Astronomie: Weisse Zwerge

Moderator: nocheinPoet

Astronomie: Weisse Zwerge

Beitragvon ralfkannenberg » Freitag 4. November 2011, 20:49

Hallo zusammen,

ich weiss zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht, ob und wenn ja, was aus diesem Thema werden wird. Seit Jahren wollte ich mich eigentlich mal zu diesem Thema schlau machen und habe dennoch nur selten Zeit gefunden, mich hiermit zu beschäftigen.

Eigentlich erst mit dem neuen Teilchenbeschleuniger (LHC) im CERN bin ich dazu gekommen, mich etwas mehr mit diesen Sternen zu beschäftigen, bislang jedoch immer noch nur einseitig.

An diversen Stellen habe ich bereits zu diesem Thema geschrieben, z.B. hier im Absatz 4.

Ich möchte mich dem aus astronomischer Sicht etwas annähern, ohne dabei irgendwelche Formelapparate zu bemühen, nicht zuletzt auch deswegen, weil einer der CERN-Kritiker immer wieder behauptet, dass die Weissen Zwerge doch viel zu weit entfernt seien, um wirklich Rückschlüsse über sie gewinnen zu können.

So sind es immer wieder 2 Tatsachen, die mich beeindrucken:

1. sind die wirklich so weit weg ?
2. und die Nahen von ihnen: Wie hell waren die früher (wenn sie damals in diesem Abstand gestanden wären) ?

Fangen wir mal mit (1) an:

Der nächste Fixstern ist gut 4 Lichtjahre von uns entfernt; das sind Proxima Centauri und das Alpha Centauri System. Das "alpha" hat zunächst einmal nichts mit der Nähe zu tun, sondern gibt nur an, dass es sich um den von der Erde aus gesehen (scheinbar) hellsten Stern im Sternbild des Zentaurn handelt, wobei sich die Durchbuchstabisierung mit griechischen Buchstaben zwar meistens, aber nicht immer an der scheinbaren Helligkeit orientiert.

Gehen wir nun mal doppelt so weit weg, also zum doppelten Abstand des nächsten Fixsternes. Finden wir in diesem Bereich einen Weissen Zwerg ? Und die vielleicht überraschende Antwort ist: Ja ! Dort findet man den hellsten Fixstern des Sternhimmels, das ist der Sirius und dessen Partnersternist ein Weisser Zwerg:

- Sirius B

Ist das ein Zufall ? Gehen wir nun nochmals doppelt so weit weg, also zum vierfachen Abstand des nächsten Fixsternes. In diesem Areal kennt man zwar gut 50 Sternsysteme, von blossem Auge sichtbar sind aber nur 11 Sterne - unsere Sonne dabei mitgezählt. Ein zwölfter Stern wäre helligkeitsmässig ebenfalls von blossem Auge problemlos sichtbar, steht aber zu nahe an seinem Hauptstern und wird von diesem überstrahlt. Wieviele Weisse Zwerge gibt es in diesem Areal, also vierfacher Abstand zum nächsten Fixstern ?

Einen hatten wir ja schon im doppelten Abstand, das ist der Sirius B. Und nun kommen noch 4 weitere hinzu:

- Procyon B
- van Maanen's Stern
- GJ 440
- 40 Eridani B

Also doch immerhin 5 Weisse Zwerge.

Nun wechseln wir von der scheinbaren Helligkeit zur absoluten Helligkeit (was übrigens bei diesen nahen Distanzen nicht allzuviel ausmacht).

Dort ist der Sirius der hellste Stern, Atair (alpha Aquilae) der zweithellste und Procyon (alpha Canis Minoris) der dritthellste. Alle drei sind ebenso wie der vierplatzierte Alpha Centauri Sterne erster Grösse, und unsere Sonne kommt in dieser "Hitliste" gleich danach auf Platz 5.

