alexander Lukashenko.

http://news.belta.by/en/news/president?id=666308

Dinge, die ich mich auch mal gefragt, und für mich genauso beantwortet habe.

Im Dezember 2010 zu den letzten Wahlen, stürmte eine Gruppe Jugendlicher das weißrussische Parlament. Gemäß einem in der Minsk Times erschienenen Bericht, waren diese Jugendlichen von ausländischen Geheimdiensten, hier werden speziell der deutsche und der polnische Gehimdienst genannt, finanziert. Die Jugendlichen sollen vorher von westlichen Geheimdiensten in der Ukraine für ihren "Aufstand" trainiert worden sein. Der Bericht sagt weiter aus, dass westliche Nicht-Regierungsorganisationen Geld in Koffern über die weißrussische Grenze geschmuggelt hätten, um die Oppositions-Aktivisten zu finanzieren.

Man hatte gehofft, 100.000 Aktivisten für eine Demonstration zusammen zu bekommen, die dann das Parlament stürmen sollten. Sollten es nicht genug Menschen sein, dann sollten sie sich mit Stöcken bewaffnen um die Polizei zu provozieren. Die Medien würden dann die Polizei dafür verurteilen, die Demokratiebewegung brutal niedergeschlagen zu haben und man würde behaupten, die Wahlen wären gefälscht und nicht demokratisch.

Es war damals schon merkwürdig, dass an diesem Tag die internationale Presse so zahlreich versammelt war. Es waren sogar mehr Reporter wie "Aufständische" vor Ort. Auch die Tagesschau war da:

http://www.tagesschau.de/ausland/weissrussland140.html
In Weißrussland ist die Polizei offenbar brutal gegen Demonstranten vorgegangen, die trotz eines Demonstrationsverbots gegen die Wiederwahl von Präsident Alexander Lukaschenko protestiert hatten. Die Sicherheitskräfte setzten Schlagstöcke gegen die etwa 10.000 Demonstranten ein, die sich in der Hauptstadt Minsk versammelt hatten und der Regierung Wahlbetrug vorwarfen.

Aufgebrachte Protestierer versuchten, in den Regierungskomplex einzudringen. Die Opposition kündigte für heute neue Proteste an.

Die Präsidentenkandidaten Wladimir Neklajew und Vitali Rymaschewski seien von den Polizei krankenhausreif geprügelt und dann vom Geheimdienst KGB verschleppt worden, hieß es aus den Wahlkampfstäben. Die Polizei hatte zuvor nach Angaben von Augenzeugen eine Versammlung von Naklajews Partei aufgelöst und dabei Blendgranaten eingesetzt und in die Luft geschossen.

Auch die prominente regierungskritische Reporterin Irina Chalip wurde verschleppt. Sie berichtete gerade in einem Live-Interview im russischen Radio-Sender Echo Moskwy von dem brutalen Vorgehen der Polizei, als sie selbst gewaltsam abgeführt wurde. "Oh, sie zerren mich weg. Was um Himmels willen tun sie denn", schrie sie während ihres telefonischen Augenzeugenberichts. "Mich schlägt die Polizei", rief sie, bevor die Verbindung abbrach. Seither fehle jeder Kontakt zu der Reporterin der oppositionellen russischen Zeitung "Nowaja Gaseta", berichtete Echo Moskwy.

Die mit internationalen Preisen ausgezeichnete Chalip ist die Ehefrau des oppositionellen weißrussischen Präsidentenkandidaten Andrej Sannikow. Dieser war ebenfalls verprügelt und festgenommen worden.



Wenigstens räumt man ein:
Der Wahlvorgang als solcher sei aber nicht zu beanstanden gewesen: "Die Vorwürfe der Opposition, Lukaschenko habe Wahlbetrug begangen, kann ich - so leid es mir tut - so nicht bestätigen."


Und auch die Ober-Heuchler dürfen nicht fehlen:
Die USA kritisierten das Vorgehen der Polizei. Sie verurteilten "jegliche Gewalt am Wahltag in Weißrussland zutiefst". Man sei besonders besorgt wegen des "exzessiven Einsatzes von Gewalt seitens der Behörden", erklärte die Botschaft in Minsk. Dazu gehörten der Einsatz von Schlagstöcken, die zahlreichen Festnahmen von Oppositionskandidaten und Demonstranten und das gewaltsame Vorgehen gegen Journalisten und Aktivisten der Zivilgesellschaft.


