Die Leiter des Leides und warum es Leid geben muss

Psychologie und das Seelenleben, der Sinn des Lebens und Lebensträume, Hoffnungen und Ängste, Liebe, Zorn und Gefühle, Ego, Selbstbewusstsein, Sinnlichkeit und der Tod

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Die Leiter des Leides und warum es Leid geben muss

Beitragvon nocheinPoet » Donnerstag 5. August 2010, 20:11

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Oft ließt man die Frage, wenn es eine Gott gibt, warum lässt er all das Leid in der Welt zu, und viele bestreiten deswegen die Existenz Gottes. Ich will hier aber nicht über Gott an sich philosophieren, für oder gegen seine Existenz sprechen sondern das Leid selber und seine Funktion hinterfragen.

Schaffen wir mal eine Skala, ganz oben ist das Gegenteil von Leid, und darunter wird das Leid immer größer. Stellen wir uns das mal als eine Leiter vor, die Leiter des Leides, steigt man eine Sprosse höher verringert sich das Leid, steigt man ab, erhöht es sich.

Die oberste Sprosse ist frei von Leid und mehr, dort angekommen gibt es nichts wonach man noch strebt, man ist grenzenlos glückselig. Denen wir also den obersten Punkt gG für grenzenlose Glückseligkeit. Jede Sprosse aber unter der ersten bedeutet immer Leid.

Nach unten hin betrachte ich diese Leiter erstmal offen, ob es nun einen Punkt gibt, an dem Leid nicht weiter erhöht werden kann ist bestimmt eine interessante Frage, aber hier erstmal nicht relevant.

Jetzt brauchen wir jemand fiktives auf dieser Leiter, nennen wir ihn mal Peter. Im Grunde geht es Peter zur Zeit nicht wirklich schlecht, bis er einen Anruf erhält, das seine Eltern im Urlaub bei dem Erdbeben vor Sumatra ums Leben gekommen sind. Peter bewegt sich nun mal etwas die Leiter herab.

Kurze Zeit später wird seine Frau beim Einkaufen auf dem Weg nach Hause von einem Auto angefahren und liegt seit dem im Komma, keiner kann sagen ob und wann sie wieder aufwacht. Peter steigt unsere Leiter weiter ab.

Lisa seine kleine 11jahrige Tochter, echt eine süße kleine Maus ist die letzte Zeit recht blass, im Krankenhaus erfährt er, das sie unheilbar an Leukämie erkrankt ist und das nächste Jahr auch mit Chemotherapie wohl nicht mehr erleben wird. Darauf bewegt sich unser Freund Peter gleich ein paar Sprossen nach unten, das Leid wird so groß, das er es kaum noch ertragen kann.

Hier sagen nun oft viel, wenn es einen Gott gäbe, warum lässt er so etwas zu?

Aber lassen wir das mal mit Gott außen vor und tun nun mal was Gutes für Peter bevor sein Leben noch ein Ende setzt. Er erhält also einen Anruf aus dem Krankenhaus, das es da eine neue Therapie in der Behandlung von Leukämie gibt, und seine Tochter an einer ersten Studie teilnehmen könnte. Peter stimmt natürlich sofort zu, und schon nach acht Monaten geht es der kleinen Lisa auffallend besser, und sie wird sehr wahrscheinlich weiterleben können und auch geheilt werden. Peter bewegt sich nun nach oben. Wir können sagen wir kürzen seine Leiter des Leides um ein paar Sprossen. So steht Peter also immer auf der letzten Sprosse seiner Leiter.

Wir wollen ja nun Peter wirklich nichts schlechtes und welch Glück, seine Frau erwacht aus dem Komma und wird auch vollständig genesen. Wider steigt Peter nach oben, und wir entfernen die Sprossen unter ihm.

Nun, es ist ja nicht zu glauben, erhält er einen Anruf aus dem Ausland, seine Eltern seinen nicht tot, sondern man habe sie in einem Krankenhaus entdeckt und sie sind nur leicht verletzt. Los Peter weiter nach oben mit Dir. Wir entfernen wieder alle Sprossen unter Peter.

Auf Peters Weg fällt uns auf, das auch Glück etwas subjektives ist, denn Glück kann auch das minimieren von Leid sein.

Nun sitzt Peter abends auf dem Sofa, es geht ihm schon recht gut, aber ihm fallen seine Schulden ein, welche er durch den Kauf des Hauses hat. Ihr werdet es nicht glauben, Peter knackt 14 Tage später den Jackpot und gewinnt 28 Millionen €. Da steigt Peter nun wirklich wieder ein paar Sprossen nach oben. Er kauft sich ein Sportwagen, eine Jacht, ein großes Haus und seine Frau bekommt eine Brust OP. (Peter steht auf große Glocken, und was ihn glücklich macht....)

