Krieg in Mali

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Re: Krieg in Mali

Beitragvon Britta » Samstag 26. Januar 2013, 22:55

Uli hat geschrieben:
Britta hat geschrieben:In Mali ist man in den letzten 50 Jahren mit jedem Konflikt fertig geworden, ohne Einmischung von aussen.


Ja und? Es gibt keine Garantie, dass das so bleibt. Ganz im Gegenteil, die Islamisten waren drauf und dran, das Land komplett in die Hand zu bekommen und zu unterdrücken. Dass sie auf dem Vormarsch waren, das kann wohl kaum jemand ernsthaft bezweifeln. Dass sie in den besetzten Gebieten eine mittelalterliche Schariah einführten, wird von der Bevölkerung bezeugt.

Ein paar Städte zu erobern ist was anderes, wie sie dauerhaft zu halten. Da die Islamisten bei der Bevölkerung unerwünscht sind, dürfte es schwierig für die Islamisten sein, die Städte unter ihrer Kontrolle zu behalten. Das Land komplett unter ihre Kontrolle zu bringen hätten sie nicht geschafft.

Uli hat geschrieben:Das klingt nun sehr vorwurfsvoll: sollen die Alliierten mit Waffen aus dem 2. Weltkrieg in den Kampf ziehen?

Nein, natürlich nicht. Sie hätten sich gar nicht einmischen sollen. Sie hätten schon Libyen nicht destabilisieren sollen.

Uli hat geschrieben:
Britta hat geschrieben:
Samweis hat geschrieben:
Britta hat geschrieben:und vor dem Libyenkrieg gab es nicht so viele und moderne Waffen.
Hier liegt die Schuld bei denjenigen, die den Libyenkrieg und den Sturz Gaddafis um jeden Preis wollten.

Oha, da kommen wir gleich zur Schuldfrage.

Nein, kommen wir nicht, denn diese ist bereits beantwortet.


Das mag so sein wie du sagst oder auch nicht. Aber wenn da Waffen aus Libyen im Spiel sein sollten, wieso sollte das ein Grund sein, sich zurückzuhalten und den Islamisten das Land zu überlassen.

Die Islamisten sind nur eine Partei in diesem Konflikt. Es gibt auch noch die Tuareg, die ihre Autonomie haben wollen und die ebenfalls gegen die Islamisten sind. "Den Islamisten das Land zu überlassen" ist nicht die richtige Formulierung, denn diese könnten die Macht im Land eh nicht halten.

Mit welchem Recht mischt sich der Westen in die inneren Angelegenheiten afrikanischer Länder?

Uli hat geschrieben:___
Denkst du denn, dass unzählige Berichte wie dieser
http://www.spiegel.de/politik/ausland/m ... 79790.html
aller erlogen sind?

Nein, erlogen sind sie nicht, aber sie erzählen nicht die ganze Wahrheit und sie stellen die Situation sehr einseitig dar. Der Artikel beschreibt genau genommen eine marodierende Bande von Banditen und weniger gut organisierte Terroristen, die eine ernste Gefahr für den Weltfrieden darstellen.
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Re: Krieg in Mali

Beitragvon Uli » Samstag 26. Januar 2013, 23:21

Britta hat geschrieben:Mit welchem Recht mischt sich der Westen in die inneren Angelegenheiten afrikanischer Länder?


Die "offizielle" Begründung ist sicherlich der Hilferuf des malischen Präsidenten; zudem hat der UN-Sicherheitsrat eine internationale Hilfsmission für Mali autorisiert. Es ist nicht nur der Westen: afrikanische Staaten sind ebenfalls Teil dieser Mission.