Nun gehen wir in die Vergangenheit und nehmen einmal an, die Sterne wären damals am selben Ort gestanden. Das ist zwar Unsinn, aber es geht mir jetzt ja nur darum, eine Vorstellung von den Helligkeiten zu erhalten.

Wo würden sich die sonnennahen Weissen Zwerge einreihen ?

Nun, sie würden sportlich gesehen das Podest unter sich ausmachen und den armen heutigen Sirius A auf Platz 4 verweisen. Auf Platz 1 käme der Sirius B, gefolgt vom GJ 440 und auf Platz 3 vom van Maanens Stern.


Soviel mal, um sich eine erste Vorstellung über diese sonderbaren Sterne machen zu können.

Freundliche Grüsse, Ralf
Benutzeravatar
ralfkannenberg
 
Beiträge: 5469
Registriert: Montag 24. Oktober 2011, 20:25

Re: Astronomie: Weisse Zwerge

Beitragvon Artie » Freitag 4. November 2011, 23:30

Als Computerspezl dürfte das "PROXI" in Proxima Zentauri nicht wundern, oder?
;)

Wie hell wäre diese weißem Zwerge gewesen?
Als Überbleibsel von Sternen geringerer Massen vielleicht gar nicht so sehr anders?
Ja heller vielleicht, aber nicht so sehr, das sie den Sternenhimmel dominiert hätten?

Wenn ich den Sternenhimmel sehe und philospohiere, dann frage ich mich:
Sind wir nicht ein kosmischer Witz?
Unsere Existenz währt nur einen kosmischen Augenblick, wir können nur die Größe nur erahnen!
Und vielleicht werden wir verschwunden sein, bevor wir auch nur die geringsten aller Wunder des Universum sehen konnten.
Chief: „Die Beschleunigung bleibt vorhanden obwohl die Summe alle Kräfte gleich Null ist. F_magnetanziehung+F_trägheit=0.
F1=-F2=> F1+F2 = 0.“

Highway: „Aus F1=-F2 folgt F1+F2 <> 0 du Amateur.“

Chief: „Du lügst schon wieder Du Arsch!“
Benutzeravatar
Artie
 
Beiträge: 997
Registriert: Sonntag 22. August 2010, 14:37

Re: Astronomie: Weisse Zwerge

Beitragvon ralfkannenberg » Montag 7. November 2011, 14:22

Artie hat geschrieben:Wie hell wäre diese weißem Zwerge gewesen?

Hallo Artie,

um diese Frage beantworten zu können, benötigt man im Wesentlichen Angaben, wieviel Masse die Vorläufersterne hatten und welchem Spektraltyp sie angehört haben. Darüber kann man dann mit Hilfe des Hertzsprung-Russel-Diagrammes ihre absolute Helligkeit abschätzen und darauf unter Kenntnis der Entfernung errechnen, wie hell die Vorläufersterne geleuchtet hätten, wenn sie schon damals an der Stelle standen, an der sie heute stehen. Zu dieser Thematik wurden bereits einige Publikationen geschrieben:

- Sirius B, Abschnitt "Sirius B"
- Procyon B, Seite 782 rechts
- Van Maanen's Stern; Abschnitt 3.1, 3.Zeile
- Gliese 440
- 40 Eridani B, Seite 383 rechts

Man beachte übrigens, dass die Zahlenbezeichnung "40 Eridani" in der Regel nur im Zusammenhang mit dem Weissen Zwerg verwendet wird; den Hauptstern bezeichnet man meistens in der Notation mit griechischem Buchstaben, also omikron(2) Eridani.