Peter sitzt nun abends auf einem 28.000€ teuren Designersofa und schlürft nach gutem Sex teuersten Champagner. Er schaut in das HDTV Bild seinen sündhaft teuren Riesenbildschirm und fragt sich auf mal, warum bin ich nicht unsterblich?

Hier beenden wir nun mal damit Peter weiter nach oben zu puschen, und betrachten mal die Situation. Peter ist immer noch nicht auf der letzten Stufe angekommen, noch immer gibt es etwas das ihn bewegt, etwas das ihn bedrücken kann, er ist nicht frei von Leid. Das Wissen um die eigene Vergänglichkeit hat schon viele schwer zu Boden gerissen.

Es ist nun so, solange Peter nicht wirklich auf der obersten Stufe steht, steht er immer auf einer die Leid bedeutet. Wenn wir immer alle Sprossen unter dem Standpunkt von Peter entfernen steht er auf der des für ihn gerade größtmöglichen Leides.

Was wäre denn nun, wenn wir in unser Güte den lieben Peter auf die oberste Stufe setzen würden?

Da würde der Peter nun völlig befreit von jeder Form des Leides im Zustand grenzenloser Glückseligkeit, nicht einen Finger mehr bewegen, auch Sex wäre ihm egal. Es gäbe nichts nach dem er noch streben würde, nichts um das seine Gedanken kreisen könnten. Er wäre einfach nur so da, jede Handlung könnte sein Zustand nur die Leiter herab aber nicht weiter nach oben bringen.

Wäre Peter dann überhaupt noch ein Mensch?

Ich habe hier nun ein recht einfaches Beispiel gefällt und auch versucht den Post nicht all zulang zu gestalten, es gibt auch andere Möglichkeiten das Gesagte zu sagen. Wir sind in unserem Beispiel im Grunde der Gott Peters, wir schreiben seine Geschichte und verfügen über Allmacht was diese betrifft. Aber wie schon zweimal gesagt es geht mir nicht um die Frage warum Gott Leid zulässt, die Frage soll sich jeder selber mal überlegen.

Ich möchte die Funktion des Leides hinterfragen, und es geht mir wirklich nicht darum damit jedes Verbrechen in der Welt zu rechtfertigen und zu legitimieren. Eine philosophische Betrachtung bringt immer ein gewisses Risiko mit sich falsch verstanden zu werden. Einem Peter auf der tiefsten Stufe seiner Leiter, auf die wir ihn gesetzt haben, würde wohl auf so eine Sicht nicht wirklich viel geben und helfen würde sie ihm wohl auch nicht sein Leid zu lindern. Dennoch halte ich es für nicht von Nachteil die Dinge der Welt auch tiefer zu hinterfragen, anstatt sie einfach nur als gegeben hinzunehmen.

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Re: Die Leiter des Leides und warum es Leid geben muss

Beitragvon Iapetus » Donnerstag 5. August 2010, 21:08

Ich denke es gibt Ausprägungen des Leids die nicht einfach mehr mit quantitativen Maßstäben bemessen werden können, sondern die sich in ihren Grauen sosehr von andern Arten des Leides unterscheiden, dass sie einen qualitativen Unterschied darstellen.

Außerdem könnte man sich auch Folgendes überlegen:

Wie verhält es sich wenn für Peter das Leid stetig zunimmt, d.h. zu keinem Zeitpunkt seines Lebens leidet er weniger als zu einem frühren Zeitpunkt. Er fällt streng monoton auf der Leiter des Glücks hinab. Er empfindet also zu keinen Zeitpunkt Glück.
In diesem Szenario kann die Existenz des Leids nicht legitimiert werden indem man sie als Bedingung für die Möglichkeit zum Empfinden von Glück postuliert.

nocheinPoet hat geschrieben: Ist eine Welt ohne Leid überhaupt möglich?


Analog zu dem stetigen absteigen auf der Leiter des Glücks, ist auch ein stetiges Ansteigen auf der Leiter des Glücks denkbar. D.h. aus keiner Erfahrung der Vergangenheit ist Peter ein Zustand bekannt in dem er weniger Glück empfunden hat als aktuell. Ferner machen wir mal die Annahme dass Peter auch anderweitig nichts über die Existenz von möglichen Zuständen des Glücks weis, welche in ihren Ausmaß den aktuellen Glückszustand noch übersteigen.
Auf diese Weise würde er zu jedem Zeitpunkt das größt bekannte Glück empfinden. - Er würde nie leiden.
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Re: Die Leiter des Leides und warum es Leid geben muss

Beitragvon elfenpfad » Donnerstag 5. August 2010, 22:23

nocheinPoet hat geschrieben: Ist eine Welt ohne Leid überhaupt möglich?


