Versuch+Irrtum=Elitarismus - Wählerschreck? Banal!?!

Moderator: enegh

Versuch+Irrtum=Elitarismus - Wählerschreck? Banal!?!

Beitragvon Der Neandertaler » Sonntag 21. April 2013, 14:44

In den 80er Jahren - bis Anfang 2000 machte Toni Geller regelmäßig unregelmäßig Wahlkampf für die 'Blaue Partei'.
Was natürlich Blödsinn war - diese Partei gab es in Wirklichkeit nicht.
    warum eigentlich nicht? Sie hätte viel Zuspruch bekommen:
    volles Programm - volles Haus!
2001 gründete sich immerhin die Partei:
"Die Violetten" - eine Partei für spirituelle Politik
ab einem Gewissen Punkt etwa gleich

Später bekannte Horst Schlämmer - alias Hape Kerkeling - als stellvertretender, extrovertierter und stets fröhlicher Chefredakteur des fiktiven Grevenbroicher-Tagblattes - "Immer janz discht dran und knallhart nachjefracht":
    Alles Fiktion!??
Wer kennt sie nicht, unsere hochgeschätzte Parteienlandschaft?
SPD - CDU - CSU - FDP - Bündnis 90/Die Grünen - Die Linke

Regionale Parteien waren oder sind unter Anderem:
    die 'Bayernpartei', gegr. 1946 - 'Freie Sachsen' - Allianz unabhängiger Wähler, 2007 - 'Die Friesen'ebenfalls 2007 - uam.
Schon 1948 wurde der 'Südschleswigscher Wählerverband' - SSW für die dänische Minderheit in Schleswig-Holstein gegründet - er ist laut dortiger SH-Satzung von der 5%-Hürde berfreit.
Es gab auch eine Vielzahl recht exotischer Parteien, die ebenfalls entweder nur kurz existierten, oder die zum Teil in anderen, teilweise schon existierenden Parteien aufgingen:
    1978 gegründete sich die GAZGrüne Aktion Zukunft - ging 1980 in 'Die Grünen' auf - löste sich wiederum 1982 daraus und ging in der ÖDP auf.
    Im Dezember
    1989 wurde die Partei 'Unabhängiger Frauenverband' gegründet, existierte nur bis September 1991 - danach Umwandlung in einen Verein - löste sich 1998 auf.
Einige der Gründe, die zur Parteigründung führten, dürften teilweise - mit Recht - Bedürfnisse und Bewegungen Teile der Bevölkerung widerspiegeln.
    heutige Parteien würden kaum über Umweltschutz oder dergleichen reden, wenn nicht 'Die Grünen' mit:
    'le Waldsterben - vis-à-vis de la forêt' angefangen hätten.
    Wer würde heute über Frauenquote reden, wenn es keine Frauen gäb?
Aufgrund und im Angesicht gravierender Entwicklungshilfe, die als permanente Bevormundung - gar Bedrohung durch das Rheinland interpretiert wurde ... so empfunden wurde, wurde aus rein oppositionellen Beweggründen heraus 2009 eine weitere populistische Partei in's Leben gerufen:
'Die Westfalen'
Diese Partei glich eher unseren rheinischen Karnevalsvereine: es gab immer was zu lachen! - über deren Karnevalsvereine: Schweigen!
    mit der Entwicklungshilfe ist es in etwa so wie mit dem Soli:
    sie sollte nicht nach Himmelsrichtung vergeben werden, sondern nach Bedürftigkeit.
    ... ist sie doch
1970 gründete sich, im Angesicht des bevorstehenden Facharbeitermangels, die 'DSP – Deutsche Sex-Partei' - sie löste sich aber 1973 auf.
2002 wurde die 'Spaßpartei' in's Leben gerufen - sie stellte wiederum 2005 ihre Arbeit ein. Schließlich wurde 2011 die 'BIW-Bürger in Wut'-Partei gründet - sie existiert bis heute.
    ob da ein Zusammenhang besteht?
    Ich meine:
    auf Lust folgt Frust! Anfangs Spaß - dann Wut. ... nicht das gewünschte bekommen?
Besonders in der Wendezeit - 1988-1993 - wurden in der ehem. DDR einige Parteien gegründet, die dann aber ebenfalls in größere Parteien aufgingen, vornehmlich westlich geprägten Stils.
Da wäre erstmal die ehem. 'SED - Sozialistische Einheitspartei Deutschlands':
    1946 hervorgegangen aus der Zwangsvereinigung von KPD und SPD. Sie benannte sich nach 1989 zunächst in 'Sozialistische Einheitspartei Deutschlands – Partei des Demokratischen Sozialismus' (SED-PDS) um - ab Februar 1990 dann nur noch in 'Partei des Demokratischen Sozialismus' (PDS) - 2005 wurde daraus 'Die Linkspartei.PDS'.
    2004 formierte sich sodann die Wahlalternative 'Arbeit & soziale Gerechtigkeit' (WASG).
    Aus der Verschmelzung von WASG und 'Die Linkspartei.PDS' entstand 2007 'Die Linke'.
À props 'Union nicht genug überdachten Lächelns trotz innerer Genialität' - kein Witz: die 'UngüLtiG'-Partei existierte 1985-1987:
    Großbritannien - selbstverständlich und ausgerechnet Großbritannien - besitzt schon seit 2015 die Anti-Europa Partei 'UK Independence Party', kurz: UKIP
    als entscheidenden Faktor - mit exzellenten Nachwahlergebnissen: 2009 Platz zwei mit 16,5 Prozent der Wählerstimmen
    In Österreich kommen die EU-Gegner derzeit auf etwa 25 bis 30 Prozent - die 'FPÖ' aktuell auf einen Stimmenanteil von 21 Prozent und die rechtspopulistische Partei 'Team Stronach' auf etwa 11 Prozent Stimmenanteil.
    Europafeindlicher Populismus wird in Frankreich gleich aus zwei Ecken bedient:
    von ganz rechts und von ganz links

