Aufstände in Tunesien und Algerien

NEWS, Schlagzeilen, aktuelle Themen und was die Welt bewegt

Moderatoren: galileo2609, nocheinPoet

Aufstände in Tunesien und Algerien

Beitragvon Britta » Dienstag 11. Januar 2011, 14:26

Letzte Woche kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Protestlern und Polizei in Tunesien und Algerien, bei denen über 12 Menschen getötet wurden und hunderte verletzt. Die Menschen protestierten gegen die Nahrungsmittelpreise und die Kürzungen von Subventionen in Algerien und gegen Arbeitslosigkeit und die Regierung des tunesischen Präsidenten Zine El Abidine Ben Ali.


In Algerien zeigt sich die wachsende Opposition gegen die Politik des freien Marktes von Präsident Abdelaziz Boutefilka. Die Preise für staatlich subventionierte Nahrungsmittel wie Mehl, Öl und Zucker hatten sich in den letzten Monaten verdoppelt. Die Weltmarktpreise steigen und der Staat wollte die Preissteigerungen teilweise an die Bevölkerung weitergeben.

Die Proteste zeigen auch den wachsenden Ärger über die sozialen Verhältnisse. 75% der Bevölkerung sind unter 25 und die Arbeitslosenquote beträgt 30%. Der Staat versucht auch gerade, eine 17% Mehrwertsteuer für die Straßenhändler durchzusetzen. Nach Berichten über sporadische Aufstände im Land, kam es Ende letzter Woche zu Massenaufständen in den großen Städten.

Die Protestler besetzten Polizeistationen, Banken und Regierungseinrichtungen in verschiedenen östlichen Städten wie Constantine Jijel, Setif und Bouira, wie die algerische Nachrichtenagentur APS News Agency berichtete. Auch in Oran (Algeriens zweitgrößter Stadt), Annaba und Tizi Ouzou, kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei, gemäß AFP.

Gestern erklärte die Regierung nun den Rückzug. Die Preise würden gesenkt, um bis zu 41%. Von verschiedenen Seiten wie z.B. der Website Tout Sur l'Algerie wird behauptet, diese Senkung hätte nur einen nettoeffekt von 5%.

Fußballspiele gibt es vorerst in Algerien nicht, da diese als potenzieller Katalysator für aufkommende Proteste gesehen werden.

In Tunesien während der Unruhen am Wochenende kam es zu Zusammenstößen zwischen Protestlern und Sicherheitskräften in Kasserine und Tala. Regierungsgebäude wurden angegriffen, 3 Banken, eine Polizeistation, 2 Polizeifahrzeuge und eine Tankstelle in Brand gesetzt. 4 Menschen starben in Regueb. Die Unruhen begannen, nachdem sich der arbeitslose Gemüsehändler Mohamed Bouazizi vor einem Regierungsgebäude selbst in Brand steckte um gegen die Konfiszierung seiner Ware zu protestieren. Er hatte keine Erlaubnis zum Verkauf von Gemüse. Bouazizi starb am 4. Januar.

Aus den Wikileaks cables zu Tunesien und dem Präsidenten:

1. (C) XXXXXXXXXXXX approached Ambassador and Pol/EconCouns
XXXXXXXXXXXX to share with us XXXXXXXXXXXX the Ambassador gave him assurances that we would.
XXXXXXXXXXXX shared a rare first-hand account of
corruption from several years ago in which Ben Ali himself
was described as asking for a 50 percent stake in
XXXXXXXXXXXX private university. XXXXXXXXXXXX

--------------------------------------------- ---------
XXXXXXXXXXXX
XXXXXXXXXXXX [BOOK TITLE REDACTED]
--------------------------------------------- ---------

¶2. (C) On the margins of a networking event for aspiring and
successful social entrepreneurs XXXXXXXXXXXX The
book is extremely critical of the Ben Ali regime for, among
other things, the "duality" between official discourse and
the reality on the ground. Specifically XXXXXXXXXXXX points
to the "stifling" of political liberties and "omnipotent"
controls on the media. He also charges that freedom of
association is "illusory" and assesses that "the rule of law
is more fiction than reality."
XXXXXXXXXXXX

http://wikileaks.ulalala.net/cable/2009 ... IS372.html

über Algerien findet sich nur was aus 2007:

