Die Fliehkraft als Scheinkraft für kleine Kinder erklärt

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Die Fliehkraft als Scheinkraft für kleine Kinder erklärt

Beitragvon nocheinPoet » Mittwoch 16. September 2015, 18:16


Die lustigen Diskussion im MAHAG können ja neben der guten Unterhaltung auch noch einen anderen sinnvollen Zweck haben. Ich erkläre gerne meiner Nichte (10 Jahre) physikalische Dinge, auch bringe ich ihr das Rechnen bei, über dem was aktuell in der Schule unterrichtet wird hinaus. Selbstverständlich nur so weit wie daran Interesse besteht, ich zwinge da nichts auf, sondern biete einfach nur an. Wenn man es spannend macht, haben Kinder da richtig Lust am Lernen, somit beherrscht sie inzwischen recht gut die Bruchrechnung und kann auch einfache Wurzeln ziehen. Und nicht nur Quadratwurzeln. Muss sogar schon öfter mal bremsen.

Genug mir selbst geschmeichelt, es ist in dem Alter für Kinder gerade so möglich eine Vorstellung von Einheiten zu bekommen, also Längeneinheiten, Zeiteinheiten, Gewichtseinheiten, Temperatureinheiten und eben auch was genau eine Einheit ist und wie diese mit Zahlen verknüpft werden können. Sie hat nun eine Vorstellung von Geschwindigkeit, versteht, das hier eine Längeneinheit durch eine Zeiteinheit geteilt wird und kann damit wirklich rechnen. Ich finde das für das Alter schon recht beachtlich. Sie rechnet da vieles im Kopf, also ich frage zum Beispiel, wenn ich für eine Strecke von 50 Kilometer 30 Minuten brauche, mit wie viel km/h fahre ich dann und wie lange brauche ich für 25 Kilometer. Oder wie weit komme ich, wenn ich doppelt so schnell fahre. Eben recht einfache Aufgaben.

Was nun genau eine Kraft ist und auch was Beschleunigung ist, ist jedoch schon schwieriger zu vermitteln, ist natürlich auch eine Frage der Zeit und der Übung. Da Kinder ja nun wissen was Gewicht ist, von schwer und leicht haben sie intuitiv eine Vorstellung, und sie wissen ebenso, dass wenn man etwas fallen lässt, dieses immer schneller wird. Das reicht aus um damit arbeiten zu können.

Die Vorgeschichte dient hier nur dazu, damit der Wissenstand des Kindes eingeschätzt werden kann. Denn nun geht es darum die Fliehkraft als Scheinkraft zu vermitteln. Ich schätze es wird so etwas über 20 Stunden dauern, bis das verstanden und verinnerlicht ist. Da ich etwas weiter weg wohne, wird es natürlich länger dauern und über ein paar Treffen laufen.

Ziel ist es nun, hier eine Erklärung zu erarbeiten, die so einfach wie möglich ist, so das ein zehnjähriges Kind verstehen und begreifen kann. Wie gesagt, eine Vorstellung von Kraft und Beschleunigung ist bereits vorhanden, die Einheiten dazu sind aber noch nicht vermitteln und wohl auch nicht zwingend nötig.

Es kommt immer recht gut an, wenn man fragt, was wird wohl passieren, und dann das Geschehen genauer hinterfragt. Dazu nun mal ein Bild:

Bild

Recht einfach gehalten, wir haben eine Scheibe die sich im Uhrzeigersinn dreht, einen kleinen Balken und einen Ball der davor liegt. Die Frage ist, was wird genau mit dem Ball passieren, wenn er nicht auf die Scheibe geklebt ist. Die Antwort ist natürlich klar, der fliegt nach oben weg. Die nächste Frage, warum tut er das? Die Antwort er wird von unten gedrückt und dann nicht weiter festgehalten.

Hat dazu bis hier wer Einwände?

Interessant wird es, wenn ein kleines zehnjähriges Mädchen die Physik dahinter richtig verstehen und begreifen kann und die Rasselbande im MAHAG selbst nach über 400 Seiten Erklärungen kollektiv weiter scheitert. Da gab es in den letzten Tagen auch wieder sehr tolle Aussagen, werde da noch ein paar in den anderen Thread retten, dann geht der Spaß nicht einfach unter.


Lieben Gruß

Manuel
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Re: Die Fliehkraft als Scheinkraft für kleine Kinder erklärt

Beitragvon nocheinPoet » Mittwoch 16. September 2015, 20:20

Was ich vergessen habe, den durch umrühren immer leichter werdenden Zaubereimer von Ernst kann man Kindern nicht verkaufen, glauben sie einfach nicht. :D
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Re: Die Fliehkraft als Scheinkraft für kleine Kinder erklärt

Beitragvon nocheinPoet » Donnerstag 17. September 2015, 11:09


Nun geht es weiter, der Ball wird einfach mit einem Band in der Mitte der Scheibe befestigt:

Bild

Die erste Frage ist wieder, was wird passieren, auch hier ist die Antwort recht klar, einfach und offensichtlich, er wird nicht mehr nach oben weg fliegen, sondern wie festgeklebt oder angenagelt auf der Scheibe bleiben und sich mit dieser drehen.

Die zweite Frage ist, warum er nicht mehr wegfliegt, da kommt als Antwort dann, weil er vom Band ja festgehalten wird.