    Auf der Rechten: 'Front National' - etwa ein Drittel der Franzosen sympathisiert mit deren Thesen. Ebenso schmeichelt Jean-Luc Mélenchon mit seiner 'Front de Gauche' - Linksfront den Franzosen.
    Skandinavien: hat seine 'Wahre Finnen' - eine rechtspopulistische Gruppierung, benannte sich im vergangenen Herbst in 'Die Finnen' um.
    drittstärksten politischen Kraft in Finnland: 19%- sie bedient allerdings auch Anti-EU- und Anti-Euro-Profile
Überall, wo man hinschaut:
Populisten am Werk - sie gewinnen mehr und mehr ... werden stärker ... bekommen vermehrt Zuspruch.
Madrid, Rom, Lissabon oder Athen.
Holland: Geert Wilders, der Anti-Islam-Agitator - 'Partei der Freiheit'. Italien wählt nach Aussage von Peer Steinbrück zwei Clowns: Silvio Berlusconi und Beppe Grillo. In Ungarn ist Viktor Orbán am Werk - Vorsitzender der rechtskonservativen oder gar neofaschistischen Partei 'Fidesz' – Ungarischer Bürgerbund Frankreich wählt einen französischen Präsidenten, der populär eine 75%ige-Reichensteuer für Millionäre einführen möchte.
Nun haben wir hierzulande ebenfalls eine Anti-EU- oder Anti-Euro-Partei:
'AfD' - Alternative für Deutschland
laut Forschungsinstituts Insa: vier Prozent

Fazit:
    ist dies ein homo novus? Ein Trend, der sich gegen die politische Elite richtet? Ist dies eine ernstzunehmende Gefahr für die Demokratie oder ist dieses lediglich toxisches Emotionsgebräu? Sind dies lediglich Stammtisch-Parteien oder Führer-Bewegungen ... Problemanzeigen:
      Irgendetwas ist schief gelaufen!
    2006 gründeten sich euphorisch die 'PIRATEN'-Partei - aktuell etwa drei Prozent. Diese Partei propagierte eine "Verflüssigung" des Prozesses der politischen Willensbildung ... "digitale Formen der direkten Demokratie"
    Gorbatschow wollte auch Glasnost und Perestroika - Umbau eines Systems, welches sich im Laufe der Zeit verkrustete. ... und heute .... wo ist er heute? Auch untergegangen!

    Gehen alle diese Neugruppierungen:
    'AfD' - 'PIRATEN' etc.
    gehen sie alle den gleichen Weg, wie seinerzeit etwa die sogenannte Schill–'Partei Rechtsstaatlicher Offensive' des 'Richter Gnadenlos' oder die vielen anderen Gruppierungen, die sich im Laufe der Zeit gründeten?
    Oder ist dies, wie es Obama formulierte ein "Populismus der Aufklärung"? Könnte dies also helfen ... wäre es also ein Denkanstoß für unsere etablierten Parteien?
    Ist die lediglich "Die Furcht vor Veränderung"? Eine Tätigkeit der "völkischen Verführer", wie die 'Süddeutsche Zeitung' schreibt ... soziale Ängste und politische Neurosen, welche sich in der Bevölkerung verstärken? Oder ist dies "Populismus der Aufklärung", wie dies der amerikanische Historiker und Populismusforscher Michael Kazin bezeichnet.
    Sind alle Welt also 'Holzhammer-Demagogen' am Werk?
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.