"Verschleppungen", Massenverhaftungen, Verprügelungen, "exzessive Gewalt" - sind ja schon üble Vorwürfe.

Leider wird der Dezember 2010 von Wikileaks nicht mehr abgedeckt, aber, sollte es tatsächlich eine Finanzierung der Aktivisten durch das Ausland gegeben haben, so war diese sicherlich nicht einmalig, sondern da wird, wie so oft, jahrelang am Sturz der Regierung gearbeitet. Also habe ich mir die Wikileaks cables der US-Botschaft von Minsk angesehen:

Da finden sich im letzten cable: http://www.wikileaks.org/cable/2010/02/10MINSK59.html#
3. The Aggressive Suppression of Peaceful Demonstrations Returns


After permitting the monthly Solidarity Day demonstrations to
take place this fall (reftel Minsk 024), authorities cracked
down aggressively, manhandling and arresting demonstrators, as
activists attempted to stage three public protests in February.
Belarus security forces arrested 29 democratic activists
demonstrating in downtown Minsk on February 16 in remembrance of
opposition leaders who disappeared in 1999-2000. Police for the
first time grabbed people as they approached the venue dragged
them off to waiting vans, while others were arrested in the
square a few minutes later. Only two of the several dozen
policemen on site were in uniform. Officers in plainclothes
used force against journalists, blocking photo and video
cameras, and pushing them away from the demonstrators. In a
separate incident on February 14, police broke up a St.
Valentine's Day march staged by the Malady Front and arrested 22
activists, including four legal minors. Young Belarus and
European Belarus civil groups held three rallies at different
venues on February 8 in support of the two Vaukavysk activists,
Mikalay Autukhovich and Uladzimir Asipenka, who have been held
in pretrial detention on terrorism charges since February 8,
¶2009. Approximately 20 activists from those groups were
detained. On all three days, people detained were eventually
released without charges but many reported being fingerprinted
and recorded on video and complained of suffering bruises and
scratches while in police detention, as well being threatened
verbally.


Immerhin demonstrierten am 16. Februar 2010 ganze 29 Personen und zum ersten Mal seit langer Zeit wurden die von der Polizei sogar ergriffen und verhaftet. Am 14. Februar waren es 22 Aktivisten, die verhaftet wurden. Insgesamt waren es im Februar 3 Demonstrationen, am 8. Februar wurden 20 Demonstranten verhaftet. Sie wollten mit ihrer Demonstration an zwei ein Jahr zuvor inhaftierte Aktivisten erinnern. Die Aktivisten, die an diesen 3 Tagen verhaftet wurden, wurden ohne Strafe wieder freigelassen. Man nahm ihnen allerdings Fingerabdrücke ab und sie wurden auf Video aufgenommen. Sie beklagten sich darüber, sie hätten blaue Flecken und Kratzer davongetragen und wären bedroht worden.

Soviel zu Massenverhaftungen und Verschleppungen, sowie exzessive Gewalt, die in Weißrussland normal sein soll.

In dem cable steht auch etwas über die Wahlen:

At a press conference on February 1, Central Election Commission
(CEC) Chairwoman Lidziya Yarmoshyna said that for the April 25
local elections 1,495 territorial election commissions covering
regional, town, and village councils have been established in
Belarus, with a total membership of 11,697. Of those, 51.9
percent were nominated through the collection of voter
signatures, 35.3 percent were nominated by NGOs and political
parties, and 12.8 percent by "workers' collectives." The
requirement that one-third of commissions' membership be
nominated by NGOs and political parties is a new requirement in
the electoral law. However, as it has turned out only 105
persons or 0.9 percent of the total territorial commission
members are affiliated with political parties; and of these only
15 represent opposition parties, including nine with the
Spravedlivy Mir Belarusian Party of the Left, four with the
United Civic Party, and two with the Belarusian Social
Democratic Party Hramada.


51,9% der Kandidaten wurden für die Regionalwahlen durch genügend gesammelte Unterschriften von Wählern nominiert, 35,3% wurden von Nicht-Regierungsorganisationen (NGO's) ernannt, 12,8% von "Gewerkschaften"(?). Die Regel, das 1/3 der Kandidaten von NGO's und politischen Parteien ernannt werden müssen ist neu, aber wie sich dann herausstellte sind nur 0,9% der Kandidaten Mitglied einer Partei und die wenigsten davon sind in einer der Oppositionsparteien Spravedlivy Mir Belarusian Party, United Civic Party, oder der Belarusian Social Democratic Party Hramada. Von den 4.024 NGO-Kandidaten gehören die meisten Vereinen an, die der Regierung nahe stehen. Sie gelten als ideologisch loyal zur Regierung.


