Libyen-Krise

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Re: Libyen-Krise

Beitragvon Britta » Samstag 29. Oktober 2011, 17:55

Hallo Ralf,

ralfkannenberg hat geschrieben:zumindest einige von Ghadhafi-"Taten" sind aktenkundig. Wieviele der zugehörigen Quellen hast Du Dir angeschaut ? Oder anders gefragt: Würdest Du mit den Dir bekannten Quellen analog ein physikalisches Resultat akzeptieren ?

Was ist denn genau aktenkundig, was auch eindeutig bewiesen ist?

ralfkannenberg hat geschrieben:Das ist aber in jeder militärischen Auseinandersetzung so.

So extreme Lügen und üble Behauptungen wie zum Libyenkrieg, wo man die Uhr danach stellen konnte, wann das Dementi kommt, habe ich zuvor noch nicht erlebt.

ralfkannenberg hat geschrieben:Hast Du hier auch gute und belastbare Quellen ? Ein gutes Kriterium ist es, wenn Du analog guten Quellen in der Physik Glauben schenken würdest.

Es gab schon zu Anfang sehr seriöse Quellen und da deren Angaben nicht zu leugnen waren, mußte auch der Mainstream darüber berichten, wenn er sich dabei auch nicht besonders viel Mühe gegeben hat.

ralfkannenberg hat geschrieben:
Uli hat geschrieben:(b) er hat zweifellos einigen Rückhalt im libyschen Volk gehabt; Britta meint, er habe das gesamte libysche Volk hinter sich gehabt. Das scheint mit aber reichlich übertrieben. Nach Meinung eines Libyen-Experten standen v.a. die älteren Bevölkerungsteile und Teile seiner ethnischen Gruppe hinter ihm.

Ich hatte das vor dem Konflikt auch nicht gewusst, dass Libyen aus so vielen Stämmen besteht und alles andere als einig war. Allein deswegen dürfte er grossen Rückhalt bei seinem eigenen Stamm gehabt haben.

Nun, nicht das ganze libysche Volk, aber 95% standen hinter ihm, wie die Großdemonstration mit 1,7 Mio. Teilnehmern in Tripolis bewiesen hat, über die unsere Medien auch nicht groß berichteten.

Gaddafis Stamm, die Gaddafa, sind nicht besonders groß. Der Stamm seiner Frau ist mit 2 Mio. aber der größte in Libyen. Hinter Gaddafi standen bis auf die Stämme aus dem Osten alle libyischen Stämme, die das auch auf einer großen Stammesversammlung erklärt haben.

ralfkannenberg hat geschrieben:
Uli hat geschrieben:(c) die NATO-Aktion diente NICHT dem Schutz der Zivilbevölkerung; ansonsten hätten sich die Angriffe der Nato gegen die Rebellen richten müssen, als diese begannen, Syrte und andere Städte in Schutt und Asche zu legen bzw. zu entvölkern, die schwarze Bevölkerung zu drangsalieren und hunderte Kriegsgefangene hinzurichten. Entsprechende AI-Reports sind leicht zu finden.

Ist einerseits mit Vorsicht zu geniessen, ausserdem ist es, wie man im Jugoslawien-Krieg gesehen hat (Stichworte Srebenica, Cepa) gar nicht so einfach, die Zivilbevölkerung zu schützen. Hinterher wird dann gross verkündet, die UN-Soldaten - damals waren es Holländer, hätten weggeschaut. Auch sowas wird wohl historisch etwas besser aufgearbeitet werden müssen, damit es sich von einer "BILD"-Schlagzeile abheben kann, und von einer historischen Aufarbeitung der Geschehnisse in Libyen sind wir nun wirklich noch weit entfernt.


Um das Leben von Zivilisten in Benghazi zu schützen, hat man die Zivilisten von Sirte, Bani Walid und vielen anderen Städten bombardiert? Das soll "Schutz der Zivilbevölkerung" sein? Dieser Krieg hat so viele Tote gefordert, dass man wirklich nicht vom Schutz von Zivilisten sprechen kann, zumal Wasser- und Stromversorgung, Krankenhäuser, Fabriken, Ölanlagen und TV-Sender bombardiert wurden.

