Der Neandertaler hat geschrieben:Halo Britta.
Liebes, kannst Du Dich noch an folgende Aussage von unserem damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler erinnern:"Meine Einschätzung ist aber, daß insgesamt wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, daß ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, daß im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen. Alles das soll diskutiert werden und ich glaube, wir sind auf einem nicht so schlechten Weg."
Daß er also über genau dieses Thema nachdachte ... über Wirtschaftsinteressen und deren (militärische) Sicherstellung. Er hat also damit eine heftige, aber dennoch notwendige Debatte entfacht.
Kannst Du Dich ebenso an die daraufolgenden, zwangsmäßigen und absehbaren Reaktionen ... zwanghaften und reflexartigen Reaktionen erinnern? ... was dann alles dahinein interpretiert wurde?
Klar kann ich mich erinnern. Es war ein Skandal damals - aber das ist die Wahrheit ja meistens, wenn sie zu früh ausgesprochen wird - also, wenn die Mehrheit immer noch glaubt, westliche Armeen würden den Menschen in fremden Ländern Freiheit und Demokratie bringen. Skandalös ist es sowieso.
Der Neandertaler hat geschrieben:In Online-Medien hieß es dazu:"Köhler entfacht neue Kriegsdebatte"
Jürgen Trittin spricht gar von Kanonenbootspolitik. Thomas Oppermann (SPD) sagte:"In so einer Situation eine Debatte darüber zu beginnen, daß die Bundeswehr jetzt zur Durchsetzung handelspolitischer Ziele eingesetzt werden könne - da erschließt sich mir in keiner Weise der politische Sinn dieser Diskussion"
dieLinke-Parteichefin Gesine Lötzsch befand dazu treffend:"Erst hieß es, wir wollen den Terrorismus bekämpfen, dann hieß es, wir wollen die Frauen befreien - keine dieser Begründungen entsprach der Wahrheit. Die Wahrheit sind die wirtschaftspolitischen Interessen - das hat Herr Köhler, ob bewußt oder unbewußt, ausgeplaudert"
Ja, Frau Lötzsch war da am deutlichsten.
Der Neandertaler hat geschrieben:daß ist auch das einzig Gute an dieser Partei, sie treffen immer richtige Analysen ... stellen die richtigen Fragen, haben aber selten die richtigen Lösungen.... die richtigen Antworten parat.
Die richtigen Antworten hätten sie bestimmt schon, nur sind die in unserer Welt derzeit nicht umsetzbar.
Der Neandertaler hat geschrieben:Eben Populismus pur!Ich werde immer bemitleidenswert und mißtrauisch angeschaut, wenn ich behaupte, daß es uns nur deshalb so (relativ) gut geht, weil es anderswo Armut gibt. Daß wir - global gesehen, aber durchaus auch hierzulande - Armut benötigen, damit es uns einigermaßen gut geht.
Wenn sich westliche Konzerne mit Hilfe korrupter afrikanischer Regierungen an den Bodenschätzen dieser Länder bereichern heißt das ja, dass sie die Rohstoffe für kleines Geld ausbeuten dürfen, was sich natürlich auf die Preise für westliche Verbraucher auswirkt - so die simple Milchmädchenrechnung. Preise wie das Leben von Soldaten, Zivilisten und Steuergelder für die Rüstungsindustrie werden da nie mitgerechnet in den Bilanzen.
Ein böser Diktator, der seine Rohstoffe ausbeuten lässt ist ein guter, demokratischer Herrscher und ein Herrscher, der dies nicht tut oder gar noch wie Gaddafi versucht, afrikanische Regenten dazu zu bringen, mehr der afrikanischen Reichtümer in ihr Land und für ihr Volk zu investieren, ist ein ganz übler Diktator.
Erst musste Gaddafi weg. Er hatte die Afrikanische Union gegründet und damit versucht, Afrika selbstständig zu machen und auf Augenhöhe mit den westlichen Industrienationen zu bringen. Ein für Profitinteressen teuflischer Plan, dessen Umsetzung auch ohne westliches Gegensteuern sehr schwierig gewesen wäre.
Der Neandertaler hat geschrieben:Es gibt nunmal hierzulande Themen und Situationen, die dürfen nunmal nicht an- und ausgesprochen werden ... schon alleine der Gedanke daran ist verhehrend und strafbar. Manchmal komme ich mir vor wie im Mittelalter, zu dieser Zeit wurde der Überbringer schlechter Nachrichten schlichtweg gemeuchelt.deswegen 'die gute alte Zeit', 'die goldenen Jahre'???Es hat aber (noch) niemand davon gesprochen, daß französisches und nachbarschaftliches (ECOWAS) Eingreifen zugunsten und zur Hilfe der Bevölkerung geschieht.
