Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?

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Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?

Beitragvon nocheinPoet » Mittwoch 12. Dezember 2012, 13:39

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Problem ist bekannt, auch mich hat es schon mal getroffen, man sagt ein kritisches Wort gegen Israel, und schon hagelt es Vorwürfe, man würde antisemitisch motiviert handeln. Und ja das kommt vor, und ja es kann auch ungerechtfertigt sein. Aber es kann auch gerechtfertigt sein. Jene die bei Wikipedia das eigene Konterfei erwarten, wenn sie nach Altruismus suchen, zeigen sich von so einem Vorwurf dann schwer getroffen, grade ihnen, die mit selbstgebastelten Engelsflügeln aus Recyclepappe im Frühjahr in Fußgängerzonen stehen, und überlegen, ob man den letzten Schneemann am Straßenrand nicht doch noch vorm Schmelzen schützen könnte. Der Spruch: „Du Opfer“ ist länger schon an Schulen bekannt, hier manifestiert sich mehr das Bild: „ich armes Opfer“. Doch ist die Rolle, diese selbst ausgerufene Opferrolle wirklich gerechtfertigt?

Fast platzend vor Altruismus wollen Diese doch nur das Seelenheil, die Liebe in die Herzen aller Menschen tragen, frei von Hass und Zorn wollen sie sein und auch so gesehen werden. Peace und „make love, not war“ prangt in großen Lettern auf jeder ihrer Fahnen. Unsäglich ihre Pein und auch das Leid ihrer geschundenen Seelen.

Und so sehen sie sich dann als Opfer, ein Opfer des Bösen, dem neben Unredlichkeit und Verlogenheit, das Verbreiten von Antisemitismus vorgehalten wird. Diese Opferrolle wird dann so richtig zelebriert. Oft knicken hier die Kritiker dann ein und schweigen, in Anbetracht des Leids. Wir knicken hier nun mal nicht ein, sondern betrachten das Themengebilde mal richtig und im Detail. Und am Ende soll ein Ergebnis stehen, das den „Opfern“ nicht nur aus ihrer falschen Rolle hilft, nein, Ziel ist es diesen verständlich zu machen, wie sie in diese Rolle rutschen konnten, und wie und ob sie sich manipulieren lassen haben.

Man darf auf AllTopic weiter frei Schreiben, aber eben keinen klar antisemitischen Unfug.

Und Argumente werden geliefert, warum wir das eine oder andere Zitat unpassend fanden. Das war auf AllTopic schon immer so, leider wurden ein paar Dinge nur nicht richtig erkannt und gewertet. Wer meint für das „Gute“ in der Welt zu stehen, der steht er auf der Seite, welche wir hier gerade deutlichst aufzeigen. Die "Bösen" sind nicht immer gleich zu erkennen, nur so konnten Diktatoren wie Hitler an die Macht kommen und all ihre Verbrechen begehen.

An Jene die sich hier zurzeit noch als „Opfer“ ungerechtfertigter Angriffe wähnen, sei gesagt, hört uns einfach mal ganz offen zu, lest nach und überlege dann noch mal in Ruhe, wer die Bösen und wer die Guten sind, wo wir wohl stehen, und wo Ihr möchtest, dass man Euch stehen sieht.

„Gutmenschen“ gehen eben vom Guten in den Menschen aus, sie erwarten nicht so richtig über den Tisch gezogen, oder gar für miese Zwecke an der Front verheizt zu werden. Und so stolpern sie gedankenlos wie die Lemminge ins Verderben und verstehen nicht, warum ihnen auf Mal der Boden unter den Füßen fehlt. An diesen Personen ist mir und dem Forum noch gelegen, hier sollten Aufklärung und das Vermitteln von Fakten Heilung bringen. Auf die Anderen, die bewusst agierenden Volksverhetzer legen wir jedoch sicher keinen Wert.


Übt man nun Kritik und übernimmt man ohne Denken einfach nur Vorgekautes, steckt man schnell im braunen Sumpf. Auch wenn man wirklich nur das „Gute“ wollte. Gut gemeint ist eben nicht immer wirklich „gut“.

Damit nun überhaupt erkannt werden kann, dass man hier Extremisten auf dem Leim gegangen ist, muss man ein wenig von Rhetorik verstehen, sonst wird das nämlich nichts. Die Frage ist dann, wie baut man ein Argument vernünftig auf, wie begründet man es und wie recherchiert man sauber seine Quellen. Das wird hier zurzeit von galileo2609 ganz sauber exemplarisch vorgeführt. Und ich erlaube mir auch mal ein Beispiel, weil es hier sehr gut passt:
GambitPi hat geschrieben:
Die Weltgemeinschaft macht Israel sukzessive klar, dass es keine Sonderstellung auf dieser Welt innehat. M.E. zeigt der Artikel auch auf, dass innerhalb der internationalen Regierungskreise NICHT davon ausgegangen wird, das die Rollenverteilung in diesem Konflikt so klar ist, wie v.A. unsere "freien" Medien uns immer wieder weiszumachen versuchen: also Iran = Schurkenstaat und Israel = freiheitliche Demokratie. Denen ist längst klar, was viele von uns höchstens ahnen: hier stehen sich in erster Linie zwei Gottesstaaten gegenüber, die die Hegemonie über eine geographische Region anstreben, die zufällig vor Öl u.A. nur so trieft...

Klingt doch gut, oder etwa nicht? Ich erkenne hier ganz deutlich aber ein perverses rhetorisches Spiel, das dem unvorsichtigen Leser schnell zum Verhängnis werden kann. Darum zerlege ich mal die getroffenen Aussagen:

GambitPi hat geschrieben:
1. Die Weltgemeinschaft macht Israel sukzessive klar, dass es keine Sonderstellung auf dieser Welt innehat.