Die Welt ist so geräumig und der Kopf ist so beschränkt.

Zpět k budoucnosti ke nejlebší čas.


-----

Viele Grüße
Der Neandertaler
Benutzeravatar
Der Neandertaler
 
Beiträge: 752
Registriert: Mittwoch 1. September 2010, 05:37

Re: Versuch+Irrtum=Elitarismus - Wählerschreck? Banal!?!

Beitragvon Britta » Montag 22. April 2013, 00:16

Ich finde Parteien furchtbar. Sie sind für mich das Zeichen dafür, dass die Leute nicht selber denken können. Sie schauen sich das Parteiprogramm an, das eh gelogen ist - weil sich nach der Wahl keiner mehr dran hält - statt sich die Politiker genauer anzusehen, oder sie wählen die, die sie schon immer gewählt haben.

Solange wir Parteien brauchen, ist die Menschheit nicht reif dafür, in der Demokratie ihre Verantwortung zu übernehmen.

Für mich ist keine der Parteien die sich zur Wahl stellen wählbar.
People who lie to others have merely hidden away the truth, but people who lie to themselves have forgotten where they put it.
Benutzeravatar
Britta
 
Beiträge: 2452
Registriert: Samstag 3. Juli 2010, 14:09

Re: Versuch+Irrtum=Elitarismus - Wählerschreck? Banal!?!

Beitragvon Uli » Montag 22. April 2013, 10:10

Britta hat geschrieben:Ich finde Parteien furchtbar. Sie sind für mich das Zeichen dafür, dass die Leute nicht selber denken können. Sie schauen sich das Parteiprogramm an, das eh gelogen ist - weil sich nach der Wahl keiner mehr dran hält - statt sich die Politiker genauer anzusehen, oder sie wählen die, die sie schon immer gewählt haben.

Solange wir Parteien brauchen, ist die Menschheit nicht reif dafür, in der Demokratie ihre Verantwortung zu übernehmen.

Für mich ist keine der Parteien die sich zur Wahl stellen wählbar.


Was ist denn die demokratische Alternative zum Parteiensystem?
Man kann nicht für jede Entscheidung eine Volksbefragung heranziehen.

Es ist allerdings ein Problem, wenn man sich im aktuellen "Angebot" der Partien nicht wiederfindet; das geht mir aktuell leider ähnlich.
Benutzeravatar
Uli
 
Beiträge: 1025
Registriert: Dienstag 1. Februar 2011, 13:04

Re: Versuch+Irrtum=Elitarismus - Wählerschreck? Banal!?!

Beitragvon Der Neandertaler » Montag 22. April 2013, 15:11

Hallo Britta.
Liebes, für mich sind nicht die Parteien das Problem, die etwas in ihr Partei- oder Wahlprogramm schreiben, woran
"sich nach der Wahl keiner mehr dran hält"
Für mich sind die Leute ... die Wähler das Problem. Die, die dieses System anscheinend (noch) nicht verstanden haben.

Ich kann nicht davon ausgehen, daß die Partei, die ich gewählt habe, daß sie letztlich die Mehrheit der Sitze bekommt - also alleine regieren kann, somit wird sie sich Koalitionspartner suchen (müssen).
... eventuell mit unterschiedlichem ... konträrem Wahlprogramm.
Also wird sie in dem ein oder anderen Punkt ihres (Wahl-) Programms Kompromisse ... Abstriche machen (müssen). Für mich als Wähler heißt das doch, daß es bei meiner (Aus-) Wahl - welcher Partei ich meine Stimme gebe, daß ich nur wählen kann, welche Partei meinen Vorstellungen ... meinen Wünschen am ehesten entspricht. Oder, daß ich, wie Du es ausdrücken würdest, lediglich die Wahl habe zwischen Pest und Kolera.

Mit der Reifheit der Menschen ... besonders hierzulande - inbezug auf 'Verantwortung übernehmen', gebe ich Dir Recht, aber, wie Uli fragte und sagte:
    "Was ist denn die demokratische Alternative zum Parteiensystem?"
      Man kann nicht für jede Entscheidung eine Volksbefragung heranziehen.
... auch die so be- und gerühmte Schweiz läßt ihre Bürger nicht über alles abstimmen.