Die wirklichen Gründe für das Eingreifen Frankreichs sind vielleicht eher:

...
Sicherlich auch, um die Verhandlungen in Afrika und in Europa über eine gemeinsame Intervention zu beschleunigen. Aber in erster Linie, weil die Dschihadisten im Begriff waren, sich einen unumkehrbaren Vorteil zu erkämpfen. Sie, über deren politische Informiertheit sich niemand täuschen darf, hatten offenbar kalkuliert, dass ihnen in der langwierigen Verhandlungsphase der afrikanischen und europäischen Bündnisse ein Fenster offenstand. Frankreich hat es geschlossen.
...
Wieso ausgerechnet Frankreich?

Etwa, weil es postkolonialistisch ist? Dieser Vorwurf, der von ganz links und ganz rechts (vom radikalen Islamismus nämlich) heranrollt, ist ungerecht. Nicht, dass der französische Postkolonialismus nur ein Gespenst wäre. Unter dem Begriff Françafrique wird ein ganzes Geflecht wechselseitiger Einflussnahme zwischen Frankreich und afrikanischen Staaten in seinem ehemaligen Kolonialgebiet verstanden, das bis vor einigen Jahren in voller Blüte stand: Frankreich garantierte die Sicherheit mehr oder weniger korrupter und antidemokratischer Regime, dafür konnte es sich dort ökonomisch bevorzugt betätigen. Diktatoren dieser Länder brachten in französischen Luxusimmobilien einen Teil ihres Reichtums unter und finanzierten dafür den einen oder anderen französischen Politiker. Mit dieser Françafrique wollte schon Nicolas Sarkozy brechen, was ihm indes nur teilweise gelang.

Hollande gilt erst recht als jemand, dem alles das zuwider ist; er hat das einigen afrikanischen Potentaten auch schon gezeigt. Gewiss, er braucht nun, um die Krise in Mali zu beenden, beispielsweise die Hilfe des Tschad und Burkina Fasos – beides klassische Terrains der Françafrique. Aber das allein ist noch kein Rückfall in alte Praktiken.

Nein, Frankreichs Motive sind andere.

Erstens: Wegen der engen Verbindung zwischen West- und Nordafrika zu Frankreich würde die Errichtung eines Al-Kaida-Staates in der Region direkt Frankreichs Sicherheit bedrohen.

Zweitens: Durch den Libyen-Krieg sind nicht nur reichlich Waffen in die Region gekommen, auch umgekehrt gibt es da eine Kausalität: Ein Al-Kaida-Staat in Mali würde Libyen destabilisieren. Und Tunesien gleich mit. Für beide Länder trägt Frankreich historische Verantwortung, mit beiden ist es stark verflochten.

Berlin lässt Franzosen allein die Kastanien aus dem Feuer holen

Drittens: Die Vorgänge in Mali bedrohen Niger und Mauretanien. In Niger ist Frankreich wegen des Urans präsent, in Mauretanien ist es an den Ölreserven interessiert. Mali selbst ist für Frankreich hingegen ein eher uninteressanter Wirtschaftspartner. Die gelegentlich zitierten Bodenschätze sind weitgehend unerschlossen und werden es bis auf weiteres auch bleiben.

Viertens: In den Ländern der Region leben viele Tausende Franzosen – das hat allein schon historische Gründe, denn Frankreich war hier Kolonialmacht. Mali selbst hieß bis zu seiner Unabhängigkeit 1960 Französisch-Sudan. Dort leben immer noch mehr als 5.500 Franzosen, die Hälfte von ihnen hat beide Nationalitäten.

Die eigentliche Bedeutung des Mali-Krieges ist geopolitisch. Eine verschärfte Immigration aus der Region, vor allem nach Frankreich, macht die Sicherheit des Landes zu einem Problem der inneren Sicherheit Europas. Etwas weiter gedacht, muss man sich außerdem um die möglichen Auswirkungen eines dschihadistischen Mali nicht nur auf den Maghreb, sondern auch auf den Mashrek sorgen – also auf die Region von Ägypten bis Syrien.

