Astronomie: Weisse Zwerge

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Re: Astronomie: Weisse Zwerge

Beitragvon ralfkannenberg » Freitag 9. Dezember 2011, 10:14

Solkar hat geschrieben:P.S.:
ralfkannenberg hat geschrieben:[...]40 Eridani B[...]
Ja! :D
Is ja schon gut... ich geb ja durchaus zu, dass mein Nickname trekkieschen Ursprungs ist . :D

Hallo Holger,

ja, der Grossvater des legendären Mr.Spock. Als Kind war ich Fan von ihm und ich kann den Vulkanier-Gruss, den wir als Kinder in der Schule geübt haben, auch heute noch.

Allerdings dürften der Planet Vulkan dann eher 40 Eridani A (nicht B) umlaufen haben, und ob es in einem 3-fach Sternsystem mit einer Komponente, die ursprünglich deutlich heller als unsere Sonne war, zu einer Evolution hätte kommen können, die Lebewesen der Komplexität der Vulkanier von Star Trek hervorzubringen imstande gewesen ist, müsste man sich zumindest nochmal seperat überlegen.

An sich würde es genügen, die Zeitspanne zu betrachten, in der 40 Eridani B schon ein Weisser Zwerg war; hierzu müsste man aber sein Auskühlalter kennen und dann beurteilen, ob diese Zeit lang genug ist, eine entsprechende Evolution um einen Planeten um die A-Komponente zu ermöglichen.

Der andere vorgeschlagene Mutterstern von Vulkan, Mintaka (rechter Stern im Oriongürtel, ich habe übrigens mein Kajak nach diesem Stern benannt) dürfte als gerade noch O-Stern (!!!) kaum eine geeignete Evolution ermöglichen.


Freundliche Grüsse, Ralf


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8. Dezember 2011, 19:41 Uhr
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Re: Astronomie: Weisse Zwerge

Beitragvon ralfkannenberg » Freitag 9. Dezember 2011, 19:20

Hallo zusammen,

ich will nun die erste Einführung in die Weißen Zwerge mit der Frage, woraus Weisse Zwerge bestehen, abschließen. Da ich diesen Beitrag noch an anderer Stelle verwenden möchte, verwende ich (per Copy/Paste)ausnahmsweise den Buchstaben "ß", den es in der Schweiz nicht gibt. - Wir werden sehen, dass es bezüglich ihrer Zusammensetzung nur 3 Typen Weißer Zwerge gibt, sowie einen weiteren Typ "verhinderter" Weißer Zwerge.

Wie weiter oben gesehen ist der Durchmesser von normalen Sternen ist dort, wo sich der Strahlendruck des Sternes, der den Stern nach außen drückt, und seine Gravitationskraft, die den Stern zusammenzieht, gerade ausgleichen. Der Strahlungsdruck eines Sternes erfolgt aufgrund der Kernreaktionen im Sterninneren, bei denen Atome zu größeren Kernen fusioniert werden. Solange Atomkerne mit einer Ordnungszahl kleiner als derjenigen des Eisen fusionieren, wird bei diesem Prozess Energie frei. Während der meisten Zeit wird Wasserstoff in Helium umgewandelt (Stufe 1), so dass Sterne in Wirklichkeit riesige Wasserstoffbomben sind. Irgendwann aber einmal ist der Wasserstoff aufgebraucht. Wenn der Stern genügend Masse hat, und zwar mehr als 0.4 Sonnenmassen, so kann der nächste Fusionsschritt stattfinden (Stufe 2), bei dem das Helium zu Kohlenstoff und Sauerstoff verschmolzen wird. Hat der Stern mehr als 2.3 Sonnenmassen, so kann nächste Fusionsschritt stattfinden (Stufe 3), bei der der Kohlenstoff und Sauerstoff im Kern des Sternes zu Sauerstoff und Neon verschmolzen werden. Bei mehr als 8 Sonnenmassen ist genügend Energie vorhanden, um auch das Verschmelzen zu höheren chemischen Elementen zu ermöglichen (Stufen grösser als 3). Details hierzu entnehmt Ihr bitte anderen Quellen, eine für den Anfang sehr brauchbare Darstellung befindet sich in der Wikipedia unter dem Stichwort "Nukleosynthese".

Wenn nun das Material, bei dessen Fusionierung Energie frei wird, aufgebraucht ist – das ist spätestens dann der Fall, wenn der Stern nur noch aus Eisen besteht, kann auf diese Weise keine Energie mehr erzeugt werden. Der Stern hat also keine innere Energiequelle mehr, die einen Strahlungsdruck erzeugen könnte, so dass sich der Stern unter seiner eigenen Schwerkraft rasch zusammenzieht und kollabiert.

Wie weit kollabiert der Stern ? Oder anders gefragt: Was kann den Gravitationskollaps stoppen ?

