Liebe Britta
Was die Beurteilung von Arbeit und Qualität, Bildung und Geld, Wirtschaft und Geld(-Geschenke-)Politik betrift, bzw. dessen aller Verflechtung, sind wir weitgehend einer Meinung, deshalb ist es meiner Meinung nach müßig, dies an
dieser Stelle zu vertiefen respektive, wir können uns anderweitig darüber unterhalten.
Britta hat geschrieben:Ich habe da viel mit Elfer drüber diskutiert zu dem Thema. Schade das er gerade Pause macht.
... find ich auch!
Du hast vollkommen recht:
Polizei darf, ohne richterliche Genehmigung und ohne konkreten Verdacht, auf keine persönlichen Daten zugreifen.
Du hast auch recht, wenn Du daraufhinweist, daß jeder, der willens ist, Daten ausspionieren kann und wird. Was uns aber trennt, ist Deine Meinung, daß die Datenschützer dies "ausblenden".
Erstens wirst Du dieses Ausspionieren seitens Dritter
nie verhindern können, zweitens schrecken Gesetze nur bedingt ab und drittens:
Von daher:
Bundes- und Landesdatenschützer - über
die reden wir ja hier und diese "schreien" ja auch als erste auf, bei Änderung zugunsten des Staates -, sie sollen ein potentielles Gesetz auf Ausgewogenheit überprüfen - und zwar in Verbindung mit der Sicherheit des Staates gegenüber seinen Bürgern.
Es ist ihre primäre Aufgabe:
Britta hat geschrieben:Es gibt meiner Meinung nach nichts dagegen einzuwenden, der Polizei Zugriff auf die Daten zur Verbrechensbekämpfung und Aufklärung einzuräumen. An die Daten unbescholtener Bürger wollen die eh nicht dran, da sie genug mit Verbrechern zu tun haben
Es gab
2006 eine Richtlinie der Europäischen Union - über die Vorratsspeicherung von Daten - damit sollten alle die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, nationale Gesetze zu erlassen, womit Kommunikationsdienste und sonstige Diensteanbieter bestimmte Daten, die "bei der Bereitstellung und Nutzung" anfallen, "auf Vorrat gespeichert werden müssen."
Internetdaten mindestens sechs Monate, Telefoniedaten mindestens zwölf Monate.
Längere Fristen sollten zulässig sein.
2007 wurde vom Bundestag das Gesetz:
"zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG"
beschloßen, dieses trat am
2008 in Kraft.
Dieses nationale Gesetz sah meines Wissens eine geringfügig veränderte Vorratsspeicherung von sechs maximal sieben Monate vor.
Allerdings wurde vom BVerfG
2010 diese Vorschriften für verfassungswidrig und nichtig erklärt und eingezogen. Telekommunikationsanbieter wurden zur "sofortigen Löschung der bis dahin gesammelten Daten" verpflichtet. Das Gericht sah in der "anlaßlosen Speicherung umfangreicher Daten sämtlicher Nutzer elektronischer Kommunikationsdienste" keine konkreten Maßnahmen zur Datensicherheit und zudem sah es "die Hürden für staatliche Zugriffe auf die Daten" als zu niedrig an. Allerdings ...
und damit hat Carsten recht:Eine Vorratsdatenspeicherung verstoße nicht generell gegen das Grundgesetz.
2001 verabschiedete der Bundestag ein Anti-Terror-Gesetz, alles, was in den Depots der Rechtspolitik herumgelegen hatte, wurde dort hineingepackt, fast niemand blickte durch ...
noch besser:
die Gesetze sollten nach fünf Jahren entweder "automatisch auslaufen", oder aber, "nach gründlichster Prüfung und Paragraph für Paragraph", verlängert werden - also
2006. Nun, diese wurden verlängert ... ziemlich pauschal, in einem
"Terrorismusbekämpfungs-Ergänzungsgesetz"
Nun möchte Herr Friedrich aber, daß diese Gesetze auf immer und ewig gelten .. auch wieder pauschal!
Folge:
Geheimdienste dürften bei Banken, Fluggesellschaften und Telekommunikationsunternehmen jederzeit Daten abfragen. Sie dürften in Wohnungen und Büros lauschen ... ohne richterlichen Vorbehalt, also ohne Genehmigung und ohne die oben genannten Bedingungen und ohne, daß die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts eingehalten werden müssen. Geheimdienste dürfen jeden überprüfen, der in einem wichtigen Betrieb arbeitet ... der Betroffene erfährt unter Umständen nichts davon.
Ich halte dies für bedenklich ... es führt weit weg vom Rechtsstaat.
Fazit:
Der Aufschrei der Datenschützer halte ich doch schon für berechtigt, denn mehrere Fragen regen sich in mir, und da bin ich der FDP einigermaßen dankbar, sie äußert momentan (noch) Bedenken gegen eine pauschale Verlängerung ... somit ist auch eine Verlängerung (noch) nicht in Sicht.
