Hallo nocheinPoet.
Gehirnprothese? - ich geh jetzt mal davon aus, damit ist auch ein Chip gemeint, der derartig funktioniert?
Interessantes Thema! Großes Thema! Böses Thema!
Interessant, groß und böse deshalb, weil, wenn man drüber nachdenkt ... in allen Facetten ... tief und gründlich, ...
... ich möchte kaum darüber nachdenken.
Aber im Einzelnen!
Ich fange gerne meine Beiträge mit einer kleinen Geschichte an - von der ich hoffe, daß sie interessant sein könnte.
... vielleicht verdeutlicht sie auch Einiges.
So will ich dem auch diesmal nicht nachstehen.
Phineas Gage ist trotz seines jungen Alters von 25 Jahren ein Routinier in Sachen Sprengungen. Seine Aufgabe: entlang der geplanten Eisenbahntrasse im US-Bundesstaat Vermont Bohrlöcher, die mit Schießpulver gefüllt sind, mit Sand zu verschließen und das Ganze mit Hilfe eines sieben Kilo schweren und drei Zentimeter dicken Eisenstocks festzustampfen.
Hat auch immer ohne Probleme funktioniert - bis ...(vielleicht hast Du dies in der Zeitung gelesen, oder zumindest davon gehört?)
Am 13. September 1848 wurde er von Kollegen abgelenkt, in ein Gespräch verwickelt. Er stampft aber trotzdem alles mit der Stange im Loch fest. Dumm nur: Die Stange fliegt durch die Luft - komplett durch Gages Kopf. In Höhe des linken Auges tritt sie durch den Wangenknochen ein und schießt am Hinterkopf wieder heraus. Seinen Kollegen, die immer noch verduzt herumstanden, erklärte er nachher den Hergang des Unfalls. Danach fährt mit einem Ochsenkarren in seine Unterkunft und begrüßt den herbeigeeilten Arzt John D. Harlow mit den Worten: "Doktor, hier gibt es ordentlich was zu tun für Sie!"
Er spricht weiterhin normal und erinnert sich an alles, was mit ihm passiert ist und auch seine intellektuellen Fähigkeiten waren weiterhin völlig intakt. Ihm fehlte lediglich ein Auge. Allerdings veränderte sich seine Persönlichkeit auf merkwürdige Weise - er wurde kindischer, impulsiver und unzuverlässiger. Ebenso wurde aus dem besonnenen, freundlichen und ausgeglichenen Gage das genaue Genteil.
Der behandelnde Arzt John D. Harlow machte später die Verletzung des Frontalhirns dafür verantwortlich: "Die Eisenstange zerstörte die Regionen von Mitgefühl und Autoritätsgefühl, nun beherrschten animalische Leidenschaften seinen Charakter"
Phineas Gage lebte so immerhin noch 12 Jahre.
So, nun aber zum Thema!
Gesetz den Fall, zu dieser Zeit hätte schon die Möglichkeit bestanden, mit einer Gehirnprothese Abhilfe zu schaffen, ...
Abhilfe, wofür?
Wenn etwa nach einem Unfall den Geschädigten die motorischen Fähigkeiten abhanden gekommen sind - etwa, weil ihnen Nervenbahnen durchtrennt wurden, aber die entsprechenden Körperteile noch vorhanden sind, können wir eine solche Prothese in's Gehirn (oder wohin auch immer) einetzen, damit gedanklich diese Bewegungen ausgeführt werden können.
Phineas Gages Motorik war aber in Ordnung.
Meinst Du, er hätte sich zur
'Wiederherstellung seiner natürlichen Charaktereigenschaften' einer solchen Prozedur unterzogen?
Ich glaube dies weniger!
(vielleicht hat er ja die Veränderungen seiner Charaktereigenschaften garnicht 'bewußt'
zur Kenntnis genommen ... bemerkt!)
Und damit wären wir beim nächsten Problem:
Elfer hat geschrieben:Die Frage ist, ob es auch für die Betroffenen belastend ist.
Wir nehmen in jeder Sekunde sehr viel Reize ... Informationen auf. Informationen, die unser Gehirn nicht alle verarbeiten kann. Informationen, die aber auch recht unwichtig sind - zumindest meint unser Gehirn dies zu unterscheiden. Wichtige Informationen werden sofort gespeichert - lange bevorratete. Unwichtigere - je nach Wertigkeit - vergeßen.
Das sensorisches Gedächtnis hält Informationen für Millisekunden bis Sekunden - das Arbeitsgedächtnis (auch Kurzzeitgedächtnis) speichert Informationen etwa 20-45 Sekunden - das Langzeitgedächtnis speichert Informationen über Jahre hinweg.
Es ist also einerseits
"normal", wenn wir etwas vergeßen. Andererseits bestimmt aber auch überlebensnotwendig, daß unser Gehirn nicht mit allem belastet wird.
Warum sollte also eine Teil-Vergeßlichkeit für die Betroffenen eine Belastung sein?
(um bei obigen Beispiel - Phineas Gage - zu bleiben:)
... "ein Defizit in kognitiven, emotionalen und sozialen Fähigkeiten, eine Beeinträchtigung sozialer und beruflicher Funktionen".
Wobei bei Demenzerkrankten die kognitiven Leistungen des Langzeitgedächtnisses ja nicht gelitten haben - lediglich das Kurzzeitgedächtnis ist in Mitleidenschaft geraten.
fallili, eine
"Art Festplatte" im Hirn wäre eine schreckliche Vorstellung! Ich möchte nicht mit Menschen zu tun haben, die in spock'scher Weise reagieren, die keine Emotionen haben ... keine Empathie zeigen ... nur Fakten, Fakten und nochmals Fakten, nichts als Fakten.
(da ist mir Pille lieber!)
Man denke sich nur, wie leicht ein Mensch, viele Menschen dadurch beinflußen könnte ... wie er bestimmen könnte, was diese zu wissen haben. Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das nicht nur sein Verhalten reflektiern ... hinterfragen kann, sondern auch, je nachdem, sein Verhalten ändern kann.
... neu lernen kann
Das wäre ja dann kaum noch möglich, vielleicht auch nicht mehr nötig, weil ja alles
"programiert" wäre.
Artie, die Hirnvorschung hat schon genug Böses hevorgebracht.
Stimmt!!!Misbrauch zwecks Beeinflußung!
Dies ist aber noch garnichts gegen das, was möglich wäre, wenn eines Tages, in aller Konsequenz, eine Vollhirnprothese
(oder auch nur eine Teil-Prothese) zur
'Wiederherstellung seiner natürlichen Charaktereigenschaften' verwendet werden könnte ... eingesetzt werden könnte.
So, das war's ... für's Erste.
War viel, ich weiß - vielleicht haben trotzdem Einige durchgehalten.
Danke für die Aufmerksamkeit!