Wie wollte man da sagen, das ginge Europa nichts an?
...


aus
http://www.zeit.de/politik/ausland/2013 ... ch/seite-2

Gruss,
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Re: Krieg in Mali

Beitragvon galileo2609 » Samstag 26. Januar 2013, 23:31

Britta hat geschrieben:eine marodierende Bande von Banditen und weniger gut organisierte Terroristen, die eine ernste Gefahr für den Weltfrieden darstellen.

Na dann, dann ist eben eine Polizeiaktion mit Billigung des UN-Sicherheitsrats. Hauptsache, den Drecksäcken tritt einmal jemand kräftig in den Hintern. Während manche westliche Allierte noch darüber beraten, wieweit sie unterstützen wollen (USA) oder über die Zertifizierung von Luftbetankungen für französische Kampfjets nachdenken (Deutschland) und die ECOWAS täglich darüber spekuliert, wie hoch sie ihre zukünftige Truppenstärke zur Unterstützung Malis noch stapelt, haben die Interventionskräfte Frankreichs in Mali die Terrorbande bald eliminiert oder vertrieben. Die Austeritätspolitiker der EURO-Gruppe werden Hollande danach fragen, wie er diesen Haushaltsposten sanieren wird.

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Re: Krieg in Mali

Beitragvon Britta » Sonntag 27. Januar 2013, 14:51

Uli hat geschrieben:
Britta hat geschrieben:Mit welchem Recht mischt sich der Westen in die inneren Angelegenheiten afrikanischer Länder?


Die "offizielle" Begründung ist sicherlich der Hilferuf des malischen Präsidenten; zudem hat der UN-Sicherheitsrat eine internationale Hilfsmission für Mali autorisiert. Es ist nicht nur der Westen: afrikanische Staaten sind ebenfalls Teil dieser Mission.

Welches Präsidenten? Amadou Toumani Toure wurde im März 2012 gestürzt. Die Begründung war, er wäre mit dem neueren Aufstand der Tuareg, der zu dem Zeitpunkt 2 Monate andauerte, nicht fertig geworden.

Die neuen Machthaber in Mali haben keine Legitimation. Die Franzosen helfen ihnen aber und sie werden ihre Machtposition stärken, was wiederum für andere Parteien in Mali wie etwa die Tuareg nicht wirklich gut ist.

Uli hat geschrieben:Die wirklichen Gründe für das Eingreifen Frankreichs sind vielleicht eher:

Ja, das klingt natürlich alles sehr positiv. So als dürfte es gar nicht ander sein. :?
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Re: Krieg in Mali

Beitragvon galileo2609 » Sonntag 27. Januar 2013, 17:42

Hallo Britta,
Britta hat geschrieben:Welches Präsidenten? Amadou Toumani Toure wurde im März 2012 gestürzt. [...]
Die neuen Machthaber in Mali haben keine Legitimation.

das ist so nicht ganz richtig. Das Hilfsersuchen an Frankreich erging durch den amtierenden Übergangspäsidenten Dioncounda Traoré. Die Präsidentschaft von Traoré ist das Ergebnis der internationalen Eindämmung des Putsches vom 22.03.2012 und seiner Folgen. Konkret der Vereinbarungen zwischen den Putschisten und der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) vom 06.04.2012 und ist auch mit der malischen Verfassung vom 25.02.1992 (englische Übersetzung) vereinbar:
Verfassung von Mali hat geschrieben:ARTICLE 36/ - Lorsque le Président de la République est empêché de façon temporaire de remplir ses fonctions, ses pouvoirs sont provisoirement exercés par le Premier Ministre. En cas de vacance de la Présidence de la République pour quelque cause que ce soit ou d'empêchement absolu ou définitif constaté par la Cour Constitutionnelle saisie par le Président de l'Assemblée Nationale et le Premier Ministre, les fonctions du Président de la République sont exercées par le Président de l'Assemblée Nationale. Il est procédé à l'élection d'un nouveau Président pour une nouvelle période de cinq ans. L'élection du nouveau Président a lieu vingt et un jours au moins et quarante jours au plus après constatation officielle de la vacance ou du caractère définitif de l'empêchement. Dans tous les cas d'empêchement ou de vacance il ne peut être fait application des articles 38, 41, 42 et 50 de la présente Constitution.