1. (C) SUMMARY: Recent discussions with former government
officials, long-term opposition leaders and journalists paint
a picture of an Algerian regime that is fragile in ways it
has not been before, plagued by a lack of vision,
unprecedented levels of corruption and rumblings of division
within the military rank and file. Our Algerian contacts are
often a grumpy lot, but we now hear more than the ordinary
amount of concern about the GOA's inability or unwillingness
to address political, economic and security problems.

http://wikileaks.ulalala.net/cable/2007 ... S1806.html
People who lie to others have merely hidden away the truth, but people who lie to themselves have forgotten where they put it.
Benutzeravatar
Britta
 
Beiträge: 2452
Registriert: Samstag 3. Juli 2010, 14:09

Re: Aufstände in Tunesien und Algerien

Beitragvon Britta » Dienstag 18. Januar 2011, 22:23

Über Tunesien wird ja im Moment täglich berichtet.

So schreibt der Focus heute: http://www.focus.de/politik/ausland/kon ... 91243.html

Die tunesische Übergangsregierung bröckelt: Bereits am ersten Tag nach ihrer Ernennung kündigten vier designierte Minister am Dienstag in letzter Minute ihren Rückzug an.
Nach heftigen Protesten der Bevölkerung wollten sie nicht mehr zu einem Kabinett gehören, in dem sechs Mitglieder der alten Garde ihren Posten behalten haben. Zeitweise sah es nach Berichten von Diplomaten so aus, als ob die Regierung ganz auseinanderbrechen würde. Viele Tunesier fordern die Auflösung der Ex-Regierungspartei RCD...

...Als Reaktion auf die Proteste trat Ministerpräsident Mohammed Ghannouchi aus der RCD aus. Die Partei trennte sich ihrerseits von zahlreichen prominenten Mitgliedern, die dem verhassten Trabelsi-Clan der früheren Präsidentengattin Leila Trabelsi angehören. Die Regierung kündigte außerdem an, die Verantwortlichen für den Gewaltexzess bei den Demonstrationen zur Rechenschaft zu ziehen. Nach offiziellen Angaben kamen dabei 78 Menschen ums Leben. Ghannouchi verteidigte den Verbleib der alten Garde: „Sie haben saubere Hände“, sagte er dem Sender Europe 1. Sie hätten ihre Posten behalten, weil das Land sie jetzt brauche.


Aus 2006 gibt es ein Cable, wo man mehr über Mohammed Ghannouchi erfährt: http://wikileaks.ch/cable/2006/01/06TUNIS55.html

8. (C) Thus, under the current constitutional dispensation, if Ben Ali were to be “temporarily” incapacitated due to illness, he could turn over a measure of presidential authority to Prime Minister Mohammed Ghannouchi. Ghannouchi, an economist by training, is a respected figure in the “technocratic” mold. If Ben Ali were to die in office, resign for whatever reason, or become so ill he could no longer exercise his functions, the Constitutional Council could declare the Presidency “vacant” and interim authority would fall to Fouad Mebazaa, the current President of the National Assembly. Mebazaa is a long-time ruling RCD party stalwart (a member of the RCD Politburo, a former Minister, and a “survivor” from the Bourguiba era), whose principal task as interim President would be to organize elections and, from an RCD perspective, maintain the party’s hold on power.


Also, wenn ich Tunesier wäre, wollte ich den Typ auch lieber hinter Gittern sehen, wie denn in der neuen Regierung.