Das ist bis hierhin wirklich trivial einfach, das verstehen Kinder intuitiv, auch Kinder unter 10 Jahren. Darum nun das nächste Bild:

Bild

Nun haben wir eine rote Klinge über der Scheibe angebracht, welche das Band nun zerschneidet, wenn der Ball vorbeikommt. Die erste Frage ist wieder, was wird passieren, die Antwort ist auch hier ganz klar, er fliegt wieder weg. Zweite Frage warum? Antwort, er wird nicht mehr festgehalten.

Die dritte Frage ist nun ein wenig interessanter, in welche Richtung fliegt denn der Ball nun weg?

Die Antwort, wie auf dem ersten Bild:

Bild

nach oben.

Das ergibt sich nun auch zwingend aus der Logik, da der Ball im ersten Bild ja nach oben und eben nicht nach außen wegfliegt, und nun durch das Zerschneiden des Bandes eben die gleiche Situation wie auf dem ersten Bild wieder hergestellt ist, wird sich das Geschehen natürlich auch genauso wieder weiterentwickeln.

Als nächste werde ich noch ein paar Kräfte einzeichnen und diese benennen und dann kommt das 3. Newtonsches Axiom (actio = reactio) das Wechselwirkungsgesetz. Da beide Kids Inline Skates haben reicht dazu dann einfach erst mal nur ein Seil aus. Wichtig ist es gleich klar zu vermitteln, das eine Kraft auf einen Körper wirkt und diesen Körper auch richtig zu erkennen. Denn die Rasselbande im MAHAG scheitert daran im Kollektiv. Natürlich gibt es auf die Zentripetalkraft (actio), welche mit dem Band die Kugel nach innen zum Zentrum zieht auch eine Gegenkraft (reactio) welche über das Band das Zentrum der Scheibe nach außen zieht.

Jedoch ist diese Kraft eben nicht die Zentrifugalkraft wie Chief und wohl auch Highway und der Rest der Bande fälschlicher Weise glauben und behaupten. Das ist dann die eigentliche Aufgabe, mal sehen ob ich das den Kids auch vermitteln kann. Am Wochenende weiß ich dann mehr. Wer da gute Ideen zu hat, muss hier dazu nicht schweigen.
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Re: Die Fliehkraft als Scheinkraft für kleine Kinder erklärt

Beitragvon nocheinPoet » Samstag 19. September 2015, 11:48


Einen schönen Samstag,

habe nun ein wenig überlegt, wie man in der Erklärung nun möglichst einfach bleibt und denke ich habe da eine gute Idee, wir waren nach nachdem das Band durchschnitten war wieder bei diesem Bild:

Bild

Ich habe nur einen Pfeil für die Bewegungsrichtung und Geschwindigkeit des Balls eingezeichnet. Die Frage an die Kids ist nun, ob sie eine Idee haben, wie man den Ball auf der Scheibe halten könnte. Sinnvoll ist es sie mal gegen einen Tischtennisball pusten zu lassen, und das auch mal mit gleicher Kraft gegeneinander. Da wissen sie dann auch gleich, wenn zwei Seiten gleichstark gegen einen Ball gepustet wird, wird der sich nicht anders bewegen als bislang.


Die Antwort ist also, denn Ball auf die Scheibe pusten:

Bild

Eine Kraft wirkt also auf den Ball und drückt diesen nach innen zum Zentrum der Scheibe hin. Ob diese Kraft nun durch das Band, oder durch Pusten auf den Ball übertragen wird, ist natürlich egal. Damit der Ball auf der Scheibe bleibt, müsste nun im Kreis gerannt werden oder viele Kinder verteilen sich im die sich drehende Scheibe. Wie auch immer, ohne Frage kann man so sicherlich die Zentripetalkraft vermitteln und die ganze Situation im unbeschleunigten System verständlich beschreiben.

Die nächste Frage wäre dann, was wohl mit dem Ball passieren würde, wenn nun wer anderes immer noch von innen gegen den Ball pusten würde, und das genauso stark wie von außen auf den Ball gepustet würde:

Bild

Die Antwort ist klar, beide Kräfte auf den Ball heben sich gegenseitig auf, der Ball bewegt sich weiter geradeaus nach oben und fliegt so von der Scheibe.

Damit ist klar vermittelt, auf den Ball wirkt immer nur eine Kraft, und die Richtung dieser Kraft zeigt auf das Zentrum der Scheibe, immer von außen nach innen. Würde eine zweite gleichgroße Kraft auf den Ball zusätzlich von innen nach außen drücken, würde dieser von der Scheibe fliegen. Im unbeschleunigten Bezugssystem in dem sich die Scheibe dreht, wirkt also nur eine Kraft von außen nach innen auf den Ball. Es existiert keine Fliehkraft (Zentrifugalkraft), auf denn Ball wirkt nur die Zentripetalkraft.

Kinder können das so verstehen, bin mir da sehr sicher, werde das wie gesagt testen. Der nächste Schritt ist es dann, die Flieh-/Zentrifugalkraft, auf der Scheibe zu erklären. Das wird wohl etwas schwieriger, vorab muss eine klare Vorstellung von „Bezugssystem“ vorhanden sein. Wird aber sicherlich auch klappen.
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