Gibt es einen freien Willen?

Hier soll es um die Grundlagen der menschlichen Erkenntnis gehen. Wie gelangen wir zu unserem Wissen. Wie könnnen wir uns dessen sicher sein, was wir zu wissen glauben.

Moderator: aleph1

Re: Gibt es einen freien Willen?

Beitragvon nocheinPoet » Sonntag 11. Juli 2010, 15:38

Aleph1 hat geschrieben:
Die Frage nach dem freien Willen ist recht schwierig. Offenbar werden meine Entscheidungen von meiner Vergangenheit und der aktuellen Situation bestimmt, vielleicht auch von angeborenen Verhaltensweisen. Wie frei kann ich entscheiden, meinen Arm zu heben oder es sein zu lassen. Ist mein Verhalten total determiniert und ich glaube nur über einen freien Willen zu verfügen.

Einen Aspekt habe ich eben noch völlig außer Acht gelassen: Die Rechtsprechung. Gibt es keinen freien Willen, kann ich auch niemanden mehr für seinen Handlungen bestrafen, da er ja seine Handlungen nicht mehr selbst bestimmt.

Es kann ja auch sein, das der Wille sich weiter unten auf eine noch nicht materiellen Ebene manifestiert, er eben auch die Ursache für die gemessenen Werte ist. Es kann auch sein das der Wille die Handlung veranlasst, und eine Wahrnehmung bzw. eine Erfassung erst im nach herein im Gehirn stattfindet.

Also, so: Ein selber nicht physikalisch messbarer Wille möchte die Hand heben, hebt sie und im nach herein, wird dieses eben im Gehirn gespeichert. Wer sagt den das wirklich das Gehirn am Anfang der Kette steht.

Die Vorstellung eines eigenständigen freien unabhängigen und klar begrenzten Körper ist eine Täuschung. Diese Grenze ist nur in uns, aber sie ist nicht real. Es gibt nur einen riesigen Haufen von Teilchen, welche im All Wechselwirken. Nun kommen wir daher ziehen einen imaginären Kreis um eine Teilmenge und geben dem Ganzen dann einen Namen. So wie das bin ich das bist du, das ist ein Stuhl. Aber schnell vergessen wir, das dieses eben nur eine Vorstellung in uns ist. Dann versuchen wir den einzelnen Dingen hier im Sinne von Personen, einen individuellen Willen aufzudrücken und wundern uns, wenn das nicht so recht klappen mag. Schon klar, wenn die Grundannahme an sich schon falsch ist. Ich sehe aber die Möglichkeit das, das Gesamte an sich über einen Willen verfügt. Somit haben wir einen, wenn auch alle eben immer nur denselben.

Man kommt hier dann auch recht schnell zu den Fragen, nach dem Bewusstsein, gibt es freien Willen ohne Bewusstsein, und wann ist das was sich verändert eigentlich Leben? Hier wird das Ganze fragmentiert, und bestimmten Teilsummen Eigenschaften zugesprochen wie lebendig und tot. Auch diese Grenze ist nicht real, sondern nur eine Vorstellung. Es gibt an sich nur Veränderung, einen ständigen Fluss der Teilchen. In diesem Sinne gibt es keinen Tod.

Kann man nun sagen: „Du hast keinen Körper – du bist der Körper. Wenn der Körper vernichtet wird, wirst du vernichtet. So muss man das also sehen. Oder man ignoriert die Fakten und glaubt an das, woran man glauben will.“?

Ich war schon immer ein Ignorant, aber ja ich habe keinen Körper ich bin aber auch nicht nur das was wer umkreist hat, sondern eben viel mehr. Die Vorstellung meiner selbst, so wie die eines individuellen Ichs oder eines Bewusstseins ist eben auch eine Illusion. In diesem Sinne habe ich keine Grenzen, es gibt kein Außerhalb. Ich sehe also kein Problem darin, das sich keine individueller Willen nachweisen lässt.
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Re: Gibt es einen freien Willen?

Beitragvon aleph1 » Sonntag 11. Juli 2010, 16:19

nocheinPoet hat geschrieben:.
1. Das All darf nicht deterministisch sein.
2. Das Wirken eines freien Willens kann nicht physikalisch erklärt werden, es gibt nicht nur keine erkennbare oder feststellbar und messbare Ursache, sondern es gibt eben gar keine.

