Seid ihr ein EU-Bürger?

Moderator: enegh

Re: Seid ihr ein EU-Bürger?

Beitragvon lesslow » Samstag 10. Juli 2010, 00:52

Hier ist eine gute Rede passend zum Thema:

http://www.youtube.com/watch?v=v_WQlc6wN58

Und stimme darin überein. Europa lebt von seiner Vielfälltigkeit und gerade das macht uns aus.

Denn wie sagte Schiller einst trefflich:

Strebe nach Einheit aber suche sie nicht in der Einförmigkeit.




In manchen Bereichen geht es deinitiv zu weit und da stößt man in Brüssel - zu Recht - auf Beton und Gegenwehr, wie gerade, als man versuchte die Arbeitszeiten im Öffentlichen Dienst gleichzuschalten. Spanien und Frankreich -glaube ich- haben sich gewehrt, was ich nachvollziehen kann und richtig finde.

Bei mir sieht die Reihenfolge etwas anders anders aus. Zu allererst sehe ich mich als Mensch auf Erden, als zweites finde ich meine Identität und Kultur als Deutscher, danach folgen noch weitere Punkte und erst weit am Ende sehe ich mich vielleicht als Mitglied eines aufdoktrinierten Zweckbündnises, das für andere Zwecke gedacht ist, als uns in irgendeiner Weise als EU im bügerlichen Sinne zusammenwachsen zu lassen.
„Ich habe an vielen Dingen keine Freude und glaube an viele Dinge nicht, die der Stolz der heutigen Menschheit sind; ich glaube nicht an die Technik, ich glaube nicht an die Idee des Fortschritts, ja nicht einmal an die Demokratie, ich glaube weder an die Herrlichkeit und Unübertrefflichkeit unserer Zeit, noch an irgendeinen ihrer hochbezahlten Führer, während ich vor dem, was man so ‚Natur‘ nennt, eine unbegrenzte Hochachtung habe.“ - Hermann Hesse
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Re: Seid ihr ein EU-Bürger?

Beitragvon lesslow » Samstag 10. Juli 2010, 01:00

Ansonsten kann die EU, in ihrer derzeitigen Form, nicht zu einem Weltrat erwachsen. Dies würde keinen Sinn machen, da ich ein Haus auch nicht auf einem Fundament aus Sand errichte.

Wie sagte ein Zen-Mönch einmal:
Nichts, das nicht aus wahrer Aufrichtigkeit entsteht, wird je von Nutzen sein.

Und Aufrichtigkeit sehe ich in der EU einfach nicht.
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Re: Seid ihr ein EU-Bürger?

Beitragvon Elfer » Samstag 10. Juli 2010, 11:49

Ein Weltrat, der aus de EU erwächst war bisher nicht das Thema. Ein Weltrat müsste aus der Summe aller Staaten dieser Welt erwachsen.

Aber Du lesslow bist doch eh kein Befürworter eines Weltrates, wenn ich Dich richtig verstanden habe.

Was ist ein Weltbürger eigentlich.

Jemand, der überall auf dieser Welt leben kann und möchte?
Jemand, der alle Menschen dieser Welt als solche respektiert und ihnen die selben Rechte zubilligt?
Jemand, der eine uneingeschränkte Freizügigkeit fordert?
Jemand, der alles unter eine Führung stellen will?

Ich persönlich kann mich mit meinen Wurzel identifizieren. Die liegen zunächst in der Region, in der ich aufgewachsen bin, dann in dem Land. Der Kontinent wird von mir als Gemeinschaft empfunden, nicht als Heimat. Über Jahrzehnte haben sich die Staaten freiwillig darin oder darunter zusammen gefunden. Aber hier in Europa liegen auch meine Wurzeln.

Politisch glaube ich, dass ein gemeinsames Europa in allen Bereich notwendig ist. Die Realität zeigt aber, wie weit wir davon noch entfernt sind und uns vielleicht zunehmen weiter davon entfernen. Wir können von Europa nicht erwarten, dass es zu einer USE wird. Dazu sind allein die Sprachbarrieren viel zu groß.

Aber ein Weltmensch bin ich ganz am Schluß. Wie schon egsagt, als jemand, der alle Menschen dieser Welt als solche respektiert und ihnen die selben Rechte zubilligt? Mehr nicht. Ich möchte weder einen Weltrat, noch möchte ich grenzenlose Freizügigkeit.
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Re: Seid ihr ein EU-Bürger?