Mag so sein, oder nicht, ist eine persönliche Annahme und keine verifizierte Tatsache, impliziert aber, Israel handelt so als ob es eine Sonderstellung beansprucht, eben nicht klar sei, dass es keine Sonderstellung besitzt. Klingt nach, Israel hält sich für etwas Besonderes, und müsse in dieser Arroganz gebremst werden. Hier wird also schon begonnen, das Bild von Israel dunkel zu färben.

GambitPi hat geschrieben:
2. M.E. zeigt der Artikel auch auf, dass innerhalb der internationalen Regierungskreise NICHT davon ausgegangen wird, das die Rollenverteilung in diesem Konflikt so klar ist, wie v.A. unsere "freien" Medien uns immer wieder weiszumachen versuchen:…

Das ist schon lustiger, hier wird eine Meinung, die nicht belegt ist, versucht als Tatsache und Fundament in den Boden zu gießen. Es wird nur behauptet, das die Medien und etwas „weismachen“ wollen. Die Wortwahl ist entscheidend. Etwas „weismachen“, etwas das nicht weis und wahr ist, soll uns von den Medien also vermittelt werden. Daraus folgt dann, die Medien belügen uns also. Und das „freie“ vor Medien impliziert auch gleich, dass diese nicht frei sind, sondern unfrei, also gesteuert. Kurz, man kann den Medien nicht trauen.

Dafür bietet GambitPi aber nicht eine Begründung an, er verkündet nur seine subjektive Sicht auf das Geschehen. Wirklicher Gehalt der Aussage ist Null. Naive Menschen neigen hier jedoch dazu, Applaus zu zollen, es klingt ja auch einfach so gut und überzeugend, wenn man nicht mitdenkt. So fragt man sich, was ist diese Lüge, die uns die „unfreien“ und darum wohl fremd gesteuerten Medien „weismachen“ wollen und lesen:

GambitPi hat geschrieben:
3. ...also Iran = Schurkenstaat und Israel = freiheitliche Demokratie.

Toll! Da dem Leser nun schon eingetrichtert wurde, dass die Medien verlogen sind, muss die Aussage also auch eine Lüge sein. Wenn das gelogen ist, muss das Gegenteil also wahr sein. Somit kann Israel nicht eine freiheitliche Demokratie sein, und Iran nicht ein Schurkenstaat. So vermittelt man keine Meinung oder Sichtweise, das ist gezielte Meinungsmanipulation. Zu Fragen wäre erst einmal:

1. Stimmt es das die Medien uns generell belügen?
2. Und wenn, Lügen sie dann auch zwingend in der Frage Israel?
3. Sagen die Medien wirklich: „Iran = Schurkenstaat und Israel = freiheitliche Demokratie“?
4. Sind wirklich unsere Medien frei von Kritik an Israel?


Da es keine Antworten gibt, lesen wir mal weiter:
GambitPi hat geschrieben:
4. Denen ist längst klar, was viele von uns höchstens ahnen: hier stehen sich in erster Linie zwei Gottesstaaten gegenüber, die die Hegemonie über eine geographische Region anstreben, die zufällig vor Öl u.A. nur so trieft...

Und aus dem Nichts wird etwas „gezaubert“ den verlogenen Medien ist nämlich lange klar, dass es anders als verkauft ist. Und wer will nicht auch unter einen der vielen „klugen“ Klarsichtigen sein, welche die Lügen der verlogenen Medien durchblicken. Wer das nicht versteht, muss ja wohl blöde sein. Die Wahl ist, sieht man es so wie vorgegeben, oder ist man zu blöde dazu. Und so verheddert man sich immer mehr im Netz der braunen Spinne.

Tatsächlich hat der Absatz nichts an echter Substanz, nicht eine begründete Aussage ist dort zu verorten. Israel wird abgesprochen eine Demokratie zu sein (Begründung, wir wissen ja alle, unsere Medien sind nicht frei, sondern verlogen und wollen uns nur was „weismachen“) und zum Gottesstaat erklärt, gleichwertig zum Iran. Toll. Und wer glaubt es?


Schauen wir uns das mal genauer an, dazu mal ein Blick in die Unabhängigkeitserklärung von Israel:

„Wir bieten allen unseren Nachbarstaaten und ihren Völkern die Hand zum Frieden und guter Nachbarschaft und rufen zur Zusammenarbeit und gegenseitiger Hilfe mit dem selbständigen jüdischen Volk in seiner Heimat auf. Der Staat Israel ist bereit, seinen Beitrag bei gemeinsamen Bemühungen um den Fortschritt des gesamten Nahen Ostens zu leisten.“

Kurz erwähnt sei, dass die israelische Unabhängigkeitserklärung eine der wenigen Unabhängigkeitserklärungen in der Welt ist, in der Gott nicht einmal genannt wird. Lesen wir nun im Gegensatz auch mal die Charta der Islamisten:

„Der Prophet – Andacht und Frieden Allahs sei mit ihm, – erklärte: Die Zeit wird nicht anbrechen, bevor nicht die Muslime die Juden bekämpfen und sie töten; bevor sich nicht die Juden hinter Felsen und Bäumen verstecken, welche ausrufen: Oh Muslim! Da ist ein Jude, der sich hinter mir versteckt; komm und töte ihn!

Wird die Aussage von GambitPi genauer hinterfragt, bleibt nichts übrig, dass man auch nur im Ansatz ein begründetes Argument nennen könnte.

Wenn mein Nachbar öffentlich eine Seite ins Internet stellt, und ich dort lesen kann, dass er mich und mein Volk tot sehen will und jeden Muslim explizit dazu aufruft, nicht eher zu ruhen, bis der letzte meines Volkes ermordet wurde, würde mir das Sorge bereiten. Und meine Sorge würde wachsen, wenn man mir dann erklärt, ich wäre ja auch nicht anders als mein Nachbar, während der schon Bomben baut.