Das Eine kann wohl ohne das Andere nicht existieren, wäre also nicht erstrebenswert , denn ohne das Eine würden wir wohl das Andere nicht so wertschätzen

Das spricht Goethe hier auch an:

„Glücklich wenn die Tage fließen, wechselnd zwischen Freud und Leid, zwischen Schaffen und Genießen, zwischen Welt und Einsamkeit.“

Johann Wolfgang von Goethe
"Nur das Denken, das wir leben, hat einen Wert.
Hermann Hesse, Demian, Gesammelte Werke Bd. 5"
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Re: Die Leiter des Leides und warum es Leid geben muss

Beitragvon nocheinPoet » Freitag 6. August 2010, 09:30

Iapetus hat geschrieben:
Ich denke es gibt Ausprägungen des Leids die nicht einfach mehr mit quantitativen Maßstäben bemessen werden können, sondern die sich in ihren Grauen sosehr von andern Arten des Leides unterscheiden, dass sie einen qualitativen Unterschied darstellen.

Da hast Du sicher recht, und das psychisch und physisch. Was Menschen so Menschen angetan haben, ist unglaublich.


Iapetus hat geschrieben:
Außerdem könnte man sich auch Folgendes überlegen: Wie verhält es sich wenn für Peter das Leid stetig zunimmt, das heißt: zu keinem Zeitpunkt seines Lebens leidet er weniger als zu einem früheren Zeitpunkt. Er fällt streng monoton auf der Leiter des Glücks hinab. Er empfindet also zu keinen Zeitpunkt Glück. In diesem Szenario kann die Existenz des Leids nicht legitimiert werden indem man sie als Bedingung für die Möglichkeit zum Empfinden von Glück postuliert.

Das mag für Peter schon sehr suboptimal sein, ohne Frage, aber Dieter der Nachbar von Peter denkt sich so wenn er von Peters Elend hört, man geht es mir doch noch gut, da habe ich richtig Glück gehabt. Es muss ja nun nicht so sein, dass Peter auch davon was haben muss. Ich habe eine Zeit lang mit Jugendlichen gearbeitet, einige haben oft gejammert, wie Scheiße Ihr Leben ist, der Besuch eines Kinderhospiz kann die Bewertung des eigenen Lebens da schon verändern. Wer nicht weiß, wie übel es ist, keine Arme und Beine zu haben, oder andere schlimme Krankheiten kann oft nicht erkennen, wie gut es einem doch geht.

Ist es nicht auch eine Carakterfrage? Ich kenne einige Menschen, die jammern immer, egal was, irgendwas Negatives finden die schon. Bekommen die ein großen Wagen geschenkt, jammern sie, das die Garage für den zu klein ist. Und es gibt Menschen, die ein wirklich hartes Los gezogen haben, und dennoch sehen die so viele positive Dinge.


Iapetus hat geschrieben:
nocheinPoet hat geschrieben:
Ist eine Welt ohne Leid überhaupt möglich?

Analog zu dem stetigen absteigen auf der Leiter des Glücks, ist auch ein stetiges Ansteigen auf der Leiter des Glücks denkbar. Das heißt: aus keiner Erfahrung der Vergangenheit ist Peter ein Zustand bekannt in dem er weniger Glück empfunden hat als aktuell. Ferner machen wir mal die Annahme dass Peter auch anderweitig nichts über die Existenz von möglichen Zuständen des Glücks weiß, welche in ihren Ausmaß den aktuellen Glückszustand noch übersteigen. Auf diese Weise würde er zu jedem Zeitpunkt das größte bekannte Glück empfinden. - Er würde nie leiden.

Auch hier könnte Peter aber zurückblicken und sagen, man gestern ging es mir aber viel schlechter. Ich will mal sagen, Leid ist sicher auch etwas subjektives, aber eben nicht nur.

Es gibt dazu einen interessanten Gedanken, könnte man eventuell auch zum eignen Thema machen. Ein Wissenschaftler sagte, man solle sich gut überlegen künstliches Bewusstsein zu erschaffen. Vor allem wenn man das nicht richtig beherrscht. Man könnte nämlich eines schaffen, das unendlich leidet, das sich alleine fühlt, oder unglaubliche Schmerzen hat, warum auch immer.

