Der Doktortitel: Versuchung? Plagiat? oder Sittenverfall?

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Der Doktortitel: Versuchung? Plagiat? oder Sittenverfall?

Beitragvon Der Neandertaler » Mittwoch 2. Oktober 2013, 14:24

Der Dortmunder Professor Uwe Kamenz erklärte, eine Computeranalyse des Textes habe "umfangreiche Plagiatsindizen" ergeben, die "mit hoher Wahrscheinlichkeit auf vorhandene Plagiate" hinwiesen. Er meint damit die Doktorarbeit von SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Laut einem Bericht des "Focus" zufolge, ergab die Überprüfung einen 297 Seiten umfaßenden Prüfbericht zur Steinmeiers 1991 in Gießen eingereichter Dissertation.
Weiter zitierte das Magazin aus der Kamenz'-E-Mail, daß dies "mit hoher Wahrscheinlichkeit auf vorhandene Plagiate" hinwiese und somit "die Voraussetzungen für ein Überprüfungs- und ggf. Entzugsverfahren des Doktortitel an Ihrer Fakultät gegeben" seien. Ein eigens entwickeltes Computerprogramm sowie eine umfangreiche Datenbank mit wissenschaftlichen Aufsätzen, Büchern und Dokumenten für Doktorarbeiten ist Grundlage für die Untersuchungen. Er vergleicht den 'Steinmeier'-Fall mit dem von Schavan. Heraus kamen mehr als 500 Stellen problematischer Übereinstimmungen. Unter Anderem kritisierte Kamenz Steinmeiers Zitierweise: er habe bei mehr als 60 Passagen zwar "eine inhaltliche Übereinstimmung mit den Originalquellen angegeben, tatsächlich aber den kompletten Wortlaut abgeschrieben." Die Vorgehensweise des Dortmunder Professors Uwe Kamenz ist unter Kollegen nicht ganz unumstritten.
Andreas Fischer-Lescano, seinerzeichens Bremer Jura-Professor - er hatte als Erster Plagiate in der Doktorarbeit von Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) entdeckt, kritisierte:
"Hier werden bestenfalls ein paar vernachlässigenswerte Unsauberkeiten aufgelistet. Das ist weniger als ein Grenzfall.
Das ist kein Plagiat, das sind weitgehend übliche Paraphrasierungsformen mit einigen Unsauberkeiten im Detail."
Er nannte die Studie von Kamenz "unseriös".
(wessen Brot ich eß, ...)

Der Berliner Jura-Professor Gerhard Dannemann wertet den Prüfbericht auch als problematisch. Die Süddeutsche Zeitung schrieb, Dannemann zeige "sich skeptisch, ob die Mängel in Steinmeiers Dissertation ausreichen, um dem Politiker den Doktorgrad abzuerkennen." Er nannte diese "Unsauberkeiten im Detail" (Fischer-Lescano) "lässliche Sünden" ... als unproblematisch. Er nannte zwar einige Stellen "die den Bereich des Tolerierbaren klar überschreiten würden". Stellte aber auch indirekt die Frage, ob "der Prüfbericht die Quellen richtig wiedergibt".
Die Berliner Professorin Debora Weber-Wulff hält ebenfalls die Plagiatssoftware für "eher bescheiden" (ZEIT ONLINE - 30.9.2013).
Kamenz rudert indes zurück:
"Die Software kann keinen Menschen ersetzen."

Karl-Theodor zu Guttenberg, Schavan, Silvana Koch-Mehrin, Jorgo Chatzimarkakis und Margarita Mathiopoulos - Lammert war auch dabei.
Unabhängig davon, ob die Vorwürfe ganz oder teilweise zutreffen - ich erlaube mir kein Urteil dazu, frage ich mich, ob seit zu-Guttenberg Doktoranden unter Generalverdacht stehen?
    ... ob es ein Virus gibt?
      ich meine:
      der Mensch ist nunmal Jäger und Sammler ... war schon immer. Früher jagte und erlegte er Mammuts - heute jagt er Doktoranden und sammelt Plagiate
Klar, es ist eine schlechte Sache ... wirft ein schlechtes Licht auf jetzige Studenten. Aber:
gibt es einen Sittenverfall bei Doktorarbeiten?

