Hallo zusammen,
zur Abwechslung möchte ich wieder einmal ein wissenschaftliches Thema in der Öffentlichkeit einbringen, welches mich derzeit beschäftigt.
Eigentlich hatte ich zwei Themen in der Pipeline:
Zum einen scheint sich auch in der Fachwelt eine Art Anti-Dunkle Materie-Fraktion zu bilden, wobei ich hier aber nicht ausschliessen will, dass meine Wahrnehmung selektiv ist, da mir die Zeit fehlt, allen Papern, die in diesem Themenbereich veröffentlicht werden, nachzugehen. Wie auch immer – die neueste Modellierung ging von falschen Voraussetzungen aus, was zu einem überraschenden Resultat führte, nämlich dass es in "Sonnennähe" unserer Milchstrasse keine Dunkle Materie gäbe. Dieses Resultat hat sich mittlerweile indes als Irrtum erwiesen. Obgleich dieses interessante Thema noch bei weitem nicht ausdiskutiert wurde verweise ich auf das Astronews-Forum und eben auf dieses vermutlich abschliessende Paper.
Das andere Thema, welches mich beschäftigt, ist der nächst gelegene Sternhaufen von der Sonne überhaupt. Äusserst prominent sind der zweit- und drittnächst gelegene Sternhaufen, bei denen man schon von blossem Auge einfach erkennen kann, dass es sich um Sternhaufen handelt – das sind die Hyaden und die Plejaden, also auf deutsch das Regengestirn und das Siebengestirn, doch der nächstgelegene Sternhaufen, der "Bärenstrom", ist als Sternhaufen den meisten Menschen nicht geläufig, weil er von blossem Auge nicht auffällig ist. Dies, obgleich eigentlich jedermann (und jederfrau) 7 Mitglieder dieses Sternhaufens kennt, nämlich die 5 inneren Sterne des Grossen Wagens, den Augenprüfstern über dem mittleren Deichselstern sowie den hellsten Fixstern des Himmels, den hellen Sirius. Die jedenfalls war der Kenntnisstand bis ins Jahr 2003.
Da der Sirius am Himmel "auf der anderen Seite" als der Grosse Wagen liegt, bedeutet das, dass erstens die Auflösung dieses Sternhaufens bereits weit fortgeschritten ist, was bei gravitativ schwächer gebundenen Systemen nach mehreren Umläufen durch die Galaxie auch zu erwarten ist, und dass unsere Sonne – übrigens auch das nur gut 4 Lichtjahre entfernte Alpha Centauri System (Toliman A, Toliman B und Proxima Centauri) – sich durch diesen Sternhaufen hindurch bewegt, ohne selber dazu zu gehören.
Neuere Auswertungen der Daten des Präzisionssatelliten HIPPARCOS haben aber ergeben, dass der Sirius aufgrund seines zu jungen Alters doch nicht zu diesem Sternhaufen gehört – also es war umgekehrt: man hat herausgefunden, dass die Haufensterne rund 150 Millionen Jahre älter sind als zuvor angenommen. Es gibt Ansätze, dass verschiedene Sterngenerationen zu diesem Bewegungshaufen gehören könnten, und schon seit langer Zeit gibt es die Idee eines "Sirius-Superclusters"; auch ein "Hyaden-Supercluster" war im Gespräch.
Andere Ansätze verfolgen die Idee, dass bei gravitativ weniger stark gebundenen Systemen primär Unregelmässigkeiten der Masseverteilungen in unserer Milchstrasse zur Folge haben, dass zahlreiche Sterne nach mehreren Umläufen durch die Milchstrasse auf ähnliche Umlaufbahnen gebracht werden und somit nur der Eindruck erweckt wird, dass die Mitglieder solcher Bewegungshaufen im selben Sternhaufen entstanden seien.
Obgleich die Thematik selber sehr komplex ist, kann ich mir vorstellen, dass man sich gemeinsam in eine solche Thematik einarbeiten könnte.
Als Einstieg eignen sich meines Erachtens die Wikipedia-Artikel (Stichwort: "Ursa Major Moving Group") sowie folgende beide Publikationen:
Stellar Kinematic Groups. II. A Reexamination of the Membership, Activity, and Age of the Ursa Major Group (King et al., 2003)
The Astrometric and Kinematic Parameters of the Sirius and Hyades Superclusters (Eggen, 1984)
Ich werde in den nächsten Beiträgen ein bisschen die Zentralsterne, den Bärenstrom und den Sirius-Supercluster primär aus Beobachtersicht vorstellen, das soll Euch aber bitte nicht davon abhalten, schon jetzt Gedanken zu dieser Thematik zu formulieren und sehr gerne auch weitere Quellen zu benennen.
Freundliche Grüsse, Ralf