Libyen-Krise

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Re: Libyen-Krise

Beitragvon Der Neandertaler » Samstag 25. Mai 2013, 17:19

Hallo Britta.
Der Kritiker hat es leicht!
Jemand der polemisiert, der letztendlich polarisiert, hat es leichter, als derjenige, der etwas ausgewogener ... etwas sozialer an die Sache herangeht. Leichter aber auch, weil er sich um die Gewichtung ... um die Ausgewogenheit und Ausgestaltung seiner Worte wenig Gedanken machen muß. Der Dringlichkeit seiner Worte gibt ja die Situation Inhalt. Die Geschehnisse, die zum 'Erfolg' beigetragen haben, erfordern quasi solch scharfe Worte. Da geht schonmal die ein oder andere Bemerkung ... Behauptung unter. Trotzdem ist es machmal angebracht ... und gut - im Sinne der Waffengleichheit, die ein oder andere marginale Bemerkung ... Behauptung etwas genauer zu untersuchen - besonders, wenn diese des Öfteren benutzt wird. Wenn jemand mir gegenüber eine Behauptung ... eine These aufstellt, diese mir aber seltsam bis unmöglich erscheint, ich diese aber ad hoc nicht widerlegen kann, nehme ich sie erstmal zur Kenntnis - bis ich sie überprüft habe.

Mich stört an Deiner Argumentation ... Deinen Aussagen immer und immer wieder, daß etwas angeführt wird, ohne daß dies untermauert wird.
von mir aber verlangst Du 'Links' zu meinen Beiträgen ... wahrscheinlich um diese Aussagen zu überprüfen?

Konkret geht es mir um Deine Aussage zur 'Charta der Vereinten Nationen'.
Wir haben zu jedem Gesetz ... zu jedem einzelnen Paragraphen bzw. Artikel eines oder mehrerer Gesetze unendlich viele Gesetzeskommentare - Aussagen von Wissenschaftlern: Professoren und teils von Praktikern: Richtern, Notaren oder Rechtsanwälten, die erläutern, wie etwas gehandhabt werden soll ... muß und was damit gemeint ist. Alleine zum Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und einigen Nebengesetzen, erscheint seit 1949 jährlich ein nach Otto Palandt benannter, in derzeit 72. Auflage erschienener 'Kurzkommentar':
"Der Palandt"
Daran, daß diese Auflage 3113 Seiten hat - und sowas nennt sich nun Kurzkommentar, daran kannst Du erkennen, daß alle diese Gesetze recht umfangreich sind und der ausgiebigen Erläuterungen bedürfen.
Auch wenn Du Dir das BGB anschaust ... das Buch, steht als Erstes, daß der Sinn des Gesetzes zu beachten ist, weniger der wörtliche Inhalt.
    den Jüngeren unter uns ... der Generation Facebook:
      ein Buch ist ein meist mit weißen Blättern durchzogenes Etwas. Etwas dicker als ein Tablet-PC - zum Teil hat man mehrere von diesem Etwas zur Hand ... kann aber immer mal wieder nachblättern ... das ist der Vorteil.
      'tschuldigung, dies mußte nun rauß ... quasi als Vorgriff zu Weiterem.
      klingt aber trotzdem etwas arrogant, ich weiß!
Wenn Du Dir diese 'UN-Charta' mal anschaust, wirst Du als erstes feststellen ... oder Du solltest es zumindest, daß darin immer wieder der Begriff ... die Aussage in's Auge fällt, die Rede von Situationen, die "die Wahrung des Weltfriedens" gefährden können und die konträr zur "internationalen Sicherheit" sind.
Ob in Art. 33 von "einer Streitigkeit" die Rede ist, "deren Fortdauer geeignet ist, die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit zu gefährden", oder etwa in Art. 14, wo von "Maßnahmen zur friedlichen Bereinigung jeder Situation" geredet, respektive geschrieben wird, die "die Generalversammlung" empfehlen kann - "gleichviel wie sie entstanden ist, wenn diese Situation nach ihrer Auffassung geeignet ist, das allgemeine Wohl oder die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Nationen zu beeinträchtigen". Bishin zur "Anwendung von Zwangsmaßnahmen" kann "der Sicherheitsrat .... zur Wahrung oder Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit ... erforderlichen Maßnahmen durchführen". Dies können auch "Demonstrationen, Blockaden und sonstige Einsätze der Luft-, See- oder Landstreitkräfte von Mitgliedern der Vereinten Nationen einschließen"
- Art. 42 -

In Art. 7 ist zwar die Rede von "Angelegenheiten, die ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören" und daß "aus dieser Charta ... eine Befugnis der Vereinten Nationen zum Eingreifen ... nicht abgeleitet werden" kann, allerdings ist im gleichen Absatz die Rede von einer "Anwendung von Zwangsmaßnahmen", die "durch diesen Grundsatz nicht berührt" ist.