Dazu nun diese Opferrolle als Fundament, was wird damit versucht zu vermitteln?

Das ganze nennt sich „Galileo gambit“ welch Zufall. Galileo wurde doch auch zu Unrecht verurteilt, ganz alleine stand er da mit seiner „Wahrheit“ und kaum Einer glaubte ihm. Und nun seht die armen Opfer hier auf AllTopic, wie sie zu Unrecht angeklagt im Regen stehen. Opfer, wie Galileo, und wie er Recht hatte, müssen die nun auch Recht haben, ist ja logisch. Zum Nachlesen und vertiefen mal ein Link: http://evilunderthesun.blogspot.de/2007 ... ambit.html


Geübte Leser wir Uli, galileo2609 und andere hier, erkennen das mit auf den Rücken gefesselten Händen, und nehmen so ein Agieren zu Recht persönlich. Denn hier wird perfide im See der naiven Seelen gefischt. Die Personen, die hier vermeintlich als Aggressor im Dialog erkannt werden, sind in Wahrheit mehr Sea Shepherd mit dem klaren Ziel vor Augen, das Einfangen von Leichtgläubigen zu unterbinden, egal wo man darauf trifft.

Ich hoffe ein wenig mehr Licht und Klarheit gebracht zu haben. Und genau das meinte ich, als ich neulich betonte: „erst Denken und dann Schreiben…“.
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Re: Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?

Beitragvon nocheinPoet » Mittwoch 12. Dezember 2012, 14:44

Uli hat geschrieben:
nocheinPoet hat geschrieben:
Problem ist bekannt, auch mich hat es schon mal getroffen, man sagt ein kritisches Wort gegen Israel, und schon hagelt es Vorwürfe, man würde antisemitisch motiviert handeln.

Ja, ging mir auch schon so: von Israelis war mir einst mal "Antisemitismus der neuren Art" vorgeworfen worden. Ging damals um Möllemann usw.. Ich fand diesen Vorwurf zuerst extrem unverschämt.

Wer wirklich im guten Glauben schreibt, ist verständlicher Weise durch solche Vorwürfe getroffen und fühlt sich zu Unrecht angegriffen. Wir wollen hier aber ja keinen zu Unrecht anklagen, sondern die Dinge sachlich mit Argumenten aufzeigen. Das Angebot von galileo2609 an GambitPi sich seiner "Argumente" anzunehmen steht dazu ja klar im Raum.


Wo ist der Beitrag von Uli hin?
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Re: Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?

Beitragvon ralfkannenberg » Mittwoch 12. Dezember 2012, 17:01

Hallo Manuel,

mein Kompliment - sehr starker Beitrag, inhaltlich ebenso wie didaktisch !


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Re: Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?

Beitragvon Le.Mar. » Mittwoch 12. Dezember 2012, 18:47

Kritik an Israel.....

Natürlich darf man! Man sollte nur die Form und die Sachlichkeit nicht vergessen. Das gilt im übrigen für jede Kritik.

Die sogenannte "Antisemitismus-Keule" ist schnell gezogen. Zu schnell manchmal. Aber dies verdeutlicht für mich auch ein wenig die Kritikfähigkeit.
Schaut man sich einige UN Resolutionen an, die nur am Veto der USA gescheitert sind, dann könnte man sich diese mal vornehmen. Israel selbst ist ein Staat wie jeder andere auch. Er ist verantwortlich für seine Außen- und Innenpolitik. Das sind Punkte, über die man durchaus diskutieren kann. Die Siedlungspolitik ist wohl ein Thema, dass jedem, der sich mit der Situation auseinander setzt, ein Stein des Anstoßes. Gern wird von Menschen, die vorwiegend Pro_Israel denken, der Punkt ins Spiel gebracht, dass es keine Besetzten Gebiete gibt und das Israel mit den "umstrittenen Zonen" machen kann was es will.
Jede Kritik an diesem Programm wird mit "Antisemitismus" in die Flucht geschlagen. Aber geht es uns darum, Israel zu kritisieren, weil es Israel ist oder geht es uns darum es zu kritisieren, weil solche Politik weder der Verständigung zwischen Palästinensern und Juden dient noch dem zu erwartenden Friedensprozess.

Niemand, der sich mit der Materie ein wenig auskennt und dies auch formuliert, will den Staat Israel von der Landkarte verschwinden sehen. Nur wenn man sich Entwicklungen der letzten Jahre ansieht, dann muß man konstatieren, dass nicht wirklich eine Annäherung statt findet. Betonköpfe auf beiden seiten stellen sich einem Friedensprozess in den Weg, mit einer Polemik, die sich teils sogar ähnelt.

Antisemitismus wird gern benutzt, ob es wirklich Antisemitismus ist, steht aber auf einem anderen Blatt.

Was allerdings meine persönliche Meinung betrifft: Derjenige, der einen Kritiker mit solchen Bezeichnungen abstraft, ohne dies fundiert zu untermauern ist nicht besser, als der, der seinen Antisemitismus hinter einer Kritik versteckt!
Dies gilt es zu unterscheiden.

Was aber die Kritik an der politischen Führung des Landes Israel angeht, so kann dies in den seltensten Fällen mit dieser Keule beendet werden, denn Politik muß kritikfähig sein, bleiben und sie sollte sie verkraften können. Demokratie muß das aushalten! Ein Satz, den ich hier in und für Deutschland leider ein wenig zu oft höre, weil er nur dazu dient, sich nicht immer mit dem nötigen Ernst den Kritikern entgegen zustellen. Denn zu einer Kritik gehört nämlich auch das Begründen des eigenen Vorgehens. Und dafür haben leider viele Politiker nicht mehr das Rückgrad.

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Re: Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?