Ich bin ehrlich - zumindest versuche ich es ... so zu sein:
    wenn ich es mir recht überlege, gehe ich auch nur noch wählen, weil ich es muß - das sowieso, weil ich es mir selber auferlegt habe ... als guter Demokrat, zumindest sollte der Wahlvorstand mit gutem Beispiel vorangehen ... und zur Wahl, aber auch, weil ich mir zumindest einbilde, so die Parteien zu verhindern, die ich - vielleicht noch einige Leute mehr - auf keinen Fall an der Regierung ... an der Gestaltung unseres Landes beteiligen möchte.
Aber Du hast Recht:
Britta hat geschrieben:Ich finde Parteien furchtbar.
Ich im Grunde genommen auch! Aber noch mehr sind mir die Leute suspekt. Einerseits die, die diese Parteien gestalten, aber anderseits auch die, wie oben beschrieben, die meinen, durch Nichtwählen etwas zu erreichen.
... weil sie meinen, die Parteien so abzustrafen.
Die Dummen sind im Endeffekt wir alle, weil die radikalen Parteien werden es immer und zu allen Zeiten schaffen, ihre Klientel zur Wahl zu animieren.
denn solange nur einer zur Wahl geht und eine dieser Parteien wählt, ... schon hat diese Partei 100%
Richard Rogler sagte mal:
"Parteien sind nur Treffpunkte für Leute, die auf natürlichem Weg keine Freunde finden"
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.

Die Welt ist so geräumig und der Kopf ist so beschränkt.

Zpět k budoucnosti ke nejlebší čas.


-----

Viele Grüße
Der Neandertaler
Benutzeravatar
Der Neandertaler
 
Beiträge: 752
Registriert: Mittwoch 1. September 2010, 05:37

Re: Versuch+Irrtum=Elitarismus - Wählerschreck? Banal!?!

Beitragvon Britta » Montag 22. April 2013, 20:16

Uli hat geschrieben:
Britta hat geschrieben:Ich finde Parteien furchtbar. Sie sind für mich das Zeichen dafür, dass die Leute nicht selber denken können. Sie schauen sich das Parteiprogramm an, das eh gelogen ist - weil sich nach der Wahl keiner mehr dran hält - statt sich die Politiker genauer anzusehen, oder sie wählen die, die sie schon immer gewählt haben.

Solange wir Parteien brauchen, ist die Menschheit nicht reif dafür, in der Demokratie ihre Verantwortung zu übernehmen.

Für mich ist keine der Parteien die sich zur Wahl stellen wählbar.


Was ist denn die demokratische Alternative zum Parteiensystem?

Die Alternative wäre z.B. die Personenwahl. Die Minister in ihren Ämtern bestimmt die Partei. Schön wäre, wenn man die direkt wählen könnte. Also, es stellen sich Kandidaten für das jeweilig Amt zur Wahl und das Volk wählt Kanzler jeden Minister extra.

Uli hat geschrieben:Man kann nicht für jede Entscheidung eine Volksbefragung heranziehen.

Ist mir schon klar. Ein wenig mehr Volksentscheide wären natürlich wünschenswert.

Uli hat geschrieben:Es ist allerdings ein Problem, wenn man sich im aktuellen "Angebot" der Partien nicht wiederfindet; das geht mir aktuell leider ähnlich.

Vielleicht ändert sich ja langfristig was, wenn die 2. und 3. Generation I-Phone und Facebook erwachsen geworden ist. Das kann eine gute Entwicklung geben - jedenfalls ist das nicht undenkbar.
People who lie to others have merely hidden away the truth, but people who lie to themselves have forgotten where they put it.
Benutzeravatar
Britta
 
Beiträge: 2452
Registriert: Samstag 3. Juli 2010, 14:09

Re: Versuch+Irrtum=Elitarismus - Wählerschreck? Banal!?!

Beitragvon Britta » Montag 22. April 2013, 20:33

Der Neandertaler hat geschrieben:Hallo Britta.
Liebes, für mich sind nicht die Parteien das Problem, die etwas in ihr Partei- oder Wahlprogramm schreiben, woran
"sich nach der Wahl keiner mehr dran hält"
Für mich sind die Leute ... die Wähler das Problem. Die, die dieses System anscheinend (noch) nicht verstanden haben.

Schon klar soweit. Ich sehe das Problem auch beim Wähler, der damit zufrieden zu sein scheint, Parteien zu wählen.