In Sirte und Bani Walid hatte man Strom- und Wasserversorgung zuerst bombardiert. Bei 2 Monaten Bombardement hat man also die Zivilbevölkerung 2 Monate ohne Wasser und Strom gelassen. Das rote Kreuz lies man auch nicht in die Stadt, obwohl man wußte, dass es viele Verwundete in der Zivilbevölkerung gab.

ralfkannenberg hat geschrieben:
Uli hat geschrieben:(d) den Rest gab mir dann freilich der Mord des NTC-Lnych-Mobs an Gaddafi. Egal wieviel an den Vorwürfen gegen ihn dran sein sollte, einfach widerlich, was die mit einem 70-jährigen hilflosen alten Mann gemacht haben bevor sie ihn abgemurkst haben. Schau mal genauer drauf:
http://www.globalpost.com/dispatch/news ... afi-sodomy

Hilflos ??? Bitte, das glaubst Du doch selber nicht. Oder anders gefragt: Was muss denn noch geschehen, bis Du so einem Herscher etwas kritischer gegenüberstehst ?

Nun, hilflos war er nicht, er hat ja an vorderster Front gekämpft und sich nicht verkrochen, wie es die Medien gerne darstellen. Hilflos nur in dem Moment, wo er sein Autokonvoi von der NATO aus der Luft angegriffen wurde und die Rebellen ihn dann in Überzahl nur noch abholen brauchten. Was dann geschah, war widerlich und menschenunwürdig.

ralfkannenberg hat geschrieben:Zumindest zeigt die Ermordung - von seinem Sohn, der gleich mitermordet wurde, redet übrigens niemand - dass es mit der Beliebtheit Ghadhafis doch nicht so weit her war, gleiches gilt auch für die spontanen Freude-Kundgebungen in ganz Libyen, als die Nachricht seines Todes bekannt wurde.

Du kannst die Beliebtheit Gaddafis nicht an den Bildern festmachen, die zeigen wie er in der Hand seiner Gegner war. Das da auf den Bildern nur seine Feinde zu sehen sind, sollte dir klar sein.

Sein Sohn wurde lebend gefangen. Bilder zeigen ihn in der Gefangenschaft der Rebellen, wie er eine Zigarette raucht. Er starb durch einen Genickschuß.

Die Jubelbilder zeigen auch nur die Menschen, die an diesen Freude-Kundgebungen teilgenommen haben. Diejenigen, die zuhause blieben zeigen sie nicht.

ralfkannenberg hat geschrieben:Gewiss, er hatte kein ordentliches Gerichtsverfahren, sondern wurde einfach umgebracht, aber den Hass dazu, dass sowas passiert ist und dass da nun nichts nachkommen wird, den hat er gesäht.

Es gehört sich gerade für Muslime nicht, einen Leichnam nicht innerhalb von 24 Stunden zu beerdigen. Es gehört sich auch nicht, ihn auf dem Boden liegend in einer Fleischkühlkammer auszustellen. Es gehört sich auch nicht, ihn einfach anonym in der Wüste zu verscharren. Selbst Saddams Leichnam wurde seiner Familie übergeben.

Die Begründung für das anonyme Verscharren war, sie wollten nicht, dass sein Grab zur Pilgerstädte wird. Wenn er aber so ein Monster war und von Allen gehasst wurde, wieso haben sie dann Angst, dass sein Grab zur Pilgerstädte wird?

ralfkannenberg hat geschrieben:Man wird auch sehen müssen, wieviel Angst die Libyer hatten, dass Ghadhafi wieder zurückkehrt, und die dann nachfolgende Schreckensherrschaft brauche ich wohl nicht näher auszumalen.

Wieso eigentlich Schreckensherrschaft?

Der Human Development Index von Libyen war der höchste von ganz Afrika. Unter einer Schreckensherrschaft wären da nicht die Menschen bettelarm, würden früh sterben und hätten eine hohe Kindersterblichkeit?

Gaddafi hat für kostenlose Bildung gesorgt. Wer studieren wollte, bekam das sogar auf Staatskosten im Ausland finanziert, ohne dafür verschuldet zu sein. Der libysche Staat übernahm alle Kosten. Ein dummes Volk sind die Libyer also auch nicht, dank Gaddafi. Ein Volk mit einer hohen Bildung würde sich eine "Schreckensherrschaft" nicht lange gefallen lassen.

ralfkannenberg hat geschrieben:Einmal mehr: Das darf und kann keine Ermordung rechtfertigen, doch wirklich verwundern sollte es auch nicht und wären Ghadhafi und sein Sohn wirklich diese wohltätigen Engelchen gewesen, als die sie manchmal dargestellt werden, dann wäre die Ermordung der beiden vermutlich so nicht passiert.