Hier finden wir im Wesentlichen folgende Angaben:
Vorgängerstern Sirius B: Spektrum B4/5, 5 Sonnenmassen (heute: 0.98)
Vorgängerstern Procyon B: 1.7 Sonnenmassen (heute: 0.60)
Vorgängerstern Van Maanen's Stern: 4 Sonnenmassen (heute: 0.70)
Vorgängerstern Gliese 440: Spektrum B4-9, 4.4 Sonnenmassen (heute: 0.75)
Vorgängerstern 40 Eridani B: Spektrum (A?)-F; über 1.5 Sonnenmassen (heute: 0.50)

Abschätzung der absoluten Helligkeiten der Vorgängersterne der 5 sonnennächsten Weissen Zwerge:
Hierzu kann man das Hertzsprung-Russel-Diagramm nutzen; dabei ist zu beachten, dass die Vorgängersterne allesamt sogenannte Hauptreihensterne waren. Dann können wir diese Werte ganz einfach aus dem Hertzsprung-Russel-Diagramm ablesen.

Da uns nicht alle Angaben vorliegen, müssen wir einige abschätzen; das sollte aber keinen allzugrossen Fehler beinhalten. Verwenden wir für den Vorgängerstern des Van Maanen's Sternes, dass seine Masse zwischen derjenigen des Vorgängersternes von Gliese 440 und dem heutigen Hauptstern Sirius A (~2 Sonnenmassen) liegt, so liefert das einen Spektraltyp zwischen B4-9 und A1, näher beim Vorgängerstern von Gliese 440.

Für den Vorgängerstern des Procyon B wollen wir die absolute Helligkeit des sonnennahen Sternes Atair, der ebenfalls 1.7 Sonnenmassen hat, verwenden, das sind 2.2 magnitudo.

Das führt dann zu folgenden absoluten Helligkeiten:
Vorläuferstern Sirius B: 0.00 mag
Vorläuferstern Procyon B: 2.22 mag
Vorläuferstern Van Maanen: 1.00 mag
Vorläuferstern Gliese 440: 0.50 mag
Vorläuferstern 40 Eridani B: 3.00 mag

Die sind also allesamt absolut heller als unsere Sonne (4.85 mag) und auch heller als Alpha Centauri A (4.38 mag).

Abschätzung der scheinbaren Helligkeiten der Vorgängersterne der 5 sonnennächsten Weissen Zwerge:
Mithilfe des Entfernungsmoduls und der Abstände ihrer heutigen Positionen kann man nun die scheinbaren Helligkeiten der Vorläufersterne berechnen.

Das führt dann zu folgenden scheinbaren Helligkeiten:
Vorläuferstern Sirius B: -2.9 mag
Vorläuferstern Procyon B: 0.38 mag
Vorläuferstern Van Maanen: -0.83 mag
Vorläuferstern Gliese 440: -1.18 mag
Vorläuferstern 40 Eridani B: 1.51 mag

Nun wollen wir uns diese Zahlen etwas veranschaulichen:

Der Jupiter erreicht maximal - 2.9 mag, d.h. der Vorläuferstern von Sirius B war so hell wie heute der Jupiter in Opposition und somit klar der hellste Fixstern am Nachthimmel, zumal die A-Komponente (-1.46 mag) auch noch dazukam - man kann die beiden Sterne von blossem Auge ja nicht trennen. Somit war lediglich die Venus heller. Der heutige Sirius A erreicht als hellster Fixstern -1.46 mag, aufgrund seiner Nähe hat er aber "nur" eine absolute Helligkeit von +1.47 mag, so dass die Vorläufersterne von Gliese 440 und vom van Maanens Stern absolut heller waren. Weil sie aber etwas weiter entfernt sind, wären sie (wenn die Abstände damals so wie heute gewesen wären) dennoch etwas weniger hell als der heutige Sirius A.

Die Vorläufersterne von Gliese 440 und van Maanens Stern lägen dann zwischen dem heutigen Sirius und Canopus am Südhimmel (zweithellster Fixstern, -0.62 mag).

Der Vorläuferstern von Procyon wäre geringfügig heller als der heutige Procyon (beachte, dass damals aber auch beide miteinander strahlten, so dass sie also in etwa so hell wie die Sterne Arktur, Wega und Capella (allesamt rund 0.0 mag) gestrahlt hätten, und der Vorläuferstern von 40 Eridani B hätte die Helligkeit des schwächeren Zwillingssternes Castor (1.58 mag) gehabt.