Der Neandertaler hat geschrieben:
Ich kann nicht davon ausgehen, daß die Partei, die ich gewählt habe, daß sie letztlich die Mehrheit der Sitze bekommt - also alleine regieren kann, somit wird sie sich Koalitionspartner suchen (müssen).
... eventuell mit unterschiedlichem ... konträrem Wahlprogramm.
Also wird sie in dem ein oder anderen Punkt ihres (Wahl-) Programms Kompromisse ... Abstriche machen (müssen). Für mich als Wähler heißt das doch, daß es bei meiner (Aus-) Wahl - welcher Partei ich meine Stimme gebe, daß ich nur wählen kann, welche Partei meinen Vorstellungen ... meinen Wünschen am ehesten entspricht. Oder, daß ich, wie Du es ausdrücken würdest, lediglich die Wahl habe zwischen Pest und Kolera.

Hm, warum nur habe ich das Gefühl, dass sich selbst dann nichts ändern würde, wenn eine Partei die absolute Mehrheit hätte und alleine regieren könnte? :?

Der Neandertaler hat geschrieben:Mit der Reifheit der Menschen ... besonders hierzulande - inbezug auf 'Verantwortung übernehmen', gebe ich Dir Recht, aber, wie Uli fragte und sagte:
    "Was ist denn die demokratische Alternative zum Parteiensystem?"
      Man kann nicht für jede Entscheidung eine Volksbefragung heranziehen.
... auch die so be- und gerühmte Schweiz läßt ihre Bürger nicht über alles abstimmen.

Ein bischen mehr Phantasie. Es ist eigentlich alles möglich. Wir leben am Anfang einer Informationsgesellschaft. Wer weiß, was da so alles an Ideen dabei rauskommen kann? Schließlich stehen wir vor jeder Menge globaler Probleme, die schon länger auf eine Lösung warten.

Der Neandertaler hat geschrieben:Ich bin ehrlich - zumindest versuche ich es ... so zu sein:
    wenn ich es mir recht überlege, gehe ich auch nur noch wählen, weil ich es muß - das sowieso, weil ich es mir selber auferlegt habe ... als guter Demokrat, zumindest sollte der Wahlvorstand mit gutem Beispiel vorangehen ... und zur Wahl, aber auch, weil ich mir zumindest einbilde, so die Parteien zu verhindern, die ich - vielleicht noch einige Leute mehr - auf keinen Fall an der Regierung ... an der Gestaltung unseres Landes beteiligen möchte.
Aber Du hast Recht:
Britta hat geschrieben:Ich finde Parteien furchtbar.
Ich im Grunde genommen auch! Aber noch mehr sind mir die Leute suspekt. Einerseits die, die diese Parteien gestalten, aber anderseits auch die, wie oben beschrieben, die meinen, durch Nichtwählen etwas zu erreichen.
... weil sie meinen, die Parteien so abzustrafen.
Die Dummen sind im Endeffekt wir alle, weil die radikalen Parteien werden es immer und zu allen Zeiten schaffen, ihre Klientel zur Wahl zu animieren.
denn solange nur einer zur Wahl geht und eine dieser Parteien wählt, ... schon hat diese Partei 100%
Richard Rogler sagte mal:
"Parteien sind nur Treffpunkte für Leute, die auf natürlichem Weg keine Freunde finden"

Ich habe manchmal auch das Problem, dass mir von der einen Partei ein Kandidat gut gefällt - z.B. DeMaziere als Innenminister (okay, als Verteidigungsminister ist er auch nicht schlecht.) Als Kanzler könnte man ihn auch wählen, wenn er es denn werden wollte. Ich kann aber die CDU nicht wirklich wählen. Also, wenn ich mir eine Regierung zusammenstellen könnte, würde die von jeder Partei Politiker umfassen.
People who lie to others have merely hidden away the truth, but people who lie to themselves have forgotten where they put it.
Benutzeravatar
Britta
 
Beiträge: 2452
Registriert: Samstag 3. Juli 2010, 14:09

Re: Versuch+Irrtum=Elitarismus - Wählerschreck? Banal!?!

Beitragvon galileo2609 » Dienstag 23. April 2013, 22:45

Hallo Neandertaler,
Der Neandertaler hat geschrieben:
Der Neandertaler hat geschrieben:Aber Du hast Recht:
Britta hat geschrieben:Ich finde Parteien furchtbar.
Ich im Grunde genommen auch! Aber noch mehr sind mir die Leute suspekt. Einerseits die, die diese Parteien gestalten, aber anderseits auch die, wie oben beschrieben, die meinen, durch Nichtwählen etwas zu erreichen.
... weil sie meinen, die Parteien so abzustrafen.

die repräsentative Demokratie, die über den Transmissionsriemen der Parteien aufgebaut wird, funktioniert in den meisten westlichen Gemeinwesen als deradikalisierend. Über Kompromisse, ausgleichende Mechanismen, langfristige Befriedungspotentiale, soziökonomische Umverteilungen und ... innerparteiliche Demokratie. Was mir besonders suspekt ist, sind die populistischen Beschwerden über die Parteiendemokratie, die insbesondere von Mitmenschen erhoben werden, die eine Partei nie von innen gesehen haben. Es ist kein Muss und selbstverständlich kann man sich auch jederzeit enttäuscht von dieser "Ochsentour" wieder verabschieden, um seinen inneren Reichsparteitag, sorry, heute vulgo Ponyhof, zu pflegen.