Die beiden Pauli'schen Ausschließungsprinzipien für Elektronen und für Neutronen können den Gravitationskollaps stoppen. Beträgt die Masse des Vorläufersterns weniger als 8 Sonnenmassen, so ist der Brennvorrat spätestens während der dritten Stufe aufgebraucht; in diesem Falle kann das Pauli'sche Ausschließungsprinzip für Elektronen den Gravitationskollaps stoppen und der Stern kollabiert zu einem Weißen Zwerg.

Sobald der Vorgängerstern mehr als 8 Sonnenmassen hat, so kann er die vierte und weiteren Stufe der Nukleosynthese zünden; bei genügend geringer Masse kann zwar das Pauli'sche Ausschließungsprinzip für Elektronen den Gravitationskollaps nicht mehr aufhalten, weil der Weiße Zwerg dann mehr als 1.45 Sonnenmassen aufweisen würde (Chandrasekhar-Grenze), wohl aber das Pauli'sche Ausschließungsprinzip für Neutronen, so dass der Stern zu einem Neutronenstern kollabiert.

Kann der Gravitationskollaps nicht gestoppt werden, so kollabiert der Stern zu einer Singularität, das heißt, zu einem Schwarzen Loch. In der Literatur werden auch noch weitere Zwischenstufen wie Quarksterne und Axionensterne diskutiert. Die genaue Größe der Grenzmassen ist Gegenstand aktueller theoretischer Forschung.

Somit gibt es aufgrund dieser drei Stufen der Nukleosynthese drei Typen Weißer Zwerge, nämlich leichte, mittelschwere und schwere Weiße Zwerge. Leichte Weiße Zwerge haben weniger als 0.4 Sonnenmassen, mittelschwere zwischen 0.4 und 1.05 Sonnenmassen und schwere mehr als 1.05 und weniger als 1.45 Sonnenmassen, der maximal möglichen Masse für Weiße Zwerge. Die meisten Weißen Zwerge gehören zu den mittelschweren.

Theoretisch denkbar wäre auch noch ein Typ Weißer Zwerge, die aus der 0.Stufe der Nukleosynthese übriggeblieben sind, die also nach wie vor aus Wasserstoff bestehen und nicht genügend Masse hatten, um ein Heliumbrennen (Stufe 1) zu zünden. Tatsächlich gibt es solche Sterne, konkret sind das die massereicheren Exemplare der Braunen Zwerge. Diese könnte man also auch als ultra-leichte "Weiße Zwerge" bezeichnen, und sie wären somit nicht nur verhinderte Sterne, sondern auch verhinderte Weiße Zwerge.

Leichte Weiße Zwerge kann es nach obigem Modell übrigens nicht geben, da das Alter des Universums nicht ausreicht, um den Wasserstoffvorrat solcher massenarmer Vorläufersterne aufzubrauchen. Man hat aber welche beobachtet, und tatsächlich gibt es noch eine zweite Methode, wie ein Stern Masse verlieren kann, nämlich dann, wenn der Stern sich in der Nähe eines massereicheren Sternes (z.B. mindestens mittelschwerer Weißer Zwerg oder Neutronenstern) befindet und der ihm Masse absaugt. Dieser Prozess ist während des bisherigen Alters des Universums möglich und es verbleibt ein weitgehend nackter Heliumkern des Roten Riesen, bei dem der Strahlungsdruck zusammenfällt und der zu einem leichten Weißen Zwerg wird. Wenn der Partnerstern ein Neutronenstern war, so wird letzterer zu einem Millisekunden-Pulsar, die man einfach nachweisen kann, da ein Neutronenstern, der nur aus einem Sternkollaps entstanden ist, bei weitem nicht so schnell rotieren kann. Es wurden übrigens auch schon mittelschwere Weiße Zwerge um Millisekundenpulsare entdeckt, d.h. durch Absaugen können auch mittelschwere Weiße Zwerge entstehen.


Freundliche Grüße, Ralf


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Re: Astronomie: Weisse Zwerge

Beitragvon Solkar » Donnerstag 15. Dezember 2011, 11:19

Hallo Ralf!

Wissen wir eigentlich schon, wie die Massen-Ratio von Reg Giant(RG)-Core ./. Remnant aussieht?

ralfkannenberg hat geschrieben:Wie weit kollabiert der Stern ? Oder anders gefragt: Was kann den Gravitationskollaps stoppen ?
Dazu mal forlgende Aufälligkeit:

Falls wir die Sonne als Rolemodel für Vorläufersterne von (kleinen) RG nähmen, so hätten jene Kerne von ~1/2 M.
Extrapolierte man jene Massenrelation einmal naiv auf den in der von Dir oben verlinkten Arbeit [LYA+05] beschriebenen Progenitor (\(\approx 5 M_☉\)) von Sirius B (\(\approx 1 M_☉\)), so erhielte man, dass dort Kernmaterie des Progenitors mit abgeblasen wurde(!).