Article 36: When the President of the Republic is temporarily unable to fulfil his duties, his powers shall be provisionally exercised by the Prime Minister. In case of a vacancy of the Presidency of Republic for some unforeseen, disruptive cause that is an absolute or unavoidable obstacle, noted by the Constitutional Court, and the President of the National Assembly and the Prime Minister, the functions of the President of the Republic shall be carried out by the President of the National Assembly. A new process for election of a new president for a new period of five years shall then commence. The election of the new President shall take place between twenty-one and forty days after the official recognition of the vacancy or preventative obstacle. In every case of a preventative obstacle or vacancy, Articles 38, 41, 42, and 50 shall not be applied.

Die bis zum Putsch amtierende Premierministerin Cissé Mariam Kaïdama Sidibé wurde durch die Putschisten festgenommen, während Präsident Amadou Toumani Touré mit Hilfe loyaler Truppen fliehen konnte. Bis zum 17.04.2012 war die Funktion des Ministerpräsidenten unbesetzt und wurde nach der Vereinbarung vom 06.04.2012 schliesslich von Cheick Modibo Diarra ausgeübt.

Seine Regierung der nationalen Einheit, die vor allem die die Wiederherstellung der staatlichen Ordnung in allen Teilen des Landes und die Abhaltung von freien Wahlen scheiterte am 10.12.2012 durch einen "zweiten Putschversuch" der aufständischen malischen Truppenteile und trat daraufhin geschlossen zurück. Wenige Tage später konnte Übergangspräsident Traoré unter dem Druck der UN mit Django Sissoko eine weitere Zivilregierung einsetzen, die seitdem die Regierungsgeschäfte führt.
Dieser Übergang wurde durch den gestürzten gewählten Präsidenten Touré soweit unterstützt, als dieser am 09.04.2012 offiziell von seinem Amt zurückgetreten ist, um die verfassungsgemässe Neuwahl eines Präsidenten innert 40 Tage nach der Inauguration des legitimen Übergangspräsidenten Traoré zu ermöglichen. Dass es bislang dazu nicht kam, liegt an dem nicht entschiedenen Machtkampf mit den illegalen Putschisten um Amadou Sanogo. Zur Erinnerung: Dioncounda Traoré wurde am 21.05.2012 durch einen jugendlichen Mob aus dem Umfeld der Putschisten malträtiert und konnte erst am 27.07.2012, nach medizinischer Behandlung im Ausland, seine Amtsgeschäfte wieder antreten.

Die Zielvorgaben des französischen Präsidenten für die Opération Serval umfasst auch "eine legitime Ordnung und einen Wahlprozess" in Mali selbst. Dieses "nation re-building" ist dann aber auch eine Aufgabe der internationalen Staatengemeinschaft. Ebenso wie der Schutz der nomadisierenden Minderheiten auf malischem Staatsgebiet:
Britta hat geschrieben:Die Franzosen helfen ihnen aber und sie werden ihre Machtposition stärken, was wiederum für andere Parteien in Mali wie etwa die Tuareg nicht wirklich gut ist.

