Gesetze - "shifting baselines" ... Wandel der Zeit?

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Gesetze - "shifting baselines" ... Wandel der Zeit?

Beitragvon Der Neandertaler » Mittwoch 15. Januar 2014, 13:44

Hallo.
Mittlerweile spricht die Sozial-Psychologie von "shifting baselines", wenn sie meint, daß die Grenzen unserer Moralvorstellungen langsam aber unmerklich verschoben ... angehoben werden ... worden sind.

Was gestern als unnormal und außergewöhnlich galt, beurteilen wir heute als normal – und umgekehrt.

Der Begriff: "shifting baselines" ist aber keine Erfindung der Sozial-Psychologie, er wurde 1995 von Daniel Pauly - Professor für Meeresbiologie und Projektleiter des 'Sea Around Us'-Projekt des Fischereizentrums der Universität von British Columbia - geprägte. Er gebrauchte ihn, um Wahrnehmungen in seinem Forschungsgebiet zu erklären.
Beispiel:
    Der Rückgang von Fischbeständen und infolge das Verschwinden von Fanggründen wird weniger schlimm beurteilt, je jünger der Beurteilende ist.
Also:
    Je älter derjenige ist, desto weitreichender ist seine Erinnerung, desto größer der Unterschied zwischen dem früheren und dem Jetzt-Zustand. Jüngere habe eine wesentlich geringere Vorstellung davon, wie es früher war. Die Referenzpunkte ihrer Wahrnehmung reichen weniger weit zurück in die Vergangenheit und bleiben innerhalb ihres biographischen Horizonts.
    Gleiches gilt ebenso beim Klimawandel oder sonstige Umweltphänomene.
    Katastrophenerinnerung: vielleicht gibt es deshalb soviele Jahrhundertfluten innerhalb der letzten Jahre?
Beispiel:
    Die Lachse im Columbia River sind heute in doppelt so hoher Menge vorhanden, als in den 1930er Jahren. Klingt großartig. In den 1930er Jahren betrug deren Größenordnung aber nur 10% der 1800er Jahren. Die Zahlen der 1930er Jahren spiegeln somit eine Grundlinie, die bereits verschoben wurde.
Manchmal funktioniert "shifting baselines" aber auch umgekehrt.
Etwa hat sich unter dem Eindruck diverser Atomkatastrophen - Tschernobyl und Fukushima - die Grenze dessen rasant verschoben, was wir energiepolitisch für vertretbar halten.

Wenn aber etwa Aussagen, wie etwa die von Otto Schily, in der er vom "vollen Boot" spricht, oder Koch "Kinder statt Inder" wünscht, oder kürzlich die CSU "Wer betrügt, der fliegt" propagiert, wird dies zwar wahrgenommen, aber fast niemand regt sich auf.

Wenn ich mit jemandem diskutiere ... kontrovers diskutiere, gehe nicht davon aus, diese Diskussion zu gewinnen - ich versuche also nicht, ihn 'vom Guten' zu überzeugen.
(weil ich davon ausgehe, daß er seine Meinung verinnerlicht hat - sie also unumstößlich ist.)
Mir geht es eher um die, die mitlesen ... mithören, die sich aber noch nicht ihre endgültige Meinung gebildet haben.
Sollte jemand regelmäßig antiamerikanische Parolen zum Schlechten geben, ist dies nicht nur peinlich und teilweise populistisch, sondern auch nervig.
Werden aber Nazi-Vergleiche an- und ausgesprochen, regt sich fast jeder auf - auch ich finde sie unpassend und dumm. Diese werden dann verboten ... verbannt.
Ist aber nicht letztlich dieses "Verbannen" ... Verdrängen in den Nicht-öffentlichen Teil, unbewußt ... unterschwellig dafür verantwortlich, daß diese wahrgenommen werden und letztlich gesellschaftlich akzeptiert werden?
... und letztlich "shifting baselines" greift?

Letzte Frage:
    Spiegeln also die Gesetze ... die Spielregeln einer modernen Gesellschaft, unsere Moralvorstellung früherer Zeiten wider?
    ... und müssen sie demnach nicht angepaßt werden?
    Kann man daran erkennen, wie unser Denken ... unsere Moral-Vorstellungen sich im Laufe der Zeit verändert hat?
    ... daß es damals besser ... einfacher war 'gut' zu sein?
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.

Die Welt ist so geräumig und der Kopf ist so beschränkt.

Zpět k budoucnosti ke nejlebší čas.


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Viele Grüße
Der Neandertaler
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