Hallo Ralf.
Was Janukovič angeht: Er war in Putins Augen wohl schon länger abgeschrieben ... dufte nur noch Zitate im Sinne Moskaus vorlesen. Was den Anschein ergab, daß das er, was er gesagt hat, daß er das selber erdacht hätte, und es offensichtlich geworden wäre, wenn es aus dem Munde der moskauer Regierung gekommen wäre, daß dies von Putin stammt.
Also das Thema Janukovič scheint erledigt - er darf nicht mehr mitspielen.
ralfkannenberg hat geschrieben:Was mich trotzdem nach wie vor wundert ist der Umstand, warum Russland und die Ukraine nicht vor der Krise auf politischem Wege versucht haben, die Krim an Russland anzugliedern; dazu gab es 20 Jahre Zeit und in der Ukraine in dieser Zeit ja auch immer wieder pro-russische Präsidenten, die solchen - wie oben geschrieben durchaus sinnvollen - Ideen kaum abgeneigt gewesen wären.
"Pro-russische Präsidenten", das ist das Stichwort. Der Westen ... die EU ... die NATO (weniger) hat einen Teil Mitschuld an dieser Situation. Die EU ... die NATO hat (notwendigerweise!) die ehemaligen Ostblockstaaten aufgenommen (Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, ...), aber wenig bis garnicht darüber nachgedacht, was dies für Moskau bedeutet.
Bei der NATO-Erweiterung war die Wiedervereinigung hilfreich, weil man (obwohl Gorbatschow der Verhandlungspartner war ... oder gerade deswegen?), weil man auf Moskau zuging und Zusagen machte. (keine zusätzliche Truppenstationierung, außer Landeseigene, usw.)
Trotzdem war man von der EU enttäuscht. (aus mehreren Gründen.)
Ich bin zwar nach wie vor der Meinung, daß niemand Drittes mitzureden hat, wenn eine Partei sich einer Gemeinschaft anschließen möchte. Aber darüber nachdenken, was der Andere dabei empfindet, das hätte es schon bedurft.
Ich würde jetzt nicht soweit gehen, wie der Wormser Wirtschaftsprofessor Max Otte, der (in Bezug auf die Ukraine-Krise) kürzlich im Handelsblatt gesagt hat:
"Die Probleme der Ukraine sind vom Westen gewollt oder in Kauf genommen. Hier findet eine Auseinandersetzung um die Ausweitung der amerikanischen Einflußsphäre statt."
Eher halte ich es mit Wolfgang Richter von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Zur "Annexion der Krim" schreibt er:
"Es greift zu kurz, die Erklärung dafür lediglich in einem neosowjetischen Revisionismus zu suchen. Russland sieht sich in der Defensive gegenüber einer westlichen Vorwärtsstrategie, die russische Sicherheitsinteressen gefährdet. Diese Bedrohungsperzeption mag überzogen sein. Doch auch westliche Staaten haben zu ihrer Entwicklung beigetragen, indem sie Sicherheitsvereinbarungen marginalisiert oder umgangen haben."
Als etwa nach 2002 die Nato-Erweiterung um die baltischen Staaten auf der Tagesordnung stand, war die transatlantische Allianz zunächst noch bemüht, mit dem Nato-Russland-Rat Moskau zu besänftigen. Als aber die USA dazu noch eine Raketenabwehr in Polen und Tschechien planten, sah sich Russland gefährdet. Jeder neue Militärintervention unter US-Führung (Serbien 1999, Irak 2003 und Libyen 2011) trug zur Verunsicherung ... zum Mistrauen bei. 2008 wollten die Amerikaner dann die Ukraine und Georgien in die Nato aufnehmen - für Russland war die "rote Linie" erreicht.
Der Einmarsch in Georgien dürfte also die Folge gewesen sein. Die Krim-Annexion der zweite Schritt. (auch, weil Juschtschenko, Janukovič' Vorgänger den Schwarzmeer-Flotten-Vertrag kündigen wollte) Aber ich sehe keine Veranlassung Putins die Ost-Ukraine ebenfalls zu annektieren. (Puffer zum Westen!) Insofern gebe ich Dir Recht, er hat "die Gunst der Stunde auszunutzen gewußt."
Aber eines hat er geschafft, etwas, was er nicht wollte: Polen, Tschechien, die baltischen Staaten, ect. werden wohl tiefer in die NATO-Strukturen integriert werden (wollen). ... aus Angst.
Ich habe mir das Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine nun nicht im Einzelnen durchgelesen (1200 Seiten! - ich muß mich nun weitgehend auf unsere Medien verlassen.), aber wenn dort etwa von einem "sicherheitspolitischen Raum" die Rede ist - von verstärkter "Zusammenarbeit in Militärübungen", kann ich (aufgrund der vorhergehenden Erfahrungen) die Gedankenspielchen Moskaus schon inetwa nachvollziehen.
Aber alles wenn, ... und aber, ... ist wenig hilfreich, bei der Suche nach Lösung(en) der jetzigen Krise. Warten wir's ab. Die Krise ... das Problem 'Ukraine' ist noch nicht gelöst.
ralfkannenberg hat geschrieben:Kommt hinzu, dass rein rational betrachtet - also ohne politisches Geplänkel - die Krim auch zu Russland gehören sollte.
Ich denke: die Krim wird bei Russland bleiben ... sie wird 'geopfert' werden, zugunsten Putins Ruhe in der Ost-Ukraine.
ralfkannenberg hat geschrieben:lieber wird Putin den Anzug des Friedensengels anziehen und laut herumjammern, dass irgendwelche lokalen Banditen die Herrschaft über Donezk und Lugansk übernommen haben und er "leider" keinen Einfluss darauf hat und sich auch nicht in innere Angelegenheiten einmischen möchte.
Die Seperatisten werden auch am Verhandlungstisch platznehmen - sie werden zur Kenntnis nehmen, daß sie nicht russisch werden (eigenständig können sie auch nicht bleiben/werden), sie werden zustimmen, wieder zur Ukraine zu gehören. Die Ukraine wird nicht NATO-Mitglied und auch nicht EU-Mitglied - Putin wird Ruhe geben. ... nachdem die NATO zurückzieht. (zusätzlich stationierte Truppen in Polen, ...)