Der Bundesnachrichtendienst (BND) sieht ähnliches Konfliktpotenzial wie in Tunesien auch in Gesellschaften anderer arabischer Länder. Zwar wolle er keine Staaten ausdrücklich nennen, sagte der Präsident des deutschen Auslandsgeheimdienstes, Ernst Uhrlau, in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. Aber „es gibt eine Reihe von Entwicklungen der letzten Jahre, die in vielen Staaten gleich sind“. Die Sicherheitslage in den klassischen tunesischen Tourismusgebieten beurteilte Uhrlau eher gelassen. Es gebe dort keine unmittelbare Bedrohung.


dazu kann man in dem Cable lesen, dass schon in 2006 über seine Nachfolge spekuliert wurde:

1. (S) SUMMARY: In a country that has had only one president for over eighteen years, suddenly and unusually, talk of the post-Ben Ali era is growing.


Hat dann halt doch noch 5 Jahre gedauert.

Über Algerien berichten unsere Medien weniger:

http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/i ... 26244.html
Bei Protesten gegen steigende Lebensmittelpreise in Algerien sind zwei Demonstranten ums Leben gekommen. Nach Angaben des Innenministeriums wurden seit Beginn der Ausschreitungen 400 Menschen verletzt, darunter 300 Polizisten.

(sda/afp) Bei den Protesten in Algerien gegen die hohen Lebenshaltungskosten sind zwei Menschen ums Leben gekommen. Das Kabinett in Algier will noch am Wochenende über Wege zur Eindämmung der jüngsten Preissteigerungen beraten.
Menge wollte Gebäude stürmen

Der algerische Innenminister Dahou Ould Kablia sagte am Samstag im Staatsradio, unter den Verletzten seien 300 Polizisten. Kablia bestätigte zudem einen Zeitungsbericht, wonach ein Jugendlicher am Freitag in der Provinz M'Sila erschossen wurde. Drei weitere Demonstranten wurden bei diesem Protest verletzt.

Eine Menge versuchte, in Ain Lahdjel gewaltsam in die Post und ein Verwaltungsgebäude einzudringen. Als die Polizei gegen die Demonstranten vorging, fiel der tödliche Schuss. Ain Lahdjel liegt rund 300 Kilometer südöstlich der Hauptstadt.
Anzeige:
Von Tränengas-Granate getötet

Beim zweiten Toten handelt es sich um einen Mann, der in Bou Smail rund 50 Kilometer von Algier entfernt seinen Verletzungen erlag. Wie die Nachrichtenagentur AFP von den örtlichen Rettungskräfte erfuhr, wurde der Mann von einer Tränengas-Granate mitten ins Gesicht getroffen.

Zu Krawallen kam es ein in der Nacht zum Samstag auch in Annaba, 600 Kilometer westlich von Algier. Laut den Behörden wurden dabei 17 Menschen verletzt, darunter ein Polizist durch einen Steinwurf schwer. Die Protestierenden plünderten mehrere Verwaltungsgebäude in der 800'000 Einwohner zählenden Stadt.
In Algier brennen Autoreifen

Im Armenviertel Belcourt in Algier machte die Bevölkerung ihrem Ärger über die teuren Lebensmittel dadurch Luft, dass sie Autoreifen anzündete. Nach Angaben der algerischen Gewerkschaft der Händler und Handwerker stiegen die Lebenshaltungskosten um 20 bis 30 Prozent. Am stärksten betroffen sind die Preise für Zucker und Öl.
People who lie to others have merely hidden away the truth, but people who lie to themselves have forgotten where they put it.
Benutzeravatar
Britta
 
Beiträge: 2452
Registriert: Samstag 3. Juli 2010, 14:09

Re: Aufstände in Tunesien und Algerien

Beitragvon Britta » Samstag 29. Januar 2011, 21:19

Dem tunesischen Diktator Ben Ali haben die Amerikaner ja keine Träne nachgeweint. Nun haben sich die Proteste ausgeweitet und es geht einem weiteren Diktator an den Kragen. Die Ägypter verlangen nach Demokratie. Mubarak ist schon so lange im Amt, dass kann eigentlich gar nicht wahr sein.

