Der Neandertaler hat geschrieben:Hallo Ralph.
Erklär doch bitte einem Laien wie mir mal, was dies bedeutet?
Je größer AE - je näher zur Sonne, desto wärmer? Je wärmer, desto mehr verdunstet eventuell vorhandenes Wasser.
Hallo Neandertaler,
zwar sind "Meter" die korrekte Einheit ("SI-Einheit"), doch in der Astronomie ist das eine sehr unbequeme Einheit, weil man mit unanschaulich riesigen Zahlen arbeiten müsste. Aus diesem Grunde hat man sich angewöhnt, in der "Astronomie der Sterne" die Längeneinheit "Lichtjahr" zu verwenden und in der Astronomie der "Planeten unseres Sonnensystems" die Längeneinheit "Astronomische Einheit".
1 Astronomische Einheit, also der durchschnittliche Abstand von der Erde zur Sonne, beträgt in unserer täglichen Welt knapp 150 Millionen Kilometer und in der Welt der Sterne 8 Lichtminuten.
Im Altertum glaubte man, dass unser Sonnensystem jenseits der Saturnbahn ende: das war der äusserste Planet und irgendwie wäre niemand auf die Idee gekommen, das irgendwie anzuzweifeln. Die 7 Wandelsterne, also Sonne und Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn, sind seit dem Altertum bekannt und (neben Kometen) die einzigen sich bewegenden Körper vor dem majestetischen und konstant-anmutenden und vertrauten Sternenhintergrund.
Natürlich weiss man heutzutage, dass sich in Wirklichkeit auch die Sterne mit grossen Geschwindigkeiten bewegen, doch aufgrund der riesigen Entfernungen kann man das während eines Menschenlebens in der Regel von blossem Auge nicht erkennen.
Als dann 1781 der Uranus im doppelten Saturnabstand entdeckt wurde, kam das völlig unerwartet, und bis 1930 kamen dann noch der Neptun und der Pluto dazu. Dahinter aber war Schluss, unser mit Planeten gefülltest Sonnensystem quasi zuende.
Heutzutage ergibt sich uns ein völlig anderes Bild:
Im Vergleich mit anderen Sternen stellt man fest, dass der innerste Planet Merkur eigentlich keinesweg ein "naher" Planet ist, sondern vielmehr ein Planet, der von seinem Mutterstern eher "weit" entfernt ist: die meisten anderen Sterne, um die man Planeten kennt, haben deutlich enger umlaufende Planeten. Diese "normalen" Planeten haben typischerweise Umlaufzeiten von 3 bis 10 Tagen, während der Merkur doch immerhin 88 Tage für einen Sonnenumlauf benötigt. Und die Erde gut 365 Tage.
Aber auch bezüglich der äusseren Bereiche ist man zu neuen Erkenntnissen gelangt: die "komische" Umlaufbahn des Pluto ist eher etwas ganz normales und in den äusseren Bereichen unseres Sonnensystemes gibt es zahlreiche weitere Himmelskörper nicht unähnlich dem Pluto, die ebenfalls vergleichbare Bahnen haben. Ich will jetzt hier nicht auf Details eingehen, nur so viel: die Bahnen liegen nach wie vor "weitgehend" in der Planetenebene, sie haben aber oftmals eine höhere Exzentrizität, d.h. sie sind mehr oval als diejenigen der grossen Planeten. "Oval" ist streng genommen falsch, diese Bahnen sind also mehr elliptisch.
