Schavan und Co. - Adel verpflichtet

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Beitragvon Der Neandertaler » Sonntag 10. Februar 2013, 15:03

    "Wir wollen keine Leute, die Fachkenntnisse haben, wir wollen lieber Leute, die eine breite Ausbildung haben, ein 'Studium generale' gemacht haben und sich dann in der Welt zurechtfinden können. Das Spezialwissen, das können wir ihnen selbst beibringen."
    Zitat: Süddeutschen Zeitung - Ausgabe: 22.7.2012
Dies sagte Gerhard Casper -
Verfassungsjurist und Jura-Professor - von 1992 bis 2000 Präsident der Stanford University
in einem Interview mit der oben genannter Zeitung, in Anspielung darauf, warum die us-amerikanische Industrie lieber deutsche oder europäische Studenten einstellen, wo sie doch im eigenen Land reichlich fachlich hervorragend ausgebildete Studenten haben.
"... (dies) wurde mir häufig von den Vorstandsvorsitzenden der großen Firmen gesagt."
sagte er weiter.
2010 konnte man nun lesen, daß es in Deutschland ca. 440.000 neue Erstsemester gibt - insgesamt etwa 2,2 Mill. Studenten ... so viele wie noch nie. Die Studienanfängerquote lag bei 46% - Vorjahr: 43% - beinahe schon jeder Zweite.
Ministerin Annette Schavan (CDU) jubelte seinerzeit, daß Studieren hierzulande "beliebt wie nie zuvor" sei, dies belege aber auch, "daß die Bildungsrepublik auf dem richtigen Weg ist".
In Deutschland werden in jedem Jahr um die 25.000 Kandidaten promoviert.

Und dies alles vor dem Hintergrund, daß die Hochzeit der Geburten ... der 'Baby-Boom' vorüber ist.

>>> Andere Baustelle <<<<

    "Wer nix wird, wird Wirt."
Ist natürlich dummes Zeug ... 'nen dummer Spruch. Als Metapher benutzt suggeriert er aber, daß, wer keinen Schulabschluß ... keine Bildung besitzt, daß es für ihn aber immer noch eine Arbeitsstelle gibt.
Stimmt zum Teil auch - zumindest zu meiner Zeit. Es gab immer noch die 'prekären' Arbeitsverhältnisse, in denen wenig Kognition gefordert wurde - bitte nicht abwertend verstehen.
Verkäufer oder Verkäuferin konnte man - oder Frau - auch noch mit gewöhnlichem Hauptschulabschluß werden. Aber ansonsten war Allgemeinbildung gefordert.
Diplom oder Mittlere Reife oder gleich Gymnasium ... war schon etwas Besonderes.

>>> nächste Baustelle <<<<

    "Küß' die Hand, Frau Magister!"
Daß in Österreich der Titelwahn lebt, dürfte bekannt sein.
869! Titel gibt es in der Republik Österreich zu erlangen.
Herr Konsul trifft Frau Universitätsprofessor - Amtstiteln trifft Berufstiteln ... oder umgekehrt!?!
    Nebenbei:
      wer keinen derartigen Titel besitzt, kann sich um einen 'Dr. h. c.' oder einen 'Dr. E. h.' bemühen.
      Dies
      'h. c.' wird nicht nur in Österreich gerne mal mit den Namenskürzeln verwechselt.
      Vorsicht? Absicht?