Beitragvon Britta » Samstag 10. Juli 2010, 14:38

Elfer hat geschrieben:
Was ist ein Weltbürger eigentlich.

Jemand, der überall auf dieser Welt leben kann und möchte?

Nein
Elfer hat geschrieben:Jemand, der alle Menschen dieser Welt als solche respektiert und ihnen die selben Rechte zubilligt?

Ja, eindeutig
Elfer hat geschrieben:Jemand, der eine uneingeschränkte Freizügigkeit fordert?

nein
Elfer hat geschrieben:Jemand, der alles unter eine Führung stellen will?

Möglichst noch unter seine? :lol:
Das wäre ein Diktator.

Elfer hat geschrieben:Aber ein Weltmensch bin ich ganz am Schluß. Wie schon gesagt, als jemand, der alle Menschen dieser Welt als solche respektiert und ihnen die selben Rechte zubilligt? Mehr nicht. Ich möchte weder einen Weltrat, noch möchte ich grenzenlose Freizügigkeit.

Bei mir ist es genu umgekehrt. Zuerst bin ich ein Mensch, der auf dieser Erde lebt. An zweiter Stelle denke ich als Europäerin, die die Chancen dieses Europa sieht und die auch sieht, dass diese nicht genutzt werden, denn es geht nicht um ein Europa für die Menschen und um mit diesen Menschen etwas für die Menschen zu schaffen sondern um Europa als reiner Markt.

Selbst bei diesem Thema sind die Politiker und Konzerne sich nicht einig, haben unterschiedliche Interessen und lassen sich auch von den USA reinreden und reinpfuschen, wie man an der griechischen Finanzkrise sehen konnte.

An dritter Stelle bin ich Deutsche, denn hier lebe ich.

Elfer hat geschrieben:Bürgerechte müssen auf Menschenrechten beruhen. In vielen Ländern der Welt wurde dieses Recht der ureigensten Einwohner mit Füßen getreten.


Leider sehe ich, dass die von uns gewählte Regierung, die Deuschland am Hindukusch verteidigt, dort und nicht nur dort, die Rechte der Einwohner mit Füssen tritt und sehe es auch so, dass man es mit unseren Rechten auch nicht so genau nimmt.

Klar hält man sich in Deutschland an Gesetze, aber diese Gesetze sind immer weniger für alle Menschen gemacht. So wie die europäische Verfassung auch nicht für die Menschen gemacht ist, sondern für eine kleine Minderheit von Geschäftemachern.

Unsere Gesellschaft lebt friedlich aufgrund eines Gesellschaftsvertrages. Ein Staat ist ein Gebilde, kein Naturgesetz.

Die Bürger des Staates verzichten auf vieles, zahlen Steuern um den Staat zu unterhalten und Dinge möglich zu machen, die Allen nutzen. Solange Alle einen Nutzen von diesem Staatsgebilde haben, ist der Frieden gewahrt. Das Gegenteil wäre das Recht des Stärkeren, wo sich jeder nimmt was er haben will.

Früher wurde auch schon mal geplündert, brannten Höfe und Häuser, man überfiel Händler, es gab Bürgerkriege. Mit moderneren Waffen wurde die Gefahr für den Adel auch größer, da die Bauern sich besser gegen Unterdrücker wehren konnten.

Da ist das Leben in einem Staat in dem sich an die Regeln gehalten wird und jeder gleiche Chancen hat, schon angenehmer. Der Preis der dafür zu zahlen ist, ist der Verzicht auf Gewaltanwendung. Gewalt und Gerechtigkeit sind seitdem Staatseigentum als absolute Grundbedingung, mit Polizei und Gericht.

Leider befinden wir uns im Ungleichgewicht. Die Regeln werden immer weiter durch neue Gesetze verletzt, die den sozialen Frieden stören, indem sie eine einzelne Gruppe in diesem Staat begünstigen, es keine Chancengleichheit mehr gibt und das ist weltweit so. Überall gibt es immer mehr Ungerechtigkeit und Recht ist oftmals von der Menge des Geldes abhängig, dass jemand besitzt.

Wenn es noch schlimmer wird, dann wird aus der Zivilgesellschaft eine Gewaltgesellschaft, wo nur noch der sicher ist, der sich hohe Mauern und einen privaten Sicherheitsdienst leisten kann. Gibt es keine Gerechtigkeit mehr, so hat der Staat seine Existenzberechtigung verloren und bricht auseinander. Der Verzicht auf Gewalt ist kein ewig geltendes Recht, sondern ein Geschäft auf Gegenseitigkeit.