Wie sich auch durch die gesammte Charta eine Beurteilung durch den Sicherheitsrat quasi wie ein roter Faden zieht. Etwa ist in Art. 34 davon die Rede, daß "der Sicherheitsrat ... jede Streitigkeit sowie jede Situation ... untersuchen" kann, "um festzustellen, ..."
Oder Art. 39:
"Der Sicherheitsrat stellt fest, ob eine Bedrohung oder ... vorliegt"

Art. 37 Abs. 1+2 ermächtigt den Sicherheitsrat ausdrücklich, zu beschließen, "ob er nach Art. 36 tätig werden oder die ihm angemessen erscheinenden Empfehlungen für eine Beilegung abgeben will.".
Art. 40 spricht sogar von "gebührender Rechnung" die ergriffen werden kann, wenn "den vorläufigen Maßnahmen nicht Folge geleistet" wird.
Zuletzt redet Art. 46 davon, daß "die Anwendung von Waffengewalt ... vom Sicherheitsrat mit Unterstützung des Generalstabsausschusses aufgestellt" wird.

Fazit:
    Bis hierhin kannst Du sehen, daß die getroffenen Maßnahmen keine Willkür einzelner Staaten - namentlich der so oft gescholtenen USA - sind, sondern von dieser UN-Charta gedeckt sind ... soweit diese in diesem Gremium beschloßen und vereinbart sind.
    Ich muß zu meiner Schande gestehen, daß ich den deutschen Text verarbeitet habe - da ich, wie gesagt, dem Englischen nicht ausgesprochen mächtig bin, bin ich naiver Weise davon ausgegangen, daß diese dem Original recht ähnlich ist.
    Wer möchte kann hier die englische Fassung nachlesen.

    Abgesehen davon, daß der Sicherheitsrat ... die internationale Gemeinschaft in der Vergangenheit "Angelegenheiten, die ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören" und die auch auf dessen Staatsgebiet begrenzt waren, mehrheitlich als "innere Angelegenheiten" betrachtet und beurteilt hat, werden nach verschiedenen Verbrechen - Völkermord in Ruanda, ethnische Säuberungen in ex-Jugoslawien, und, und, und - diese "innere Angelegenheiten" nun aber nicht mehr als "ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates" gehörend beurteilt, sondern es wird verstärkt auf "die allgemeine Achtung und Verwirklichung der Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der Religion" - Art. 55 - gedrungen und entsprechende Maßnahmen ergriffen.
Es wird sich mit Sicherheit irgendwo eine passendere, inhaltlich genauere und juristisch haltbarere ... belastbarere Erläuterung finden, aber abgesehen davon hoffe ich auch, daß ich Dir den Zahn gezogen habe, daß in dieser UN-Charta irgendetwas "klar geregelt" ist, wie Du behauptest.
Die "inneren Angelegenheiten" sind es jedenfalls nicht.
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.

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Re: Libyen-Krise

Beitragvon Uli » Donnerstag 10. Oktober 2013, 09:23

Nun ja, die NATO hat kräftigst den sog. Rebellen geholfen. Was wurde erreicht?

Tripolis: Bewaffnete entführen Libyens Regierungschef Ali Seidan
In der libyschen Hauptstadt Tripolis haben bewaffnete Männer den Premierminister des Landes, Ali Seidan, aus einem Hotel entführt. Die Regierung schrieb in einer kurzen Mitteilung auf ihrer Internetseite, Seidan sei an einen unbekannten Ort gebracht worden. Bei den Entführern handelt es sich offenbar um frühere Rebellen, die vor zwei Jahren am Aufstand gegen Diktator Muammar al-Gaddafi beteiligt waren.
...
Nach dem Tod des Despoten zerbrach die Allianz jedoch schnell. Dutzende bewaffnete Gruppen streiten in Libyen seither um Macht und Geld. Manche von ihnen kämpfen für einen islamistischen Staat, anderen verfolgen keine politischen Ziele.
...
Auf ihrer Facebook-Seite bekannte sich der "Kommandoraum der Revolutionäre Libyens" am Donnerstagmorgen zu der Tat. Die Gruppe teilte mit, sie habe Seidan festgenommen, weil dieser gegen Bestimmungen des Strafgesetzbuches verstoßen habe.
...
Angriffe auf die Regierung häufen sich