Also:
Eine generelle Verurteilung der Datenschützer und des Aufschreis, "wodurch eine gute Regelung bislang verhindert wurde", finde ich nicht gerechtfertigt. Allerdings bin auch ich nicht mit allem einverstanden, was diese so alles vom Stapel lassen ... genausowenig wie Politiker. Man sollte beide Seiten hören, selber recherchieren und sich selber ein Bild machen.
Ich weiß, man sollte eine Unterschied machen ... zwischen Polizei- und Geheimdienstarbeit, aber:
Es gab Überlegungen, Bundespolizei und BKA zusammenzulegen - ist nun vom Tisch ... für wie lange?
"Bundespolizei und Bundeskriminalamt bleiben zwei Säulen der Polizei des Bundes"
Jedoch will er beide Behörden enger verflechten.
"In welcher Form und in welcher Intensität, das werde ich in den nächsten Wochen entscheiden."
Noch Fragen?
Britta hat geschrieben:Das Versagen amerikanischer Behörden kannst du so nicht auf Deutschland übertragen.
... war auch nicht meine Absicht, ehrlich! Aber andersherum:
Das, was US-Polizei darf, sollte man nicht
eins zu eins hier einführen - ist auch wenig sinnvoll, sonst hätten wir bald das selbe Chaos, wie ich damit dokumentieren wollte.
Britta hat geschrieben:Natürlich ist auch so die Arbeit der Polizei möglich, aber viele Verbrecher kommen so ungestraft davon. Viele Verbrechen, von denen man weiß das sie begangen wurden, lassen sich nicht beweisen und ausserdem würden gute Regelungen die Arbeit erleichtern.
Ein Fingerabdruck, die DNA oder sonstige Hinterlassenschaft beweisen doch nur, daß Du am Tatort anwesend warst, aber nicht wann, von daher wird "normale" Polizeiarbeit zusätzlich vonnöten sein. Wiederum werden aber
immer einige Verbrecher "so ungestraft davonkommen" ... auch ohne weitere, jetzt kritisierte Maßnahmen.
"
gute Regelungen"? Was sind gute Regelungen? Du meinst sicherlich sinnvolle? Aber was ist sinnvoll?
Das herauszufinden bzw. zu hinterfragen und den Gesetzgeber zu mäßigen, ist ja durchaus Sache der Datenschützer. Der Staat - im weitäufigsten Sinne - muß sich an geltende Gesetze halten, schon richtig, aber das Dumme an der Sache ist, der Staat - im weitäufigsten Sinne - erläßt die Gesetze, an die er sich halten muß/soll ... mit Regierungsmehrheit und wie das funktioniert, wissen wir. Also braucht es jemanden, der "Einspruch" einlegt und Mäßigung anmahnt.
Ob Du dies "gute Lobbyarbeit" nennst, oder als "Volksverdummung" bezeichnest, ist letztlich egal ... entscheident ist, was hinten rauskommt, daß es nicht über die Stränge schlägt.
Bestes Beispiel:
Zusammenzulegung von Bundespolizei und BKA, nach Protesten nun - vorerst - vom Tisch.
Britta hat geschrieben:Die Polizei hat keine Möglichkeiten, vorhandene Gesetze auszuschöpfen, denn es gibt keine. Ich konnte es auch erst nicht glauben.
... ich auch nicht. Du bzw. Elfer, ihr habt sie doch oben selber beschrieben:
§ 100g
(1) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand als Täter oder Teilnehmer
- eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung, insbesondere eine in § 100a Abs. 2 bezeichnete Straftat, begangen hat, in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht hat oder durch eine Straftat vorbereitet hat oder
- eine Straftat mittels Telekommunikation begangen hat,
so dürfen auch ohne Wissen des Betroffenen Verkehrsdaten (§ 96 Abs. 1, § 113a des Telekommunikationsgesetzes) erhoben werden, soweit dies für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten erforderlich ist. Im Falle des Satzes 1 Nr. 2 ist die Maßnahme nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos wäre und die Erhebung der Daten in einem angemeßenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht. Die Erhebung von Standortdaten in Echtzeit ist nur im Falle des Satzes 1 Nr. 1 zulässig.
Britta hat geschrieben:Ja, dabei vergisst du aber, dass jeder Ladenbesitzer dich filmen darf, dass du auf jedem Bahnhof gefilmt wirst etc., und jeder Privatmensch der an diese Daten gelangt, sie verwerten kann. Das stört niemanden, aber wenn die Polizei das machen dürfen soll, dann regen sich alle auf, obwohl gerade die Polizei diese Daten nicht missbrauchen darf.
Zum Glück ist dieser Praxis nun endlich, in geringem Maße, ein Riegel vorgeschoben worden, dies ist etwas eingeschränkt worden ... durch das BVerfG.
Also:
Schlecker und Lidl und sonstwem sei dank!
So, das war nunmal eine lange Antwort, hoffentlich nicht zu monolog.
Ich denke, er ist so raffiniert, daß er teilweise keine konkreten Forderungen stellt, um nicht im Nachhinein andere zu enttäuschen, bzw. die Bevölkerung einzulullen, indem er Sicherheit vorgaukelt. Der Dumme ist letztlich der Gesetzgeber, er erhält Druck von mehreren Seiten ... nicht zuletzt von Hardlinern.