So sieht es leider aus, in meinem Heimatland, in Europa und dem Rest der Welt, unabhängig davon, welche Nationalität die Menschen besitzen oder welche Sprache sie sprechen.
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Re: Seid ihr ein EU-Bürger?

Beitragvon aleph1 » Samstag 10. Juli 2010, 21:45

Ich bin ein Kind des Universums.
Ich bin ein Bewohner der Erde.
Ich bin ein Europäer - und auch ein EU-Bürger.
Ich bin ein Deutscher.
Ich bin ein Schleswig-Holsteiner.
Ich bin ein Kieler.
Ich bin ein Ellerbeker.

Das alles bin ich - in beliebiger Reihenfolge. Eine Gewichtung gibt es nicht.

Britta hat geschrieben:Leider befinden wir uns im Ungleichgewicht. Die Regeln werden immer weiter durch neue Gesetze verletzt, die den sozialen Frieden stören, indem sie eine einzelne Gruppe in diesem Staat begünstigen, es keine Chancengleichheit mehr gibt und das ist weltweit so. Überall gibt es immer mehr Ungerechtigkeit und Recht ist oftmals von der Menge des Geldes abhängig, dass jemand besitzt.


Das sehe ich nicht ganz so. Unsere Gesellschaft ist sehr komplex geworden. Da ist es schwierig, Gesetze zu erlassen, die allen behagen. Vieles wird in bester Absicht beschlossen, doch die Komplexität und Vernetztheit unserer modernen Welt verkehren die gute Absicht in ihr Gegenteil. Aus dieser Situation gibt es offenbar keinen Ausweg. Weder mit Platons Forderung, dass die Könige Philosophen sein müssen oder die Philosophen Könige, noch mit Kants kategorischen Imperativ. Das menschliche Gehirn ist schlicht überfordert mit der modernen Welt.
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Re: Seid ihr ein EU-Bürger?

Beitragvon Britta » Samstag 10. Juli 2010, 23:11

aleph1 hat geschrieben:Das sehe ich nicht ganz so. Unsere Gesellschaft ist sehr komplex geworden. Da ist es schwierig, Gesetze zu erlassen, die allen behagen. Vieles wird in bester Absicht beschlossen, doch die Komplexität und Vernetztheit unserer modernen Welt verkehren die gute Absicht in ihr Gegenteil. Aus dieser Situation gibt es offenbar keinen Ausweg. Weder mit Platons Forderung, dass die Könige Philosophen sein müssen oder die Philosophen Könige, noch mit Kants kategorischen Imperativ. Das menschliche Gehirn ist schlicht überfordert mit der modernen Welt.

Die Welt war immer modern, immer zu ihrer Zeit. Was ist daran komplex?

Ich wünschte ich könnte das so sehen, nur ich sehe die 'beste Absicht' nicht. Es sei denn diese ist nur für eine kleine Gruppe beabsichtigt und nicht für die Allgemeinheit. Alles was da beschlossen wird, ist zum Nutzen von Konzernen. Wenn es nicht Subventionen sind die diese bekommen, dann sind es Gesetze, die deren Geschäfte schützen und damit neue Mitbewerber verhindern.

Früher konnte man noch neue Ideen umsetzen, eine Firma gründen und seine Idee vermarkten. Heute ist das nicht mehr möglich, denn den Banken gehören die wichtigsten Aktiengesellschaften und sie sind bald in der Position, Geld für solche Ideen nicht mehr zu verleihen sondern denjenigen dazu zu bringen, seine Idee an einen ihrer Konzerne zu verkaufen. So werden uns auch bald noch die Ideen ausgehen.

Es sind schon so viele Zivilisationen untergegangen - wahrscheinlich erleben wir gerade den Anfang vom Untergang der unseren und können dann nachvollziehen, wie es den anderen ergangen ist. Sieht leider so aus, als ob selbst die klügsten Köpfe nichts aus der Geschichte lernen könnten und das ewig grüßende Murmeltier verhindern. Dabei berichtet schon die Bibel über diesen Verlauf der Geschichte.

Irgendwie hat die Menschheit keinen Plan, wo sie überhaupt hin will. Anfangs dachte ich, Europa wäre da die Wende, aber mit Europa ist es genau dasselbe.