Die Ermordung wäre nicht passiert, wenn die NATO sich nicht eingemischt hätte. Die Rebellen haben keinen Rückhalt in der libyschen Bevölkerung. Noch nichtmal ihre eigenen Stämme stehen zu 100% hinter ihnen. Die Ermordung Gaddafis war nur durch die NATO möglich.

Wenn die NATO sich nach der Errichtung der Flugverbotszone zurückgezogen hätte, ja selbst wenn sie alle Panzer und Militärfahrzeuge und sämtliche Militärischen Einrichtungen zerstört hätte, hätten die Rebellen nicht gewinnen können. Sie konnten nur gewinnen, weil die NATO jeden Widerstand der Zivilbevölkerung gegen die Rebellen aus der Luft zerbombt hat. 7 Monate Dauerbombardement zeigen das recht deutlich.

ralfkannenberg hat geschrieben:Auch hier gilt: Die Quellenlage ist hier in Mitteleuropa ungenügend, diese Fragestellung abschliessend beurteilen zu können; alles was wir wissen, ist, dass es offenbar sehr viel Hass gab, dass aufgrund dessen zwei Menschen ermordert wurden und das ganze nun nicht weiter untersucht wird, weil niemand der Betroffenen wirklich daran Interesse hat.

Wer hat hier wen gehasst? Das der Stamm der Rebellen Gaddafi gehasst hat, ist klar. Aber woran willst du festmachen, dass ganz Libyen Gaddafi gehasst hat?

ralfkannenberg hat geschrieben:Dass dabei vermutlich pikante Details - was übrigens wundert, da diese ja bestens in Fernsehaufnahmen dokumentiert sind - nicht mehr ans Licht kommen, an denen zahlreiche Regierungschefs nicht interessiert sind, ist nur ein "angenehmer" Nebeneffekt, welcher die Rufe nach einer lückenlosen Aufklärung nicht allzu laut werden lassen düfte.

Ja, da hast du Recht. Keiner ist an den tatsächlichen Umständen interessiert - ausser dem libyschen Volk natürlich.

ralfkannenberg hat geschrieben:
Uli hat geschrieben:Man kann wie viele nun sagen "halb so schlimm, Hauptsache er ist weg". Hat das noch was mit Menschenrechten zu tun? Sind Vorwürfe gegen einen Verdächtigen nicht noch vor seiner Hinrichtung zu erbringen? Wohl nicht bei allen Menschen, manche sind eben ganz offensichtlich böse.

Das ist schon richtig, wir müssen uns aber auch dessen bewusst sein, dass Libyen eben kein Rechtsstaat war. Und auch noch keiner ist: Das ist dort noch ein langer und steiniger Weg, und wenn es wirklich schlecht läuft, dann kommt es zu ienem Machtkampf unter den Stämmen, in den auch das benachbarte Ausland hineingezogen wird.

Unter der Rebellenführung wird Libyen auch kein Rechtsstaat werden.

So bereiten sich die Rebellen schonmal auf die ersten demokratischen Wahlen vor, indem sie mögliche Kandidaten versuchen zu ermorden. Dr. Abuzaid Dorda wäre so ein Kandidat. Im libyschen Volk sehr beliebt. Vor ein paar Tagen warf man ihn aus dem Fenster, nachdem man ihn verprügelt hatte. Es soll Abdelhakim Belhaj’s Tripoli Brigade gewesen sein, die ihm das antat. Man verweigert ihm medizinische Hilfe. Seine Familie läßt man auch nicht zu ihm.

Übrigens war er mal libyscher Premierminister - ja, sowas hatten die Libyer auch unter Gaddafi.

http://de.wikipedia.org/wiki/Abu_Zaid_Umar_Durda
Abu Zaid Umar Durda (arabisch ‏أبو زيد عمر دوردة‎, DMG Abū Zaid ʿUmar Dūrda; * 4. April 1944 in Rhebat, Libyen) war vom 7. Oktober 1990 bis zum 29. Januar 1994 Generalsekretär des Allgemeinen Volkskomitees in Libyen und somit Libyens Premierminister. Durda war Vorsitzender des General People's Committee.