Beitragvon ralfkannenberg » Mittwoch 12. Dezember 2012, 19:00

Le.Mar. hat geschrieben:(...) ist wohl ein Thema, dass jedem, der sich mit der Situation auseinander setzt


Le.Mar. hat geschrieben:(...) Niemand, der sich mit der Materie ein wenig auskennt und dies auch formuliert, will


Hallo Le.Mar.,

nur eine Frage: warum erwähnst Du das so ausdrücklich ? Oder anders herum gefragt: sind diejenigen, die die "Kritik" kritisieren, solche, die sich mit der Situation nicht auseinandergesetzt haben bzw. die sich mit der Materie nicht auskennen ?

Bei mir kommt das ein bisschen so rüber, dass denjenigen, die die Israel-Kritik fundiert untersuchen wollen, unterschwellig vorgeworfen wird, sie seien nicht vorbereitet bzw. würden sich noch weniger als "ein wenig" auskennen.


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Re: Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?

Beitragvon ralfkannenberg » Mittwoch 12. Dezember 2012, 22:18

Hallo Le.Mar.,

mir ist mit etwas Abstand noch etwas aufgefallen, etwas primär statistisches:

Du machst Dir in Deinem Beitrag Gedanken über Leute, die Israel kritisieren. Dabei sprichst Du 2 Ausprägungen an:

- Kritik von Leuten mit genügend Know-How über Israel
- Kritik, die mit der "Antisemitismus-Keule" erwidert wird


Mit diesem Set ergeben sich also 4 Gruppen von Leuten, die Israel kritisieren:
1. Kritik von Leuten mit genügend Know-How über Israel, die mit der "Antisemitismus-Keule" erwidert wird
2. Kritik von Leuten mit genügend Know-How über Israel, die nicht mit der "Antisemitismus-Keule" erwidert wird
3. Kritik von Leuten ohne genügend Know-How über Israel, die mit der "Antisemitismus-Keule" erwidert wird
4. Kritik von Leuten ohne genügend Know-How über Israel, die nicht mit der "Antisemitismus-Keule" erwidert wird

Ganz naiv würde ich meinen, dass Dein Beitrag diese vier Gruppen gleichmässig betrachtet. - Du aber betrachtest ausschliesslich die Gruppe 1.

Und bei nicht-gleichmässig verteilten Ausprägungs-Kombinationen stellt sich eben auch die Frage, woran das liegt.


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Re: Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?

Beitragvon Le.Mar. » Donnerstag 13. Dezember 2012, 11:51

Hi Ralf!

Ich habs mir noch mal in Ruhe durch gelesen. Ist wirklich ein wenig...ungeordnet?

Aber Hochachtung, was man so alles in einem Beitrag finden kann. ;)
Der Reihe nach...

Ob eine Keule kommt, hängt natürlich von den Sympathien ab, die jeder hegt. Sie wird logischer weise vorrangig von denen kommen, die Pro-Israel sind. Unter ihnen auch die so genannte Hasbara-Fraktion. Also Menschen, die zwar Wissen aber fast ausschließlich alles in ihrem Sinn deuten. Das nimmt manchmal wirklich Ausmaße an, die für mich an Kuriosität kaum zu überbieten sind und in meinen Augen eher dem Ansehen Israels schaden, als das sie nützen.

Ich habe dies schon oft erlebt und bin auch schon in die antisemitische Ecke geschoben worden, nur weil ich Worte wie "Palästinenser" und Wortwendungen wie "illegale Siedlungen in besetzten Gebieten" verwendet habe.
Da ich mich zu den etwas besser informierten zähle und auch einen recht guten geschichtlichen Überblick habe, maße ich mir an, mir eine durchaus fundierte Meinung über diese Problematik zu haben. Also zähle ich wohl zu Punkt 1 und 2, mit der Voraussetzung des Gesprächspartners.

Da ich aber gerade bei diesem Tema schon viel Polemik aus beiden Richtungen erlebt habe, kann ich mir über deine Punkte 3 und 4 leider kein Urteil erlauben. Für Wissen ist jeder selbst verantwortlich. Für die nötige Medienkompetenz natürlich auch. Also ein kurzes YT-Video reicht hier bestimmt nicht, um sich ein Bild der Situation Israel/Palästina zu machen.

"Und bei nicht-gleichmässig verteilten Ausprägungs-Kombinationen stellt sich eben auch die Frage, woran das liegt."

...an meinen Erfahrungen.

Kommen Beispiele von offensichtlichen Menschenrechtsverletzungen durch das israelische Militär oder durch aggressive Siedler, wird dies oftmals mit der Begründung abgewischt, dass es ja nur Reaktionen auf palästinensische Terrorakte sind und man doch das recht habe, sich zu verteidigen.
Das man ein Recht auf Verteidigung hat, wird ja auch nicht bestritten. Auch dass man vorher Raketenbeschuß und Terrorakte von Seiten der Palästinenser (ich rede natürlich nicht von der Zivilbevölkerung, die die eigentlichen Leidtragenden dieses Konfliktes sind, sondern von den Betonköpfen, die denken mit Gewalt Frieden schaffen zu wollen) aufs schärfste verurteilt, wird dann geflissentlich ignoriert.

Eine Differenzierung der Aggressionspotenziale auf beiden Seiten ist hier mMn sehr wichtig.

Pauschalisierungen sind hier definitiv fehl am Platze! Kritik sollte fundiert und belegbar sein. Eine Abstrafung durch eben diese Keule ist genau das nicht.
Was hat es mit Antisemitismus zu tun, wenn man Kritik an der Außenpolitik übt. Wenn man kritisiert, dass israelische Jugendliche in Schulen teils haarsträubende Unterrichtsmaterialien gestellt bekommen.
Ein Beispiel: Bericht

Darf man solche Berichte kommentieren und seine Meinung dazu äußern? Natürlich, weil solche Berichte EIN Problem von vielen in dieser Gegend aufzeigen. Ist eine Kritik an solch Unterricht und den zur Verfügung stehenden Materialien antisemitisch? Mit nichten!