Seit 1981 regiert Mubarak nun schon in Ägypten. Glücklich sind die Ägypter mit ihrem Dikator schon seit langer Zeit nicht. Ich war selbst mal dort in Urlaub und konnte mir einen Eindruck verschaffen. Seitdem Mubarak an die Macht kam, regiert er im Ausnahmezustand, den er bisher immer wieder verlängert hat. Nach ihm sollte mal sein Sohn die Macht in Ägypten übernehmen, was auch nicht gerade demokratisch ist. Schon seit 1995 versuchte man, ihn zu ermorden. Bei den letzten Wahlen in 2005 waren zum erstem Mal Gegenkandidaten zugelassen. Mubarak wurde wiedergewählt - bei einer Wahlbeteiligung von 23%. Es gab den Vorwurf der Manipulation.

Mubarak gilt als Verbündeter der USA, die ja angeblich so sehr für die Demokratie in der Welt einstehen. Erstmalig nach den derzeitigen Protesten in Ägypten distanzierten sich die USA 'etwas' von dem ägyptischen Diktator.

Mark Landler erwähnt in seinem Artikel in der Times auch, warum man nur etwas Abstand nimmt und noch am Überlegen ist, Mubarak doch zu helfen den Aufstand zu unterdrücken, statt die Demokratiebewegung zu unterstützen:

If we don’t back Mubarak and the regime falls, and the Muslim Brotherhood takes control of Egypt and breaks the peace treaty with Israel, then it could have dramatic negative ramifications for American interests in the Middle East.”

http://www.nytimes.com/2011/01/29/world ... arklandler

Fazit: Demokratie ja, aber nur wenns gut für die eigenen Interessen ist. Ansonsten darfs auch gerne ein Diktator sein.

Jeder Regierungswechsel birgt halt auch die Gefahr, dass eine Regierung an die Macht kommt, die sich gegen amerikanische Interessen stellt. Demokratisch gewählte Regierungen sind in manchen Fällen nur demokratisch, wenn eben die 'richtigen' Kandidaten gewählt werden. Weswegen die Amerikaner es im Falle Ägypten nie so genau nahmen, mit ihrer Forderung nach Demokratie, wie etwa im Iran. Zuhause nehmen sie es mit der Demokratie auch nicht so genau, denn da haben sie die beste Demokratie, die man sich für Geld kaufen kann.

So manch Einem war da ja noch nicht mal bewußt, dass Ägypten keine Demokratie ist:

On Thursday, Mr. Biden said he did not consider Mr. Mubarak a “dictator” and stopped short of calling him to step down. He said the Egyptian government should respond to demands that are “legitimate,” drawing criticism from those who said he was calling their legitimacy into question.
People who lie to others have merely hidden away the truth, but people who lie to themselves have forgotten where they put it.
Benutzeravatar
Britta
 
Beiträge: 2452
Registriert: Samstag 3. Juli 2010, 14:09

Re: Aufstände in Tunesien und Algerien

Beitragvon Britta » Montag 31. Januar 2011, 17:21

In 2008 hatte die US-Regierung durch die Botschaft in Cairo schon Informationen über die geplante Einführung der Demokratie in Ägypten für vor den Wahlen 2011 und wurde um Unterstützung gebeten. Der Botschafter nannte die Pläne damals 'unrealistisch'. Es wurde einfach nicht erkannt oder man wollte nicht erkennen, wie satt die Bevölkerung ihren Diktator hat.

Damals wurde eine Chance vergeben, alles in geordneten Bahnen ablaufen zu lassen. Heute fürchtet man sich vor einer Machtübernahme durch die Muslembruderschaft. Wenn man aber dieses Cable liest, so bemerkt man wie einig sich die Ägypter quer durch alle Parteien sind, dass man echte Demokratie haben will.