Wie kommst Du nur darauf? Ich glaube nicht, dass sich das All nach unseren Wünschen richtet. Wie Du schon richtig angemerkt hast, ist all unsere physikalische Beschreibung letztlich ungenau. Poincaré läßt grüßen. Warum soll ein freier Wille nicht wissenschaftlich (es gibt ja durchaus noch mehr als nur die Physik) erklärbar sein? Die physikalische Beschreibung auf Teilchenebene ist sicher ungeeignet für die Erklärung des Willens. Daraus läßt sich aber nicht folgern, das der freie Wille gar nicht erklärbar ist bzw. Ursachen hat! Wüßte ich nicht genau, dass Du nicht liest, würde ich Dir mal ein Buch von Hofstadter schenken :mrgreen:

Zunächst einmal handeln wir aus einem inneren Antrieb, der nicht vollständig durch äußere Einflüsse erklärbar ist. Das würde ich den freien Willen nennen.
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Re: Gibt es einen freien Willen?

Beitragvon Iapetus » Montag 12. Juli 2010, 00:57

nocheinPoet hat geschrieben:Es kann ja auch sein, das der Wille sich weiter unten auf eine noch nicht materiellen Ebene manifestiert, er eben auch die Ursache für die gemessenen Werte ist. Es kann auch sein das der Wille die Handlung veranlasst, und eine Wahrnehmung bzw. eine Erfassung erst im nach herein im Gehirn stattfindet.

Also, so: Ein selber nicht physikalisch messbarer Wille möchte die Hand heben, hebt sie und im nach herein, wird dieses eben im Gehirn gespeichert. Wer sagt den das wirklich das Gehirn am Anfang der Kette steht.


Selbst wenn wir einen, ich sage mal, „metaphysischen Willen“ vor der Manifestation im Materiellen platzieren und somit die Möglichkeit zur Entscheidungsfindung frei von allen physikalischen Einflussgrößen postulieren, verlagern wir das Problem nur.
Denn wir können nun fragen: Wodurch wäre in diesem Falle die Beschaffenheit des metaphysischen Willens bedingt? Um wirklich frei zu sein müsste dieser metaphysische Willen seinerseits unbedingt sein.
So habe ich auch deine folgenden Aussagen verstanden:

nocheinPoet hat geschrieben:Wäre ich ein freier Wille, und würde sagen, ich will diese und jenes, so könnte nie auf die Frage Antwort geben, warum ich diese eben will, denn wenn ich einen Grund nennen könnte, wäre der Wille ja wohl nicht mehr frei


In diesem Sinne können wir eben wollen, doch wir können nicht wollen was wir wollen.

nocheinPoet hat geschrieben:Wir haben nun so sage ich, mal eine Kraft, welche für den Zerfall Verantwortung trägt. Um hier nicht eine endlose Kausalkette aufzubauen, postulieren wir mal, das diese Kraft selber frei von einer Ursache ist. Ich könnte diese Kraft nun Dieter oder auch Katrin nennen, aber ich sage einfach mal das diese Kraft Wille heißt. Diese Kraft ist ja dem Universum eigen, also könnte ich nun sagen, das Neutron zerfällt, weil es das will, oder weil es der Wille des Ganzen, des Universums ist.

Hier kann man sich nun streiten, aber ich sehe keine Möglichkeit, das mir ein kluger Wissenschaftler aufzeigt, das ich es hier nicht mit einem Willen zu tun habe.

Nun ist Wille doch aber nicht nur das Streben nach etwas sondern auch das phänomenale Erleben desselben. Tatsächlich ist für unser menschliches Verständnis doch grade der mentale Zustand der mit dem Willen einhergeht das eigentlich Bedeutsame, eben dieses charakteristische Gefühl „Ich will“.


nocheinPoet hat geschrieben: Die Frage an sich implizieret ja auch einen unfreien Willen, wenn dem nicht so wäre, müssten wir uns nur die Frage nach einem Willen an sich stellen, und nicht auch nach der Freiheit des selbigen fragen.


