Liebe Britta!
Britta hat geschrieben:Mir ging es nur um den Vergleich mit einmal getroffenen Entscheidungen und wie man sie dann ändert. Ob das ein Gesetz ist oder ein Bauvorhaben - es muß nicht endgültig sein.
...
Es ist aber eine Entscheidung, die man jederzeit wieder zurücknehmen könnte.
Ab einem gewissen Punkt sollten sie schon unumkehrbar sein. Nochmal:
Ob dies Verfahren, das bis dahin - zu dieser Entscheidung - führte, ob also die Bürgerbefragung zeitlich nicht am Anfang stehen sollte, oder ob die Hürden dazu niedriger sein sollten, darüber läßt sich trefflich streiten.
Eine jetzt vorzunehmende Bürgerbefragung würde wohl das Aus des Bahnhofs bedeuten, Klar! Ich würde auch gegen das Projekt stimmen, gebe ich zu, aber nicht aus den vorgebrachten Gründen, sondern meine Bedenken ergeben sich eher aus dem Verhalten der dortigen Politiker ansich. Aber ...
Britta hat geschrieben:Stuttgart ist ja weit weg.
Britta hat geschrieben:So bleibt den Menschen am Ende das Gefühl, einfach nicht gefragt worden zu sein.
Bürger, die damals nicht befragt wurden, klar! Sie waren ja zum Teil noch nicht geboren. Bei allen Anderen habe ich so meine Bedenken, ob dies in erster Linie nicht nur ein subjektives Gefühl ist. Das
Recht zur Information bedeutet ja auch eine
Pflicht sich zu informieren, und wenn Bürger sich nicht informieren, was in ihrer
direkten Umgebung geschieht oder geschehen soll, sondern sich lieber Höherem zuwenden, dann läuft da was falsch. Aber bitte nicht nur Politik anhängen!
Britta hat geschrieben:Es wurde einfach entschieden und Basta.
Ob dies "einfach entschieden" wurde, weiß ich nicht. Hier einmal eine zeitliche Darstellung, welche die Dimensionen erkennen lässt:
1. Teil
1988 bis
1994, Vorüberlegungen zu Trassenvarianten rund um Stuttgart
1994 Vorstellung des Bahn- und Städtebauprojekts "Stuttgart 21"
1995 Erste Bürgerbeteiligung in Form von Ideenwerkstätten zu "S 21";
Stuttgarter Gemeinderat beschließt Rahmenvereinbarung "Stuttgart 21"
1996 Raumordnungsverfahren zu "S21" wird beantragt, Umweltuntersuchung
und Gutachten zu Stuttgarter Untergrund wird erstellt;
EU beschließt gemeinschaftliche Leitlinie zum Ausbau des transeuropäischen Verkehrsnetzes, inkl. Hochgeschwindigkeitsstrecke Stuttgart-Ulm.
1997 Offene Bürgerbeteiligung zum Städtebauprojekt "S21", Dauer
4 - Worten: VIER - Monate,
In
15 Arbeitskreise beteiligen sich
400 Bürger;
Rahmenplan zu "Stuttgart 21" wird daraufhin beschlossen;
Raumordnungsverfahren wird abgeschlossen, dies ist eine Voraussetzung um in die Planfeststellung zu gehen; Ingenhoven gewinnt Architektenwettbewerb zu Bahnhofsumbau "S21"
ZWANGSPAUSE:
Bahnchef Ludewig ist gegen das Projekt und verhängt Planungsstopp. Neuer Bahnchef Mehdorn ist wieder dafür, scheitert aber am Verkehrsminister Klimt (SPD). Erst, nachdem sich das Land Baden-Württemberg und der Bund über eine Vorfinanzierung einigen, stimmt der Verkehrsminister und auch der Bahn-Aufsichtsrat im Frühjahr
2001 zu! Erst jetzt kann die Projektplanungs-GmbH wieder ihre Arbeit aufnehmen, Personal einstellen und das Planfeststellungsverfahren in die Wege leiten, mehr ...?
Dies soll nicht meiner Eitelkeit, der "Rechthaberei" gewidmet sein, sonder eher informieren
2. Teil
Das Bahnprojekt "Stuttgart 21" wurde in
7 Planfeststellungsabschnitte geteilt, die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm ist unabhängig davon und in
6 Planungsschritte aufgeteilt.
30.10.2001 Beantragung Planfeststellung für neuen Hauptbahnhof "S21"
2700 private Einwendungen
28.01.2005 PLANFESTSTELLUNG
24.07.2006 1. Änderung zur Planfeststellung
08.11.2007 2. Änderung zur Planfeststellung
18.12.2008 3. Änderung zur Planfeststellung
17.12.2001 Beantragung Planfeststellung für Fildertunnel
2500 private Einwendungen
19.08.2005 PLANFESTSTELLUNG
15.04.2002 Beantragung Planfeststellung für Zuführung aus Bad Cannstatt und
Feuerbach
341 private Einwendungen
13.06.2006 PLANFESTSTELLUNG
14.06.2002 Beantragung Planfeststellung Filderbereich bis Wendlingen
3168 Einwendungen
30.04.2008 PLANFESTSTELLUNG
30.08.2002 Beantragung Planfeststellung für Zuführung aus
Ober-/Untertürkheim
136 private Einwendungen
16.05.2007 PLANFESTSTELLUNG
Aktuell sind noch
2 Planfeststellungsverfahren in Bearbeitung. Aus den aufgeführten Daten ist ersichtlich, daß sich bisher rund
8800 Bürger mit den Planungen auseinander gesetzt haben und ihre Bedenken eingebracht haben. Dies zeigt, daß die Bürgerbeteiligung auch in unseren deutschen Bauverfahren ordentlich funktioniert und wahrgenommen wird. Die Auflistung zeigt auch, daß dies viel Zeit in Anspruch nimmt in der Regel
2 bis
6 Jahre von Beantragung bis zum Beschluß. Ich gehe davon aus, daß auch die aktuell noch laufenden Planfeststellungsverfahren die Zahl der beteiligten weiter steigen läßt. Dies ist richtig so. Jeder betroffene Bürger muß das Recht haben, seine Bedenken, Vorschläge zu äußern und muß sich gewiss sein, daß diese geprüft und gegebenenfalls berücksichtigt werden.
Auch nach Planfeststellung besteht die Möglichkeit, Änderungen durchzuführen. Im Bereich des Hauptbahnhofes gibt es mittlerweile bereits die
3.Änderung gegenüber dem
ursprünglichen Plan.
in den Verfahren sind nicht nur die Einwendungen teil der Prüfung,ebenso werden und wurden die möglichen Alternativen noch einmal überprüft und bewertet.
Das Bahn- und Städtebauprojekt "Stuttgart 21" zieht sich und soll nun Ende diesen Jahrzehnts bahntechnisch abgeschlossen sein. Die städtische Bebauung wird sich über weitere
2 Jahrzehnte entwickeln und realisieren.
Hätte Politik und Bahn AG nicht in der Zeit des Jahrtausendwechsels ein Moratorium durchgeführt, könnte das Projekt bereits weiter sein.
Trotz allem, gebaut wird seit
1999. Die ersten Maßnahmen waren der Rückbau des Güter- und Ladebahnhofes und die Neubebauung des Areals. Seit Februar
2010 wird nun tatsächlich auch direkt am, im und um den Hauptbahnhof gebaut.
So, erstmal genug Monolog! Oder?