Der "Kommandoraum" hatte sich auch am Montag zu Wort gemeldet. In einer Mitteilung kündigte die Gruppe an, sämtliche Ausländer aus Libyen "auf nicht offizielle Weise" aus dem Land vertreiben zu wollen - als Reaktion auf die Verschleppung von Libi.

Seidan steht seit Ende 2012 an der Spitze der libyschen Regierung. Zwei Jahre nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Gaddafi ist das Land noch immer tief gespalten, die Lage in vielen Landesteilen unsicher. Die Regierung bemüht sich, den Einfluss rivalisierender Stammesmilizen und radikaler Islamisten einzudämmen.

Immer wieder gibt es Angriffe auf die Führung in Libyen. Im April hatten Dutzende Bewaffnete das Außenministerium in Tripolis umstellt und die Mitarbeiter am Zutritt gehindert. Die Aufständischen blockierten das Gebäude mit mindestens 20 Transportern, die mit Flugabwehrgeschützen beladen waren.

Zuvor hatten Bewaffnete versucht, das Innenministerium sowie die staatliche Nachrichtenagentur zu stürmen. Premierminister Seidan sagte damals: "Die Attacken werden uns nicht zermürben, wir werden nicht aufgeben."


Das könnte eine Warnung sein gegen Militäreinsätze zugunsten irgendwelcher Freiheitskämpfer.
Früher hieß es mal "Frieden schaffen ohne Waffen".
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Re: Libyen-Krise

Beitragvon ralfkannenberg » Donnerstag 10. Oktober 2013, 10:29

Uli hat geschrieben:Nun ja, die NATO hat kräftigst den sog. Rebellen geholfen. Was wurde erreicht?

Tripolis: Bewaffnete entführen Libyens Regierungschef Ali Seidan
Das könnte eine Warnung sein gegen Militäreinsätze zugunsten irgendwelcher Freiheitskämpfer.
Früher hieß es mal "Frieden schaffen ohne Waffen".

Hallo Uli,

die Alternative hierzu wäre Deiner Warnung zufolge also die, dass man sämtliche Machthaber - unabhängig ihrer politischen Legitimation oder ihrer Taten - an der Macht belässt, weil sich ja unter denen, die für Freiheit und Demokratie kämpfen, auch "Nicht-Engelchen" befinden könnten, die ihre neuen Machtmöglichkeiten für ihre eigenen Zwecke zu nutzen verstehen.


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Re: Libyen-Krise

Beitragvon Uli » Donnerstag 10. Oktober 2013, 12:09

Die Alternative wäre, nicht Terroristen an die Macht zu bomben, sondern nach diplomatischen Lösungen zu suchen.
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Re: Libyen-Krise

Beitragvon ralfkannenberg » Donnerstag 10. Oktober 2013, 12:36

Uli hat geschrieben:sondern nach diplomatischen Lösungen zu suchen.

Hallo Uli,

wieviele Jahre lang hat man das versucht (während die anderen wie immer weggeschaut haben) und wieviele Opfer gab es in dieser Zeit zu beklagen ?


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Re: Libyen-Krise

Beitragvon Uli » Donnerstag 10. Oktober 2013, 14:34

Hi Ralf,
ich denke eben, dass Gewalt auch immer die Saat für Folgegewalt ist. Zudem, so supa dupa die tollen Präzisionsbomben auch sein mögen, kollaterale Opfer wird es immer geben. In JEDEM KRIEG bleibt die Menschlichkeit sowieso auf der Strecke, auch bei denen, die meinen im Recht zu sein. Aber das meinen ja eh immer alle. Auch die vermeintlichen Guten stumpfen im Krieg schnell ab gegen Brutalitäten. Wie haben sich die Sieger im Irak aufgeführt? Geht es den Menschen im Irak nun besser, wo doch Saddam weg ist?