Eben. Einen freien Willen gibt es nur in der Abgrenzung zum unfreien Willen. Ich behaupte für die Klassifizierung als Wille ist erstmal nicht dass Zustandekommen bedeutsam sondern die Empfindung des Willens selbst.
Ansonsten wäre doch jede Kraft die danach strebt etwas zu verändern ein Wille: die zufällig auftretenden Kräfte ein Freier Wille (, so wie du es oben beschrieben hast) und die kausal bedingten Kräfte ein unfreier Wille.

nocheinPoet hat geschrieben:1. Das All darf nicht deterministisch sein.
2. Das Wirken eines freien Willens kann nicht physikalisch erklärt werden, es gibt nicht nur keine erkennbare oder feststellbar und messbare Ursache, sondern es gibt eben gar keine.


Punkt 2 bedeutet doch grade dass der Inhalt des Willens zufällig ist. Wenn aber der freie Wille ein zufälliger Wille ist, ist da nichts mit Selbstbestimmtheit.
Einen solchen freien Willen könnte es wohl geben, allerdings sind Zufall und die Abwesenheit von Selbstbestimmtheit nun nicht unbedingt Dinge die gemeinhin mit dem freien Willen assoziiert werden, drum noch ein anderer Blickwinkel auf den freien Willen:

Der freie Wille, genauer die Möglichkeit zur freien Entscheidungsfindung ist zentraler Bestandteil zahlreicher religiöser Lehren und auch Fragestellungen rund um Schuld und Verantwortung stehen damit in Zusammenhang.
Einen zufälligen Willen fehlt nun aber das Moment der Selbstbestimmtheit und er hat nun so garnichts mehr mit dem religiösen Konzept des Freien Willen gemein.
Wenn z.B. ein Christ sagt: „Gott gab uns einen Freien Willen“, so meint er sicher was anderes als einen zufälligen Willen.
Ich sage jetzt also einensolchen freien Willen im religiösen Verständnis kann es nicht geben. Worüber ich nun also nachdenke ist: Macht es für uns überhaupt noch einen Unterschied ob unser(/der) Wille nun zufällig oder determiniert ist? Was bedeutet das nun für Verantwortung und Schuld?
Um die Problematik zu verdeutlichen formuliere ich mal eine weitere Frage:

Können wir uns frei für oder gegen etwas entscheiden?

Nun, wird die Entscheidung von einem freien Willen getroffen, so ist es eigentlich keine wirkliche Entscheidung sondern Zufall.
Wird hingegen die Entscheidung von einem unfreien Willen getroffen so ist sie nicht frei.
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Re: Gibt es einen freien Willen?

Beitragvon nocheinPoet » Samstag 17. Juli 2010, 11:29

aleph1 hat geschrieben:
nocheinPoet hat geschrieben:
1. Das All darf nicht deterministisch sein.
2. Das Wirken eines freien Willens kann nicht physikalisch erklärt werden, es gibt nicht nur keine erkennbare oder feststellbar und messbare Ursache, sondern es gibt eben gar keine.

Wie kommst Du nur darauf? Ich glaube nicht, dass sich das All nach unseren Wünschen richtet. Wie Du schon richtig angemerkt hast, ist all unsere physikalische Beschreibung letztlich ungenau. Poincaré lässt grüßen.

Ach Du und Deine Nachbarn immer. :mrgreen: Ein „freier“ Wille ist nicht mehr frei, wenn sein Wirken determiniert und vorherbestimmt ist.


aleph1 hat geschrieben:
Warum soll ein freier Wille nicht wissenschaftlich (es gibt ja durchaus noch mehr als nur die Physik) erklärbar sein? Die physikalische Beschreibung auf Teilchenebene ist sicher ungeeignet für die Erklärung des Willens. Daraus lässt sich aber nicht folgern, das der freie Wille gar nicht erklärbar ist bzw. Ursachen hat!