Er befindet sich seit September in Haft.

Und hast du gewußt, dass Nelson Mandela und Gaddafi Freunde waren? Mandela hat sogar einen Enkelsohn nach Gaddafi benannt (wenn dieser Enkel auch etwas missraten ist, aber das konnte er ja bei der Taufe noch nicht wissen). Er heißt Zondwa Gaddafi Mandela.

Ja, der Gaddafi muß ein ganz böser Mensch gewesen sein und unsere Medien sagen immer die Wahrheit. ;)



ralfkannenberg hat geschrieben:
So gesehen wäre eine Fortführung des Regimes Ghadhafis stabiler gewesen, und was die Selbstbestimmung des libyschen Volkes anbelangt, so ist dies ja sowieso nicht unser Bier hier in Deutschland oder in der Schweiz. Und ja - das ist es tatsächlich nicht.

Stabiler für Libyen ja, aber gefährlich für die Finanzwelt des Westens.

Das libysche Volk hatte wahrscheinlich eine viel direktere Demokratie, wie die Schweizer. Die Libyer durften jedes Jahr neu wählen und mußten darauf nicht 4 oder 5 Jahre warten, so wie wir. Es wäre dem libyschen Volk jederzeit möglich gewesen, Gaddafi abzuwählen.

Gaddafis Vorbild war übrigens der hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Gamal_Abdel_Nasser

Auch jemand, der viel Zustimmung in seinem Volk hatte, aber dem Westen ein Dorn im Auge. Was für Nasser Panarabismus war für Gaddafi Panafrikanismus.


ralfkannenberg hat geschrieben:
Uli hat geschrieben:Die NTC-Offiziellen meinten dazu, sie hätten ihn lieber lebend gehabt, aber die Jugend war halt etwas enthusiastisch. Zum Teufel mit ihnen: es gibt immer nur Ausreden, keine Selbstkritik oder ernstgemeinte Versuche irgendetwas aufzuklären.

Ja natürlich; Gründe dazu siehe oben. Oder anders gesagt: Wer Hass säht, der wird vermutlich keine Liebe ernten.

Was bedeutet es, wenn auf großen Demonstrationen - Massendemonstrationen - die Menschen das Bild eines Mannes hochhalten und küssen? Für mich sehen Pro-Gaddafi Demonstrationen nicht nach Hass aus, oder gar danach, dass man diese Leute dazu gezwungen hätte, sein Bild hochzuhalten. Westlichen Politikern kann das nicht passieren.

ralfkannenberg hat geschrieben:
Uli hat geschrieben:Ja, ich rege mich schon darüber auf, dass "wir" als Nato-Mitglieder diesem Abschaum an die Macht verholfen haben.

Hier kenne ich die Details viel zuwenig.

Schon gleich zu Anfang des Libyenkrieges fand sich eine West Point Studie (ist hier im Thread verlinkt) die sich mit Al Qaida-Terroristen befasste. Sie beruht auf Dokumenten, die die US-Army erbeutet hat und enthält die Namen vieler AlQaida Mitglieder aus Libyen. Ein paar saßen sogar in Guantanamo und wurden von der CIA gefoltert, wie z.B. Abdelhakim Belhaj, der jetzt Militärchef in Libyen ist. In dieser Studie findest du fast die komplette Führungsriege des TNC, die schon bald als "Übergangsregierung" anerkannt wurde.

Haben diese Leute noch bis vor kurzem in Afghanistan und Irak gegen die NATO gekämpft, wurden sie jetzt von der NATO zur libyschen Regierung gekrönt.

ralfkannenberg hat geschrieben:
Uli hat geschrieben:Aber es ist zu befürchten, dass das Elend noch lange nicht vorbei ist; die massiven Verbrechen der NTC-Rebellen an Gaddafi-Anhängern werden zu Vergeltungsaktionen führen.

Das hat man damals bei der Hinrichtung Sadam Husseins (war ja wirklich nur ein besserer Schauprozess, der bei "lebenslänglich" wohl die bessere Akzeptanz erhalten hätte) auch vermutet, aber es kam nichts nach. Vermutlich kommt hier auch nichts nach. Auch ein Indiz übrigens, wie es um die Beliebtheit Ghadhafis aussah.

Die Libyer sind keine Iraker.