Wer gibt uns das Recht, zu meinen, einschreiten zu müssen, nur weil wir zu wissen meinen, wer der Gute und wer der Böse ist?
Abewr wissen wir es wirklich?

Mich erschreckt die seit Jahrzehnten sich verändernde Mentalität, die militärische Gewalt wieder viel denkbarer macht.
Ich bin halt noch ein Dinosaurier aus der Zeit der Friedensbewegungen der 60er und 70er.

Und diese Gruppierungen in Syrien zu unterstützen, die selbst zahllose Verbrechen begehen, UN-Soldaten entführen, Kirchen anzünden, ihre Gefangenen erschießen etc., da sehe ich erst recht keinen Sinn drin. Geht es den Syrern denn wirklich besser, wenn diese Gruppierungen am Drücker sind statt Assad?

Warum nicht z.B. einen Weg gehen, wie hier vorgeschlagen?

Völkerrechtsexperte: "Den Haag kann die Vorwürfe gegen Assad klären"

Kreß: Jeder Präzedenzfall zur humanitären Intervention muss mit äußerster Vorsicht auf den Extremfall beschränkt werden - nicht nur im Hinblick auf die Bedeutung des völkerrechtlichen Verbots der Gewaltanwendung gegen andere Staaten, sondern auch deshalb, weil jeder humanitär begründete Militäreinsatz seinerseits unschuldige Menschen gefährdet. Die Lage in Syrien ist von außen sehr schwer zu durchschauen. Ich maße mir hier kein abschließendes Urteil an, habe allerdings erhebliche Zweifel. Zwar hat die britische Regierung sich nach dem jüngsten Chemiewaffeneinsatz auf den Standpunkt gestellt, die Grenze zum humanitären Extremfall sei in Anbetracht von 100.000 Toten und zwei Millionen Flüchtlingen überschritten. Doch gehen diese Opfer in diesem Konflikt alle auf das Konto des Assad-Regimes? Und rechtfertigte das Ausmaß der Gewalt dieses Regimes gegen Demonstranten den bewaffneten Aufstand? Im weiteren Verlauf des Bürgerkriegs sind die Fronten noch verschlungener geworden. Zwar hat die Internationale Untersuchungskommission dem Menschenrechtsrat der Uno zuletzt erneut von Menschlichkeitsverbrechen der Regierungstruppen berichtet. Doch werden in diesem Bericht auch schwerwiegende Kriegsverbrechen von bestimmten Rebellentruppen vermerkt. Es ist daher schwer abzusehen, ob und wie in Syrien mit militärischer Gewalt Menschenleben zu retten sind.


Hervorhebung von mir (der letzte Satz des Zitates war gemeint): einfach mal bomben, nur um nicht nur zuzuschauen, kann doch nun auch nicht die Lösung sein, oder doch?
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Re: Libyen-Krise

Beitragvon ralfkannenberg » Donnerstag 10. Oktober 2013, 15:14

Uli hat geschrieben:ich denke eben, dass Gewalt auch immer die Saat für Folgegewalt ist.

Hallo Uli,

dem wird wohl auch niemand widersprechen.

Uli hat geschrieben:Zudem, so supa dupa die tollen Präzisionsbomben auch sein mögen, kollaterale Opfer wird es immer geben. In JEDEM KRIEG bleibt die Menschlichkeit sowieso auf der Strecke, auch bei denen, die meinen im Recht zu sein. Aber das meinen ja eh immer alle. Auch die vermeintlichen Guten stumpfen im Krieg schnell ab gegen Brutalitäten.

Auch hierüber dürfte Einigkeit herrschen.

Uli hat geschrieben:Wie haben sich die Sieger im Irak aufgeführt?

Schlecht. Trotzdem ist es ein Unterschied, ob jemandem ins Gesicht uriniert wird oder eine Kugel quer durch den Körper geschossen wird.

Uli hat geschrieben:Geht es den Menschen im Irak nun besser, wo doch Saddam weg ist?

Ich denke, das kann man bejahen.

Uli hat geschrieben:Wer gibt uns das Recht, zu meinen, einschreiten zu müssen, nur weil wir zu wissen meinen, wer der Gute und wer der Böse ist?
Abewr wissen wir es wirklich?