Auch haben wir Beispiele, selbst nach der Weimarer Republik in Agonie, dem "Tausendjährigen Reich", der UdSSR usw., in der zunächst pluralistische Parteiensysteme pervertieren: aktuelle Beispiele sind Ungarn unter der absoluten Herrschaft von Viktor Orbáns Fidesz, Italien unter der Selbstblockade der Populisten, die USA im Würgegriff der Grand Old Party und und und. Zu einem auf Kompromiss und Ausgleich setzenden Parteiensystem hat mich noch kein alternatives Experiment überzeugt.

Wünschenswert ist das zivilgesellschaftliche Engagement der und des einzelnen Individuums, sofern es die Werte unserer Gemeinschaft unterstützt. Und nicht lediglich populistisch Partikularinteressen zu verstärken versucht, für die es in den Parteien nun mal mal keine absehbare Mehrheit gibt. Zu diesen unerwünschten Interessen zählen auch die allfälligen Bestrebungen, die Welt schlichter zu machen, als sie ist. Insbesondere durch Deutungen der Weltumfänge, mit einem Horizont, der einem Kreis mit Radius Null entspricht. Um auch einmal Einstein, zumindest überliefert, zu zitieren. ;)

Grüsse galileo2609
RelativKritisch | Pseudowissenschaft auf dem Sezierteller
Benutzeravatar
galileo2609
 
Beiträge: 970
Registriert: Sonntag 4. Juli 2010, 21:49

Re: Versuch+Irrtum=Elitarismus - Wählerschreck? Banal!?!

Beitragvon Der Neandertaler » Mittwoch 24. April 2013, 14:38

Hallo Britta.
Gut, wir haben eine Regierung gewählt - meinetwegen auch eine, die alleine regieren kann, aber wir haben immer noch den Bundesrat. Wir haben Landesregierungen, in denen es meist anders aussieht, als im Bund - also wahrscheinlich ... sehr wahrscheinlich hat dort die jeweilige Bundes-Oposition die Mehrheit.
... war bisher (fast) immer so

Viele Gesetze, die die jeweilige Bundesregierung erläßt - und das sind nicht gerade wenige ... meines Wissens zur Zeit ca. 60%, es ist teilweise so verquirllt, daß (fast) niemand mehr durchschaut, müssen letztendlich alle diese Gesetze - bevor sie der Bundespräsident gegenzeichnet, müssen diese den Bundesrat passieren. Sagt der 'Nein! - so nicht', wird dieses Gesetz in den Vermittlungsausschuß geschickt, dort wird verhandelt und deshalb ist - auch bei einer Alleinregierung im Bund - das, was am Ende herauskommt, selten das, was am Anfang in den Bundesrat hineinkam. Somit haben wir faktisch eine (Fast-) All-Parteien-Regierung. Und deshalb ist Dein "Gefühl, dass sich selbst dann nichts ändern würde", zwar subjektiv - aber subtil.
... irgendwo schon zutreffend.