Und ich zweifele die Beliebtheit Gaddafis nicht an.


ralfkannenberg hat geschrieben:
Uli hat geschrieben:Weiter regt mich auf, dass man neuerdings keinen Moment mehr innehalten darf, wenn es darum geht, einer Militäraktion zuzustimmen. Widerlich, wie alle Seiten über Westerwelle wegen der deutschen Enthaltung zum UNO-Persilschein für die NATO hergezogen sind.

Schwer zu sagen; wegschauen und Demonstranten abschiessen lassen, die sowieso keine Deutschen sind, ist halt einfach. Hätten alle so gedacht, wäre Ghadhafi vermutlich noch am Leben. Ich will aber nicht wissen, wie es dann jetzt in Libyen aussehen würde.

Die Zahl der Rebellen wurde von Anfang an auf 4.000 - 8.000 Mann geschätzt. Inzwischen spricht man von 50.000 toten Zivilisten. Der Leichenberg der NATO ist also um ein vielfaches größer.

Gaddafi hätte auch nicht auf Zivilisten geschossen, sondern auf bewaffnete Aufständische, die schon lange zuvor von ausländischen Geheimdiensten mit Waffen ausgerüstet worden waren und die niemals friedlich demonstriet haben, sondern gleich zu den Waffen griffen.

Jede Regierung der Welt hat das Recht und die Pflicht, einen bewaffneten Aufstand einer Minderheit, der das Leben von Zivilisten gefährdet, niederzuschlagen. Das war in Libyen der Fall und ist es auch in Syrien.

ralfkannenberg hat geschrieben:Zum Glück ist es dort eher trocken, so dass die Leichenberge nicht bis nach Deutschland riechen würden. Aber wer weiss - vielleicht hätte Ghadhafi statt dessen ja Reformpläne in die Wege geleitet und das Land demokratisiert und sich dann in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet.

Und ja wirklich: Das wäre wirklich schön gewesen !

Gaddafi war dabei, Reformpläne umzusetzen. Der letzte UNHCR-Bericht über Libyen ist voller Lobes aller Länder über die jüngsten Errungenschaften. Den Bericht findest du hier im Thread auch verlinkt.

Nachdem die Sanktionen gegen Libyen abgeschafft waren, hat Gaddafi an der Entwicklung Libyens in einem Supertempo gearbeitet.

Sein Traum war ein vom Westen unabhängiges Afrika.
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Re: Libyen-Krise

Beitragvon Britta » Samstag 29. Oktober 2011, 18:11

Der_Dscho hat geschrieben:Hi,

Uli hat geschrieben:Für mich steht fest, dass Gaddafi einer differenzierten Analyse bedarf; viele Annehmlichkeiten, die er dem libsychen Volk gebracht hat, stehen außer Zweifel (soziale Sicherheit, Wohlstand, Gleichberechtigung der Frauen etc.).


Sind das denn auch Annehmlichkeiten im Sinne des Libyschen Volkes? Oder greift da vielleicht unser "militantes Wunschdenken"?

Dscho


Es genügt, sich die Bilder in den "seriösen" Medien anzusehen. Modern eingerichtete Krankenhäuser, auf den Straßen nagelneue Autos, wenn auch nun oft zerbomt (der libysche Staat subentionierte den Kauf eines Neuwagens mit 50% des Kaufpreises), die modern eingerichteten Häuser und Wohnungen, das Kinderspielzeug und die Bücher, die man in den Trümmern erkennen kann, jedes Jahr Bonuszahlungen aus den Öleinnahmen. Auch die Bilder der Städte vor der Zerstörung. Alles sauber und hübsch angelegt.

Vor Gaddafi gab es in Libyen keine Wasserversorgung. Gaddafi hat mit dem Great Manmade River Projekt ganz Libyen mit sauberem Trinkwasser versorgt.

Ausländische Ölgesellschaften mußten sich dazu verpflichten, Libyer als Arbeitskräfte auszubilden und einzustellen.

und das ist noch lange nicht Alles.

In wessen Sinne wären das keine Annehmlichkeiten?
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Re: Libyen-Krise

Beitragvon Britta » Samstag 29. Oktober 2011, 19:03

In Libyen arbeiteten 3 Millionen Gastarbeiter aus allen Teilen Afrikas. Viele sind vor den Kämpfen geflüchtet.