Erstmal muss er klar zu definieren sein, dann muss man zeigen, das er existiert, und nicht nur eine Vorstellung ist, und dann kann man sich fragen, ob der den physikalisch zu beschreiben sein wird. Und trennst Du hier schon Wille und freier Wille?


aleph1 hat geschrieben:
Wüsste ich nicht genau, dass Du nicht liest, würde ich Dir mal ein Buch von Hofstadter schenken :mrgreen:

Ach ich würde es auf den Versuch ankommen lassen, wenn es geschenkt ist... ;)


aleph1 hat geschrieben:
Zunächst einmal handeln wir aus einem inneren Antrieb, der nicht vollständig durch äußere Einflüsse erklärbar ist. Das würde ich den freien Willen nennen.

Das ist doch nahe an der Wortklauberei. Ob Du nun freier Wille sagst, oder Handeln aus einem inneren Antrieb, das erklärt nun nicht wirklich was. Da ist also ein „Trieb“ in uns, und dieser treibt unser Handeln an? Ist das denn ein freier Trieb? Trieb hört sich nämlich irgendwie so unfrei an. Man sagt ja auch Triebtäter. Ich denke Du solltest da noch mal Deine ganzen Nachbarn befragen. ;)


Lieben Gruß

Manuel
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Re: Gibt es einen freien Willen?

Beitragvon nocheinPoet » Samstag 17. Juli 2010, 12:18

Iapetus hat geschrieben:
nocheinPoet hat geschrieben:
Es kann ja auch sein, das der Wille sich weiter unten auf eine noch nicht materiellen Ebene manifestiert, er eben auch die Ursache für die gemessenen Werte ist. Es kann auch sein das der Wille die Handlung veranlasst, und eine Wahrnehmung bzw. eine Erfassung erst im nach herein im Gehirn stattfindet. Also, so: Ein selber nicht physikalisch messbarer Wille möchte die Hand heben, hebt sie und im nach herein, wird dieses eben im Gehirn gespeichert. Wer sagt den das wirklich das Gehirn am Anfang der Kette steht.

Selbst wenn wir einen, ich sage mal, „metaphysischen Willen“ vor der Manifestation im Materiellen platzieren und somit die Möglichkeit zur Entscheidungsfindung frei von allen physikalischen Einflussgrößen postulieren, verlagern wir das Problem nur. Denn wir können nun fragen: Wodurch wäre in diesem Falle die Beschaffenheit des metaphysischen Willens bedingt? Um wirklich frei zu sein müsste dieser metaphysische Willen seinerseits unbedingt sein. So habe ich auch deine folgenden Aussagen verstanden:

nocheinPoet hat geschrieben:
Wäre ich ein freier Wille, und würde sagen, ich will diese und jenes, so könnte nie auf die Frage Antwort geben, warum ich diese eben will, denn wenn ich einen Grund nennen könnte, wäre der Wille ja wohl nicht mehr frei

In diesem Sinne können wir eben wollen, doch wir können nicht wollen was wir wollen.

So würde ich das mal sagen. Wir haben hier auch ein wirklich schwieriges philosophisches Thema am Wickel.


Iapetus hat geschrieben:
nocheinPoet hat geschrieben:
Wir haben nun so sage ich, mal eine Kraft, welche für den Zerfall Verantwortung trägt. Um hier nicht eine endlose Kausalkette aufzubauen, postulieren wir mal, das diese Kraft selber frei von einer Ursache ist. Ich könnte diese Kraft nun Dieter oder auch Katrin nennen, aber ich sage einfach mal das diese Kraft Wille heißt. Diese Kraft ist ja dem Universum eigen, also könnte ich nun sagen, das Neutron zerfällt, weil es das will, oder weil es der Wille des Ganzen, des Universums ist. Hier kann man sich nun streiten, aber ich sehe keine Möglichkeit, das mir ein kluger Wissenschaftler aufzeigt, das ich es hier nicht mit einem Willen zu tun habe.

Nun ist Wille doch aber nicht nur das Streben nach etwas sondern auch das phänomenale Erleben desselben. Tatsächlich ist für unser menschliches Verständnis doch grade der mentale Zustand der mit dem Willen einhergeht das eigentlich Bedeutsame, eben dieses charakteristische Gefühl „Ich will“.

