Struktron hat geschrieben:In vielen Diskussionen wird immer wieder behauptet, man könne überhaupt nichts beweisen, sondern nur widerlegen.
Hallo Lothar,
um das beurteilen zu können benötige ich einen genaueren Kontext. Denn in "vielen Diskussionen" wird bekanntlich viel behauptet ...
Struktron hat geschrieben:An Beweise in der Mathematik glaube ich unter der Bedingung, dass diese sich nur auf die formulierten Voraussetzungen bzw. Axiome beziehen.
An welche mathematischen Beweise man "glauben" will sei jedem selber überlassen; es ist aber klar definiert, wann ein Beweis Gültigkeit hat und wann nicht. Dass sich da gewisse "selbstsernannte Philiosophen" nicht daran halten wollen ist m.E. nicht Thema in diesem Thread, weil das dann nur unnötig ausufert.
Struktron hat geschrieben:In der Physik glaube ich an Beweise in der Form, dass festgestellte und gut untermauerte nachvollziehbare Hinweise auf die Existenz von etwas "Bewiesenem" so lange gelten, bis etwas Gegenteiliges gezeigt wird.
Hier solte man aber noch zwischen theoretischer und experimenteller Physik unterscheiden und auch genauer zwischen den Worten "Beweis" und "Nachweis" unterscheiden.
Und wann da nun was vorliegt ist ebenfalls klar definiert und bedarf keiner Interpretation.
Struktron hat geschrieben:Beispiel dafür ist die Frage nach der prinzipiellen Natur des Allerkleinsten, ist das immer weiter teilbar oder atomistisch irgendwann eine Grenze erreicht? Meine diskreten Objekte könnten aber immer noch nichts Endgültiges darstellen, auch wenn gezeigt würde, dass alle Naturkonstanten, einschließlich der offenen Parameter des Standardmodells, damit erklärt (berechnet) werden können. Ein Beweis, dass es daneben nichts anderes gibt, kann das niemals sein, auch wenn wirklich fast alles damit erklärt werden könnte (bitte glaubt aber nicht, ich sei so vermessen, so etwas behaupten zu wollen, auch wenn keine Falsifikation dazu möglich wäre).
Wie gesagt, auch das kann nur korrekt erörtert werden, wenn man die Terminologie korrekt verwendet. Typischerweise hat man auch in der Physik Postulate, die man als gegeben annimmt und noch ein paar Voraussetzungen; daraus kann man dann etwas herleiten und beweisen.
Ob das hergeleitete und bewiesene dann die Natur korrekt beschreibt ist aber eine ganz andere Frage und wird durch Experimente überprüft. Wenn dann das Experiment reproduzierbar etwas anderes erhält, so ist das zuvor bewiesene Theorem - sofern sich kein Fehler in den Beweis eingeschlichen hat - nach wie vor gültig, aber die Postulate haben sich als ungeeignet erwiesen, die Natur zu beschreiben.
Struktron hat geschrieben:Beim vielleicht kompliziertesten Thema, dem Beweis der Existenz (eines) Gottes beschränke ich mich in meinen Überlegungen auf einen natürlich erklärbaren "Gott". Die beobachtete Entwicklung von Computern, Internet, Datensammlung, fast schon möglichem Gedankenlesen,... kann man weiter spinnen und gedanklich auf einen anderen Planeten übertragen, wo diese Entwicklung beispielsweise Millionen Jahre weiter ist, als bei uns. Wenn man dann die eventuell großen Zahlen von möglichen Kandidaten in Betracht zieht, kann man auch zu einer großen Wahrscheinlichkeit für so etwas kommen. Lassen wir die Schwierigkeiten der Schätzung sinnvoller Größen dafür außer Acht, können wir auch zu 99.999 % für die Existenz von so etwas kommen. Würden wir so ein Resultat dann als einen Existenzbeweis anerkennen?
Die Existenz eines Gottes ist nicht beweisbar; das ist ja gerade das Wesen einer Religion, dass man daran glaubt. Zudem ist ein Beweis mit einer Gültikeitswahrscheinlichkeit von nur 99.999% nicht als Beweis akzeptiert; für eine solche Situation muss man also ein anderes Wort verwenden.
Die jetuzigen Begriffsklärungen erachte ich für ausserordentlich wichtig, auch wenn das alles nicht das primäre Thema dieses Threads ist; es ist enorm wichtig, dass wir uns über die Begriffsbildungen einigen können, und mir ist auch bewusst, dass da umgangssprachlich oftmals geringfügig andere Bedeutungen verwendete werden; das gilt neben dem Begriff des "Beweises" beispielsweise auch für den Begriff "exakt".
Freundliche Grüsse, Ralf