Es muss klargestellt werden, dass es zu keinen Kriegsverbrechen und Racheakten gegen diejenigen kommen darf, die grob fahrlässig mit den marodierenden Islamisten in einen Topf geworfen werden. Klar muss sein, dass es "die Tuareg" nicht gibt. Diese Gemeinschaftsbezeichnung für die unterschiedlichsten Stämme in der Sahara und der Sahelzone stammt aus der gewaltsamen Islamisierung der berberischen Nomaden. Die Tuareg haben mit einer radikalislamischen Auslegung des Koran oder seiner propagierten Lebensweise wenig am Hut. Beispielsweise wird die traditionell liberalere Stellung der Frauen bei diesen Nomadenstämmen durch die Fundamentalisten der Ansar Dine und der Terrororganisationen MUJAO und AQMI existenziell bedroht. Die Verbrechen gegen die Menschenrechte, die in den vergangenen Monaten durch die Islamisten im Norden Malis verübt wurden, sind durch nichts zu gerechtfertigen. Nicht mal durch eine schwere Kindheit. Es ist völlig in Ordnung und unterstützungswürdig, wenn die Interventionskräfte diese religiös motivierten Gewaltakte gegen die Bevölkerung und die Kulturstätten im Norden Malis und den Anrainerstaaten definitiv neutralisieren. Mit diesen Warlords und ihren reisenden Kriegsknechten ist kein Staat zu machen. Aber Staaten können scheitern, wenn solche irreguläre Kombattanten ihr Unwesen treiben. Hoffen wir mal, dass Frankreich und seine Alliierten so erfolgreich sind, diese Terrorbanden nicht nur in die Nachbarstaaten Malis abzudrängen, sondern nachhaltig auszuschalten.

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Re: Krieg in Mali

Beitragvon Britta » Sonntag 27. Januar 2013, 18:45

galileo2609 hat geschrieben:Hallo Britta,
Britta hat geschrieben:Welches Präsidenten? Amadou Toumani Toure wurde im März 2012 gestürzt. [...]
Die neuen Machthaber in Mali haben keine Legitimation.

das ist so nicht ganz richtig. Das Hilfsersuchen an Frankreich erging durch den amtierenden Übergangspäsidenten Dioncounda Traoré. Die Präsidentschaft von Traoré ist das Ergebnis der internationalen Eindämmung des Putsches vom 22.03.2012 und seiner Folgen. Konkret der Vereinbarungen zwischen den Putschisten und der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) vom 06.04.2012 und ist auch mit der malischen Verfassung vom 25.02.1992 (englische Übersetzung) vereinbar:


Danke für die Info.

Die derzeitigen Machtverhältnisse in Mali waren mir bisher unklar. Ich hatte auch nicht viel Zeit zum Suchen.

galileo2609 hat geschrieben:Die bis zum Putsch amtierende Premierministerin Cissé Mariam Kaïdama Sidibé wurde durch die Putschisten festgenommen, während Präsident Amadou Toumani Touré mit Hilfe loyaler Truppen fliehen konnte. Bis zum 17.04.2012 war die Funktion des Ministerpräsidenten unbesetzt und wurde nach der Vereinbarung vom 06.04.2012 schliesslich von Cheick Modibo Diarra ausgeübt.

Wow, der Lebenslauf der Ministerpräsidenten ist beeindruckend.

galileo2609 hat geschrieben:Seine Regierung der nationalen Einheit, die vor allem die die Wiederherstellung der staatlichen Ordnung in allen Teilen des Landes und die Abhaltung von freien Wahlen scheiterte am 10.12.2012 durch einen "zweiten Putschversuch" der aufständischen malischen Truppenteile und trat daraufhin geschlossen zurück. Wenige Tage später konnte Übergangspräsident Traoré unter dem Druck der UN mit Django Sissoko eine weitere Zivilregierung einsetzen, die seitdem die Regierungsgeschäfte führt.

Django Sissoko gefällt mir wieder weniger.

galileo2609 hat geschrieben:Die Zielvorgaben des französischen Präsidenten für die Opération Serval umfasst auch "eine legitime Ordnung und einen Wahlprozess" in Mali selbst. Dieses "nation re-building" ist dann aber auch eine Aufgabe der internationalen Staatengemeinschaft. Ebenso wie der Schutz der nomadisierenden Minderheiten auf malischem Staatsgebiet:

Das klingt ja sehr gut und schön, hoffen wir, dass das nachher auch so wird.