Wahrnehmung ist bei mir nicht Wollen. Es steht sicher außer Frage, das man die Welt und das was ist wahrnehmen muss, und auch sich in dieser, aber das Erleben ist in meinen Augen nicht Wollen. Eine Mücke nimmt mich wahr und will mich stechen, ich will das aber nicht, und wenn ich die Mücke wahrnehme dann werde ich versuchen ihrer Wahrnehmung ein Ende zubereiten.


Iapetus hat geschrieben:
nocheinPoet hat geschrieben:
Die Frage an sich implizieret ja auch einen unfreien Willen, wenn dem nicht so wäre, müssten wir uns nur die Frage nach einem Willen an sich stellen, und nicht auch nach der Freiheit des selbigen fragen.

Eben. Einen freien Willen gibt es nur in der Abgrenzung zum unfreien Willen. Ich behaupte für die Klassifizierung als Wille ist erstmal nicht dass Zustandekommen bedeutsam sondern die Empfindung des Willens selbst. Ansonsten wäre doch jede Kraft die danach strebt etwas zu verändern ein Wille: die zufällig auftretenden Kräfte ein freier Wille (so wie du es oben beschrieben hast) und die kausal bedingten Kräfte ein unfreier Wille.

Wir kommen zum Punkt, zu dem ich will. Ein freier Wille kann im Grunde für uns immer nur wie Zufall wirken und auch nicht von einem solchen zu unterscheiden sein. Sobald wir nämlich einen Grund finden, eine kausale Erklärung, wäre er eben nicht mehr frei. Und ich würde es noch weiter treiben, selbst für sich kann dieser Wille nur Zufall sein, denn wenn er sich selber erkennen kann, und begründen, wäre er nicht mehr frei. Er muss also auch frei von sich selber sein. Sonst haben wir einen Willen, der den freien Willen wollen lässt. Ein freier Wille kann keine Ursache davor haben. Er kann nicht bedingt sein. Wenn es aber so ist, dann kann die Empfindung seiner selbst keine Rolle spielen, denn diese darf keinen Einfluss auf das Wollen des Willens haben.


Iapetus hat geschrieben:
nocheinPoet hat geschrieben:
1. Das All darf nicht deterministisch sein.
2. Das Wirken eines freien Willens kann nicht physikalisch erklärt werden, es gibt nicht nur keine erkennbare oder feststellbar und messbare Ursache, sondern es gibt eben gar keine.

Punkt 2. bedeutet doch grade dass der Inhalt des Willens zufällig ist. Wenn aber der freie Wille ein zufälliger Wille ist, ist da nichts mit Selbstbestimmtheit.

Das Problem das ich beschreiben „will“ ;), ist das wir den freien Willen schon unfrei machen, wenn wir ihm Selbstbestimmtheit vorlegen. Dann ist er ein vom Selbst bestimmter Wille. Ist der Wille denn das Selbst, das ihn dann bestimmt? Damit erreichen wir nur einen Zirkelschluss. Dann können wir auch sagen, der Wille will eben was er will. Es kann im Willen selber keine Ursache für das geben, das den Willen entscheiden lässt, sonst wäre er eben nicht frei in seinem Handeln, sondern eben bestimmt.


Iapetus hat geschrieben:
Einen solchen freien Willen könnte es wohl geben, allerdings sind Zufall und die Abwesenheit von Selbstbestimmtheit nun nicht unbedingt Dinge die gemeinhin mit dem freien Willen assoziiert werden, drum noch ein anderer Blickwinkel auf den freien Willen:

Der freie Wille, genauer die Möglichkeit zur freien Entscheidungsfindung ist zentraler Bestandteil zahlreicher religiöser Lehren und auch Fragestellungen rund um Schuld und Verantwortung stehen damit in Zusammenhang. Einen zufälligen Willen fehlt nun aber das Moment der Selbstbestimmtheit und er hat nun so gar nichts mehr mit dem religiösen Konzept des Freien Willen gemein. Wenn zum Beispiel ein Christ sagt: „Gott gab uns einen Freien Willen“, so meint er sicher was anderes als einen zufälligen Willen.