Alles dreht sich um die Wirtschaft und um Geld. Man könnte ganz einfach weiterkommen, indem man nicht das Geld sondern den Menschen in den Mittelpunkt setzt. Ein Miteinander statt Konkurrenzdenken. Das scheint aber schwierig, da diejenigen die das Meiste davon haben, da etwas dagegen haben. Geld sollte Mittel zum Zweck sein und ständig im Umlauf, dann schafft es auch Wohlstand für alle. Zur Zeit konzentriert es sich auf den Bankkonten einiger Weniger und es sieht nicht nach Besserung aus.

Wir messen allem einen Wert in Geld zu. Das scheint das Wesentliche zu sein, was überall auf der Erde gleich ist.
Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werden die Menschen feststellen, dass man Geld nicht essen kann"

(Cree)

Mit dem letzten Baum ist es noch etwas hin, bei den Fischen und den Meeren sind wir schon weiter.

Der Spruch sollte groß über dem Bundestag und dem EU-Parlament hängen und Bilder von BP und dem Desaster im Golf dazu. Vielleicht brächte man dann doch den einen oder anderen Politiker zum Nachdenken.
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Re: Seid ihr ein EU-Bürger?

Beitragvon aleph1 » Sonntag 11. Juli 2010, 09:21

Britta hat geschrieben:Die Welt war immer modern, immer zu ihrer Zeit. Was ist daran komplex?

Heute sind die Gesellschaften viel mehr vernetzt als früher. Entscheidungen können nicht mehr unabhängig getroffen werden. Die Auswirkung einer Entscheidung ist einfach nicht mehr überschaubar - egal ob mit oder ohne gutem Willen.
Britta hat geschrieben:Irgendwie hat die Menschheit keinen Plan, wo sie überhaupt hin will. Anfangs dachte ich, Europa wäre da die Wende, aber mit Europa ist es genau dasselbe.

Wo soll denn ein Plan herkommen? Die Menschheit besteht aus Milliarden einzelner Individuen mit jeweils eigenen Wünschen und Entscheidungen. Einzige Lösung scheint mir da die Diktatur Einzelner oder Weniger zu sein. Dann gäbe es wenigstens einen Plan - obwohl ich fürchte, dass die Welt einfach nicht mehr planbar ist. Und vielleicht auch nie war.
Britta hat geschrieben:Alles dreht sich um die Wirtschaft und um Geld. Man könnte ganz einfach weiterkommen, indem man nicht das Geld sondern den Menschen in den Mittelpunkt setzt. Ein Miteinander statt Konkurrenzdenken. Das scheint aber schwierig, da diejenigen die das Meiste davon haben, da etwas dagegen haben. Geld sollte Mittel zum Zweck sein und ständig im Umlauf, dann schafft es auch Wohlstand für alle. Zur Zeit konzentriert es sich auf den Bankkonten einiger Weniger und es sieht nicht nach Besserung aus.

Geld scheint tatsächlich der einzige Parameter zu sein, nach dem unsere globale Gesellschaft sich richtet. Das mag daran liegen, dass das der einfachste Ansatz ist. Der beste Ansatz ist das sicher nicht. Dummerweise richten wir uns alle auch in kleinen Entscheidungen nach dem Geld: Einkauf beim Discounter, Bücher und CDs bei Amazon, Schnäppchen bei Ebay. Warum sollten es da die Regierenden und die - ich mag das Wort zwar nicht - Wirtschaftsbosse es anders machen?

Den Menschen in den Mittelpunkt zu setzen klingt nach einem guten Ansatz. Ob er realisierbar ist, wage ich zu bezweifeln.

Viele Grüße
Gerd
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Re: Seid ihr ein EU-Bürger?

Beitragvon Britta » Sonntag 11. Juli 2010, 11:59

aleph1 hat geschrieben:
Britta hat geschrieben:Die Welt war immer modern, immer zu ihrer Zeit. Was ist daran komplex?

Heute sind die Gesellschaften viel mehr vernetzt als früher. Entscheidungen können nicht mehr unabhängig getroffen werden. Die Auswirkung einer Entscheidung ist einfach nicht mehr überschaubar - egal ob mit oder ohne gutem Willen.

Natürlich sind die Auswirkungen einer Entscheidung überschaubar und es war schon immer so, dass in unserer Zeit die wenigsten Entscheidungen unabhängig getroffen werden konnten. Die Frage ist immer, was man erreichen will und mit welchen Lügen man es den Menschen verkauft.

Wo siehst du da ein Problem?
aleph1 hat geschrieben:
Britta hat geschrieben:Irgendwie hat die Menschheit keinen Plan, wo sie überhaupt hin will. Anfangs dachte ich, Europa wäre da die Wende, aber mit Europa ist es genau dasselbe.