Freundliche Grüsse, Ralf


P.S. Solange niemand nach mir schreibt führe ich noch kleine Korrekturen durch (Schreibfehler, Ergänzungen)
Benutzeravatar
ralfkannenberg
 
Beiträge: 5469
Registriert: Montag 24. Oktober 2011, 20:25

Re: Astronomie: Weisse Zwerge

Beitragvon ralfkannenberg » Mittwoch 9. November 2011, 18:48

Hallo zusammen,

ich möchte nun mal hier weiter machen. Wisst Ihr eigentlich, warum diese Sterne "Weisse Zwerge" heissen ?

Um dies verstehen zu können, müssen wir uns in die damalige Zeit (ca. 1910) versetzen; man kannte diese Sterne und wusste auch, wie hell die sind bzw. wie wenig hell die sind. "Diese" Sterne, das sind der Sirius B, der 40 Eridani B sowie kurze Zeit später der Zufallsfund van Maanens Stern, der damals noch "van Maanen 2" genannt wurde, weil der Astronom van Maanen bei einer Kontrollbeobachtung des nach ihm benannten Sterns "van Maanen" ihn zufällig fand und bemerkte, dass dieser Stern eine hohe Eigenbewegung hatte.

Diese sonnennahen Sterne, die so schwach leuchten, sollten den damaligen Vorstellungen gemäss allesamt rote Hauptreihensterne am "kühlen" Ende des Hertzsprung Russel-Diagramms sein, daran gab es überhaupt keine Zweifel.

Als dann die Spektroskopie weiter fortgeschritten war und man Spektren dieser Sterne gewinnen konnte, stellte sich heraus, dass sie keineswegs kühle rote Hauptreihensterne am "kühlen" Ende des Hertzsprung Russel-Diagramms, sondern im Gegenteil heisse gleissend weisse Sterne am "heissen" Ende des Hertzsprung Russel-Diagramms. Das Ergebnis war aus damaliger Sicht völlig absurd: Solche nahegelegenenen gleissend weisse Sterne, die so schwach leuchteten, konnten somit nur eine sehr kleine Oberfläche haben, d.h. erdgrosse Gebilde mit einer knappen Sonnenmasse sein, und zudem kannte man auf der Erde kein Material, welches so dicht zusammengepresst sein konnte, um solche enormen Dichten erreichen zu können. Grob gerechnet 40000x ( (100*100*100)/25) dichter als Osmium, das Element mit der höchsten Dichte. - Diese Zahl ergibt sich daraus, dass die Erde rund 100x kleiner ist als die Sonne, dies in der 3.Potenz und dann durch die Dichte von Osmium dividiert, dabei habe benutzt, dass die Sonne eine Dichte geringfügig über derjenigen von Wasser hat, d.h. für diese grobe Überschlagsrechnung die beiden gleichgesetzt habe.

Es waren also gleissend weiss strahlende Sterne in Erdgrösse, und deswegen nannte man sie “Weisse Zwerge“.

Diese drei Sterne Sirius B, 40 Eridani B und van Maanen waren lange Zeit die einzigen bekannten Weissen Zwerge und hatten deswegen den Namen „klassische Weisse Zwerge“. Zwar wurde früh vermutet, dass auch der Begleiter des Procyon ein Weisser Zwerg sein könnte, doch umläuft Procyon B seinen Hauptstern so nahe, dass es damals noch nicht möglich war, ein Spektrum von Procyon B zu gewinnen.

Ich bitte um Nachsicht, dass ich über den zweithellsten Weissen Zwerg in Sonnennähe, Gliese 440 (klassischer Name: Luyten 145-141 oder L 145-141), immer noch keine näheren Entdeckungs-Info's gefunden habe.