Jeder Vorwurf, der mir gemacht wurde, wird von mir auf Stichhaltigkeit überprüft. Ich hab mich durchaus ein oder zwei mal in der Wortwahl vertan aber nicht was die Faktenlage und das Problem angingen. In so einem Fall scheinen mir die Keulenschwinger besonders schnell bei der Sache zu sein.

Was für mich immer noch ein Rätzel ist, warum wird diese Keule in einer Sachlichen Diskussion geschwungen?
Diese frage kann ich dir bis heute nicht beantworten ohne dabei persönliches ins Spiel zu bringen.

Woran es liegt?
Ich spekuliere ungern ohne näheres zu wissen. Da ich nicht in die Köpfe der sehr schnellen und (für mich oft) unbegründeten Keulenschwinger schauen kann, werde ich es auch nicht tun.

Und selbstverständlich hab ich diese Keule natürlich auch schon gebraucht. Nur Kann ich dann solche Vorwürfe klar belegen. Und das letzte was man in einer sachlichen Diskussion braucht, sind Menschen die ein Volk pauschal Abstrafen. Es sind letztlich nicht "Die Juden" oder "Die Palästinenser" es sind Menschen, die ihre Taten rechtfertigen müssen und die auch die Konsequenzen für rechtswidriges Handel tragen müssen.

Und da du mir eine schöne direkte Vorlage gegeben hast:

zu 1. Diskussion mit der Hasbara-Fraktion
zu 2. Sachliche, konstruktive Diskussion
zu 3. wenig fundierte Argumentation, oft berechtigter Vorwurf (weil oftmals einseitige Betrachtungsweisen)
zu 4. Diskussionen, die ich meide

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Re: Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?

Beitragvon ralfkannenberg » Donnerstag 13. Dezember 2012, 13:57

Le.Mar. hat geschrieben:Ob eine Keule kommt, hängt natürlich von den Sympathien ab, die jeder hegt. Sie wird logischer weise vorrangig von denen kommen, die Pro-Israel sind. Unter ihnen auch die so genannte Hasbara-Fraktion. Also Menschen, die zwar Wissen aber fast ausschließlich alles in ihrem Sinn deuten.

Hallo Le.Mar.,

lass mich hier gleich zu Beginn mal ansetzen. Du schreibst, sie wird logischerweise vorrangig von denen kommen, die Pro-Israel sind. Hier unterstellst Du also unterschwellig, dass die, die das nicht so sehen, unlogisch denken.

Dazu gehöre offenbar auch ich, denn ich bin der Meinung, dass sie von denen kommt, die nicht Anti-Israel sind und das ist eine viel grössere Gruppe.

Und noch ein zweiter Punkt: die "Keule". Die Keule kommt m.E. nicht, die Keule wird lediglich als solche empfunden. Zumindest die Erfahrung lehrt, dass es immer wieder ähnliches ideologisches Gedankengut ist, welches ein sachliches Gegenargument als Keule empfindet. Ich will gewiss nicht behaupten, dass es hierzu nicht auch Ausnahmen gibt, trotzdem möchte ich bei Referenz auf die "Antisemitismus-Keule" oder auch die "Holocaust-Keule" insgesamt zu grösster Vorsicht zuraten - allzu rasch kann hier etwas missverstanden werden; nicht zuletzt auch dann, wenn die Verbreitung ideologischen Gedankengutes unter dem Deckmäntelchen der Logik getätigt wird.

Bislang habe ich indes primär beobachtet, dass Verbreitung ideologischen Gedankengutes unter dem Deckmäntelchen der Physik und in einigen Fällen auch der Mathematik getätigt wird.

Le.Mar. hat geschrieben:Das nimmt manchmal wirklich Ausmaße an, die für mich an Kuriosität kaum zu überbieten sind und in meinen Augen eher dem Ansehen Israels schaden, als das sie nützen.

Auch dieses Argument ist in diesem Zusammenhang leider oft zu hören (bzw. zu lesen) und entsprechend mit grosser Vorsicht zu geniessen. Ich denke, man muss schon ein ausgewiesener Spezialist auf diesem Gebiet sein, um diese heiklen und oftmals auch vorbelasteten Begriffe richtig anwenden zu können.

Le.Mar. hat geschrieben:Ich habe dies schon oft erlebt und bin auch schon in die antisemitische Ecke geschoben worden, nur weil ich Worte wie "Palästinenser" und Wortwendungen wie "illegale Siedlungen in besetzten Gebieten" verwendet habe.

Und das ist auch so ein Punkt: ich habe mich auch schon kritisch geäussert und trotzdem bin ich noch nie in diese Ecke geschoben worden.

Le.Mar. hat geschrieben:Da ich mich zu den etwas besser informierten zähle und auch einen recht guten geschichtlichen Überblick habe, maße ich mir an, mir eine durchaus fundierte Meinung über diese Problematik zu haben. Also zähle ich wohl zu Punkt 1 und 2, mit der Voraussetzung des Gesprächspartners.

Vielleicht ist hier der Unterschied, weil ich der Gruppe 4 angehöre. Ebenso übrigens wie mein soziales Umfeld.

Le.Mar. hat geschrieben:Da ich aber gerade bei diesem Tema schon viel Polemik aus beiden Richtungen erlebt habe, kann ich mir über deine Punkte 3 und 4 leider kein Urteil erlauben. Für Wissen ist jeder selbst verantwortlich. Für die nötige Medienkompetenz natürlich auch.

Das ist aber einfacher gesagt wie getan. Es ist chic zu sagen, "bei Mathe komme ich nicht so draus", es ist aber uncool zu sagen, "bei Politik komme ich nicht so draus".