... niemand traute sich mehr, schlechte Nachrichten auszusprechenzumindest hab ich es nicht vernommen - hab ich da was verpaßt?Aber in der dortige Bevölkerung wird das Eingreifen der französischen Streitkräfte feierlich begrüßt.
Nun, es gibt so viele verschiedene Meinungen in Mali. Die einen begrüssen das Eingreifen der Franzosen, die anderen verurteilen es. Klar wird sich immer jemand finden, der vor der Kamera laut jubelnd die französische Fahne schwenkt. Die algerischen Geiselnehmer sind das jedenfalls nicht.
Der Neandertaler hat geschrieben:Ist beides verwerflich und strafbar? ... (westliches) französisches Eingreifen und dortige Jubelfeiern? ... daß auch die dortige Bevölkerung in diesem Eingreifen eine Hilfe sieht?
In Deinen Berichten und Antworten lese ich aber immer selbiges heraus, daß (westliches) Eingreifen töricht und strafbar sei, daß dies aber auch nicht gewünscht sei.
Wir werden wohl keine repräsentativen Umfragewerte erhalten, ob die Mehrheit der Bevölkerung das nun wünscht oder nicht.
Töricht oder gar strafbar ist das Eingreifen der Franzosen nicht, aber moralisch einwandfrei eben auch nicht. Mir geht da die Heuchelei mal wieder gegen den Strich, dass man eben wieder lügt, was die Gründe für die Einmischung betrifft.
"Erst hieß es, wir wollen den Terrorismus bekämpfen, dann hieß es, wir wollen die Frauen befreien - keine dieser Begründungen entsprach der Wahrheit.
Der Neandertaler hat geschrieben:Antwort auf Ulis Einwand:...abgesehen von der nicht nachgewiesenen beiderseitigen Unterstützung ... der wissentlichen Unterstützung.Britta hat geschrieben:Nein, man sollte sich raushalten. Statt dessen unterstützt man aber alle Seiten.auch das lese ich zwischen den Zeilen aus Deinen Beiträgen heraus:
Die malischen Tuareg-Nomaden zum Beispiel, haben auf Seiten des Gaddafi-Regimes gekämpft - deren Bekämpfung war also seinerzeit durchaus 'legitim'.wissentliche und vorsätzliche westliche Handlungen, letztlich DummheitTuareg:
Daß sie ihre 'lybischen Waffen' mitgenommen haben, ... wer will ihnen das verdenken? Aber hier sind sie bis aufzumeist benannt als 'edle Wüstensöhne', sind in Wahrheit aber die ewigen Verlierer der Region. Notorisch vernachlässigt sind sie bei der Suche nach Bündnispartnern nicht eben wählerisch. Zu guter letzt haben sie sich mit Aqmi - al-Qaida im Maghreb - zusammengetan.
Weiteres erstmal Feinde."Tuareg? Woher kommst Du?"
"aus Lybien"
"OK! darfst weiter kämpfen ... Freundschaft!"
... sagte der Franzose bevor die Kugel aus dem Tuareg-Gewehr ihn traf.
Es gab damals Berichte aus Algerien, wo Konvois voll mit Gaddafis Waffen Waffen auf dem Weg nach Mali gesichtet wurden. Es gibt auch Gerüchte, dass die Franzosen diesen Waffenschmuggel unterstützten. Das war, während die Tuareg dort noch kämpften - die einen auf Seiten Gaddafis, die anderen auf Seiten der Rebellen.
Es wurden auch Waffen an die Tuareg in Mali geliefert und diese wurden angestachelt, ihre Unabhängigkeitserklärung mit Waffengewalt zu untermauern. Die jedoch hätten den "Braten gerochen" und sich von Waffengewalt distanziert. Ihre Unabhängigkeitserklärung wäre eher eine Gesprächsaufforderung an die malische Regierung gewesen - sagen die Tuareg zumindest.
Man kann wirklich nicht pauschal sagen, auf welcher Seite die Tuareg stehen. Viele verdienten sich in der Vergangenheit ihr Geld in der Tourismusbranche, die inzwischen total zusammengebrochen ist, Andere gehören schon seit Jahren der AQIM an und wieder andere bekämpfen die AQIM schon seit Jahren.