Gut, an diese österr. Titel-Flut kommen wir nun nicht heran. Aber bedingt durch die Einführung der Bologna-Reform - mit der Umstellung von Diplom- auf Bachelor- und Masterabschlüße - bekommen wir nicht alleine dadurch eine Vielzahl von Abgängern? Was eine Spezialisierung widerspiegelt, wo Allgemeinbildung gefragt ist?
Das Streben nach Wahrheit oder der Vermehrung des Wissens ist doch längst für die meisten Studenten nicht mehr der Hauptzweck von Studium - sie wollen Jobs ... gut entlohnte Jobs. Was ja nicht unmoralisch sondern verständlich ist, aber verfällt nicht dadurch unsere 'Hochkultur' des Wissens ... das 'Studium generale' vollends? Ziehen wir nicht damit einfach nur die nächste Generation Arbeitnehmer heran?
Anders gefragt:
    Ist nicht der 'Dr.'-Titel nur Hife zum Eintritt in's Berufsleben? Verheißt der Namenszusatz nicht eine Art Adel? Verkommen nicht unsere Universitäten dadurch zu einem Massenbetrieb und verschärfen so die dazugehörige Konkurrenz unter den Akademikern? Führt dies nicht nur dazu, daß heute viel mehr Menschen akademische Abschlüße besitzen, sondern auch zu einer Abwertung der akademischen Grade?
Eine weitere Frage drängt sich mir auf:
    wofür braucht es eigentlich einen 'Ghostwriter' für eine Dissertation - wenn ich mich doch selber mit dessen Inhalt beschäftigt haben soll ... muß?
Letzte Frage(n):
    Wer und wann beschäftigt sich denn mal jemand mit Dr. rer. nat. Angela Merkels Diplomarbeit?
    sie wurde mit 'magna cum laude' bewertet.
    ... verdächtig
    Hat sie dafür auch einen 'Ghostwriter' gebraucht?
Naja, zumindest kann sie sich auf etliche Ehrendoktorwürden stützen.
Hebräischen Universität Jerusalem - Universität Tel Aviv - Babeș-Bolyai-Universität - Universität Bern - und, und, und
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Re: Schavan und Co. - Adel verpflichtet

Beitragvon nocheinPoet » Sonntag 10. Februar 2013, 15:22

Sie muss wissen, dass sie betrogen hat, dieses Gefasel ist nur noch peinlich. Wären die Zitate richtig als solche gekennzeichnet worden, hätte es vermutlich nicht zum Dr. gereicht. Und sie will der Partei und dem Amt nicht schaden, lächerlich, der Zug ist wohl schon lange abgefahren.
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Re: Schavan und Co. - Adel verpflichtet

Beitragvon Uli » Sonntag 10. Februar 2013, 17:52

Der Neandertaler hat geschrieben:Wer und wann beschäftigt sich denn mal jemand mit Dr. rer. nat. Angela Merkels Diplomarbeit?


Ich denke, sie hat auch promoviert.

Dies aber in Physik; da geht es weniger um verbale Formulierungen von Sätzen und Abschnitten; die eigentliche Aussage besteht in der Beschreibung von Experimenten und deren Messergebnissen oder in quantitativen Berechnungen von Vorhersagen: "physics, that's a number" (R.P. Feynman). Es lässt sich leicher feststellen, ob da unabhängig gemessen oder gerechnet wurde.

Wenn Frau Merkel irgendeinen Satz ähnlich formuliert haben sollte wie ein Kollege, dann stört das keinen großen Geist. Bei den Geisteswissenschaften dagegen sind diese Formulierungen aber wohl das A & O.
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Re: Schavan und Co. - Adel verpflichtet

Beitragvon Der Neandertaler » Sonntag 10. Februar 2013, 20:25

Hallo nocheinPoet.
nocheinPoet hat geschrieben:Sie muss wissen, dass sie betrogen hat, dieses Gefasel ist nur noch peinlich.
Denk ich mal auch - ich vermute mal frech und fortlaufend, Du spielst auf Frau Schavan an?

Allerdings bin ich der Meinung, ihr 'Betrug' ist nicht von guttenberg'scher Qualität - da ihr 'Betrug' ... ihre Dissertation über 30 Jahre her ist - was allerdings immer noch ein Betrug an unsere ehrlich arbeitenden Studenten ist.
Da allerdings zu dieser Zeit die digitale Technik noch nicht so ausgereift war - sie also weitgehend mit Spickzetteln oder Karteikarten arbeiten mußte ... also handschriftlich, wird sie dessen Inhalt doch eher zur Kenntnis genommen haben, als jemand, der mit Copy&Paste Texte nur einfügen muß.

Auch meine ich mich erinnern zu können, daß zu Guttenberg anfangs sehr schnell zu gegeben hat, daß er einen Ghostwriter benutzt hat.

Ihre Äußerungen oder Haltung, daß sie der Partei nicht schaden will - durch unweigerlich folgende und langwierige Diskussionen darüber, ob eine Bundesministerin für Bildung und Forschung, die ihren Doktortitel aberkannt bekommen hat, ob diese noch Ministerin bleiben kann ... weil sie so nicht mehr glaubwürdig sein kann - und sie deshalb zurücktritt, dies nehme ich doch schon ab.