Die Opposition hat sich beim Botschafter beschwert, sie hätten Schwierigkeiten genug Unterschriften zu bekommen, um als Kandidaten nominiert zu werden. Die Regierung würde sie beim Unterschriften-sammeln behindern.

http://www.wikileaks.org/cable/2010/02/10MINSK56.html#

They also described recent problems in collecting signatures
in support of nominees, citing a February 5 decision by Brest
authorities to ban groups from soliciting signatures on eight of
the city's major streets or within 50 meters of state or
official buildings, which in the state run society of Belarus
are quite prevalent. According to Ihar Maslowsky, Head of BSDP
(Gramada) in Brest Oblast, this ban makes the current election
campaign more difficult as compared to previous ones. Before,
it was necessary to simply notify the authorities about the
location of the nomination group. He noted collecting
signatures was an important part of any political campaign and
said it was not clear why the Brest authorities were trying to
hide the process in courtyards, quiet streets, and residential
areas.


Die Oppositionskandidaten dürfen also ihre Werbestände nicht auf der Hauptstraße aufschlagen, sondern müssen sich mit den Nebenstraßen oder im Abstand von 50 Metern von staatlichen Gebäuden halten. Da wäre es dann unheimlich schwierig, genügend Unterschriften zu bekommen um kandidieren zu können.

Ehrlich gesagt: Wenn die Bevölkerung ihre Regierung dick hat, ist es egal ob die in irgendwelchen Hinterhöfen Unterschriften sammeln - die Leute würden sich drum reissen zu unterschreiben.

Und dann die freie Presse in Weißrussland: http://www.wikileaks.org/cable/2010/02/10MINSK54.html#

Summary. Brest is the most progressive Oblast in Belarus in
terms of media freedom. Nevertheless, two Brest Oblast
newspaper editors shared with CDA their difficulties, including
having reliable access to the state monopoly distribution
networks, unhampered ability to raise revenues through
advertising, and consistent decisions and access to public
officials, in their continuing efforts to provide an independent
news perspective to the Oblast's population.

Ich finde ja schonmal interessant, wie die freie Presse beim US-Botschafter ein und ausgeht.

In Brest gibt es 2 unabhängige Zeitungen.Da ist die Brestskaya Gazeta, mit einer Auflage von immerhin 8.000 Stück. Diese Zeitung wird zusammen mit den staatlichen Medien ausgeliefert. Die Behörden "erlauben" das. Das größte Problem der unabhängigen Zeitungen ist es, Werbekunden zu finden. Keiner will da inserieren.

Der Herausgeber behhauptet, er wäre vom Geheimdienst aufgrund seines Gespräches mit dem Botschafter befragt worden:
Marchuk carries out his work in the knowledge that his
operations are subject to official scrutiny. As evidence,
following his meeting with the CDA, the Brest KGB press service
phoned him to inquire about his discussion with the American
Ambassador. Marchuk said he kindly replied that he had not
spoken with the American Ambassador as there was none in Belarus
but he did interview the Charge and the text of the interview
could be found in his next paper.

und hat glatt ausgesagt, dass er nicht mit dem amerikanischen Botschafter gesprochen habe, weil es in Weißrussland keinen gäbe und er hätte den Verantwortlichen interviewt und den Text könnten sie in der nächsten Ausgabe seiner Zeitung lesen.

Eine andere Zeitung, die Gazeta Dlya Vas, mit einer Auflage von immerhin 4.000 Stück, darf wieder erscheinen, nachdem sie 2006 verboten worden war. Auch diese Zeitung findet keine Werbekunden. Die Herausgeberin hat Angst, dass man ihre Zeitung nicht mehr an den Zeitungsständen zum Kauf anbietet.

At the same time,
Tsaluyka has achieved some success in developing relationships
and reporting on matters of concern involving criminal law
enforcement and fire-fighting activities.

Seit dem sie über Kriminalität und die Feuerwehr berichtet, verkauft sich ihre Zeitung etwas besser.

Dann muß es aber wohl am sonstigen Inhalt liegen, dass sich nicht viele Leute für ihre Zeitung interessieren.

Lt. dem Botschafter stehen diese 3 Beispiele stellvertretend für alle unabhängigen Zeitungen in Weißrussland.