Hier mal der Erlebnisbericht nigerianischer Flüchtlinge: http://eccleza.net/2011/10/29/nigerian- ... an-rebels/

After fleeing the ongoing Western war in Libya and travelling through the desert for thirty days, 450 Nigerians arrived in Maiduguri, Borno State, Nigeria on October 27; reporting of rape, torture and loss of their personal effects to the NATO-led rebels who have been trying to overthrow the Libyan Jamahiriya government.

Over 300 others were said to be still languishing in Ndjamena, the capital of neighbouring Chad Republic.

The Nigerians, who looked dirty and unkept, arrived Gamboru, a border town between Nigeria and Chad, early Thursday morning...


She said before leaving the camp at Sabha, they faced various hazardous situations including sleeping in the open air and getting hit by bullets from the fighters.

The journey back home wasn’t fare better. She said: “We were robbed and raped by the rebels. I was robbed of my $1000 and some of those in my company were robbed of their valuables including laptops and handsets.

Another returnee, Obire Matthew Tony, said they were packed in a truck like sardines and sent on the long and tortuous journey through the desert to Nigeria.

He further disclosed that the returnees were the first batch and others were still being expected to come through the Gamboru border into the country.

Freunde von mir waren vor einigen Monaten in Tunesien. Sie berichteten, dass an ihrem Abreisetag viele LKW's mit wie Sardinen zusammengepferchten Flüchtlingen aus Libyen sahen, die zum Flughafen transportiert wurden.

Dann hab ich noch das hier gefunden: http://libyasos.blogspot.com/2011/10/al ... libya.html
Danach soll in Benghazi jetzt neben der Rebellenflagge die Flagge der AlQaida auf dem Gerichtsgebäude wehen.

Aus Algerien kommt die Meldung, dass Moussa Ibrahim und Saif al Islam am Leben sind und sich an einem sicheren Ort befinden: http://www.twitlonger.com/show/dsvt52

Die Pro-Gaddafi Presse berichtet weiter über Kämpfe in Libyen. In Tripoli gibt es danach Heckenschützen, die auf die Rebellen schiessen. Auch versuchen sie, die Menschen zu entwaffnen und durchsuchen deswegen die Häuser. Dabei wehren sich die Bewohner und schiessen auf die Eindringlinge.
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Re: Libyen-Krise

Beitragvon Britta » Sonntag 30. Oktober 2011, 14:56

Thierry Meyssan von Voltaire Network hat in seinem Nachruf auf Gaddafi Lockerbie und LaBell auch noch mal zum Thema gemacht.

A case in point is the La Belle discotheque bombing in Berlin (5 April 1986, three killed), which was used as a pretext by the Reagan administration to bomb Gaddafi’s palace and kill his daughter (April 14, 1986, at least 50 dead). At the time, German prosecutor Detlev Mehlis (the same one who two decades later would rig the investigation into the assassination of Rafik al-Hariri) relied on the testimony of Eter Mushad to indict a Libyan diplomat and his accomplice Mohammed Amair. However, German television channel ZDF subsequently discovered that Mushad Eter was not only a false witness but also a real CIA agent, while bomb planter Mahammed Aamir was a Mossad agent

Falsche Zeugen im Fall LaBelle, Quelle Frontal, ZDF vom 28 August 1998.

Another example is the Lockerbie bombing (21 December 1988, 270 killed): the investigators identified the owner of the suitcase containing the bomb and the timer thanks to the testimony of a Maltese shopkeeper who had sold the pair of trousers also located in the booby-trapped suitcase. At that point, the Scottish justice system brought charges against two Libyan agents, Abdel Basset Ali Mohmed Al Megrahi and Al Amin Khalifa Fhimah, while the Security Council took sanctions against Libya. In the end, to get the sanctions lifted, Gaddafi agreed to extradite the two agents (the first was sentenced to life imprisonment and the second was acquitted) and pay $ 2.7 billion in compensation, while continuing to proclaim his complete innocence. Subsequently, in August 2005, the chief Scottish investigator declared that the main piece of evidence, the bomb timer, had been planted at the crime scene by a CIA agent. Then, the expert who had analyzed the timer for the court admitted he had manufactured it himself before the CIA "dropped it off." Finally, the Maltese shopkeeper admitted having received $ 2 million for bearing false witness. The Scottish authorities decided to review the case, but the health of Abdel Basset Ali Mohmed Al Megrahi did not allow it