Interessant auch, dass XXX ersuchte, die illegalen privaten Auslandskonten der Regierung zu sperren. Er versuchte der US-Regierung klarzumachen, dass Mubarak schlimmer sei, wie Mugabe, dessen Konten ja eingefroren wurden. Über die Nichtregierungs-Organisationen, die in Ägypten an politischen und wirtschaftlichen Reformen arbeiten sagt er, sie leben in einer Fantasie-Welt.
S E C R E T SECTION 01 OF 02 CAIRO 002572

SIPDIS

FOR NEA/ELA, R, S/P AND H
NSC FOR PASCUAL AND KUTCHA-HELBLING

E.O. 12958: DECL: 12/30/2028
TAGS: PGOV PHUM KDEM EG
SUBJECT: APRIL 6 ACTIVIST ON HIS U.S. VISIT AND REGIME
CHANGE IN EGYPT

REF: A. CAIRO 2462
¶B. CAIRO 2454
¶C. CAIRO 2431

Classified By: ECPO A/Mincouns Catherine Hill-Herndon for reason 1.4 (d).

¶1. (C) Summary and comment: On December 23, April 6 activist
XXXXXXXXXXXX expressed satisfaction with his participation in
the December 3-5 "Alliance of Youth Movements Summit," and
with his subsequent meetings with USG officials, on Capitol
Hill, and with think tanks. He described how State Security
(SSIS) detained him at the Cairo airport upon his return and
confiscated his notes for his summit presentation calling for
democratic change in Egypt, and his schedule for his
Congressional meetings. XXXXXXXXXXXX contended that the GOE will never undertake significant reform, and therefore, Egyptians
need to replace the current regime with a parliamentary
democracy. He alleged that several opposition parties and
movements have accepted an unwritten plan for democratic
transition by 2011; we are doubtful of this claim. XXXXXXXXXXXX
said that although SSIS recently released two April 6
activists, it also arrested three additional group members.
We have pressed the MFA for the release of these April 6
activists. April 6's stated goal of replacing the current
regime with a parliamentary democracy prior to the 2011
presidential elections is highly unrealistic, and is not
supported by the mainstream opposition. End summary and
comment.

----------------------------
Satisfaction with the Summit
----------------------------

¶2. (C) XXXXXXXXXXXX expressed satisfaction with the December 3-5
"Alliance of Youth Movements Summit" in New York, noting that
he was able to meet activists from other countries and
outline his movement's goals for democratic change in Egypt.
He told us that the other activists at the summit were very
supportive, and that some even offered to hold public
demonstrations in support of Egyptian democracy in their
countries, with XXXXXXXXXXXX as an invited guest. XXXXXXXXXXXX said he discussed with the other activists how April 6 members could more effectively evade harassment and surveillance from SSIS with technical upgrades, such as consistently alternating
computer "simcards." However, XXXXXXXXXXXX lamented to us that
because most April 6 members do not own computers, this
tactic would be impossible to implement. XXXXXXXXXXXX was
appreciative of the successful efforts by the Department and
the summit organizers to protect his identity at the summit,
and told us that his name was never mentioned publicly.

-------------------
A Cold Welcome Home
-------------------

¶3. (S) XXXXXXXXXXXX told us that SSIS detained and searched him at the Cairo Airport on December 18 upon his return from the
U.S. According to XXXXXXXXXXXX, SSIS found and confiscated two
documents in his luggage: notes for his presentation at the
summit that described April 6's demands for democratic
transition in Egypt, and a schedule of his Capitol Hill
meetings. XXXXXXXXXXXX described how the SSIS officer told him that State Security is compiling a file on him, and that the
officer's superiors instructed him to file a report on
XXXXXXXXXXXX's most recent activities.

--------------------------------------------- ----------
Washington Meetings and April 6 Ideas for Regime Change
--------------------------------------------- ----------

¶4. (C) XXXXXXXXXXXX described his Washington appointments as
positive, saying that on the Hill he met with Rep. Edward
Royce, a variety of House staff members, including from the
offices of Rep. Ros-Lehtinen (R-FL) and Rep. Wolf (R-VA), and
with two Senate staffers. XXXXXXXXXXXX also noted that he met with
several think tank members. XXXXXXXXXXXX said that Rep. Wolf's
office invited him to speak at a late January Congressional
hearing on House Resolution 1303 regarding religious and
political freedom in Egypt. XXXXXXXXXXXX told us he is interested
in attending, but conceded he is unsure whether he will have
the funds to make the trip. He indicated to us that he has
not been focusing on his work as a "fixer" for journalists,
due to his preoccupation with his U.S. trip.