Seit dem Libyenkrieg bin ich da skeptisch.

galileo2609 hat geschrieben:Es ist völlig in Ordnung und unterstützungswürdig, wenn die Interventionskräfte diese religiös motivierten Gewaltakte gegen die Bevölkerung und die Kulturstätten im Norden Malis und den Anrainerstaaten definitiv neutralisieren. Mit diesen Warlords und ihren reisenden Kriegsknechten ist kein Staat zu machen. Aber Staaten können scheitern, wenn solche irreguläre Kombattanten ihr Unwesen treiben. Hoffen wir mal, dass Frankreich und seine Alliierten so erfolgreich sind, diese Terrorbanden nicht nur in die Nachbarstaaten Malis abzudrängen, sondern nachhaltig auszuschalten.

Für mich sind das zum größten Teil Banditen. Ich kann schlecht beurteilen, ob ein derartig großer Militäreinsatz gerechtfertigt ist, oder ob da mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird und wenn, auf welche Spatzen.

Ich traue der Sache einfach nicht. :(
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Re: Krieg in Mali

Beitragvon galileo2609 » Montag 28. Januar 2013, 01:35

Einfach mal so zum Reinlesen: Ein Gefühl von Befreiung

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Re: Krieg in Mali

Beitragvon Der Neandertaler » Montag 28. Januar 2013, 14:26

Hallo galileo.
galileo2609 hat geschrieben:Einfach mal so zum Reinlesen: Ein Gefühl von Befreiung

Grüsse galileo2609
Ich meine mich erinnern zu können, daß in einem vorhergehenden Beitrag irgendjemand mal nach Investitionen der 'Westlichen Welt' ... des Auslands gefragt hatte?

Ich hab nun gelesen, daß im Norden Malis eine Straße von Timbuktu zur malisch-mauretanischen Grenze vorgesehen ... geplant war - im wesentlichen mit der Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft UEMOA, sowie der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS).
Der Europäischen Entwicklungsfonds wollte mit gut 9 Millionen Euro die Route Kita im Westen Malis nach Saraya im Osten Senegals finanzieren. ... rund 320 Kilometer
Aber nicht zuletzt als Folge der Krise ... des Krieges ist dies nun hinfällig.
Vergangenheit:
    Die KfW hat gemeinsam mit der damaligen GTZ seit 1993 Not- und Soforthilfe abgedeckt. Zusammen mit der malischen AGETIPE (Agentur für arbeitsintensive Maßnahmen):
      6,3 Millionen DM für den Wiederaufbau öffentlicher Gebäude in den Kreisstädten der Region von Timbuktu.
    Später Nord-Mali II und III - Volumen:
      8,7 Mio. DM für öffentliche Infrastruktur in den ländlichen Gemeinden
      alle Programme - Nord-Mali I bis III - sind im Sommer 2000 abgeschlossen worden.
In den Jahren 2000 bis 2008 wurden im Norden Malis Auf- und Ausbau der Kleinbewässerung im Flusstal des Niger finanziert.
Für Mali-Nord IV bis IX standen insgesamt 18,5 Mio. EUR zur Verfügung.
IPRODI I (Irrigation de Proximité dans le Delta Intérieur - Kleinbewässerung im Binnendelta) kostete 2009 und 2010 rund 8 Mio. EUR.
Diese Programme sind abgeschloßen und abgenommen - aber vermutlich nun leider teilweise zerstört.

Es wurde also doch schon einiges für Nord-Mali getan, weil man deren Armut, deren Rückständigkeit zum Rest des Landes sah.
Aber nun zur Gegenwart:
    Da diese Investitionen nun hinfällig zu sein scheinen, dort nun (wieder) Armut herrscht, weil es dort also (wieder) wenig Arbeit gibt - wenn, dann nur schlecht bezahlte, ... die atraktivsten und auskömmlichsten Jobs sind die von Ansar Dine ... in der 'Sittenpolizei'.
Den Islamisten ging es doch weniger um die Leute, sondern nur um die Scharia ... diese einführen.
Also um Macht!
P.S.:
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.