Freundliche Grüsse, Ralf
Benutzeravatar
ralfkannenberg
 
Beiträge: 5469
Registriert: Montag 24. Oktober 2011, 20:25

Re: Astronomie: Weisse Zwerge

Beitragvon ralfkannenberg » Montag 14. November 2011, 19:01

Hallo zusammen,

im letzten Beitrag habe ich geschrieben, warum die Weissen Zwerge diesen Namen haben. Die nächste Frage ist natürlich die, warum die überhaupt so klein sind. Fragen wir doch einmal umgekehrt: Warum sind normale Sterne so gross ? Oder noch anders gefragt: Was bestimmt die Grösse eines Sternes ? Sehr stark vereinfacht wirken auf einen Stern zwei Kräfte:

- die Gravitationskraft, die den Stern zusammenziehen will sowie
- der Strahlungsdruck, der einen Stern auseinanderbläht


Und dort, wo diese beiden Kräfte im Gleichgewicht sind, dort ist die Oberfläche des Sternes und deren Abstand vom Mittelpunkt ergibt also die Grösse des Sternes.

Viel einfacher ist die Situation bei Himmelskörpern, die nicht selber scheinen, weil hier gemäss obigem vereinfachten Modell nur eine Kraft wirksam ist, nämlich diejenige der Schwerkraft. – Natürlich stimmt das so noch nicht, denn sonst würde ja alle nicht selber scheinenden Himmelskörper, also beispielsweise neben dem Sirius B, Procyon B, van Mannen’s Stern, GL 440 oder 40 Eridani B und all den anderen Weissen Zwergen auch die planetaren Himmelskörper wie unsere Erde und der Mond, aber auch alle braunen Zwergsterne ("Braune Zwerge") und übrigens auch die Pulsare der Gravitationskollaps ereilen und sie wären allesamt Schwarze Löcher. Dem ist aber nicht so, d.h. irgendeine Kraft hält also bei diesen Himmelskörpern den Gravitationskollaps auf.

Im Falle der Planeten, die ja nicht so viel Masse haben, wird der atomare/molekulare Aufbau von elektromagnetischen Kräften bestimmt, die viel stärker als die Schwerkraft sind; somit erleiden Planeten auch ohne Strahlungsdruck keinen Gravitationskollaps. Ab einer genügend großen Masse jedoch dominiert die Schwerkraft, so dass die uns vertraute atomare/molekulare Struktur zusammenbricht, wenn es keinen Strahlungsdruck gibt, der dem entgegenwirkt.

Was passiert jetzt ?

Es gibt verschiedene Prozesse, die den Gravitationskollaps stoppen können. Die beiden wichtigsten sind das Pauli'sche Ausschliessungsprinzip für Elektronen sowie das Pauli'sche Ausschliessungsprinzip für Neutronen. Diese besagen, dass nicht zwei Elektronen und auch nicht zwei Neutronen denselben Quantenzustand einnehmen können. Es ist also denkbar, dass ein Himmelskörper genügend Masse aufweist, so dass die vorhandene Schwerkraft zwar stärker ist also die elektromagnetischen Kräfte, die den atomaren/molekularen Aufbau bestimmt, aber nicht genügend stark, um die beiden Pauli'schen Ausschliessungsprinzipien zu durchbrechen. Werden beide nicht durchbrochen, so wird der Gravitationskollaps vom Pauli'schen Ausschliessungsprinzip für Elektronen gestoppt; bei noch grösserer Schwerkraft - man kann zeigen. dass dies bei ungefähr 1.4 Sonnenmassen (Chandrasekhar-Grenze) der Fall ist - kann der Gravitationskollaps vom Pauli'schen Ausschliessungsprinzip für Neutronen gestoppt werden. In diesem Falle ist dank der grossen Schwerkraft genügend Energie vorhanden, um den inversen Betrazerfall in Gang zu bringen, bei dem sich Elektronen und Protonen in Neutronen und elektronische Neutrinos umwandeln.