Ich sage ja im Grunde auch, das Bild einen freien Willen „haben/besitzen zu können“ ist schon ein Widerspruch in sich. Ob es einen geben kann, und ob er sein kann, will ich mal offen lassen. Aber wenn ich sage, ich habe einen freien Willen, dann sage ich, das ich da bin, und ich der Besitzer des freien Willen bin, eben der, der dann über diesen verfügt, und vorgibt was er will. Ich stelle mein Ich eben über den Willen, und nicht darunter. Nicht mein freier Wille sagt mit, was ich will, sondern ich will eben der sein, der bestimmt und vorgibt. Ich kann in dem Sinne keinen freien Willen haben, ich könnte aber einer sein.


Iapetus hat geschrieben:
Ich sage jetzt also einen solchen freien Willen im religiösen Verständnis kann es nicht geben.

Da finden wir dann schon mal zusammen. Dazu noch eine Sache, die Aussage ein freier Wille kann kein Zufall sein, würde diesen auch schon wieder einschränken, was ist denn, wenn er Zufall sein will? ;)


Iapetus hat geschrieben:
Worüber ich nun also nachdenke ist: Macht es für uns überhaupt noch einen Unterschied ob unser (/der) Wille nun zufällig oder determiniert ist? Was bedeutet das nun für Verantwortung und Schuld? Um die Problematik zu verdeutlichen formuliere ich mal eine weitere Frage:

Können wir uns frei für oder gegen etwas entscheiden?

Nun, wird die Entscheidung von einem freien Willen getroffen, so ist es eigentlich keine wirkliche Entscheidung sondern Zufall. Wird hingegen die Entscheidung von einem unfreien Willen getroffen so ist sie nicht frei.

Betrachten wir es real, dann hat eh keiner einen freien Willen, denn alle Entscheidungen werden auf Grundlage bestimmter Überlegungen und Abwägungen getroffen. Mich interessiert das eher tief philosophisch. Ich lege aber hier dann schon einige Dinge zugrunde, welche ich hier so noch nicht beschrieben habe. Ich gehe mal davon aus, das alles was ist, nur Eins ist, ein großes Ganzes. Einige würden hier Gott sagen, der Begriff ist aber für mich nicht entscheidend. Und nun frage ich, wie frei ist dieses Ganze, ist es nur ein Automat, etwas das durchgerechnet wird, determiniert und vorherbestimmt, oder ist es frei?

Und dann kommt man zu der Frage, wie frei kann es von seiner Selbst sein, von seiner Existenz und der Form die es hat? Denn dieses ist auch schon wieder bedingend.
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Re: Gibt es einen freien Willen?

Beitragvon Britta » Sonntag 18. Juli 2010, 09:47

nocheinPoet hat geschrieben:Ich gehe mal davon aus, das alles was ist, nur Eins ist, ein großes Ganzes. Einige würden hier Gott sagen, der Begriff ist aber für mich nicht entscheidend. Und nun frage ich, wie frei ist dieses Ganze, ist es nur ein Automat, etwas das durchgerechnet wird, determiniert und vorherbestimmt, oder ist es frei?

Und dann kommt man zu der Frage, wie frei kann es von seiner Selbst sein, von seiner Existenz und der Form die es hat? Denn dieses ist auch schon wieder bedingend.

In meiner Vorstellung ist auch alles Eins. Diese Eine ist kein Automat, es ist frei und es ist neugierig. Es probiert eben alles aus und es hat dafür die Unendlichkeit voll Raum und Zeit.

Am Anfang, soll so ca. 500 Millionen Jahre her sein, sollen sich die ersten Augen entwickelt haben und sie konnten nur zwischen hell und dunkel unterscheiden. Später war dann schon die Richtung aus der das Licht kommt erkennbar und heute können menschliche Augen schon viel besser sehen und wir schaffen weitere Hilfsmittel für unsere Wahrnehmung.

Beruht nun die Entwicklung nicht nur des Auges sondern all unserer Sinne auf Zufall oder war es vorherbestimmt?

Als erstes muß es ein Ziel geben und der Wille ist, dieses Ziel zu erreichen. Wir treffen unsere Entscheidungen um unsere Ziele zu erreichen und unbewußt auch das Ziel eines höheren Willens. Von daher können wir eigentlich gar nichts falsch machen. Es hat alles seinen Sinn und Zweck.