Und Lockerbie - Täter die CIA und wieder Falschaussagen von Zeugen.

http://www.voltairenet.org/a171731

Thierry war ja bis Ende August direkt vor Ort, um als freier Journalist direkt aus Libyen zu berichten. Ich wußte nicht, dass der französische Geheimdienst im Juli Gaddafi seine Akte gegeben und um seine Verhaftung gebeten hatte.
But I must also attest that, despite my strong reservations about his international policy, and the complete file about me in this regard that was given to him in July by the French DCRI in an attempt to have me arrested, Muammar al-Gaddafi gave me his trust and asked me to help his country assert its rights at the United Nations, - a behavior which one would hardly expect from a tyrant.
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Re: Libyen-Krise

Beitragvon Der_Dscho » Sonntag 30. Oktober 2011, 16:21

Hi,

Britta hat geschrieben:Vor Gaddafi gab es in Libyen keine Wasserversorgung. Gaddafi hat mit dem Great Manmade River Projekt ganz Libyen mit sauberem Trinkwasser versorgt.


Aus http://de.wikipedia.org/wiki/Great-Man- ... er-Projekt

Die angezapften Reservoire haben heute keine Zuflüsse mehr, es handelt sich bei diesem Wasser also nicht um eine erneuerbare Ressource. Wie lange die Wasserreserven ausreichen werden, ist strittig.



und auch: http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelsp ... 27505.html

Die fossilen Wasservorkommen, die in die nördlichen Küstenregionen geleitet werden, waren bereits Anfang der sechziger Jahre bei Ölbohrungen im Südosten Libyens entdeckt worden. Schon damals - lange vor Gaddafis Machtergreifung 1969 - soll es Pläne gegeben haben, diese wasserführenden Schichten (Aquifer) mit einem geschätzten Volumen von insgesamt 150000 Kubikkilometern (das entspricht einer 420 Meter hohen Wassersäule über der gesamten Fläche Deutschlands) für Trinkwasser- und Bewässerungsprojekte zu nutzen. Die Erschließung von Ölquellen und Libyens Aufstieg in die Opec-Liga ermöglichte schließlich die Finanzierung.


Hättest du gerne in Libyen gelebt?

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Re: Libyen-Krise

Beitragvon Britta » Sonntag 30. Oktober 2011, 16:28

Der_Dscho hat geschrieben:
Hättest du gerne in Libyen gelebt?

Dscho


Ehrlich gesagt, nach Allem was ich jetzt darüber gelesen habe: Ja, zumindest eine Zeitlang, um die Menschen kennenzulernen.
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Re: Libyen-Krise

Beitragvon Der_Dscho » Sonntag 30. Oktober 2011, 16:53

Hi,

Britta hat geschrieben:
Der_Dscho hat geschrieben:
Hättest du gerne in Libyen gelebt?

Dscho


Ehrlich gesagt, nach Allem was ich jetzt darüber gelesen habe: Ja, zumindest eine Zeitlang, um die Menschen kennenzulernen.


Danke. Das ist immerhin eine ehrliche Antwort. Ich gebe zu, dass ich zu wenig über die Verhältnisse kenne. Ich bin nur immer sehr vorsichtig, wenn solche Diktatoren glorifiziert werden und einen Heiligenschein erhalten oder aber auch, wenn man sie in Grund und Boden verdammt. So einfach ist die Welt nun mal nicht.
Wir Europäer (und auch Amerikaner) neigen doch IMHO dazu, unsere Sichtweisen der Welt einfach anderen Völker über zu stülpen. Das halte ich für gefährlich. Was aber auch bedeutet, wir haben nicht immer alle Informationen, um solche Verhältnisse kompetent zu beurteilen. Das gilt allerdings auch für mich. Wir müßten sozusagen als Libyer denken und urteilen. Aber könnten wir das wirklich?

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Re: Libyen-Krise

Beitragvon Britta » Sonntag 30. Oktober 2011, 20:10

Der_Dscho hat geschrieben:
Danke. Das ist immerhin eine ehrliche Antwort. Ich gebe zu, dass ich zu wenig über die Verhältnisse kenne. Ich bin nur immer sehr vorsichtig, wenn solche Diktatoren glorifiziert werden und einen Heiligenschein erhalten oder aber auch, wenn man sie in Grund und Boden verdammt. So einfach ist die Welt nun mal nicht.