Aus diesem Grunde lasse ich mich bei politischen Fragestellungen lieber von Fachleuten beraten, was auch zur Folge hat, dass ich zweifelhafte Historiker vermeide. Nämlich ganz konkret deswegen, weil ich es nicht wirklich beurteilen kann. Ich kann relativ zeitnah herausfinden, ob ein Physiker oder ein Astronom Unsinn schreibt und habe - zugegebenermassen nur kleine - Fehler in Fachpublikationen gefunden, die mir von den Autoren bestätigt wurden; aber bei politischen Fragestellungen habe ich diese Kompetenz nicht und traue sie mir entsprechend auch nicht zu.

Le.Mar. hat geschrieben:Also ein kurzes YT-Video reicht hier bestimmt nicht, um sich ein Bild der Situation Israel/Palästina zu machen.

Hier bin ich voll bei Dir; gilt in den anderen Disziplinen übrigens auch.

Le.Mar. hat geschrieben:"Und bei nicht-gleichmässig verteilten Ausprägungs-Kombinationen stellt sich eben auch die Frage, woran das liegt."

...an meinen Erfahrungen.

Und wie schon geschrieben: hier stossen Erfahrungen gegen Erfahrungen.

Was nun ? Der m.E. richtige Schritt wäre, die Repräsentativität der gemachten Erfahrungen zu überprüfen. In der Regel sind selber gemachte Erfahrungen wenig repäsentativ und im historischen Bereich wird ein Historiker oftmals versuchen, möglichst viele solcher selber gemachten Erfahrungen zu sammeln, auszuwerten und dann daraus und natürlich auch mithilfe seines Wissens ein möglichst objektives Bild zu erstellen.

Le.Mar. hat geschrieben:Kommen Beispiele von offensichtlichen Menschenrechtsverletzungen durch das israelische Militär oder durch aggressive Siedler, wird dies oftmals mit der Begründung abgewischt, dass es ja nur Reaktionen auf palästinensische Terrorakte sind und man doch das recht habe, sich zu verteidigen.
Das man ein Recht auf Verteidigung hat, wird ja auch nicht bestritten. Auch dass man vorher Raketenbeschuß und Terrorakte von Seiten der Palästinenser (ich rede natürlich nicht von der Zivilbevölkerung, die die eigentlichen Leidtragenden dieses Konfliktes sind, sondern von den Betonköpfen, die denken mit Gewalt Frieden schaffen zu wollen) aufs schärfste verurteilt, wird dann geflissentlich ignoriert.

Dieser Aspekt wurde meiner Erinnerung nach sogar in diesem Forum schon etwas differenzierter dargestellt.

Le.Mar. hat geschrieben:Eine Differenzierung der Aggressionspotenziale auf beiden Seiten ist hier mMn sehr wichtig.

Selbstverständlich.

Le.Mar. hat geschrieben:Pauschalisierungen sind hier definitiv fehl am Platze! Kritik sollte fundiert und belegbar sein.

Selbstverständlich.

Le.Mar. hat geschrieben:Eine Abstrafung durch eben diese Keule ist genau das nicht.

siehe meine obigen Anmerkungen zur "Keule".

Le.Mar. hat geschrieben:Was hat es mit Antisemitismus zu tun, wenn man Kritik an der Außenpolitik übt.

Meines Wissens nichts, ich kann in diesem Forum auch nichts Gegenteiliges lesen.

Le.Mar. hat geschrieben:Wenn man kritisiert, dass israelische Jugendliche in Schulen teils haarsträubende Unterrichtsmaterialien gestellt bekommen.
Ein Beispiel: Bericht

Müsste sich auch ein Fachmann anschauen. Konkret, was die Repräsentativität anbelangt.

Le.Mar. hat geschrieben:Darf man solche Berichte kommentieren und seine Meinung dazu äußern? Natürlich, weil solche Berichte EIN Problem von vielen in dieser Gegend aufzeigen. Ist eine Kritik an solch Unterricht und den zur Verfügung stehenden Materialien antisemitisch? Mit nichten!

Mitnichten ? Ich würde eher sagen, dass das von der Priorisierung abhängt. Und die kann man sowieso nur fundiert vornehmen, wenn man vorgängig die Repräsentativität geklärt hat.

Le.Mar. hat geschrieben:Jeder Vorwurf, der mir gemacht wurde, wird von mir auf Stichhaltigkeit überprüft. Ich hab mich durchaus ein oder zwei mal in der Wortwahl vertan aber nicht was die Faktenlage und das Problem angingen. In so einem Fall scheinen mir die Keulenschwinger besonders schnell bei der Sache zu sein.

Den Begriff des Keulenschwingers habe ich noch nicht erörtert, das wird sich aber problemlos in obige Anmerkungen zur "Keule" integrieren lassen.

Was die Faktenlage anbelangt verweise ich erneut auf die Repräsentativität. Ohne das kann ich es nur glauben oder nicht glauben.

Le.Mar. hat geschrieben:Was für mich immer noch ein Rätzel ist, warum wird diese Keule in einer Sachlichen Diskussion geschwungen?
Diese frage kann ich dir bis heute nicht beantworten ohne dabei persönliches ins Spiel zu bringen.

Woran es liegt?

Auch das habe ich bereits oben bei der "Keule" geschrieben.

Le.Mar. hat geschrieben:Ich spekuliere ungern ohne näheres zu wissen. Da ich nicht in die Köpfe der sehr schnellen und (für mich oft) unbegründeten Keulenschwinger schauen kann, werde ich es auch nicht tun.

Das brauchst Du auch nicht, weil es m.E. primär in Deinem eigenen Kopf abläuft, da ich die These vertrete, dass die Keule gar nicht geschwungen wird, sondern nur als solche empfunden wird.

Und warum das so ist muss man letztlich diejenigen fragen, die es so empfinden.