Aber nichtsdestotrotz, Betrug ist Betrug - ob vorsätzlich oder durch Nachläßigkeit.
Weg ist weg! - Wat fott es es fott. (Kölsche Grundgesetz - Art. 4)

Allerdings verstrehe ich immer noch nicht, wozu man einen 'Ghostwriter' benötigt ... bei einer Dissertation?
vielleicht sollte ich auchmal darüber nachdenken, einen einzusetzen ... als Lkw-Fahrer!?!
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Re: Schavan und Co. - Adel verpflichtet

Beitragvon galileo2609 » Sonntag 10. Februar 2013, 20:43

Hallo Neandertaler,

jetzt verstehe ich auch, worüber ich mich in deinem Eingangspost schon gewundert habe:
Der Neandertaler hat geschrieben:Auch meine ich mich erinnern zu können, daß zu Guttenberg anfangs sehr schnell zu gegeben hat, daß er einen Ghostwriter benutzt hat. [...]

Allerdings verstrehe ich immer noch nicht, wozu man einen 'Ghostwriter' benötigt ... bei einer Dissertation?
vielleicht sollte ich auchmal darüber nachdenken, einen einzusetzen ... als Lkw-Fahrer!?!

Der Verdacht, KTG hätte einen Ghostwriter zur Abfassung seiner Dissertation benutzt, begründete die Opposition seinerzeit aus der nicht gekennzeichneten Übernahme eines Textes des wissenschaftlichen Diensts des Bundestags, den zu Guttenberg zuvor selbst beauftragt hatte.

Von diesem Verdacht ist meines Wissens nichts übrig geblieben. Der ehemalige Bundesverteidigungsminister hat mit seiner Promotionsarbeit in Eigenarbeit plagiiert.

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Re: Schavan und Co. - Adel verpflichtet

Beitragvon Der Neandertaler » Sonntag 10. Februar 2013, 21:19

Hallo Uli.
Uli hat geschrieben:Ich denke, sie hat auch promoviert.
Dies aber in Physik; da geht es weniger um verbale Formulierungen von Sätzen und Abschnitten; die eigentliche Aussage besteht in der Beschreibung von Experimenten und deren Messergebnissen oder in quantitativen Berechnungen von Vorhersagen: "physics, that's a number" (R.P. Feynman). Es lässt sich leicher feststellen, ob da unabhängig gemessen oder gerechnet wurde.

Wenn Frau Merkel irgendeinen Satz ähnlich formuliert haben sollte wie ein Kollege, dann stört das keinen großen Geist. Bei den Geisteswissenschaften dagegen sind diese Formulierungen aber wohl das A & O.
Ersteres vermute ich auch mal!
Ihrer Dissertation:
    "Untersuchung des Mechanismus von Zerfallsreaktionen mit einfachem Bindungsbruch und Berechnung ihrer Geschwindigkeitskonstanten auf der Grundlage quantenchemischer und statistischer Methoden"
      was auch immer ich mir darunter vorzustellen habe - ich weiß auch nicht, ob ich dies verstehen muß
dieser - ich meine gelesen zu haben, jeder - Dissertation mußte ein Nachweis beigefügt werden, daß die erworbenen Kenntnisse des Marxismus-Leninismus entsprachen ... ihn "wesentlich vertieft und erweitert" haben.

Worin der Unterschied in physikalischen oder geisteswissenschaftlichen Dissertationen besteht, kann ich schlecht beurteilen.
Aber es kam unter Anderem die Frage in mir auf, ob durch die Flut an Studenten - die wir nunmal benötigen - ob dadurch solche 'Fehler' nicht zwangläufig enstehen.
    der durch Zeitdruck, welcher durch den anstehenden Masseansturm und dem zwangsläufig entstehenden Konkurrenzkampf unter den Studierende, entsteht
... ob nicht letztlich die Qualität der Abschlüße ... letztlich unser gesamtes Bildungssystem darunter leidet?
Studiengebühren ... Bachelor- und Masterabschlüße?
in meinen Augen alles Ursachen für Zeitdruck ... dafür, um das Studium im orgegenbenen (Zeit-) Rahmen zu bewerkstelligen.
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Re: Schavan und Co. - Adel verpflichtet