Dann mal was zur Wirtschaft:

http://www.wikileaks.org/cable/2010/02/10MINSK32.html#
Belarus Ranked 150th Freest Economy among 179 Countries

According to media reports, Belarus was ranked 150th freest
economy among 179 states in the 2010 Index of the Heritage
Foundation and The Wall Street Journal released last week.
Belarus is ranked 42nd among 43 European countries. According
to the report "Belarus's economy is still characterized by
pervasive state involvement and control, the small private
sector remains marginalized~ The government controls many
financial institutions, directly or partially. Beside insecure
property rights and corruption, foreign investment faces
restrictions and bureaucratic inefficiency."

Von 179 Staaten belegt Weißrussland Platz 150 und in Europa von 43 Staaten Platz 42, was die Kontrolle der Wirtschaft durch den Staat betrifft. Es gibt kaum private Unternehmen. Der Staat kontrolliert die Banken, Eigentumsrechte sind eingeschränkt, es gibt Korruption, Auflagen für ausländische Investoren und Bürokratie.

Und dann ist da noch die Sache mit den Tschernobyl-Opfern. Eine irische Hilfsorganisation hat sich in 2005 stark engagiert.
http://www.wikileaks.org/cable/2005/07/05MINSK780.html#

The International Program Cooperation for Rehabilitation
(CORE) was established in 2002 following a UN report on the
remaining consequences in Belarus of the Chernobyl disaster.
According to UNDP officials who briefed DCM and poloff
recently, the report signaled a shift in assistance
priorities from emergency relief to long-term rehabilitation
and development. The Declaration of CORE principles, which
were signed by 27 international partners, including the
majority of Western embassies and international
organizations in Belarus (but not the USG), emphasizes the
importance of sustainability, integrated approach and the
involvement of local populations in assistance projects.


Eine gute Sache, wenn man die Kinder in Gastländer bringt, damit sie sich dort erholen können. In Weißrussland selbst will man die Bevölkerung in Hilfsprojekte integrieren.

Die weniger gute Sache ist, dass der US-Botschafter da doch gleich eine Chance sieht, mit Hilfe dieses Hilfprojektes Gelder an die Opposition zu transferieren, weil das ja so den weißrussischen Behörden nicht auffallen würde:

ACTION Request: Post urges Department to explore with
UNDP the possibility of working with CORE. UNDP reps note
that signing on to the CORE principles is not a funding
commitment. CORE participation can leverage assistance
dollars because UNDP pre-screens projects and performs other
administrative services out of its own funds. Moreover,
project registration is facilitated because the program
enjoys the support of the GOB and being under UNDP auspices,
USG supported activities would not attract the attention of
GOB authorities.


Letzteren Satz würde ich so interpretieren, dass dies eine Möglichkeit ist, den Aktivisten, unbemerkt von der weißrussischen Regierung, Geld zukommen zu lassen. Aber selbstverständlich kann ich mich da auch irren.
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Re: Diktatur Weißrussland?

Beitragvon Der_Dscho » Sonntag 13. November 2011, 00:31

Hi,

was genau willst du jetzt? Die von dir zitierten Wirtschaftsdaten sind von 2007/9, die Meldung der extremen Verschuldung von 2011.

Siehe auch:
http://www.zeit.de/2011/21/Weissrussland-Exilanten
http://www.opendemocracy.net/od-russia/ ... lukashenka’s-belarus

Dscho
Sind des Schäfchens Locken braun, lehnt's wohl am Elektrozaun.
Und wenn es mit den Augen rollt, hat der Zaun zu viele Volt.
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Re: Diktatur Weißrussland?

Beitragvon Britta » Sonntag 13. November 2011, 01:10

Der_Dscho hat geschrieben:Hi,

was genau willst du jetzt? Die von dir zitierten Wirtschaftsdaten sind von 2007/9, die Meldung der extremen Verschuldung von 2011.

Siehe auch:
http://www.zeit.de/2011/21/Weissrussland-Exilanten
http://www.opendemocracy.net/od-russia/ ... lukashenka’s-belarus

Dscho


Ich denke nicht, dass sich die Staatsverschuldung in den 2 Jahren so drastisch verschlimmert hat. Und wenn doch, so ist da immer noch der "große Bruder", der aus der Patsche helfen kann.

In solchen Schwierigkeiten wie die EU oder die USA ist Weißrussland bestimmt nicht.
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