Le.Mar. hat geschrieben:Und selbstverständlich hab ich diese Keule natürlich auch schon gebraucht. Nur Kann ich dann solche Vorwürfe klar belegen.

Oha. Und: war das Deiner Meinung nach angemessen oder wäre es auch ohne Keule gegangen ?

Le.Mar. hat geschrieben:Und das letzte was man in einer sachlichen Diskussion braucht, sind Menschen die ein Volk pauschal Abstrafen. Es sind letztlich nicht "Die Juden" oder "Die Palästinenser" es sind Menschen, die ihre Taten rechtfertigen müssen und die auch die Konsequenzen für rechtswidriges Handel tragen müssen.

So wie von mir jetzt aus dem Zusammenhang gerissen bin ich völlig einverstanden.

Le.Mar. hat geschrieben:Und da du mir eine schöne direkte Vorlage gegeben hast:

zu 1. Diskussion mit der Hasbara-Fraktion
zu 2. Sachliche, konstruktive Diskussion
zu 3. wenig fundierte Argumentation, oft berechtigter Vorwurf (weil oftmals einseitige Betrachtungsweisen)
zu 4. Diskussionen, die ich meide

Dabei wäre es doch gerade 4, wo es am wenigsten Probleme gibt. Nicht zuletzt deswegen, weil es keine Polemik gibt. Wobei ich mich durchaus erdreiste, zu behaupten, dass im Fall 2 nicht selten Selbstüberschätzungen vorliegen; gerade als Kenner der Situation ist Dir das vermutlich auch schon des öfteren aufgefallen.


Freundliche Grüsse, Ralf
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Re: Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?

Beitragvon Le.Mar. » Donnerstag 13. Dezember 2012, 17:28

ralfkannenberg hat geschrieben:Du schreibst, sie wird logischerweise vorrangig von denen kommen, die Pro-Israel sind. Hier unterstellst Du also unterschwellig, dass die, die das nicht so sehen, unlogisch denken.

Dazu gehöre offenbar auch ich, denn ich bin der Meinung, dass sie von denen kommt, die nicht Anti-Israel sind und das ist eine viel grössere Gruppe.


Nur zum Verständnis, was ist für dich der Unterschied zwischen Pro-Israel und nicht Anti-Israel?

Ich habe festgestellt, dass bei diesem Thema oftmals viele Sympatie für die eine oder andere Seit mit schwingen. "Die bösen Israeli, die die armen Palästinenser unterdrücken... " "Die bösen Palästinenser, die die friedlichen Israeli terrorisieren..."
Das ist weder Hilfreich, diesen Konflikt zu verstehen noch ist dies eine sachliche Diskussion.
Ich verstehen die "nicht Anti-Israel" Seite dann so, dass es sich um Menschen handelt, die das Ganze objektiv betrachten. (?)
Dieser Ecke würde ich aber nicht die zuordnen, die unbegründet mit Antisemitismus eine Diskussion im Keim ersticken wollen. Wobei ich das als Motivation nicht unbedingt voraussetze, sondern es häufig auch nur den Eindruck erweckt.
Was ich mit Pro-Israel meinte, sind die unerbitterlichen Verteidiger der Politik und der Vorgehensweisen dieses Landes (also die von mir erwähnte Hasbara-Fraktion).
Deshalb erscheint es für mich logisch (bitte nicht mit der Fähigkeit des logischen Denkens verwechseln!) dass die "Dikussionsprenger" eher aus diesem Bereich kommen.

Das ist es auch, was ich mit "Keule!" meine. Ein schnelles "Du Antisemit!" und eine weitere Diskussion findet kaum noch statt. Thema durch und gut! Ein begründeter Vorwurf nach Äußerungen wie (ich zitiere ein Beispiel aus einem anderen Forum) "...schade das die raketen nicht genauer sind..." (dies war dann auch der Letzte Beitrag dieses User, danach wurde er gesperrt) kommentiere ich dann natürlich, weil offensichtlich mit 'antisemitisch'.

ralfkannenberg hat geschrieben:Das ist aber einfacher gesagt wie getan. Es ist chic zu sagen, "bei Mathe komme ich nicht so draus", es ist aber uncool zu sagen, "bei Politik komme ich nicht so draus".


Natürlich ist es nicht einfach.
Ich möchte dir dazu mal meine Ausgangslage erklären, möglich das dies schon einiges aufklärt.
Da es in den Menschenrechten keinen religiös/historischen Exklusivanspruch auf einen bestimmten Landstrich gibt, ist dies für mich keine Begründung für die expansive Politik Israels.
Die ganze Geschichte, von der Idee Herzels bis zur eigentlichen Gründung des Staates Israel, ist vorrangig geprägt von Nichteinhalten von Versprechungen der Mandatsträger an die politischen Führungen der Mandatsgebiete. Die Engländer haben in dieser zeit ziemlich viel Mist gebaut, der sich heute auf diesen Konflikt potenzierend auswirkt und die vorhandene Uneinigkeit der arabischen Führungskräfte in Politik und Religion noch beflügelt hat. Die Gründung des Staates Israel war eine Logische und schlüssige Konsequenz. Das es die arabische Seite durch ihre Uneinigkeit verpasst hat, ihren Status zu verbessern und sich durch (teils recht sinnlosen) Streitereien ihre Autonomie zu sichern, ist ebenso belegbar.
Da man hinterher aber immer schlauer ist, ist dieser Umstand lediglich für das Verständnis dieses Konfliktes nutzbar.
Wir haben heute aber einen Status Quo. Einen Staat Israel und (seit der palästinensischen Unabhängigkeitserklärung von 88) eigentlich auch einen Status der Palästinenser. Die sogenannte "Grüne Linie" als Staatsgrenze anzuerkennen, liegt aber in den Händen der Israeli. Da sie dies aber nicht tun, und die Siedlungspolitik ist darin für mich eine Bestätigung, liegt es meines Erachtens in den Händen eines verantwortungsbewußten, demokratischen Staates, sich mit seinen Nachbarn zu arrangieren und im Sinne der Sicherheit seiner Bürger, zu dessen Schutz er ja verpflichtet ist, Probleme politisch und demokratisch zu lösen.
Nur, und das ist für mich immer wichtig zu betonen, sollen hier nicht die Religionen gegeneinander stehen sondern es muß politisch gelöst werden!
Elitäres, religiöses Denken auf beiden Seiten scheinen diesen Prozess aber zu boykottieren. Für mich das tragische an der ganzen Geschichte. Denn die Religionen haben weder Schuld an diesem Konflikt noch sollten sie durch diesen Konflikt in Verruf geraten. Das ist dann der Nährboden für Antisemitismus und Antiislamismus.
Und wenn von dieser Hasbara-Fraktion die Araber (Palästinenser gibt es für diese Menschen nicht) nichts weiter sind als "Kameltreiber" oder "Barbaren" die das Land der Juden besetzen, dann spricht solch "Argumentation" für sich.