Ja, da hast du Recht. Ich weiß auch, dass Gaddafi Dinge getan hat, die nicht richtig waren. Allerdings vermeide ich es, diese zu nennen weil die Gegenseite damit zu sehr übertreibt.

Wenn man ihm z.B. LaBelle anhängen will, so muß man die damaligen Vorkommnisse sehen. Nicht das ich jetzt sagen will, er sei daran schuld, denn das ist er nicht, aber damals gab es richtig Stress zwischen den USA und Gaddafi und das hat weltweit Hass geschürt, sodass sich die Täter dadurch veranlasst sahen, diesen Anschlag zu verüben. Es gab noch mehr Anschläge auf US-Truppen weltweit zu dieser Zeit und man versuchte, diese alle Gaddafi anzulasten. Seine Schuld liegt aber allerhöchstens darin, dass er laut gegen die Amis zeterte und damit den Nerv bei vielen traf, die gegen die ungerechte Politik der Amis waren.

Ich habe mir auch die Wikileaks-cables aus 1986 durchgelesen.

http://www.wikileaks.org/cable/1986/03/ ... 2896.html#
IN RECENT DAYS, FLIERS HAVE BEEN DISTRIBUTED BY
THE LIBYAN EMBASSY AROUND THE CITY OF MOGADISHU WHICH
SEEK RECRUITS FOR AN "ALL-ARAB ARMY". THE "ARMY" IS
AIMED AT FIGHTING "IMPERIALISM AND ZIONISM" AND ON
FREEING ARAB LANDS FROM THE ATLANTIC TO THE ARABIAN
GULF FROM FOREIGN DOMINATION.


Es hatte einen Vorfall im Golf von Sidra gegeben. So nennt man die Bucht von Sirte. Gaddafi, ziemlich aufgebracht deswegen, versuchte damals, die arabische Bevölkerung zum Aufstand gegen den Einfluss der Amerikaner zu bewegen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fe_Syrte
Die im Mittelmeer stationierte 6. US-Flotte führte dort wiederholt Manöver (freedom of navigation exercises) durch, die Libyen in die Schranken weisen sollten. 1981 und 1989 wurden jeweils zwei libysche Kampfjets von im Mittelmeer stationierten Streitkräften der USA abgeschossen. 1986 wurden während der Operation Attain Document III / Prairie Fire in der Großen Syrte zwei libysche Kriegsschiffe durch U.S.-Streitkräfte versenkt.


Auch im Libanon gab es damals viel Aufruhr und US/Israel Hass.

All das spricht dagegen, dass Gaddafi oder die Libysche Regierung für LaBelle verantwortlich ist.

Der_Dscho hat geschrieben:Wir Europäer (und auch Amerikaner) neigen doch IMHO dazu, unsere Sichtweisen der Welt einfach anderen Völker über zu stülpen. Das halte ich für gefährlich.

Selbst wir normalen Bürger in Europa bekommen wessen Sichtweisen übergestülpt?

Wer sagt uns denn, was richtig und was falsch ist? Bestimmt das unsere Gesellschaft oder die Medien?

Wobei ich wieder bei dem Spruch der Freeway-Blogger bin: "I'm sick to hear what rich people think".

Der_Dscho hat geschrieben:Was aber auch bedeutet, wir haben nicht immer alle Informationen, um solche Verhältnisse kompetent zu beurteilen. Das gilt allerdings auch für mich. Wir müßten sozusagen als Libyer denken und urteilen. Aber könnten wir das wirklich?


Ja, das können wir, denn Libyer sind Menschen wie wir. Früher haben unsere Vorfahren auch in Stammesverbänden gelebt. So unvorstellbar ist es also gar nicht.
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Re: Libyen-Krise

Beitragvon ralfkannenberg » Montag 31. Oktober 2011, 10:32

Hallo Britta, hallo Uli,

danke für Eure ausführlichen Antworten. Ich benötige etwas Zeit, darauf zu antworten, mehr Zeit, als mir in der Kaffeepause zur Verfügung steht.


Freundliche Grüsse, Ralf
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Re: Libyen-Krise

Beitragvon ralfkannenberg » Montag 31. Oktober 2011, 11:06

Hallo zusammen,

gerade gesehen: Libyen bestätigt Existenz von Chemiewaffen

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Freundliche Grüsse, Ralf
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