Gäbe es den Menschen nicht, wüßte das Eine nicht wie Schokolade schmeckt. :)
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Re: Gibt es einen freien Willen?

Beitragvon Iapetus » Montag 19. Juli 2010, 21:27

nocheinPoet hat geschrieben:Wahrnehmung ist bei mir nicht Wollen. Es steht sicher außer Frage, das man die Welt und das was ist wahrnehmen muss, und auch sich in dieser, aber das Erleben ist in meinen Augen nicht Wollen. Eine Mücke nimmt mich wahr und will mich stechen, ich will das aber nicht, und wenn ich die Mücke wahrnehme dann werde ich versuchen ihrer Wahrnehmung ein Ende zubereiten.


Ich denke das ist letztlich eine begriffliche Unterscheidung. Für mich ist eine Kraft die nicht als Wollen wahrgenommen wird, eben einfach eine Kraft.
Wollen ist ein mentaler Zustand; Schließlich empfinde ich den Willen phänomenal als eine charakteristische Empfindung des Wollens.
Genauso wie Schmerz eben nicht nur eine Kraft ist, welche uns die Hand von einem heißen Gegenstand wegziehen lässt, sondern auch der damit einhergehende mentale Zustand.

Vielleicht sollte man noch mal begrifflich unterscheiden zwischen dem Willen als Kraft und der Empfindung etwas zu wollen, die ein mentaler Zustand ist.
Also so:
Der Wille ist eine Kraft.
Etwas zu wollen ist ein mentaler Zustand.
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Re: Gibt es einen freien Willen?

Beitragvon jimmybondy » Freitag 6. August 2010, 13:44

Auch wenn es keinen freien Willen gibt, so bleibt uns die Handlungsfreiheit erhalten.

Hab aus anderem Zusammenhang einen Link, der hier auch gut passt:

http://www.welt.de/wissenschaft/article ... lesen.html

Die MRT-Aufnahme offenbart sogar einige Sekunden bevor sich ein Mensch entscheidet, was dieser vorhat. Und das, obwohl die Person glaubt, ihre Wahl noch nicht getroffen zu haben. Das MRT sieht bereits zuvor, was das Individuum gleich wollen wird.

Dies demonstriert Haynes an einem weiteren Experiment: Testpersonen sollten zwei Zahlen subtrahieren oder addieren. Bevor sie die Zahlen zu Gesicht bekamen, mussten sie sich für eine der beiden Rechenoperationen entscheiden und mitteilen, wenn sie sich festgelegt hatten. Dann wurden ihnen die zwei Zahlen präsentiert, und sie durften das Ergebnis berechnen. Die Hirnaufzeichnungen verrieten lange vor der Äußerung der Probanden, ob diese Addition oder Subtraktion wählen würden. "Das Gehirn bereitet die Entscheidung schon vor, bevor diese ins Bewusstsein gelangt. Das können wir mit dem MRT erfassen", erklärt Haynes.
Ich hab eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich aber auch noch andere...
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Re: Gibt es einen freien Willen?

Beitragvon GambitPi » Freitag 6. August 2010, 18:30

Innerhalb des Schöpferglaubens zum. steht der freie Wille vor folgendem Problem: Wir können nichts wollen (und schon garnicht umsetzen!), was nicht geschaffen, also vordeterminiert ist.
Wir können nichts wollen, was es nicht gibt (auch unsere Vorstelllungskraft ist in diesem System begrenzt durch die Vorgaben eines Gottes - oder mehrerer davon^^).
Der freie Wille ist - glaube ich ein Trick.
So ähnlich wie:

Der größte Trick des Teufels ist es uns glauben zu machen, das es ihn nicht gibt.
(Charles Baudelaire)

Analog dann also:

Der größte Trick Gottes ist es uns glauben zu machen, wir könnten gegen seinen Willen handeln.
Und das ist noch nicht Alles...
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Re: Gibt es einen freien Willen?

Beitragvon Elfer » Sonntag 8. August 2010, 21:28

Klar gibt es den freien Willen, nur niemanden, der den auch umsetzen kann.
They´ll never get caught. They´re on a mission from God.
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