Der erste Himmelskörper jenseits der Neptunbahn, der entdeckt wurde, war also der im Jahre 1930 der Pluto, dann gelang im Jahre 1977 die Entdeckung eines erstaunlich grossen Planetoiden namens Chiron, der sich weit ausserhalb des Planetoidengürtels (zwischen Mars und Jupiter) befand und seit 1992 hat man nun über 1000 Planetoiden jenseits der Neptunbahn entdeckt. Wobei Planetoiden wie Chiron ebenfalls hierzu gehören, seine Bahn wurde im Laufe der Zeit einfach nach innen abgelenkt; man nennt solche Planetoiden übrigens "Zentauren", um das Wort mal erwähnt zu haben. Die eine Entdeckung dieser Woche betrifft übrigens so einen Zentauren, und zwar den grössten von ihnen, nämlich Chariklo, der geringfügig grösser als Chiron ist; um ihn wurden nun 2 Ringe entdeckt. Völlig sensationell ist das übrigens nicht; zwar ist es die erste Entdeckung dieser Art, umgekehrt wäre es ausserordentlich überraschend, wenn es keine solchen Ringe gäbe. Deswegen habe ich zu diesem Thema auch keinen eigenen Thread eröffnet.
Wie auch immer: ab 1992 wurden immer mehr solcher Planetoiden jenseits der Neptunbahn sowie solcher Zentauren entdeckt und man fand auch immer grössere Exemplare. Recht bald fand man neben den Zentauren und den TNO ("transneptunische Objekte") auch solche, die hochelliptische Bahnen aufweisen und in ihrem sonnenfernsten Punkt viel weiter hinausragten, das sind die SDO ("scattered disc objects").
Im Jahre 2002 wurde die Entdeckung eines Planetoiden namens Quaoar jenseits der Neptunbahn bekanntgegeben, der
halb so gross wie der Pluto war und es schien nur eine Frage der Zeit zu sein, bis auch ein weiterer plutogrosser Planetoid entdeckt würde, was dann im Jahre 2005 auch der Fall war. Dieser damals als "10.Planet" bezeichnete Planetoid war geringfügig grösser als Pluto und hatte zur Folge, dass er erstens keinen Planetenstatus zuerkannt bekam und Pluto den seinen aberkannt bekam. Das ganze führte zu rechten Streitereien innerhalb der Astronomenschar und der IAU (International Astronomical Union), so dass man den neuen Körper Eris nannte - der Zankapfel der Eris hatte ja auch zu einem Streit unter den Göttinnen geführt. Die Eris ist übrigens auch ein SDO.
Doch diese Objekte hatten eines gemeinsam: ihre Perihelia, also ihre sonnennächsten Punkte, waren verhältnismässig nahe, nicht weiter entfernt als gut 45 AE, also 1.5-fachem Neptunabstand.
Mit einer Ausnahme: die zwei Jahre nach dem Quaoar wurde die Sedna entdeckt und ihr Perihelion lag bei 76 AE, was viel zu weit draussen war. Kommt hinzu, dass die Sedna mit 2/3 Plutodurchmesser zu den "Grossen Acht" gehört.
Bis heute können sich die Astronomen nicht erklären, was das Perihel der Sedna so stark angehoben hat, und schon damals wurde vermutet, dass die Sedna lediglich die erste Entdeckung einer weiteren Planetoiden-Population ist. Denn es wäre ein gewaltiger Zufall, wenn das einzige Objekt dieser Gruppe ausgerechnet jetzt während ihrer 10000-jährigen Umlaufzeit so sonnennahe steht, dass man sie entdecken kann.
Jetzt hat man ein zweites Objekt dieser Gruppe entdeckt und niemand zweifelt daran, dass es noch viel mehr von ihnen gibt. Das Studium ihrer Umlaufbahnen wird also wesentliche Erkenntnisse über die Entstehung und die weitere Geschichte unseres Sonnensystems liefern.
Der Neandertaler hat geschrieben:Oder besteht die Hoffnung, daß dort Leben, wie wir es kennen, besteht?
Es geht also nicht darum, ob es dort neue Lebensformen gibt - dafür ist es dort viel viel viel zu kalt, sondern es geht um das Verständnis, woraus unser Sonnensystem überhaupt besteht und wie sich unser Planetensystem entwickelt hat.
Freundliche Grüsse, Ralf