Es ist kein "Recht", aber ohne das wäre ein Nachfahre von Hitler in Deutschland immer noch an der Macht.

Uli hat geschrieben:Mich erschreckt die seit Jahrzehnten sich verändernde Mentalität, die militärische Gewalt wieder viel denkbarer macht.
Ich bin halt noch ein Dinosaurier aus der Zeit der Friedensbewegungen der 60er und 70er.

Das ist schon recht, aber man darf auch nicht übersehen, dass das die Zeit war, als es noch allgemein gewünscht war, dass Deutschland aufgrund seiner historischen Rolle keine Verantwortung in militärischen Fragestellungen übernimmt, sondern allenfalls Genscher das Portemonaie geöffnet hat.

Uli hat geschrieben:Und diese Gruppierungen in Syrien zu unterstützen, die selbst zahllose Verbrechen begehen, UN-Soldaten entführen, Kirchen anzünden, ihre Gefangenen erschießen etc., da sehe ich erst recht keinen Sinn drin. Geht es den Syrern denn wirklich besser, wenn diese Gruppierungen am Drücker sind statt Assad?

Was mich bei solchen Argumenten überrascht, ist, dass dieselbe plumpe Propaganda bis heute wunderbar funktioniert: ich knalle einen ab und behaupte dann, ein Freund von dem oder noch besser er selber wäre es gewesen, um meinem Image zu schaden.

Uli hat geschrieben:Warum nicht z.B. einen Weg gehen, wie hier vorgeschlagen?

Völkerrechtsexperte: "Den Haag kann die Vorwürfe gegen Assad klären"

Deshalb. Und wenn Dir diese 8000 nicht genügen, so kannst Du auch noch die Toten von Zepa nachzählen.


Freundliche Grüsse, Ralf
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Re: Libyen-Krise

Beitragvon Der Neandertaler » Donnerstag 10. Oktober 2013, 15:34

Hallo Uli.
Ich hoffe, ich darf mich auch dazu äußern? Ralf war angesprochen
wenn nicht, nicht beachten - überspringen
uli hat geschrieben:... ich denke eben, dass Gewalt auch immer die Saat für Folgegewalt ist.
Richtig!
uli hat geschrieben:Wer gibt uns das Recht, zu meinen, einschreiten zu müssen, nur weil wir zu wissen meinen, wer der Gute und wer der Böse ist?
Gute Frage!
Nur, verhandeln bringt wenig, ... ab einem gewißen Zeitpunkt:
garnichts mehr!
Denn:
    meist sind diese Machthaber, die dort bekämpft werden, ja Diktatoren oder andere Despoten. Leute, die zwar mit unserer Hilfe installiert werden - dieser Hinweis ist richtig!
    ... und diese Kritik muß sich ??? auch gefallen lassen
    Aber hier geht es wohl weniger um Gut und Böse - eher und Böse und noch böser. Aber es geht auch weitgehend um die Selbstbestimmung!
Wenn es uns, dem Westen - wer immer das auch ist - wenn es nur um unsere Interessen geht, um unsere wirtschaftlichen und politischen Vorteile gehen würde, dann wäre es doch viel einfacher ... sicherer, wenn alles so bliebe, wie es ist, wenn wir eventuell den bestehenden Machthabern helfen würden, den Aufstand niederzuschlagen ... Ruhe wieder herzustellen.
    ... und schon wären alle glücklich.
Das Problem bei Verhandlungen ist auch, daß unsere Regierungen uns, der hierlebenden Bevölkerung ihr Vorhaben weitgend erklären müssen.
    ... daß sie weitgehend auf Konsens mit der Bevölkerung angewiesen sind, sowie auf Stimmungen innerhalb derer Rücksicht nehmen müssen - dafür leben wir nunmal in einer Demokratie.
    jetzt kann ich mir einige Äußerungen von unsere lieben Britta schon lebhaft vorstellen
Im Gegensatz dazu:
    erstens ist dieses 'Rücksicht-nehmen-müssen' in diesen Ländern weniger gegeben. Zweitens:
      ein Menschenleben zählt dabei diesen Despoten wenig. Folglich brauchen sie auch darauf keine Rücksicht zu nehmen - Kritiker werden einfach übergangen, oder sogar mundtod gemacht.