Die Welt ist so geräumig und der Kopf ist so beschränkt.

Zpět k budoucnosti ke nejlebší čas.


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Re: Krieg in Mali

Beitragvon galileo2609 » Dienstag 29. Januar 2013, 02:27

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Re: Krieg in Mali

Beitragvon Uli » Dienstag 29. Januar 2013, 20:05

galileo2609 hat geschrieben:Die Verbrechen gegen die Menschenrechte, die in den vergangenen Monaten durch die Islamisten im Norden Malis verübt wurden, sind durch nichts zu gerechtfertigen. Nicht mal durch eine schwere Kindheit. Es ist völlig in Ordnung und unterstützungswürdig, wenn die Interventionskräfte diese religiös motivierten Gewaltakte gegen die Bevölkerung und die Kulturstätten im Norden Malis und den Anrainerstaaten definitiv neutralisieren. Mit diesen Warlords und ihren reisenden Kriegsknechten ist kein Staat zu machen.


Tja, nichtsdestotrotz wird man Spekulationen, dass es Frankreich in 1. Linie doch um die Sicherung ihrer Uran-Quellen in Nordafrika geht, nicht wirklich widerlegen können. Tatsächlich hängt die Versorgung französischer Kernkraftwerke ganz stark ab von der Uranversorgung aus Malis Nachbarland Niger. Solche Spekulationen kommen auch aus den Mainstream-Medien (z.B. ARD-Tagesschau vor einigen Tagen).

Man lese z.B.:
Rohstoffkrieg in Mali
Uranversorgung aus Niger
Der Schweizer „Tages-Anzeiger“ schrieb schon im Juli 2012, dass sich Frankreich wegen der Un-abhängigkeitserklärung von Nord-Mali (Azawad) Sorgen um seine Uranversorgung aus dem be-nachbarten Niger machte:
„Es ist indes ein offenes Geheimnis, dass die nigrischen Streitkräfte bereits massiv unterstützt werden. Truppen der ehema-ligen Kolonialmacht Frankreich seien an militärischen Operationen zur Sicherung der Landesgrenze beteiligt, berichten In-formanten in Niamey. Den Franzosen gehe es darum, den Urannachschub aus Niger nicht zu gefährden. Frankreich be-zieht 40 Prozent des Urans für seine grosse Atomindustrie aus Niger.“
Der Mali-Krieg Frankreichs gegen die Tuareg-Rebellen erscheint allein schon deswegen plausibel, weil der französische Atomkonzern Areva bei der Uran-Ausbeutung im benachbarten Niger erhebliche Probleme mit den Tuareg hat:
„Frankreich will schon deshalb in Mali in-tervenieren, um eine Destabilisierung seiner Uran-Quelle im Niger zu verhin-
dern. Denn das Land ist längst zu einem Alptraum für Areva geworden (Und wie-der mal ein höchst radio-aktiver Staats-präsident). Immer wieder werden Fran-zosen entführt. Verantwortlich dafür sind Tuareg-Rebellen, die mehr Geld für das nigrische Uran fordern. Aber auch Al-Qaida im islamischen Maghreb (AQMI) entführt immer wieder Areva-Mitarbeiter. Insgesamt sind, mit der neuen Entfüh-rung des Ingenieurs Francis Colump in Nigeria, nun neun Franzosen weltweit in den Händen von Entführern.“
Ebenso hegt auch die „Wirtschaftswoche“ keinerlei Zweifel daran, dass es Frankreich beim Krieg in Mali um die Uran- und Ölvorkommen geht:
...


Ich denke, wie diese Punkte zu wichten sind bei Frankreichs Entscheidung, militärisch einzugreifen, ist schwer zu sagen. Es ist aber sicher sehr plausibel, anzunehmen, dass sie eine gewisse Rolle gespielt haben.

Gruss,
Uli
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