Der National Research Council der National Academies (USA) hat in einem Bericht die elf dringlichsten Fragen zur Natur des Universums formuliert. Diese kreisen unter anderem um den Ursprung und die Entwicklung des Kosmos, die dunkle Energie und das Verhalten von Materie unter Hochenergiebedingungen.
Die Autoren der Studie sind der Ansicht, dass zu einer befriedigenden Beschreibung des gesamten Universums die Verflechtungen zwischen Quarks und dem Kosmos aufgeklärt werden müssen. Neben den elf Fundamentalfragen macht der Forschungsrat auch sieben konkrete Vorschläge, wie dieses Ziel zu erreichen wäre.
Probleme als Forschungsimpuls
Fragen als Bestimmungsstücke des status quo einer Wissenschaftsdisziplin haben Tradition. Der bekannteste Fragenkatalog der Wissenschaftsgeschichte wurde wohl im Jahr 1900 von David Hilbert am zweiten internationalen Mathematikerkongress in Paris formuliert.
In diesem legte er 23 bis dahin ungelöste Probleme bzw. unbestätigte Vermutungen vor. Das "Hilbert-Programm" war von einem umfassenden Optimismus getragen, den Hilbert mit den berühmten Worten "Statt des törichten Ignoralismus heiße im Gegenteil unsere Lösung: Wir müssen wissen, wir werden wissen" beschrieb.
Die Astronomen und Physiker des National Research Councils der National Academies verfolgen eine ähnliche Stoßrichtung. Die Formulierung der wichtigsten Rätsel des Universums soll zu Forschungsimpulsen führen, um jene "Fragen zu beantworten, die die Grenzen unserer Vorstellungskraft berühren".
Die elf Fragen im Überblick
- 1. Was ist dunkle Materie?
2. Was ist das Wesen der dunklen Energie?
3. Wie entstand das Universum?
4. Hat Einstein mit seiner Gravitationstheorie recht behalten?
5. Welche Masse haben Neutrinos?
6. Wie funktionieren kosmische Beschleuniger?
7. Sind Protonen instabil?
8. Gibt es bei hoher Dichte und Temperatur neue Materiezustände?
9. Gibt es zusätzliche Raumzeit-Dimensionen?
10. Wie entstanden die schweren Elemente?
11. Brauchen wir eine neue Theorie von Licht und Materie bei hohen Energien?
1. Was ist dunkle Materie?
Astronomen konnten zeigen, dass Galaxien durch eine Materieform zusammengehalten werden, die keinerlei Licht abgibt. Diese dunkle Materie ist durch ihre Gravitationskraft für die großräumigen Strukturen des Universums verantwortlich und könnte zudem neue Elementarteilchen enthalten.
2. Was ist das Wesen der dunklen Energie?
Noch herrscht unter Astronomen noch keine Eingkeit über die Frage, ob die Expansion des Universums beschleunigt oder abgebremst verläuft. Ersteres widerspräche der fundamentalen Annahme, dass Gravitation immer anziehend wirkt. Daher nimmt man eine Existenzform der Energie (die so genannte dunkle Energie) an, deren Gravitation abstoßend wirkt.
3. Wie entstand das Universum?
Es gibt gute Hinweise darauf, dass das Universum während der ersten Momente seiner Existenz einer gigantischen Expansion (auch kosmische Inflation genannt) ausgesetzt war. Die physikalischen Ursachen dieser Inflation sind nach wie vor ein Rätsel.
4. Hat Einstein mit seiner Gravitationstheorie recht behalten?
Einsteins Gravitationstheorie kann auf die Beschreibung unseres Sonnensystems bis hin zu den extremen Gravitationswirkungen der schwarzen Löcher verwendet werden. Eine komplette Gravitationstheorie sollte aber auch Quanteneffekte mit einbeziehen (was für Einsteins Theorie nicht gilt) - oder zumindest erklären, warum diese nicht relevant sind.
5. Welche Masse haben Neutrinos?
Kosmologen gehen davon aus, dass Neutrinos im Universum allgegenwärtig sind. Weiters gibt es Evidenzen, dass sie eine geringe Masse aufweisen, die in ihrer Gesamtheit mit jener von Sternen vergleichbar ist. Genaueres Wissen über die Neutrino-Masse könnte Hinweise darauf geben, wie die Grundkräfte der Natur und die chemischen Elemente entstanden sind.
6. Wie funktionieren kosmische Beschleuniger?
Physiker haben eine erstaunliche Vielfalt an Phänomenen der Energie im Universum entdeckt, wie zum Beispiel Partikelstrahlung unerwartet hoher Energie, deren Ursprung unbekannt ist. In Laborbeschleunigern kann man zwar auch Partikelstrahlen herstellen, die aber bei weitem nicht jene Energie ihrer kosmischen Gegenstücke erreichen.
7. Sind Protonen instabil?
Der Stoff aus dem wir bestehen, ist ein geringes Überbleibsel der Vernichtung von Materie und Antimaterie im frühen Universum. Das leichte Ungleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie könnte durch die Instabilität von Protonen (die den einfachsten Materie-Zustand repräsentieren) zu erklären sein.
8. Gibt es bei hoher Dichte und Temperatur neue Materiezustände?
Die Theorie über den Aufbau der Atomkerne durch Protonen und Neutronen ist gut entwickelt. Bei höheren Dichten können sich Protonen und Neutronen in einer "Suppe" von Quarks und Gluonen "auflösen". Solche Dichten treten zum Beispiel in Neutronensternen auf. Noch höhere Dichten und Temperaturen herrschten in den Anfängen des Universums.
9. Gibt es zusätzliche Raum-Zeit-Dimensionen?
Zum Verständnis der Quantennatur der Gravitation haben Teilchenphysiker die Existenz zusätzlicher Raumzeit-Dimensionen postuliert. Dies könnte Konsequenzen für Ursprung und Entwicklung des Universums, die Wechselbeziehungen der Materieteilchen sowie für die Gravitationskräfte in kurzen Distanzen haben.
10. Wie entstanden die schweren Elemente?
Das Verständnis jener Vorgänge, die zur Bildung von chemischen Elementen bis zum Eisen führten, kann als komplett bezeichnet werden. Offene Fragen gibt es bei jenen schweren Elementen, die im Periodensystem zwischen Eisen und Uran angeordnet sind.
11. Brauchen wir eine neue Theorie von Licht und Materie bei hohen Energien?
Materie und Strahlung unter Laborbedingungen können durch die Gesetze der Quantenmechanik, des Elektromagnetismus und deren Vereinigungstheorie, der Quantenelektrodynamik, ausgezeichnet beschrieben werden. Das Universum konfrontiert uns aber mit Objekten - wie etwa Neutronensterne oder Gammastrahl-Quellen -, die viel extremer gestaltet sind, als wir unter Laborbedingungen als Test dieser grundlegenden Theorien reproduzieren können.
Quelle: http://sciencev1.orf.at/science/news/51125
Fand das neulich und dachte mir, könnte man doch mal als Diskussionsgrundlage ins Forum setzen.