Nebenbei - Bundestag und Bundesrat:
    was meinst Du, warum gab es die
    'Kommission(en) von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der Bundesstaatlichen Ordnung' ("Föderalismuskommission(en))"?
    Kommissionen dieser Art gab es in der Geschichte der Bundesrepublik mehrere:
      1991–1992 nun 2003–2004
    Alle mit dem (fast) gleichen Auftrag:
    sie sollten komplizierte Kompetenzverteilung überprüfen und gegebenenfalls Vorschläge zu deren Entflechtung vorlegen.
    Sie sollten unter Anderem die Zuordnung von Gesetzgebungszuständigkeiten auf Bund und Länder, sowie die Zuständigkeiten und Mitwirkungsrechte der Länder in der Bundesgesetzgebung und die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern überprüfen.
    also insbesondere Gemeinschaftsaufgaben und Mischfinanzierungen ... etwa die Finnanzierung der Kitas sowie der Schulen und Hochschulen
    Weil ohne deren (weitgehende) Entflechtung und Neu- oder Umverteilung irgendwann garnichts mehr funktioniert hätte ... Bund und Länder, Regierung und Opposition hätten sich so eventuell gegenseitig blockiert.
Britta hat geschrieben:Ein bischen mehr Phantasie. Es ist eigentlich alles möglich.
Liebes, meine Phantasie ist groß ... riesig ... vielseitig!
Ich lasse mir auch ungern ... sehr, sehr ungern irgendetwas als 'alternativlos' verkaufen, aber ich kann mir momentan kein anderes ... besseres System vorstellen, als das, was wir momentan haben:
Parlamentarische Demokratie
Einerseits aus den vor beschriebenen Gründen - Zeitmangel, Desintresse und (hört sich jetzt etwas arrogant an) Dummheit, etc.
    nochmal Nebenbei - Zeitmangel, Desintresse oder nenn es wie Du willst:
    folgendes gehört auch dazu - 'tschuldigung Uli, wenn ich Dich immer nur am Rande erwähne ... ist nicht unhöflich gemeint, aber ich habe Deinen Aussagen kaum etwas hinzuzufügen
    Britta hat geschrieben:
    Uli hat geschrieben:Man kann nicht für jede Entscheidung eine Volksbefragung heranziehen.

    Ist mir schon klar. Ein wenig mehr Volksentscheide wären natürlich wünschenswert.
      Wir haben in (fast) allen Kommunal- und/oder Landesverfassungen die Bürger- bzw. Volksbefragung vorgesehen. Sie werden unterschiedlich ... fast spärlich ... sträflich spärlich wahrgenommen - und wenn ja, sprich: mit unterschiedlicher Beteiligung ... Interesse.
      Hauptsächlich mit wachsender Begeisterung als Verhinderungsmittel ... als Instrumentarium - nach dem Motto:
      "jetzt zeigen wir's 'denen da oben' mal"
      aber weniger als Gestaltungsmerkmal.
      s.: S21 - Müchener Flughafen - Berliner Flughafenn - etc.
Andererseits:
    Ein Schweizer Sytem halte ich schon alleine aus organisatorischen Gründen für undurchführbar - unabhängig von den Kosten, die dann entstehen.
    ... wir jammern ja schon heute, was uns das alles kosten ... ständig Wahlen ... irgendwo immer.
    ... machen wir's wie ... etwa Italien, sie leisten sich ca.
    1000 Abgeordnete - für knapp 60Mill. Einwohner
Außer der Schweiz hat wohl kein (europäisches) Land ein anderes System - mal mehr mal weniger erfolgreich. Mal mit Einschränkungen - mal ohne diese.
    Etwa:
    • Mehrheitswahl:Großbritannien, Frankreich
    • Verhältniswahl: Griechenland, Italien - sieht mit "Bonus" mindestens 340 Sitzen für den Wahlsieger vor - oder Schweiz - nennt sich dort Proporzwahl
    • einfache Mehrheit: Kanada, Japan
    • relative Mehrheitswahl
    • absolutes Mehrheit
    oder, wie in den USA:
    • Personenwahl
    Wir haben hierzulande eine 'Personalisierte Verhältniswahl' - also ein Zwitter aus Mehrheits- und Verhältniswahl
Alle diese Systeme haben Vor- und Nachteile. Das Mehrheitswahlrecht beschränkt die Anzahl der Abgeordneten - Anzahl der Wahlkreise - Anzahl der Abgeordneten.
nur nebenbei: Dies nennt sich 'Duvergers Gesetz' - sorry!, Du kennst mich ... wie im Schlußverkauf: alles muß rauß!
Das Mehrheitswahlrecht soll zu einem Zweiparteiensystem tendieren. Eine Parteienzersplitterung ist weitgehend unwahrscheinlich, zeichnet aber den Wählerwillen nicht so deutlich ab, wie das Verhältniswahlrecht
Das Verhältniswahlrecht wiederum führt unter Umständen zur Zersplitterung des Parlaments - macht also eventuelle Regierungsbildungen recht schwerfällig.
Deshalb zumeist ein Einschränkung durch eine Prozent-Klausel.
Britta hat geschrieben:Schließlich stehen wir vor jeder Menge globaler Probleme, die schon länger auf eine Lösung warten.
Wo wir leben ... in welcher Zeit, ist uninteressant ... zumindest einigermaßen uninteressant für den Rest der Welt ... für die globalen Probleme derer. Die Lösung dieser Probleme liegt nicht im lösen unserer Probleme - zumal unsere Probleme demokratischer - weitgehend hausgemachter - Natur sind.
Also diesen Zusammenhang herzustellen halte ich für sehr gewagt.
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.