Beobachtungsdaten von Weissen Zwergen und von Pulsaren haben ergeben, dass es sich bei den Weissen Zwergen um Himmelskörper handelt, deren Gravitationskollaps vom Pauli'schen Ausschliessungsprinzip für Elektronen gestoppt wird, und bei den Pulsaren um Himmelskörper, deren Gravitationskollaps vom Pauli'schen Ausschliessungsprinzip für Neutronen gestoppt wird; deswegen bezeichnet man die Pulsare physikalisch auch als Neutronensterne.

Der Vollständigkeit halber sei angefügt, dass es sich bei genügend massereichen Braunen Zwerge ebenfalls um Himmelskörper handelt, deren Gravitationskollaps vom Pauli'schen Ausschliessungsprinzip für Elektronen gestoppt wird.

Wir haben nun alle Zutaten beisammen; auf die Himmelskörper wirken somit grob gesprochen 5 Kräfte:
- die Schwerkraft
- der Strahlungsdruck
- elektromagnetische Kräfte, die den atomaren/molekularen Aufbau bestimmen
- das Pauli'schen Ausschliessungsprinzip für Elektronen und
- das Pauli'schen Ausschliessungsprinzip für Neutronen

Je nach dem, welche Kräfte dominieren, können sich nun unterschiedliche Typen Himmelskörper formieren:
- Sterne, die einen genügend grossen Strahlungsdruck erzeugen können
- planetare Himmelskörper und genügend leichte Braune Zwerge
- genügend schwere Braune Zwerge und Weisse Zwerge
- Neutronensterne
- Schwarze Löcher


Freundliche Grüsse, Ralf
Benutzeravatar
ralfkannenberg
 
Beiträge: 5469
Registriert: Montag 24. Oktober 2011, 20:25

Re: Astronomie: Weisse Zwerge

Beitragvon ralfkannenberg » Montag 5. Dezember 2011, 14:45

ralfkannenberg hat geschrieben:Das führt dann zu folgenden scheinbaren Helligkeiten:
Vorläuferstern Sirius B: -2.9 mag
Vorläuferstern Procyon B: 0.38 mag
Vorläuferstern Van Maanen: -0.83 mag
Vorläuferstern Gliese 440: -1.18 mag
Vorläuferstern 40 Eridani B: 1.51 mag

Hallo zusammen,

die Zahl 0.38 für den Vorläuferstern von Procyon B macht mich etwas stutzig, denn Procyon A hat eine scheinbare Helligkeit von 0.5, also nur 0.12 magnitudo weniger. Das erscheint mir für einen Stern, der schon seit langem die Hauptreihe verlassen hat, "gefühlsmässig" zu wenig, d.h. der Vorläuferstern von Procyon B sollte m.E. heller gewesen sein. Allerdings sind die Schätzungen ohnehin bestenfalls auf 0.5 magnitudo genau.

Ich werde mir das nochmals etwas näher anschauen müssen.


Freundliche Grüsse, Ralf
Benutzeravatar
ralfkannenberg
 
Beiträge: 5469
Registriert: Montag 24. Oktober 2011, 20:25

Re: Astronomie: Weisse Zwerge

Beitragvon Solkar » Donnerstag 8. Dezember 2011, 00:23

ralfkannenberg hat geschrieben:[...]Weissen Zwerge[...]
[...]
2. und die Nahen von ihnen: Wie hell waren die früher (wenn sie damals in diesem Abstand gestanden wären) ?


Hallo Ralf!

Interessantes Thema; lass uns bitte erstmal ein Toolset bauen.

Hammer und Meissel beim Aufstellen von EOS für gewöhnliche Sterne ist das Stefan-Boltzmann-Gesetz
\[P = \sigma_B A T^4\qquad \text{(S1.1)}\]
und solange die Dinger halbwegs kugelig sind, somit
\[P = 4\pi \sigma_B R^2 T^4\qquad \text{(S1.2)}\].