    Aber es ist auch so - dies hat ja die Vergangenheit gezeigt, daß diese Leute Verhandlung nicht als Handlung - im eigentlichen Sinne - gesehen haben, sondern diese eher als Schwäche ausgelegt haben. Auch haben sie diese Verhandlungen als Zeit benutzt. Zeit, in der sie Fakten schaffen konnten:
    weiterhin millitärisches Aufrüsten, weiteres millitärisches Vorgehen, usw.
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.

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Re: Libyen-Krise

Beitragvon Uli » Donnerstag 10. Oktober 2013, 16:27

ralfkannenberg hat geschrieben:
Uli hat geschrieben:Geht es den Menschen im Irak nun besser, wo doch Saddam weg ist?

Ich denke, das kann man bejahen.


Es ist nicht unser Bier, das zu bejahen; da müsste man schon die Iraker fragen.
Man sehe etwa
http://www.tagesschau.de/ausland/bagdad262.html
Ein verlorener Staat?

2003 waren die USA und ihre Verbündeten triumphierend in den Irak einmarschiert, vor zwei Jahren folgte dann der wenig ruhmvolle Abzug. Zurück blieb ein Staat, in dem Sicherheit ein frommer Wunsch bleibt und in dem der Alltag von Angst und Gewalt geprägt ist.
...


oder
http://www.stern.de/politik/ausland/lag ... 31418.html


Uli hat geschrieben:Mich erschreckt die seit Jahrzehnten sich verändernde Mentalität, die militärische Gewalt wieder viel denkbarer macht.
Ich bin halt noch ein Dinosaurier aus der Zeit der Friedensbewegungen der 60er und 70er.

ralfkannenberg hat geschrieben:Das ist schon recht, aber man darf auch nicht übersehen, dass das die Zeit war, als es noch allgemein gewünscht war, dass Deutschland aufgrund seiner historischen Rolle keine Verantwortung in militärischen Fragestellungen übernimmt, sondern allenfalls Genscher das Portemonaie geöffnet hat.


Ja, klingt gut "Verantwortung in militärischen Fragestellungen" zu übernehmen.
Bedeutet aber nur dreckigen Krieg. Denn das ist jeder - auch der, wo man es so nett umschreibt wie du.

Sicher, es ist gut, dass das Hitler-Regime gewaltsam beendet wurde. Der Vergleich hinkt aber; es hätte "uns" eh niemand angegriffen, wenn "wir" nicht in die Nachbarländer einmarschiert wären. Und selbst das wurde ja eine Weile toleriert.
Wenn es den Westmächten darum ging, diktatorische Regimes zu beenden, wie konnten sie sich dann mit Stalin verbünden?

Ich denke wirklich, der letztens von mir zitierte Artikel stellt einige gute Fragen.

Aber wir kommen da wohl auf keinen gemeinsamen Nenner, Ralf. Muss ja auch nicht sein.

Gruß,
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Re: Libyen-Krise

Beitragvon Uli » Donnerstag 10. Oktober 2013, 16:34

Hi Neandertaler,

Der Neandertaler hat geschrieben:...Aber es ist auch so - dies hat ja die Vergangenheit gezeigt, daß diese Leute Verhandlung nicht als Handlung - im eigentlichen Sinne - gesehen haben, sondern diese eher als Schwäche ausgelegt haben. Auch haben sie diese Verhandlungen als Zeit benutzt. Zeit, in der sie Fakten schaffen konnten:
weiterhin millitärisches Aufrüsten, weiteres millitärisches Vorgehen, usw.
[/list]


So wie etwa Saddam, der Massenvernichtungswaffen noch und nöcher angehäuft hatte bis die Amis schließlich einmarschiert sind?

Eine andere simple Beobachtung ist eben auch, dass die Wahrheit im Krieg immer auf der Strecke bleibt. Auch der Westen zensiert und moderiert zu seinen Gunsten so gut er nur kann. Unsere Soldaten haben in Afghanistan ja auch nur Brunnen gebaut, hieß es anfänglich.
Deshalb bleibt bei mir, auch was Syrien angeht, ein Rest von Misstrauen. Warum diese Giftgasvorgänge nicht von einem internationalen Gericht untersuchen lassen?
Einigen aufständischen Gruppierungen ist so ein Einsatz ohne weiteres zuzutrauen, wenn sie denn dadurch den Westen gegen Assad mobilisieren können.

Gruß,
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