Wo soll denn ein Plan herkommen? Die Menschheit besteht aus Milliarden einzelner Individuen mit jeweils eigenen Wünschen und Entscheidungen. Einzige Lösung scheint mir da die Diktatur Einzelner oder Weniger zu sein. Dann gäbe es wenigstens einen Plan - obwohl ich fürchte, dass die Welt einfach nicht mehr planbar ist. Und vielleicht auch nie war.

Die Grundwünsche sind immer die gleichen. Die Menschen wollen Essen, wohnen und glücklich sein und sie wollen Sicherheit. Eine Diktatur ist mit Sicherheit keine Lösung, denn die Menschen wollen auch frei sein.

Planbar und machbar wäre alles. Man muß es nur wollen.
aleph1 hat geschrieben:
Britta hat geschrieben:Alles dreht sich um die Wirtschaft und um Geld. Man könnte ganz einfach weiterkommen, indem man nicht das Geld sondern den Menschen in den Mittelpunkt setzt. Ein Miteinander statt Konkurrenzdenken. Das scheint aber schwierig, da diejenigen die das Meiste davon haben, da etwas dagegen haben. Geld sollte Mittel zum Zweck sein und ständig im Umlauf, dann schafft es auch Wohlstand für alle. Zur Zeit konzentriert es sich auf den Bankkonten einiger Weniger und es sieht nicht nach Besserung aus.

Geld scheint tatsächlich der einzige Parameter zu sein, nach dem unsere globale Gesellschaft sich richtet. Das mag daran liegen, dass das der einfachste Ansatz ist.

Es ist eher der Macht- und Kontrollwahn. Mit Geld sind die Menschen sehr einfach zu kontrollieren, besonders wenn sie keins haben.

Will man eine funktionierende Wirtschaft und Wohlstand, so muß man den Menschen das Geld in den Taschen lassen, das Durchschnittseinkommen anheben, Unternehmensgründungen vereinfachen und billige Kredite zur Verfügung stellen. Will man eine Wirtschaftskrise, so muß man das Durchschnittseinkommen senken. Das geht ganz einfach mit Hilfe von HartzIV, Lohndumping und Entlassungen.

aleph1 hat geschrieben:Der beste Ansatz ist das sicher nicht. Dummerweise richten wir uns alle auch in kleinen Entscheidungen nach dem Geld: Einkauf beim Discounter, Bücher und CDs bei Amazon, Schnäppchen bei Ebay. Warum sollten es da die Regierenden und die - ich mag das Wort zwar nicht - Wirtschaftsbosse es anders machen?

Bei besserem Einkommen würde auch wieder in kleinen Lädchen eingekauft werden, auch wenn es da etwas teurer ist. Lieber ein Teil aus der Boutique statt eines von der Stange - aber wer kann sich das noch leisten?

Unsere Entscheidungen beim Einkauf richten sich nach der verfügbaren Geldmenge.

Die kleinen Lädchen mußten alle schließen, die Innenstädte sind seit Jahren vielerorts ausgestorben, ihre ehemaligen Besitzer arbeitslos. Die Wirtschaft wurde bewußt abgewürgt und die großen Warenhausketten bekamen die Marktanteile. Dann sank das Durchschnittseinkommen noch weiter ab und die Warenhausketten wurden auch weniger. Die noch verbliebenen haben ihren Marktanteil vergrößert. In anderen Branchen sieht es ähnlich aus, es findet eine gewollte Monopolisierung statt. So bestimmt das Durchschnittseinkommen den Wohlstand oder das Elend und Durchschnittseinkommen kann man über Steuern und Gesetze (wie HartzIV oder Arbeitserlaubnis für EU-Bürger) regeln.

Es wurden jede Menge Stellen abgebaut - auch beim Staat. Wir haben heute ca. 2 Millionen Beamte weniger, wie noch vor einigen Jahren. Alles Einkommen, die nicht mehr vorhanden sind. Würde man HartzIV erhöhen und die abgebauten Beamtenstellen wieder besetzen, dazu noch Steuern und Abgaben senken, so würde dass das Durchschnittseinkommen schon mal gewaltig steigern. Geld käme wieder in den Kreislauf und würde allen zugute kommen, der Staat hätte auch wieder mehr Steuereinnahmen, weil dieses Geld mehrfach umgeschlagen würde und dazu würden noch Arbeitsplätze geschaffen. Wo nichts ist, ist halt auch nichts zu holen, weder Steuern noch Sozialversicherungsbeiträge.