Beitragvon Herr Senf » Sonntag 10. Februar 2013, 21:20

Für Neugierige, die Dissertation von Frau Dr. Merkel http://www.4shared.com/document/dTHTXgK ... sspdf.html , anspruchsvolle Arbeit!
145 Seiten mit 145 Quellen, es geht um physikalische Chemie, Quantenrechnerei und Fortranprogramme, keine leichte Kost, nur für Spezis!
Interessant auch, daß schon Geld für Fehler geboten wurde http://nachrichten.t-online.de/plagiats ... 0004/index .
Frau Dr. Wanka wurde in Mathe promoviert, die Arbeit dürfte ebenso makellos sein, in Mathe und Physik muß man's können.
Könnte das Hobby eines "Einzelplagiatsjäger" vielleicht langsam ausufern, so fangen gängige VT an, oder ist es schon Eifersucht auf Prominente?
Man wird doch mal anfragen dürfen?

PS: Neandertaler - der "Marxismus-Leninismus" mußte nicht vertieft oder erweitert werden. Aber mit der Dissertation mußten u.a.
eine weitere zweite Fremdsprache nachgewiesen werden und Prüfungen in Gesellschaftswissenschaften - sprich ML - abgelegt werden.
ich will auch mal was dazu sagen
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Re: Schavan und Co. - Adel verpflichtet

Beitragvon galileo2609 » Sonntag 10. Februar 2013, 23:00

Hallo Neandertaler,
Der Neandertaler hat geschrieben:Aber es kam unter Anderem die Frage in mir auf, ob durch die Flut an Studenten - die wir nunmal benötigen - ob dadurch solche 'Fehler' nicht zwangläufig enstehen.
    der durch Zeitdruck, welcher durch den anstehenden Masseansturm und dem zwangsläufig entstehenden Konkurrenzkampf unter den Studierende, entsteht
... ob nicht letztlich die Qualität der Abschlüße ... letztlich unser gesamtes Bildungssystem darunter leidet?

warum sollte das so sein? Ein Land, das sich eine hohe und wachsende Zahl an Studierenden leisten kann, ist reich. Auch reich an Bildungspotential und Qualifikation. Nur ein Bruchteil der Uniabsolventen wird nach dem ersten qualifizierenden Abschluss auch dauerhaft wissenschaftlich arbeiten. Der Rest wird sich mit dem berufsständigen Arbeitskräftepotenzial messen müssen, das in puncto Qualifikation in keiner Weise zurücksteht und in der Regel mehr praktische Erfahrung mitbringt. Hauptsache es gibt noch genügend Fachkräfte, die in ihrer Generation genug Wohlstand erzeugen können, dass auch die gesellschaftlichen Verlierer mitgenommen werden können.

Mit der Einführung des modularen Studiums Bachelor/Master in Europa wird vielleicht auch die Zahl der Promotionen zurückgehen. Das was heute den Plagiatsjägern zum Opfer fällt, wird in absehbarer Zeit vielleicht nicht einmal mehr in diesem Umfang anfallen. Die Titelhuberei zwecks Karriere ausserhalb der Wissenschaft.

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Re: Schavan und Co. - Adel verpflichtet

Beitragvon Der Neandertaler » Montag 11. Februar 2013, 09:50

Hallo galileo.
Da ich nie studiert habe - ich bin Berufskraftfahrer, der zufällig Lkw fährt, deshalb bitte ich Dich, mir nachzusehen, daß ich vieles nur vom Hören-Sagen berichten kann und ebenso aus selbigen Grund über einiges nur aus der Theorie heraus urteilen kann!
Du weißt:
    könnt länger werden, Kaffee ... Tee?
Fazit:
    scheue Dich nicht, mich eines Besseren zu belehren!!! - ich nehme es niemandem krumm
galileo2609 hat geschrieben:Hallo Neandertaler,
Der Neandertaler hat geschrieben:Aber es kam unter Anderem die Frage in mir auf, ob durch die Flut an Studenten - die wir nunmal benötigen - ob dadurch solche 'Fehler' nicht zwangläufig enstehen.
    der durch Zeitdruck, welcher durch den anstehenden Masseansturm und dem zwangsläufig entstehenden Konkurrenzkampf unter den Studierende, entsteht
... ob nicht letztlich die Qualität der Abschlüße ... letztlich unser gesamtes Bildungssystem darunter leidet?