Zweite Frage:
    Hat schon jemals jemand die Dissertation des Dortmunder Professors untersucht?
    ... vielleicht mit seiner eigenen Software.
    Auf seine Antwort ... Gegenwehr bin ich gespannt!
Bessere Frage:
Was ist ein Plagiat?
Gut, die Duden-Definition ist bekannt:
frz. plagiaire "Dieb geistigen Eigentums" - lat. plagiārius "Seelenverkäufer, Menschenräuber"
also die Anmaßung fremder geistiger Leistungen.
oder anders herum:
    ab wann wird ein lernen ... ein Lerninhalt zu einem Plagiat ... zu einer "Anmaßung fremder geistiger Leistungen"?
Es ist bestimmt schonmal jedem so ergangen:
    man liest etwas, die Formulierung findet man treffend ... sie hämmert sich in's Gedächtnis ein. Man benutzt sie ... immer und immer wieder.
    Ist dies ein Plagiat?
    ... Betrug?
Ist nicht jedweder Lerninhalt, der nicht der Selbsterkenntnis ... Sebsterfahrung entspringt schon Betrug?
... plagiiert
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.

Die Welt ist so geräumig und der Kopf ist so beschränkt.

Zpět k budoucnosti ke nejlebší čas.


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Viele Grüße
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Re: Der Doktortitel: Versuchung? Plagiat? oder Sittenverfall

Beitragvon Uli » Mittwoch 2. Oktober 2013, 15:46

Der Neandertaler hat geschrieben:Ist nicht jedweder Lerninhalt, der nicht der Selbsterkenntnis ... Sebsterfahrung entspringt schon Betrug? ... plagiiert


Nein, natürlich nicht: es ist gar nichts dagegen einzuwenden sondern vielmehr erwünscht, dass Arbeiten die Erkenntnisse anderer Arbeiten nutzen. Es soll ja nicht jeder, das Rad neu erfinden. Es geht lediglich darum, die Arbeiten, auf die man aufbaut, auch entsprechend zu würdigen. Es sind entsprechende Literaturhinweise zu solchen Passagen zu geben und da, wo wortwörtlich zitiert wird, zusätzlich Hochkommata zu verwenden, um diese Zitate auch kenntlich zu machen.
Offenbar hat Steinmeier schon die entsprechenden Literaturhinweise gegeben, aber nicht immer die wortwörtlichen Zitate korrekt ausgewiesen, was natürlich nicht ganz "sauber" ist.

Gruß,
Uli
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Re: Der Doktortitel: Versuchung? Plagiat? oder Sittenverfall

Beitragvon Britta » Freitag 4. Oktober 2013, 23:12

Mir ist das eigentlich egal. Steinmeier ist bei mit eh schon lange unten durch, da macht das bischen auch nichts mehr aus.
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Re: Der Doktortitel: Versuchung? Plagiat? oder Sittenverfall

Beitragvon Uli » Sonntag 6. Oktober 2013, 16:22

Diese Vorwürfe gegen Steinmeier sind anscheinend kaum aufrecht zu erhalten ... ganz gleich, was wir von Steinmeier halten. :)

z.B.:
http://www.taz.de/Vorwuerfe-gegen-Steinmeier/!124921/
http://www.welt.de/politik/deutschland/ ... ssors.html
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Re: Der Doktortitel: Versuchung? Plagiat? oder Sittenverfall

Beitragvon ralfkannenberg » Montag 7. Oktober 2013, 09:27

Britta hat geschrieben:Steinmeier ist bei mit eh schon lange unten durch, da macht das bischen auch nichts mehr aus.

Echt ? Was hat denn der bei Dir verbrochen ? - Wenn der angetreten wäre hätte ich ihn gewählt.