¶5. (C) XXXXXXXXXXXX described how he tried to convince his
Washington interlocutors that the USG should pressure the GOE
to implement significant reforms by threatening to reveal

CAIRO 00002572 002 OF 002


information about GOE officials' alleged "illegal" off-shore
bank accounts. He hoped that the U.S. and the international
community would freeze these bank accounts, like the accounts
of Zimbabwean President Mugabe's confidantes. XXXXXXXXXXXX said he wants to convince the USG that Mubarak is worse than Mugabe
and that the GOE will never accept democratic reform. XXXXXXXXXXXX asserted that Mubarak derives his legitimacy from U.S. support, and therefore charged the U.S. with "being
responsible" for Mubarak's "crimes." He accused NGOs working
on political and economic reform of living in a "fantasy
world," and not recognizing that Mubarak -- "the head of the
snake" -- must step aside to enable democracy to take root.


¶6. (C) XXXXXXXXXXXX claimed that several opposition forces --
including the Wafd, Nasserite, Karama and Tagammu parties,
and the Muslim Brotherhood, Kifaya, and Revolutionary
Socialist movements -- have agreed to support an unwritten
plan for a transition to a parliamentary democracy, involving
a weakened presidency and an empowered prime minister and
parliament, before the scheduled 2011 presidential elections
(ref C). According to XXXXXXXXXXXX, the opposition is interested in
receiving support from the army and the police for a
transitional government prior to the 2011 elections. XXXXXXXXXXXX
asserted that this plan is so sensitive it cannot be written
down. (Comment: We have no information to corroborate that
these parties and movements have agreed to the unrealistic
plan XXXXXXXXXXXX has outlined. Per ref C, XXXXXXXXXXXX previously told us that this plan was publicly available on the internet. End comment.)

¶7. (C) XXXXXXXXXXXX said that the GOE has recently been cracking
down on the April 6 movement by arresting its members. XXXXXXXXXXXX noted that although SSIS had released XXXXXXXXXXXX and XXXXXXXXXXXX "in the past few days," it had arrested three other members. (Note: On December 14, we pressed the MFA for the release of XXXXXXXXXXXX and XXXXXXXXXXXX, and on December 28 we asked the MFA for the GOE to release the additional three activists. End note.) XXXXXXXXXXXX conceded that April 6 has no feasible plans for future activities. The group would like to call for another strike on April 6, 2009, but realizes this would be
"impossible" due to SSIS interference, XXXXXXXXXXXX said. He
lamented that the GOE has driven the group's leadership
underground, and that one of its leaders, Ahmed Maher, has
been in hiding for the past week.

¶8. (C) Comment: XXXXXXXXXXXX offered no roadmap of concrete steps toward April 6's highly unrealistic goal of replacing the
current regime with a parliamentary democracy prior to the
2011 presidential elections. Most opposition parties and
independent NGOs work toward achieving tangible, incremental
reform within the current political context, even if they may
be pessimistic about their chances of success. XXXXXXXXXXXX's
wholesale rejection of such an approach places him outside
this mainstream of opposition politicians and activists.
SCOBEY
People who lie to others have merely hidden away the truth, but people who lie to themselves have forgotten where they put it.
Benutzeravatar
Britta
 
Beiträge: 2452
Registriert: Samstag 3. Juli 2010, 14:09

Re: Aufstände in Tunesien und Algerien

Beitragvon Britta » Montag 31. Januar 2011, 23:11

El Baradei hat Aussenministerin Clinton dafür kritisiert, dass sie behauptet hat, Ägyptens Regierung sei stabil:

People who lie to others have merely hidden away the truth, but people who lie to themselves have forgotten where they put it.
Benutzeravatar
Britta
 