warum sollte das so sein? Ein Land, das sich eine hohe und wachsende Zahl an Studierenden leisten kann, ist reich. Auch reich an Bildungspotential und Qualifikation.
Grundsätzlich gebe ich Dir durchaus Recht, aber es kommt auch - oder besonders? - auf Qualität an, weniger auf Quantität. Auch wäre es noch weitaus besser, wenn unser Land ... unsere Regierung Willens und in der Lage wäre, die Besten der Besten teilweise hierzubehalten. Sie werden teilweise delogiert ... evakuiert, weil sie ja eine Aufenthaltsgenehmigung nur für die Zeit des Studiums besitzen - obwohl sie bleiben wollen ... sie sich integriert haben.

Einer meiner Kollegen - er hat selbst studiert, er sagte einst zu mir, daß er ohne 'Zwang' an der ein oder anderen Vorlesung teilnehmen konnte - sich so also auch Wissen anhören und aneignen konnte, was nicht direkt mit seinem Studiengang zu tun hat. Ich denke, das ist heutzutage kaum mehr möglich, da aufgrund der Forderung - von politischer Seite, daß Studenten schneller dem Berufsleben ... der Wirtschaft zur Verfügung stehen sollen, aus diesem Grund, den Studierende weitgehend verinnerlicht haben, da sie ansonsten schief angesehen werden, wenn es doch mal etwas länger dauert, deshalb wird dies - zusätzliche Vorlesungen besuchen - subjektiv weitgehend vernachläßigt ... vernachläßigt werden müssen.
Deshalb bin ich der Meinung, daß langfristig das Niveau ... die Qualität von Bildung ... deren Abschlüsse sinkt. Bachelor und Master werden dies - meiner bescheidenen Meinung nach - eher noch verstärken. Weil, durch einen Bachelorabschluß stehen zwar vermehrt Studenten der Wirtschaft zur Verfügung - mit negativem Erfolg, wie ich finde, denn wenn ich mich allerdings teilweise mit heutigen Bachelorabschluß-Studenten unterhalte - dazu zähle ich durchaus auch meine jüngere Nichte, dann bekomme ich teilweise den Eindruck, daß zwar der fachliche Hintergrund vorhanden ist, aber Allgemeinwissen fehlt.

Du weißt, meine beiden älteren Töchter haben studiert, die Jüngste wird vermutlich ebenfalls studiern. Die ersten beiden beschwerten sich seinerzeit schon, daß die Sprache 'Englisch' immer weiter um sich greift - nicht nur als Fremdsprache, sondern auch als regelrechte Unterrichtssprache. Gut, das mag nun zuerstmal ein subjektives Gefühl der persönlichen Vorliebe sein - Englisch wurde auch zu meiner Zeit schon vermehrt Pflichtfach.

Meine Nichten haben ebenfalls studiert - die Ältere: ebenfalls Sozialpädagogik. Sie berichtete mir das Gleiche, daß sie auch teilweise Vorlesungen hatte, welche komplett in Englisch abgehalten wurden.
Also, nahmen Vorlesungen in Englisch doch schon zu.