Das ist so einfach wie eine Milchmädchenrechnung. Nur wer den geschwollenen Reden der Politiker zuhört und sich auf deren Logik einlässt, kann das anders sehen.

aleph1 hat geschrieben:Den Menschen in den Mittelpunkt zu setzen klingt nach einem guten Ansatz. Ob er realisierbar ist, wage ich zu bezweifeln.


Das wurde leider bei der Umsetzung von Europa nicht getan.

Früher war das mal so, dass der Mensch im Mittelpunkt stand. Da gab es z.B. vermögenswirksame Leistungen, weil man wollte dass die Bürger für sich Wohlstand schaffen. Lebensversicherungen waren eine gute Altersvorsorge und steuerfrei. Heute müssen HartzIV-Empfänger ihren angesparten Wohlstand auflösen und die Riester-Rente ist ein Zusatzgeschäft für Versicherungen, während die Leistungen aus neu abgeschlossenen Versicherungen steuer- und sozialversicherungspflichtig wurden. So entzieht man der Masse wieder mehr Geld und senkt das Durchschnittseinkommen. Es gab viele Schritte dieser Art.

Man kann wirklich alles regeln - man muß es nur wollen und für die Menschen Politik machen, statt gegen sie.

Ein Beispiel, weil du schriebst "Die Auswirkung einer Entscheidung ist einfach nicht mehr überschaubar":

Kohl hat damals (ist bestimmt 30 Jahre her) ein Gesetz erlassen, dass ausländische Seeleute von deutschen Reedereien zu den in ihrem Land gültigen Tarifen bezahlt werden dürfen. Das senkte die Kosten für die Reeder und das Einkommen der ausländischen Seeleute und es führte dazu, dass mehr deutsche Seeleute arbeitslos wurden. So wurde wieder das Durchschnittseinkommen gesenkt. Nicht nur in Deutschland, denn die ausländischen Seeleute unterstützten in ihrer Heimat ihre Familien und trugen so zum dortigen Durchschnittseinkommen bei. Ihre Heimatländer konnten so deutsche Exporte kaufen und sicherten so wiederum deutsche Arbeitsplätze.

Das war jetzt nur ein Beispiel über Geld im Wirtschaftskreislauf.

Es ist schon überschaubar, welche Maßnahmen welche Auswirkungen haben. Es ist sogar ganz einfach.

Heute denkt man halt nicht mehr pro-Bürger sondern pro-Konzern und die wollen so viel wie möglich Marktanteile und weniger Mitbewerber. Dabei haben die Aktiengesellschaften, die den großen US-Banken gehören, einen gewaltigen Vorteil. Die Vielfalt stirbt und damit auch die neuen Ideen.
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Re: Seid ihr ein EU-Bürger?

Beitragvon lesslow » Dienstag 13. Juli 2010, 12:43

Aber Du lesslow bist doch eh kein Befürworter eines Weltrates, wenn ich Dich richtig verstanden habe.


doch, sehr wohl. jedoch bin ich die hoffnung losgeworden, dass ich lebtags noch soetwas erleben werde. meine vorstellung davon mag zu utopisch sein, womöglich mehr ins science-fiktion versinken, als das der mensch in naher zukunft versteht, dass er miteinander und nicht gegeneinander spielen sollte, um authentische fortschritte zu erreichen.

die ganze energie und die ganzen mittel, die wir dazu aufwenden uns gegenseitig nieder zu drücken, eingesetzt im miteinander, im teilen, würde uns ins kürzester zeit in höhen katapultieren, die wir uns in den kühnsten träumen nicht wagen würden zu betrachten.
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Re: Seid ihr ein EU-Bürger?

Beitragvon kiki » Mittwoch 14. Juli 2010, 18:03

ich sehe überhaupt kein problem in einer "eine welt" zu leben - das heißt ich lebe schon in dieser -

durch die globalisierung von wirtschaftskreisläufen rückt die welt näher zusammen

allerdings nicht im positiven sinne

die vorstellung, dass weltweit menschen für hungerlöhne arbeiten, in miesen unterkünften hausen, kinder produkte herstellen - nur damit wir billig und noch billiger einkaufen können ist pervers

die un-menschenrechte werden stets mit füßen getreten

und wenn ich mir vorstelle, dass menschen aus europa hier arbeiten dürfen, zu den konditionen ihres landes bekommme ich eine gänsehaut

ich empfehle einen film : we feet the world . . . . europa macht die halbe welt kaputt . ..
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