Beiträge: 2452
Registriert: Samstag 3. Juli 2010, 14:09

Re: Aufstände in Tunesien und Algerien

Beitragvon Uli » Dienstag 1. Februar 2011, 13:59

Die Sorge ist, dass so eine Revolution schnell außer Kontrolle geraten kann, siehe Iran, als der Schah vertrieben worden war.
Das ist auch die große Sorge Israels:
http://www.haaretz.com/news/diplomacy-d ... s-1.340411
Benutzeravatar
Uli
 
Beiträge: 1025
Registriert: Dienstag 1. Februar 2011, 13:04

Re: Aufstände in Tunesien und Algerien

Beitragvon Britta » Dienstag 1. Februar 2011, 21:40

Uli hat geschrieben:Die Sorge ist, dass so eine Revolution schnell außer Kontrolle geraten kann, siehe Iran, als der Schah vertrieben worden war.
Das ist auch die große Sorge Israels:
http://www.haaretz.com/news/diplomacy-d ... s-1.340411


Ich verstehe diese Sorge, halte sie aber für unbegründet.

Klar kann die Muslembruderschaft bei den Wahlen gewinnen - das muß aber nicht passieren. Die Ägypter wollen jedenfalls erstmal demokratische Wahlen und erreichen, dass Mubarak Geschichte ist. Die Isrealis beliefern Mubaraks Getreue angeblich mit Waffen, um auf die eigene Bevölkerung zu schiessen, aber Militär und Polizei machen nicht mit. Das hat seine Gründe.

Wenn man das verlinkte Cable liest, so sagt ja XXX, dass die Nichtregierungsorganisationen in einer Phantasiewelt leben. Sind ja meist westliche Organisationen. Der Westen - und hier besonders die USA, haben es versäumt, Mubarak schon vor Jahrzehnten zu demokratischen Reformen zu drängen. Sie wußten doch ganz genau, was in Ägypten los ist, aber das hat sie nicht interessiert, solange ihre Interessen nur gewahrt wurden - daher auch das halbherzige Engagement der NGO's. Im Iran sind die viel aktiver. Wer ein Land mit so viel Geld unterstützt, hätte auch Forderungen stellen können.

Wenn ich den XXX richtig interpretiere, haben die Ägypter ganz alleine ihr Netzwerk quer durch die Bevölkerung, alle Oppositionsparteien und durch alle Berufe geknüpft - auch Militär und Polizei - und sie hatten sowieso vor, vor den Wahlen in 2011 ihre 'Revolution' zu starten. Nun war der erfolgreiche Aufstand in Tunesien der Auftakt.

Mubarak ist einfach nicht mehr der richtige Ansprechpartner, von dem man jetzt noch Reformen verlangen kann. Egal was er an Reformen machen würde, sie würden das Problem nicht beseitigen, denn er selbst ist das Problem. Die Amerikaner und die Europäer können sich die Sympathien der Ägypter verspielen, wenn sie Mubarak weiterhin stützen. Wobei die Amerikaner eh nicht mehr mit viel Sypmathie rechnen können.

Wer mir gefällt und schon immer gefallen hat, ist El Baradei. Er als Übergangspräsident könnte einige Ängste Israels und der USA dämpfen.
People who lie to others have merely hidden away the truth, but people who lie to themselves have forgotten where they put it.
Benutzeravatar
Britta
 
Beiträge: 2452
Registriert: Samstag 3. Juli 2010, 14:09

Re: Aufstände in Tunesien und Algerien

Beitragvon Britta » Samstag 4. Juni 2011, 17:54

So langsam merken die Ägypter, dass sie betrogen werden.

Am 27. Mai fanden im Land wieder Großdemonstrationen statt. Die Organisatoren waren dieselben, wie zu Anfang, mit Ausnahme der Muslim Bruderschaft, der Salafiten und einiger kleiner liberaler Gruppen.