Aus eigener Erfahrung weiß ich aber, daß man in einer Sprache, die man nicht mit der Muttermilch aufgesogen hat ... die man nicht von Kindheit an gesprochen hat, daß man in und mit dieser Sprache zwar Wissen vermitteln kann, die Feinheiten ... die Ironie der Sprache versteht man aber teilweise nun doch nicht.
    Ich bilde mir ein, daß ich zwar recht gut Tschechisch spreche - für ein Bier zu bestellen reicht's, aber so richtig, in allen Facetten und Feinheiten kann ich mich nun doch nicht ausdrücken ... wie ich mich einbildungsweise in Deutsch ausdrücken kann.
Gleiche erlebe ich allerdings - pendanterweise - bei meinen beiden älteren Töchtern - sie kamen mit Deutsch erst im Alter von vier bzw. sechs Jahren in Berührung und verfallen bei einigen Wörtern oder Redewendungen immer wieder in ihre Muttersprache.
galileo2609 hat geschrieben:Nur ein Bruchteil der Uniabsolventen wird nach dem ersten qualifizierenden Abschluss auch dauerhaft wissenschaftlich arbeiten. Der Rest wird sich mit dem berufsständigen Arbeitskräftepotenzial messen müssen, das in puncto Qualifikation in keiner Weise zurücksteht und in der Regel mehr praktische Erfahrung mitbringt. Hauptsache es gibt noch genügend Fachkräfte, die in ihrer Generation genug Wohlstand erzeugen können, dass auch die gesellschaftlichen Verlierer mitgenommen werden können.
In meinem vorherigen Leben versuchte ich Verkäufer zu werden ... eine Lehrstelle zu ergattern - vergeblich! Nur aus dem Grund, weil meine Mutter jemanden bei 'Quelle' kannte - keine Werbung!!!, deshalb kam ich dort unter. Man sagte mir, daß Lehrlinge nur noch mit Mittlerer Reife eingestellt werden. Ich bekam also nur eine Art Anlehrstelle angeboten ... besser als garnix.
Siehst Du, aus diesem Grunde bin ich der Meinung, daß ein höherer Abschluß zu einer Eintrittskarte in's Berufsleben ... zu einer Art Adel verkommt. Ob letztlich die Qualität den Anforderungen entspricht, oder ob diese 'höheren Anforderungen' dadurch eher dem Wunsch des Gedanken entsprechen?

Letztlich sind dies alles Gründe, die dazu führten, mich mal mehr oder weniger - aber vielleicht ... bestimmt nicht ausreichend - mit diesem Thema zu befassen. Ob und wie meine Bedenken ... meine Ahnungen ... meine Befürchtungen letztlich Wahheit werden, weiß ich nicht - ich glaube, das möchte ich auch nicht wissen.

    Uff, das war reichlich!
Aber ich meine, es ist auch dem Thema angemessen ... sich diesem in ausreichender Form und Zeit zu widmen - ändern können wir eh nichts ... das werden andere, besser bezahlte Leute schon erledigen. Aber zum Wohl der Gesellschaft oder der Wirtschaft?
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Re: Schavan und Co. - Adel verpflichtet

Beitragvon M.S » Montag 11. Februar 2013, 10:42

galileo2609 hat geschrieben:Hallo Neandertaler,
Der Neandertaler hat geschrieben:Aber es kam unter Anderem die Frage in mir auf, ob durch die Flut an Studenten - die wir nunmal benötigen - ob dadurch solche 'Fehler' nicht zwangläufig enstehen.
    der durch Zeitdruck, welcher durch den anstehenden Masseansturm und dem zwangsläufig entstehenden Konkurrenzkampf unter den Studierende, entsteht
... ob nicht letztlich die Qualität der Abschlüße ... letztlich unser gesamtes Bildungssystem darunter leidet?

warum sollte das so sein? Ein Land, das sich eine hohe und wachsende Zahl an Studierenden leisten kann, ist reich. Auch reich an Bildungspotential und Qualifikation. .....

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Ist dem wirklich so? Ich stelle schon seit Jahren im Alltag fest, daß die Ausbildung, speziell der jüngeren Generation, eher im Argen liegt. Obwohl die gleichen Titel/Berufsbezeichnungen vergeben werden. Mag sein, daß ich mich da in den falschen Schichten bewege.

Selbstverständlich sollte das Ziel sein, soviel Menschen wie möglich eine fundierte Ausbildung zu ermöglichen. Ich frage mich allerdings, ob wir da nicht zuviel des Guten tun, indem man jeden zu einer universitären Ausbildung hinführen will. Da fürchte ich mich schon davor, daß durch die Masse, die Qualität der Ausbildung sinkt. Man kann das bereits jetzt bei den Lehrlingen beobachten. Da gibt es Firmen, die finden keine Lehrlinge, die ordentlich Lesen und Schreiben können.

Also - kurz gesagt/gefragt: Wie siehst du das?. Ist es sichergestellt, daß, wenn die Zahl der Studierenden (die auch das Studium positiv abschliessen) immer weiter wächst, die Qualität der Ausbildung erhalten bleibt?


Nachtrag: Ich bin Österreicher. Mag sein, daß es in Deutschland mit der Bildung anders aussieht.
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