Die über alle Frequenzen integrierte Gesamtleistung geht also quadradratisch mit dem Radius und biquadratisch mit der Oberflächentemperatur.
Ferner "verdünnt" sich die Leistung pro durchstrahlter Fläche am Beobachtungsort mit dem Quadrat des Abstandes \(D\) zum Stern; damit kriegt man letztlich eine Korrelation zur gemessenen Helligkeit.

Die Temperatur wiederrum kann man durch Ermittlung des Peaks der (Planck-)Verteilung der Wellenlängen ermitteln; dabei gilt das Wiensche Verschiebungsgesetz.

\[\lambda_{max} \approx \frac{2898\,\mu m\,K}{T}\qquad \text{(S1.3)}\]
(Das wird durch eine Newton-Algorithmus approximativ ermittelt; deshalb setze ich da ein \(\approx\), ausserdem erfolgen ja bekanntlich 83.1234567% aller statischen Angaben mit sinnloser scheinbarer Genauigigkeit :); deshalb runde ich da gleich ein wenig).

Da man im All nicht immer ideal freie Strahlenwege hat stossen solche Kalkulationen natürlich auf praktische Schwierigkeiten, aber das sind erstmal ein paar Grundgleichungen.


Grüsse, Holger
"Was macht die Bratze da auf dem Sofa?"
Aus einem "Jungen Deutschen Film" - Ausspruch einer aufgeräumt wirkenden Nackten, die am Spätvormittag in ein WG-Zimmer voller bekleideter, aber derangiert wirkender Männer tritt.
Benutzeravatar
Solkar
 
Beiträge: 371
Registriert: Freitag 11. November 2011, 20:40

Re: Astronomie: Weisse Zwerge

Beitragvon ralfkannenberg » Donnerstag 8. Dezember 2011, 17:27

Hallo Holger,

ich freue mich sehr, dass Du Dich in dieses Thema einklinkst; bei obigem Toolset darf man noch zwei Einschränkungen machen, die das ganze vereinfachen dürften:

Als erstes beschränkt sich das ganze auf Vorläufersterne mit maximal 8 Sonnenmassen, da der verbleibende Stern massereicherer Sterne mehr Masse als die Chandrasekhar-Grenze haben würde, d.h das Pauli'sche Ausschliessungsprinzip für Elektronen den Kollaps nicht stoppen kann; das Resultat wäre dann ein Neutronenstern, ein hypothetischer Quarkstern oder gar ein "Axionenstern" oder ganz banal ein Schwarzes Loch.

Die Masseobergrenze für Vorläufersterne ist vermutlich immer noch nicht gesichert, in den vergangenen Jahren konnte sie immer mehr nach oben verschoben werden; hier ist das Problem, dass es nicht einfach ist, zu simulieren, wieviel Masse der Vorläuferstern bei der Supernova-Explosion abstossen kann.

Zumindest bei nicht allzu massereichen Sternen dürfte die Dichte hinreichend gross sein, um bei einer vernünftigen Rotationsrate dennoch eine genügend kugelförmige Gestalt zu gewährleisten.

Und was die ideal freien Strahlenwege anbelangt, so dürfte dies im sonnennahen Bereich bis gut 5 Parsec (~16.5 Lichtjahre) kaum ein Problem sein.

Es gibt gute Publikationen zum nächsten Weissen Zwerg, dem Sirius B - vielleicht kann man denen auch noch wertvolle Info's entnehmen, z.B.
The Age and Progenitor Mass of Sirius B

Wenngleich etwas off-topic dürfte auch dies interessante Info's liefern, zumal 40 Eridani B hell ist (< 10 mag) und immerhin fast 1'.5 vom Hauptstern getrennt:
Magnetic field measurements in white dwarfs. Magnetic field, rotation and spectrum of 40 Eri B