In Kairo auf dem Tahrir-Platz fand sich eine Million Menschen zusammen und selbst in Alexandria brachte es auf 500.000 - trotz einer Angstkampagne in den Medien, die dazu aufriefen nicht an diesen Demonstrationen teilzunehmen, weil es angeblich Kräfte gäbe, die einen Bürgerkrieg entfachen wollen. Internationale Konzerne riefen ihre ägyptischen Mitarbeiter dazu auf, die Proteste zu meiden, Banken schlossen ihre Schalter und das Kentucky Fried Chicken am Tahrir-Platz hatte geschlossen, aus Angst vor bewaffneten Aufständischen. Am Tag vor der Demonstration verhaftete die Polizei 3 Aktivisten, die Flugblätter verteilt hatten und übergangsregierungs-kritische Plakate klebten. Die 3 wurden dem Militär übergeben und nach 12 Stunden wieder freigelassen. Die Muslim-Bruderschaft erklärte ihre Opposition zu den Demonstrationen. Die Salafiten erklärten ebenfalls, nicht an der Aktion teilzunehmen. Aber die Menschen liessen sich trotz vielerlei Angstmache nicht davon abhalten. Auch in Suez, Port Said, Mansoura und vielen anderen Städten gingen die Menschen auf die Straßen.

Die Demonstrationen richteten sich gegen die derzeitige Militärregierung, gegen die Muslim Bruderschaft und gegen einige liberale Gruppen.

Die Menschen saßen zusammen, hörten Reden zu und diskutierten ihre Vorstellungen von Demokratie. Folteropfer des Mubarak-Regimes und ihre Familien berichteten von ihren Erlebnissen und Erfahrungen, der Geist der Revolution lag in der Luft und erinnerte an die Tage vor Mubaraks Fall. Die Menschen sind sich einig, dass die Revolution weiter gehen muß. Bisher haben sie nicht viel erreicht, nur Mubarak ist weg und alle anderen sind noch da und weiterhin an der Macht. Nur mit Massenprotesten hatte das Volk erreicht, dass Mubarak der Prozess gemacht wird. Zu Anfang wollte man ihn nur wegen Korruption und Betrug anklagen, auf Drängen des Volkes wird ihm nun auch wegen Mordes an 865 Menschen in der Zeit vom Beginn der Proteste bis zum Rücktritt, der Prozess gemacht. Etwas, dass die Übergangsregierung für ihren Ex-Chef vermeiden wollte. Derzeit befindet sich Mubarak in einem 5-Sterne Hotel in Sharm el-Sheikh, zur Behandlung von Herzproblemen...

Die Demonstrationen richten sich gegen die Militärherrscher, die bisher die Forderung nach Demokratie und viele andere Forderungen in keinster Weise erfüllt haben und versuchen, die Demokratiebewegung zu unterdrücken und mit ein paar kleinen Zugeständnissen einzuschläfern.

Die Forderungen der Demonstranten sind klar:

1) Stellt Mubarak endlich wegen Mordes vor Gericht
2) Ein Ende der Militärgerichte gegen Aktivisten
3) Ein Ende des Machtmonopols und Übergang zur demokratischen Regierungsform
4) Eine Zurückumverteilung des Reichtums des Landes an die Bevölkerung und Mindesteinkommen

Die Proteste verliefen friedlich bis zum Ende und Alle sind sich einig: Sie werden wieder kommen.

Die Massenbewegung in Ägypten hat klar gemacht, dass radikale Minderheiten keine Chance haben.

http://www.ag-friedensforschung.de/regi ... ution.html

Die Hürden für die Demokratie hängen hoch. In Ägypten braucht es nach neueren Gesetzen 5.000 Mitglieder und jede Menge Kapital, um eine Partei zu gründen, die zu den Wahlen zugelassen ist. Eine Hürde, die ausser der Regierungspartei Mubaraks und der Muslem-Bruderschaft keiner schaffen kann. Auch hier werden die Ägypter noch für Reformen kämpfen müssen.
People who lie to others have merely hidden away the truth, but people who lie to themselves have forgotten where they put it.
Benutzeravatar
Britta
 
Beiträge: 2452
Registriert: Samstag 3. Juli 2010, 14:09


Zurück zu Aktuelles & Nachrichten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 30 Gäste