Moral der Gesetze - moralische Gesetze?

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Moral der Gesetze - moralische Gesetze?

Beitragvon Der Neandertaler » Donnerstag 27. Februar 2014, 16:17

"Ich möchte nicht Präsident in einem Land sein, wo man sich von Freunden kein Geld leihen kann."
Christian Wulff im Interview bei ARD und ZDF am 4.1.2012.
Die 'Causa Wulff' begann im Oktober 2008, als das Ehepaar Wulff ein Haus in Großburgwedel kaufen will und dafür einen Privatkredit über 500.000 von Edith Geerkens erhält, Ehefrau des langjährigen Wulff-Freundes Egon Geerkens. Im März 2010 löst Christian Wulff das private Darlehen durch einen Kredit der BW-Bank ab. Etwa ab Dezember 2010 gibt es Gerüchte um günstige Konditionen für Wulffs Hauskauf in Großburgwedel. Es folgen 'Bild'-Veröffentlichungen von Details zu dem Privatkredit.
Da die Staatsanwaltschaft Hannover gegen Wulff wegen Vorteilsannahme aufnehmen möchte, beantragt sie die Aufhebung der Immunität des Bundespräsidenten. Sie wird gewährt - die Ermittlungen können beginnen.

Verwunderlich ist, daß von den gesamten Vorwürfen, über die sich ganz Deutschland echauffiert hat, daß davon außer der nicht bewiesenen Vorteilsnahme ... Vorteilsgewährung wenig übrig geblieben ist. Auch um dieses zu beweisen scheint sich die Staatsanwalltschaft an jeden noch so kleinen Strohhalm zu klammern. Nach der vorgebrachten Beweisaufnahme, die nichts oder nichts Neues zutage förderte, wollte der Staatsanwalt eine neugefundene E-Mail als zusätzlichen und ultimativen Beweis einbringen.
    Zur Erinnerung - da alles immer gerne durch die ökonomische Brille betrachtet wird:
      Anklage wurde wegen 753,90 € erhoben. Im Laufe des Verfahrens reduzierte sich dieser sukzessive - allenfalls noch zweimal 70 € bleiben übrig.
      ... für ein Essen am Oktoberfest
      aufgelaufene Ermittlungs- und Prozeßkosten:
        schätzungsweise vier Millionen Euro. (in Worten: 4.000.000 !!!!)
Nun ist Herr Wulff auch von diesem Vorwurf freigesprochen worden - kein Freispruch mangels Beweise.
Der Richter betonte:
"Es gibt nur schuldig oder unschuldig. Ein bißchen schwanger geht nicht."
soviel Humor hätte ich einem Richter nicht zugetraut
"Es gibt schlicht keine schlagkräftigen Beweise gegen die Angeklagten."

(hat sich gelohnt!)

>>>> zweite Katastrophe <<<<

Die kanadische Polizei verhaftet im Mai 2011 einen 42-Jährigen, der seit einigen Jahren ein illegales Unternehmen für Produktion und Verkauf kinderpornografischen Materials betrieben haben soll - nicht alle Bilder zeigen dabei sexuelle Handlungen, es geht auch um FKK-Bilder von Kindern.
Die kanadische Polizei teilt 2012 dem Bundeskriminalamt mit, daß unter den rekonstruierten "Kunden"-Adressen auch 800 aus Deutschland seien.
Darunter befand sich auch die des SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy. Zwischen 2005 und 2010 soll er insgesamt neun Mal Material angefordert haben - neun bis etwa 14-jährige männliche Jugendliche sollen darauf zu sehen sein.
Die zuständige Staatsanwaltschaft notiert dazu:
"strafrechtlich irrelevant"
Da Material, auf dem zwar Genitalien der betroffenen Kinder gezeigt werden, jedoch keine sexuellen Handlungen, sind im kinderpornografischen "Grenzbereich" - Videos oder Bilder von nackten Kindern sind also per se noch keine strafbare Kinderpornografie.

>>>> weitere Strophe <<<<

General Kießling - er wurde 1984 der Homosexualität beschuldigt ... fälschlich.

Fazit:
    Moralische Vorstellungen und Befindlichkeiten kann man schlecht in Gesetze fassen - und wenn doch, das hatten wir doch schonmal ... moralische Gesetze.
    (z.B. in der DDR oder einige rechtliche Regelungen im Dritten Reich - übrig blieb in der Bundesrepublik jahrelang noch §175)
    In anderen Ländern gibt es diese heutzutage noch - oder schon wieder.
    (Russland, China, Nord-Korea, etc. - Homophobie)
    Recht ist gerichtlich einklagbar - Moral nicht.
    Oder wie im Fall Edathy, in dem nun unsere oberste Empörerin, die nette Blonde aus dem Norden - Manuela Schwesig - möchte, daß das Kinderpornographie-Gesetz verschärft wird.
    "Auch diese Bilder sind Mißbrauch. Und deshalb müssen wir prüfen, wie wir diese Bilder verhindern können."
    Dumm nur, daß damit schon Eltern, die ihre Kinder am Strand nackt photographieren, faktisch gegen Recht und Gesetz verstoßen würden.
    aber dies wird einigen wohl erst im Nachhinein bewußt werden

    Frage:
      Wollen wir also eine "Denkpolizei" - eine Gesinnungspolizei?
      Eine Gesetzgebung, die, wie nach der RAF-Zeit, in eine Art Radikalenerlass mündet?
    "Moralisches Überlegenheitsgefühl ist als Haltung, im Alltag und in der Politik, tausendmal gefährlicher als das Bewußtsein, gelegentlich ein Tunichtgut zu sein."
    wie es der Journalist und Autor Harald Martenstein betonte. Oder der Historiker und Soziologe H.G. Wells:
    "Moralische Entrüstung ist Eifersucht mit einem Heiligenschein."
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.

Die Welt ist so geräumig und der Kopf ist so beschränkt.

Zpět k budoucnosti ke nejlebší čas.


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Viele Grüße
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Re: Moral der Gesetze - moralische Gesetze?

Beitragvon Elfer » Donnerstag 27. Februar 2014, 22:56

Ich versuche es mal kurz:

ich hätte für die gegen Wulff erhobenen Vorwürfe wahrscheinlich meinen Job verloren. Es sind viele Amtsträger für weniger verurteilt worden.

Edathy scheitert nur an Edathy.
They´ll never get caught. They´re on a mission from God.
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