Freundliche Grüsse, Ralf
Benutzeravatar
ralfkannenberg
 
Beiträge: 5469
Registriert: Montag 24. Oktober 2011, 20:25

Re: Astronomie: Weisse Zwerge

Beitragvon Artie » Donnerstag 8. Dezember 2011, 18:21

Ich kann leider nicht sehr viel dazu sagen, deswegen kommt von mir nicht viel.
Aber das die weißen Zwerge quasi nur noch "nachglühen" weil keine Reaktion mehr stattfindet, finde ich sehr interessant, das hätte ich nicht gedacht.
Chief: „Die Beschleunigung bleibt vorhanden obwohl die Summe alle Kräfte gleich Null ist. F_magnetanziehung+F_trägheit=0.
F1=-F2=> F1+F2 = 0.“

Highway: „Aus F1=-F2 folgt F1+F2 <> 0 du Amateur.“

Chief: „Du lügst schon wieder Du Arsch!“
Benutzeravatar
Artie
 
Beiträge: 997
Registriert: Sonntag 22. August 2010, 14:37

Re: Astronomie: Weisse Zwerge

Beitragvon Solkar » Donnerstag 8. Dezember 2011, 19:41

Artie hat geschrieben:IAber das die weißen Zwerge quasi nur noch "nachglühen" weil keine Reaktion mehr stattfindet, finde ich sehr interessant, das hätte ich nicht gedacht.
Das macht die Rechnerei insofern leichter, da man keine zentrale Brennzone ansetzen muss; deshalb darf man von einem glatten Dichtegradienten zumindest mal träumen.
Allerdings denke ich, dass uns die QM dabei einen Strich durch die Rechnung machn wird, aber mal sehen.


ralfkannenberg hat geschrieben:Zumindest bei nicht allzu massereichen Sternen dürfte die Dichte hinreichend gross sein, um bei einer vernünftigen Rotationsrate dennoch eine genügend kugelförmige Gestalt zu gewährleisten.
Das Remnant erbt vom Progenitor einen Anteil des (Eigendreh-)impulses; machen wir's einfach und betrachten den Bahndrehpuls eines Gasteilchens am Rotationsäquator
Wenn sich das Remnant auf z.B. 1E-3 Radius zusammenzieht, bewirkt die Drehimpulserhaltung, dass die Winkelgeschwindigkeit dort auf das 1E6 -fache steigt; somit steigt die Fliehkraft dort auf das 1E9- fache. Die Schwerebeschleunigung steigt aber nur auf das (1E3)² = 1E6-fache.

Man muss also eine Gleichgewichtslinie für die Oberflächenkurve eines Schnitts durch den WD finden; das ist ein (recht simples) Variationsproblem, das wir uns mal vormerken sollten.


ralfkannenberg hat geschrieben:Und was die ideal freien Strahlenwege anbelangt, so dürfte dies im sonnennahen Bereich bis gut 5 Parsec (~16.5 Lichtjahre) kaum ein Problem sein.

MIt freiem Strahlenweg meinte ich jetzt nicht nur Abwesenheit von Staub, sondern Abwesenheit von allem, was iwie auf EM-Wellen einwirken kann; dazu gehört z.B. auch gravitative Rotverschiebung.


Später mehr, bin grad unter Zeitdruck.

Grüsse, Holger


P.S.:
ralfkannenberg hat geschrieben:[...]40 Eridani B[...]
Ja! :D
Is ja schon gut... ich geb ja durchaus zu, dass mein Nickname trekkieschen Ursprungs ist . :D

EDIT 8:25 p.m. Zwei Formulierungen verbessert.
"Was macht die Bratze da auf dem Sofa?"
Aus einem "Jungen Deutschen Film" - Ausspruch einer aufgeräumt wirkenden Nackten, die am Spätvormittag in ein WG-Zimmer voller bekleideter, aber derangiert wirkender Männer tritt.
Benutzeravatar
Solkar
 
Beiträge: 371
Registriert: Freitag 11. November 2011, 20:40

Nächste

Zurück zu Astronomie

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast

cron