Ratgeber - Grundlagenwerke, pädagogisch salbungsvoll?

Moderator: enegh

Ratgeber - Grundlagenwerke, pädagogisch salbungsvoll?

Beitragvon Der Neandertaler » Samstag 24. März 2012, 19:34

Die Tür wird knarrend geöffnet, alkoholgeschwängerte Luft rangt sich einem entgegen. Gedämpftes Licht läßt einen kaum etwas erkennen.
Da hinten sitzt er, der Geknickte – der mit dem herabhängenden Kopf … fast im Weinglas.
Geruhsam geht er auf ihn zu. Langsam senkt sich seine Hand auf seine Schulter:
    Hallo Klaus!
      Man, mußt Du mich so erschrecken?
    Du bist ja schwerer zu erreichen als der Pabst. Was ist los?
      Ach, meine Frau erwartet das dritte Kind!
    Und darum machst Du so ein Gesicht … wie sieben Tage Regenwetter?
    Freu Dich!
      Du verstehst nicht:
        Das Dritte!
      Und das Schlimmste:
        einen Jungen!
    Was ist so schlimm daran, ein Junge?
    Sieh mal, ich habe drei Mädchen – zwei sind verheiratet. Die große hat zwei Kinder – die mittlere hat eines. Wenn alle zu Besuch sind, macht mit meiner Frau:
    sieben!
    Kannst Du Dir das vorstellen:
    Ich gegen sieben Weiber?
    Ich muß dann immer bei meinem Hamster Asyl beantragen. Mein Glück!
    Hab letztens festgestellt:
    Er ist auch eine Sie!
Das Gespräch dümpelte noch einige Zeit so dahin. Über pädagogische Unbedarftheit in den Anfangsjahren, und so. Darüber, daß sie ihrer ersten Tochter seinerzeit einfach irgendeinen Vornamen gegeben haben, der beiden gefiel:
Nina!
Daraufhin sei seine Frau nun mit dem profundesten aller Bücher erschienen ... sie brachte das 528-seitige:
"Große Vornamenlexikon"
Darin sind nicht nur deutsche, sondern auch exotische Namen enthalten. Nein, nicht nur bayrische!
    Kan-do-ro:
      in Kenia und Tansania vorkommender männl. Vorn. - bedeutet auf Suaheli:
      Süßkartoffel
    Wer macht denn sowas?
    Kinder sind süß, klar! ... solange sie klein sind! Werden sie groß, werden sie sauer!
    Man redet auch vom "jungen Gemüse", aber ... Erdapfel?
Plötzlich nahm der Diskurs an Dramatik zu:
      Wohlmeinende Freunde haben uns nun Bücher empfohlen:
      "Kleine Jungs - große Not", "Die Jungenkatastrophe", "Jungs im Abseits"
    Ah, jetzt versteh ich, was Dein Problem ist.
    Na nun weißt Du ja, wohin Deine Familie in den kommenden Jahren unweigerlich driften wird:
      nach unten, in Richtung Problemzone, in's soziale Abseits.
        Jungen sind in diesen Ratgebern das, was Muslime in den Medien sind:
        kaum integrierbar, gewalttätig, störrisch, gefährlich!
        Im Klappentext zu "Jungs im Abseits" - von Dr. Leonard Sax, einem Kinderarzt - heißt es:
        "Jungen sind zum Problem geworden."
        ... und Mädchen treten immer im Rudel auf. *
        * Anmerkung der Redaktion!
Beenden wir das Gespräch hier einstweilen!
ab hier wird's nämlich noch salbungsvoller

Nachdem ich ihm nämlich sagte, daß er auf die "gelbe Gefahr" achten müsse, ... er wollte in die Auslegeware beißen ... freiwillig.
mittlerweile ist nämlich annähernd jedes dritte Kind ein Asiate ... Inder, oder Afrikaner!

? Wie ist das mit den Ratgebern ?
Ich meine, einige sind bestimmt sinnvoll:
"Was Oma noch wußte!"
Wenn es aber zum Beispiel nach einigen Angstmogulen geht - etwa Bernhard Bueb oder Michael Winterhoff, Autoren, die mit einer heilsamen Shock-and-Awe-Rhetorik in die verschnarchte deutsche Pädagogenzunft eingebrechen, müßte zumindest in den deutschen Kinderzimmern wieder durchregiert werden.

Klaus hätte eben doch Nina schon im Alter von drei Monaten in eine Ganztagesbetreuung geben sollen ... nun züchtet er ein egoistisches Wesen heran, er nährt eine kleine Tyrannin.
Gut, Nina hätte bestimmt lautstark dagegen protestiert - was aber beweist, wie recht Winterhoff doch hat.
Bernhard Bueb empfielt in diesem Fall, man solle den Willen des kleinen Biests brechen, es muß eine steife, aber glasklare Brise durch die Wohnung wehen.
Harte Kante statt Marmeladenmantsche am Frühstückstisch!
Annette Kast-Zahn - die Supernanny der deutschen Familienschlafzimmer - schreibt besorgt in ihrem Grundlagenwerk "Jedes Kind kann schlafen lernen" - dies ist vollgestopft mit Tabellen, Zahlen und Diagrammen:
    Kinder sind erst recht nachts Tyrannen, weshalb man ihrem Weinen nicht nachgeben solle.
Da seine Frau ein instinktiver Mensch ist, habe ich Klaus empfohlen, sie die ersten Nächte festzubinden, damit sie nicht irgendwann aufsteht und ins Kinderzimmer geht, so bitter, wie der Junge auch schluchzt.

Andere Baustelle - gleiches Problem.
Kindernamen:
    Jeder Name hat eine bestimmte Bedeutung. Ist der Name nun auf das Kind abgestimmt, oder?
    Petra etwa - altgriechisch Fels:
      wußten die Eltern nun, daß sich das Kind so entwickelt ... daß es zu einem Fels in der Brandung unserer heutigen Hektik wird?
      Oder wird das Kind erst dazu erzogen ... so unhandlich und schwer ... damit es mit der Bedeutung paßt?
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.

Die Welt ist so geräumig und der Kopf ist so beschränkt.

Zpět k budoucnosti ke nejlebší čas.


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Viele Grüße
Der Neandertaler
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