Aber da es hier ja um "Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?" geht, kehren wir mal auch zum Thema zurück.

Das es durchaus positive Beispiele gibt, die Lösungen im kleinen nicht nur versprechen sonder auch eine Matrix für größere Projekte sein kann, kommt in diesem Bericht vom Deutschlandfunk gut rüber Bericht
Ich hatte mir ihn angehört und war positiv angetan über dieses Zusammenleben. In diesem wurde auch die Problematik der schulischen Bildung angesprochen, zu der ich den Link eingestellt hatte.

Solch durchaus positives Beispiel der Annäherung zeigt, dass es möglich ist. Nur wenn dann solche Vertreter des friedlichen Zusammenlebens von "ihren eigenen Leuten" als Verräter abgestempelt werden, zeigt das eigentlich nur wie weit der Weg in Wirklichkeit noch ist. Wenn dann noch die enthaltende Position Deutschlands, bei der letzten Abstimmung von Seiten der Israelischen Regierung kritisiert wird, dann sollte auch das Hinterfragt werden dürfen.

ralfkannenberg hat geschrieben:Wobei ich mich durchaus erdreiste, zu behaupten, dass im Fall 2 nicht selten Selbstüberschätzungen vorliegen; gerade als Kenner der Situation ist Dir das vermutlich auch schon des öfteren aufgefallen.


Ja. Leider ein Punkt, der immer häufiger zu beobachten ist. Ich bezeichne mich ja auch nur als gut informiert. Experten sind andere. Nur wird gern von einigen ein rudimentäres Wissen zur Expertise aufgeblasen. Das kann man in manchen Fällen zwar entlarven aber eine Richtigstellung offensichtlicher falscher Auslegung vorhandener Fakten oder sogar das Negieren dieser, wird dann eben gern mit einem Wisch und der Bemerkung, man würde dies aus einer antisemitischen Motivation tun abgetan und eine weitere Diskussion ist fast unmöglich.
Hier schließt sich ein Kreis.

ralfkannenberg hat geschrieben:Und noch ein zweiter Punkt: die "Keule". Die Keule kommt m.E. nicht, die Keule wird lediglich als solche empfunden.


Sicher liegt es im Auge des Betrachters ob sie empfunden wird oder ob sie offensichtlich zum zerstören einer sachlichen Diskussion dient. Das ist wie mit Links, die für den Einsteller durchaus Seriös erscheint, in Wirklichkeit aber "braun" eingefärbt sind. Man übernimmt einen Tenor und ist sich der Objektivität sicher. Wer hier vorschnell abstraft ohne den Hintergrund zu kennen (was oft unmöglich ist) das ist nun mal die Crux in einem anonymen Forum.

Verzeih das ich "Keule" als verkürzte Metapher für (unbegründete?) Antisemitismus Vorwürfe benutzt hab. Aber wenn man selbst (nicht repräsentativ! ;) ) diesen Umstand schon genossen hat, findet man der Art Beschuldigung wenig förderlich in einer Diskussion, die ja Wissen erzeugen und Ansichten darstellen soll. Auch ich lerne in jeder Diskussion immer wieder dazu. Ohne Willen und nur das Beharren auf eigenem Wissen bringt niemanden weiter.

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Re: Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?

Beitragvon Uli » Donnerstag 13. Dezember 2012, 17:54

Le.Mar. hat geschrieben:...
Was ich mit Pro-Israel meinte, sind die unerbitterlichen Verteidiger der Politik und der Vorgehensweisen dieses Landes (also die von mir erwähnte Hasbara-Fraktion).
Deshalb erscheint es für mich logisch (bitte nicht mit der Fähigkeit des logischen Denkens verwechseln!) dass die "Dikussionsprenger" eher aus diesem Bereich kommen.

Das ist es auch, was ich mit "Keule!" meine. Ein schnelles "Du Antisemit!" und eine weitere Diskussion findet kaum noch statt.
...


Nach meinen Erfahrungen erwägen Israelis oft, dass Antisemitismus im Spiel ist, wenn die Sorge um ihr Überleben bzw. das Überleben ihres Staates nicht ernst genommen wird:
wenn also penetrant andere Motive für ihre Maßnahmen/Politik unterstellt werden: z.B.
Militärschlag gegen Iran wegen Kontrolle der Ölquellen (statt um ihr Überleben zu sichern)
Installation eines imperialistischen Zauns um Palästinenser zu unterdrücken (statt um Terroranschäge zu erschweren)
Bombardierung von Tunneln um Palästinenser zu terrorisieren (statt um Aufrüstung der terroristischen Hamas zu blockieren)
usw. usw. .

Gruss,
Uli

Edit: In so einem Kontext macht die Verwendung der Bezeichnung "Antisemitismus" m.E. durchaus Sinn.
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