Liebe Grüsse, Ralf
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Re: Der Doktortitel: Versuchung? Plagiat? oder Sittenverfall

Beitragvon Uli » Montag 7. Oktober 2013, 10:56

ralfkannenberg hat geschrieben:
Britta hat geschrieben:Steinmeier ist bei mit eh schon lange unten durch, da macht das bischen auch nichts mehr aus.

Echt ? Was hat denn der bei Dir verbrochen ? - Wenn der angetreten wäre hätte ich ihn gewählt.


Liebe Grüsse, Ralf


Immerhin ist er meines Wissens kein Kumpel von Putin, Assad oder den iranischen Mullahs. Das macht ihn schonmal vedächtig.
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Re: Der Doktortitel: Versuchung? Plagiat? oder Sittenverfall

Beitragvon Britta » Mittwoch 9. Oktober 2013, 12:03

ralfkannenberg hat geschrieben:
Britta hat geschrieben:Steinmeier ist bei mit eh schon lange unten durch, da macht das bischen auch nichts mehr aus.

Echt ? Was hat denn der bei Dir verbrochen ? - Wenn der angetreten wäre hätte ich ihn gewählt.


Rein aus menschlichen Gründen: http://www.sueddeutsche.de/politik/inte ... n-1.526433
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Re: Der Doktortitel: Versuchung? Plagiat? oder Sittenverfall

Beitragvon Britta » Mittwoch 9. Oktober 2013, 12:04

Uli hat geschrieben:Immerhin ist er meines Wissens kein Kumpel von Putin, Assad oder den iranischen Mullahs. Das macht ihn schonmal vedächtig.


Verdächtig ist er nicht. Bei mir ist er einfach unten durch, sonst nichts. So jemand bekommt von mir einfach keine Stimme.
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Re: Der Doktortitel: Versuchung? Plagiat? oder Sittenverfall

Beitragvon ralfkannenberg » Mittwoch 9. Oktober 2013, 12:28

Britta hat geschrieben:
ralfkannenberg hat geschrieben:
Britta hat geschrieben:Steinmeier ist bei mit eh schon lange unten durch, da macht das bischen auch nichts mehr aus.

Echt ? Was hat denn der bei Dir verbrochen ? - Wenn der angetreten wäre hätte ich ihn gewählt.


Rein aus menschlichen Gründen: http://www.sueddeutsche.de/politik/inte ... n-1.526433

Hallo Britta,

sagen wir es einmal so: es war alles irgendwie anders, aber doch nicht ganz unähnlich. Die einen wissen - nota bene seiner Meinung nach - die "Wahrheit" und die anderen "lügen". Irgendwie nichts dazwischen.

In solchen Fällen wäre es besser, sich "unauffälliger" zu verhalten; der Interview-Partner wird seine Gründe haben, warum er das nicht tut. Steinmeier und Schily dafür die Schuld in die Schuhe zu schieben halte ich aber für etwas zu billig.


Liebe Grüsse, Ralf
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Re: Der Doktortitel: Versuchung? Plagiat? oder Sittenverfall

Beitragvon Britta » Mittwoch 9. Oktober 2013, 20:19

ralfkannenberg hat geschrieben:sagen wir es einmal so: es war alles irgendwie anders, aber doch nicht ganz unähnlich. Die einen wissen - nota bene seiner Meinung nach - die "Wahrheit" und die anderen "lügen". Irgendwie nichts dazwischen.

In solchen Fällen wäre es besser, sich "unauffälliger" zu verhalten; der Interview-Partner wird seine Gründe haben, warum er das nicht tut. Steinmeier und Schily dafür die Schuld in die Schuhe zu schieben halte ich aber für etwas zu billig.

Hallo Ralf,

ich habe den Fall damals verfolgt und es war tatsächlich so. Da gibt es nichts dazwischen, die Fakten sind bekannt. Ich habe das Interview nur zitiert, weil es etwas neueren Datums ist.
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