Die Welt ist so geräumig und der Kopf ist so beschränkt.

Zpět k budoucnosti ke nejlebší čas.


-----

Viele Grüße
Der Neandertaler
Benutzeravatar
Der Neandertaler
 
Beiträge: 752
Registriert: Mittwoch 1. September 2010, 05:37

Re: Versuch+Irrtum=Elitarismus - Wählerschreck? Banal!?!

Beitragvon Der Neandertaler » Mittwoch 24. April 2013, 14:56

Hallo galieo.
Bevor Du mich nochmal leise rügst - daß Ja! für mich keine Zustimmung sei, sage ich nur, daß ich Deinen Ausführungen weitgehen zustimme ... sehr weit.
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.

Die Welt ist so geräumig und der Kopf ist so beschränkt.

Zpět k budoucnosti ke nejlebší čas.


-----

Viele Grüße
Der Neandertaler
Benutzeravatar
Der Neandertaler
 
Beiträge: 752
Registriert: Mittwoch 1. September 2010, 05:37

Re: Versuch+Irrtum=Elitarismus - Wählerschreck? Banal!?!

Beitragvon Britta » Mittwoch 24. April 2013, 20:58

galileo2609 hat geschrieben:die repräsentative Demokratie, die über den Transmissionsriemen der Parteien aufgebaut wird, funktioniert in den meisten westlichen Gemeinwesen als deradikalisierend. Über Kompromisse, ausgleichende Mechanismen, langfristige Befriedungspotentiale, soziökonomische Umverteilungen und ... innerparteiliche Demokratie.

So gesehen ist es ein gutes Modell - heißt aber nicht, dass es nicht besser geht.

galileo2609 hat geschrieben:Was mir besonders suspekt ist, sind die populistischen Beschwerden über die Parteiendemokratie, die insbesondere von Mitmenschen erhoben werden, die eine Partei nie von innen gesehen haben. Es ist kein Muss und selbstverständlich kann man sich auch jederzeit enttäuscht von dieser "Ochsentour" wieder verabschieden, um seinen inneren Reichsparteitag, sorry, heute vulgo Ponyhof, zu pflegen.

Ich habe so viel von innen gesehen... Die Menschen sind auch in einer Partei nicht anders wie in einem Verein, auf der Arbeit oder sonst wo. Im täglichen Leben betreibe ich auch Politik. Ich entscheide wo ich einkaufe, was ich kaufe oder z.B. in der Energiepolitik ob ich mir Solarzellen aufs Dach setzte oder nicht. Und wählen gehe ich natürlich auch.

Im Engagement in einer Partei sehe ich so und derzeit keinen Sinn. Auch nicht bei den neuen Parteien. Bei den Piraten habe ich ja ein bischen mitgelesen - durch J. und Poet. Da habe ich den Eindruck, dass ist Chaos pur.

galileo2609 hat geschrieben:Auch haben wir Beispiele, selbst nach der Weimarer Republik in Agonie, dem "Tausendjährigen Reich", der UdSSR usw., in der zunächst pluralistische Parteiensysteme pervertieren: aktuelle Beispiele sind Ungarn unter der absoluten Herrschaft von Viktor Orbáns Fidesz, Italien unter der Selbstblockade der Populisten, die USA im Würgegriff der Grand Old Party und und und. Zu einem auf Kompromiss und Ausgleich setzenden Parteiensystem hat mich noch kein alternatives Experiment überzeugt.

okay, es gibt auch schlechteres wie das, was wir haben. Das vergesse ich gerne mal. :oops:
Leben müssen wir eh damit, da wird sich so schnell nichts ändern.

galileo2609 hat geschrieben:Wünschenswert ist das zivilgesellschaftliche Engagement der und des einzelnen Individuums, sofern es die Werte unserer Gemeinschaft unterstützt.

Von den Parteien sind solche Experimente eh nicht zu erwarten, da bleiben nur individuelle Experimente.

galileo2609 hat geschrieben:Und nicht lediglich populistisch Partikularinteressen zu verstärken versucht, für die es in den Parteien nun mal mal keine absehbare Mehrheit gibt.

Wobei ich der Mehrheit der Politiker schon Partikularinteressen unterstellen würde, und einigen auch populistisch.
People who lie to others have merely hidden away the truth, but people who lie to themselves have forgotten where they put it.
Benutzeravatar
Britta
 
Beiträge: 2452
Registriert: Samstag 3. Juli 2010, 14:09

Nächste

Zurück zu Innen- und Außenpolitik

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 3 Gäste