Das ist mir noch nicht plausibel; ich würde deshalb gerne die Evolution von RG zu WD zunächst soweit erschliessen wollen, dass wir einen Ansatz dafür formulieren können, wie gross/massiv das Remnant, das zum WD kollabiert, relativ zum Kern ist.

ralfkannenberg hat geschrieben:Somit gibt es aufgrund dieser drei Stufen der Nukleosynthese drei Typen Weißer Zwerge, nämlich leichte, mittelschwere und schwere Weiße Zwerge. Leichte Weiße Zwerge haben weniger als 0.4 Sonnenmassen, mittelschwere zwischen 0.4 und 1.05 Sonnenmassen und schwere mehr als 1.05 und weniger als 1.45 Sonnenmassen, der maximal möglichen Masse für Weiße Zwerge. Die meisten Weißen Zwerge gehören zu den mittelschweren.
(Schöne Zusammenfassung!)
In die Klasse der Progenitoren der mittelschweren WD fallen somit vmtl die Sonne und der Progenitor von Sirius B, somit erhalten wir dazu vmtl das reichste Zahlenmaterial; deshalb würde ich die Betrachtung gerne auf mittelschwere WD konzentrieren.


Grüsse, Holger

[LYA+05] James Liebert, Patrick A. Young, David Arnett, J.B. Holberg, and Kurtis A. Williams. The Age and progenitor mass of Sirius B. Astrophys.J., 630:L69–L72, 2005.
Available from World Wide Web: http://arxiv.org/abs/astro-ph/0507523v2. (von Ralf gefunden)
"Was macht die Bratze da auf dem Sofa?"
Aus einem "Jungen Deutschen Film" - Ausspruch einer aufgeräumt wirkenden Nackten, die am Spätvormittag in ein WG-Zimmer voller bekleideter, aber derangiert wirkender Männer tritt.
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Re: Astronomie: Weisse Zwerge

Beitragvon ralfkannenberg » Donnerstag 15. Dezember 2011, 13:50

Solkar hat geschrieben:Wissen wir eigentlich schon, wie die Massen-Ratio von Reg Giant(RG)-Core ./. Remnant aussieht?

Solkar hat geschrieben:Falls wir die Sonne als Rolemodel für Vorläufersterne von (kleinen) RG nähmen, so hätten jene Kerne von ~1/2 M.
Extrapolierte man jene Massenrelation einmal naiv auf den in der von Dir oben verlinkten Arbeit [LYA+05] beschriebenen Progenitor (\(\approx 5 M_☉\)) von Sirius B (\(\approx 1 M_☉\)), so erhielte man, dass dort Kernmaterie des Progenitors mit abgeblasen wurde(!).

Hallo Holger,

das überrascht mich nicht; ich habe ja vor fast einem jahr hierzu einen Beitrag in einem Jugendforum der Familie der Ehefrau eines sehr guten Freundes verfasst und er hat (wie immer) die Bebilderung vorgenommen.

Als ich mir das Bild angeschaut habe war ich entsetzt - es passte überhaupt nicht zu meinem Text. Ich habe mir die Quelle angeschaut - seriös. Aber: Anfang 90iger Jahre - damals glaubte man eben, das sei noch so, also konkret ging man von viel kleineren "Abblas-Raten" aus. Das ganze ist offenbar nur für genügend leichte Sterne gut modellierbar und schon ab Massen geringfügig über der Sonnenmasse muss man zahlreiche Annahmen machen. Immerhin hat sich die Simulationstechnik in den vergangenen 15 Jahren so weit verbessert, dass die Remnants von Sternen bis zu 8 Sonnenmassen unter der Chandrasekhar-Grenze bleiben, weil der Progenitor genügend Masse abblasen kann.

Zudem - auch das war mir nicht bewusst, weiss man offenbar auf heute (ok, 2009) noch nicht, bis welcher Masse des Progenitors noch ein Neutronenstern resultiert und ab welcher Masse der Kollaps dann weitergeht, ich will jetzt noch gar nicht konkretisieren und von möglichen Quarksternen, Axionensternen oder Schwarzen Löchern sprechen, sondern nur davon, dass das Pauli'schen Ausschliessungsprinzip für Neutronen den Gravitationskollaps nicht mehr aufhalten kann.

Zudem vermute ich, dass es hierzu auch noch masseunabhängige Kriterien gibt, die das wesentlich mitbeeinflussen.

Freundliche Grüsse, Ralf
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Astronomie: Weisse Zwerge

Beitragvon ralfkannenberg » Montag 18. Juni 2012, 18:17

Hallo zusammen,

auch dieses Thema habe ich nun in den neuen Bereich "Astronomie" verschoben. Falls noch weitere Themen in diesen Bereich verschoben werden sollen, mich einfach per PN anfragen.


Freundliche Grüsse, Ralf
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