Der Neandertaler hat geschrieben:Abgesehen davon, sollte und darf man sich nun wiederum nicht raushalten - zumindest gemäß Deinem zweiten Bericht nach nicht.François Hollande sprach doch immer davon, daß 'terroristische Elemente' daran gehindert werden sollen, weiter in den Süden von Mali vordringen zu können. Der militärischen Einsatz der französischen Streitkräfte diene der Unterstützung des afrikanischen Landes.Britta hat geschrieben:Die nationale Sicherheit ist ja inzwischen gefährdet, wenn es um die Resourcen geht. Wenn es in einem rohstoffreichen Land Unruhen gibt, dann muss man sich einmischen, damit die Geschäfte weiterlaufen. Es geht ja in Mali um viel Geld für europäische Konzerne.
Der militärische Einsatz dient vor Allem den wirtschaftlichen Interessen der Franzosen. Dass Hollande vom Kampf gegen terroristische Elemte spricht, ist inzwischen überall üblich.
Für mich ist das der falsche Weg. Als Endverbraucher wären Waren bestimmt billiger, wenn man sie fair handelt, statt mit Waffengewalt Herrscher einzusetzen, die dafür sorgen dass man alles billig ausbeuten kann.
Mali ist nun nach Libyen und der Elfenbeinküste ein weiteres Beispiel französischer Einmischung.
Ouattara muss sich den Vorwurf der "Siegerjustiz" gefallen lassen. Bis heute wurde kein einziges der zahlreichen Menschenrechts- und Kriegsverbrechen seiner Militärs verfolgt, Verantwortliche benannt oder gar angeklagt, insbesondere nicht für das Massaker von Douekoue, bei dem laut dem Internationalen Roten Kreuz 800 Menschen von Ouattara-Militärs brutal ermordet wurden
Mit Quattara sitzt ein den Franzosen genehmer Präsident im Amt. Es ist aber eher wahrscheinlich, dass Gbagbo damals die Wahlen gewonnen hatte.
http://de.wikipedia.org/wiki/Alassane_Ouattara
Nach einem Studium an der University of Pennsylvania in den USA machte er von 1968 bis 1990 Karriere beim Internationalen Währungsfonds.... Von 1994 bis 1999 war er erneut für den Internationalen Währungsfonds tätig, um sich ab 1999 dann ausschließlich der Politik der Republik Elfenbeinküste zu widmen.
Der Neandertaler hat geschrieben:Es geht also weniger darum:Gut vs. BöseAuch nicht um jemandem zu helfen.Hollande redet von Unterstützung des Landes ... die Rebellen zu verdrängen, nicht von Hilfe zugusten des Präsidenten.Es geht schlichtweg darum, um etwas zu verhindern, um zu verhindern, daß etwa al-Qaida ein neues Rückzug- und Trainingsgebiet bekommt - wir haben auch so genug Probleme.
Es war abzusehen was passieren würde, wenn man die Rebellen in Libyen unterstützt. Man hat es geschehen lassen, denn Terroristen sind nicht das Problem. Hollande wird schon einen geeigneten Präsidentschaftskandidaten für Mali haben und das Land dabei unterstützen, sich ausbeuten zu lassen.
Da der gestürzte Präsident vorhatte, die Bergbaukonzerne dazu zu bringen Schulen, Straßen und Krankenhäuser zu bauen und mehr staatliche Beteiligung an den Unternehmen plante, will den bestimmt keiner mehr haben. Ist jedenfalls Grund genug - für Profitgeier.
Der Neandertaler hat geschrieben:Wir - Deutschland - sind nunmal lediglich eine Wissensgesellschaft- wir besitzen nunmal keine Bodenschätze, die müssen wir importieren.zum Glück besitzen wir keine Bodenschätze, ... ansonsten ...Und wenn dies gestört ist, sind auch unsere Interessen und unser Wohlstand bedroht, ... also ...
die Anzahl der Nationen, deren Soldaten in unserem Land, ...
unzählbar!aber, Liebes, Geschichte wiederholt sich nie ... dies erscheint nur vordergründig so.
Es ist das alte Thema, weswegen schon damals Krieg in der Wüste geführt wurde, egal ob in Afrika oder Arabien.
Ziel des Feldzugs war die Erlangung der Vorherrschaft in Nordafrika.
http://de.wikipedia.org/wiki/T._E._Lawrence
Nach dem Waffenstillstand zog sich Lawrence, seelisch und körperlich erschöpft, aus seiner Sonderrolle bei den Arabern zurück. Ihn plagten schwere Schuldgefühle, hatte er doch die ganze Zeit über gewusst, dass der nördliche arabische Raum nach dem Krieg gemäß dem geheimen Sykes-Picot-Abkommen von 1916 in britische und französische Einflusszonen aufgeteilt werden sollte.
Die ehemaligen Kolonien mögen zwar auf dem Papier ihre Unabhängigkeit haben, aber wirklich unabhängig waren sie nie.