Auch die Frage nach dem Ende oben an der Leiter, also den größten Zustand des empfindbaren Glücks ist eine interessante. Gehört zum vollkommenen Glück nicht auch die Gewissheit noch glücklicher werden zu können? Ist es nicht auch schon wieder Leid, zu erkennen, das es mehr Glück nicht geben kann?
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Re: Die Leiter des Leides und warum es Leid geben muss

Beitragvon GambitPi » Freitag 6. August 2010, 19:07

Iapetus, wenn ich deinen Implikationen folge, dann würde ein Neugeborenes, das sich in der Nabelschnur verfängt und erstickt nicht leiden, sondern Glück empfinden?
Ich glaube, es ist zu kurz gedacht Leiden auf eine bloße Relation zu verkürzen.
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Re: Die Leiter des Leides und warum es Leid geben muss

Beitragvon Iapetus » Freitag 6. August 2010, 19:40

GambitPi hat geschrieben:Iapetus, wenn ich deinen Implikationen folge, dann würde ein Neugeborenes, das sich in der Nabelschnur verfängt und erstickt nicht leiden, sondern Glück empfinden?


Sowas in etwa wäre dann wohl die Folgerung wenn man behaupten wollte, Leid trete erst durch vergleichende Erfahrung mit Glück zu tage.
Das was ich schrieb bezieht sich einzig auf die These die aussagt, dass Leid existieren muss damit Glück existieren kann. Gemäß dieser These ist die Annahme die meiner Ausführung zugrunde liegt, dass das Empfinden von Glück überhaupt erst durch das Erfahren von Leid möglich wird. Analog wird das Empfinden von Leid erst durch das Erfahren eines Zustands des Glückes (oder eines Zustands des weniger Leidens) möglich.

Man kann auch fragen:
Ist Schmerz denn kein Leid wenn man den Zustand der Schmerzfreiheit gar nicht kennt?


GambitPi hat geschrieben:Ich glaube, es ist zu kurz gedacht Leiden auf eine bloße Relation zu verkürzen.


Das denke ich auch. Deshalb schrieb ich:

Ich denke es gibt Ausprägungen des Leids die nicht einfach mehr mit quantitativen Maßstäben bemessen werden können, sondern die sich in ihren Grauen sosehr von andern Arten des Leides unterscheiden, dass sie einen qualitativen Unterschied darstellen.
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Re: Die Leiter des Leides und warum es Leid geben muss

Beitragvon GambitPi » Freitag 6. August 2010, 21:30

Ich glaube nicht, das es leid gibt, DAMIT es Glück gibt, sondern, das es Leid gibt, WEIL es Glück gibt.
Nicht um uns zu ärgern, sondern, weil es der Balance bedarf, um das System (Psyche i.d.F.) aufrechtzuerhalten.
Gäbe es nur Anziehungskräfte würde das Universum ein Klumpen oder sowas sein. DESHALB ( ;) ) gibt es Fliehkräfte.
Und genau dieses unteleologische, unbegründete DESHALB ist auch jenes, welches das Vorhandensein von Leid "begründet".
Wir gehen da allgemein viel zu subjektiv ran, glaube ich, - aber wer will uns das verdenken :D
Leid ist ja primär nicht etwas, was uns ärgern soll, sondern etwas, was uns von Ärger fernhalten und beschützen soll.
Leid ist aus Sicht der Systemerhaltung ein ganz wichtiges Regulativ .
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Re: Die Leiter des Leides und warum es Leid geben muss

Beitragvon Iapetus » Freitag 6. August 2010, 21:48

GambitPi hat geschrieben:Ich glaube nicht, das es leid gibt, DAMIT es Glück gibt, sondern, das es Leid gibt, WEIL es Glück gibt.
Nicht um uns zu ärgern, sondern, weil es der Balance bedarf, um das System (Psyche i.d.F.) aufrechtzuerhalten.
Gäbe es nur Anziehungskräfte würde das Universum ein Klumpen oder sowas sein. DESHALB ( ;) ) gibt es Fliehkräfte.
Und genau dieses unteleologische, unbegründete DESHALB ist auch jenes, welches das Vorhandensein von Leid "begründet".
Wir gehen da allgemein viel zu subjektiv ran, glaube ich, - aber wer will uns das verdenken :D
Leid ist ja primär nicht etwas, was uns ärgern soll, sondern etwas, was uns von Ärger fernhalten und beschützen soll.
Leid ist aus Sicht der Systemerhaltung ein ganz wichtiges Regulativ .


Nur mal kurz:
Das „damit“ soll nicht auf eine Sinngebung hinweisen.
Ich hätte es auch so formulieren können:
„Damit es Glück geben kann, ist es notwendig, dass Leid existiert“. Ich meine das also im Sinne einer notwendigen Bedingung und nicht im Sinne einer Sinnbegründung.

Über den Sinn des Leids kann hier diskutiert werden Der Sinn des Leids

GambitPi hat geschrieben:Ich glaube nicht, das es leid gibt, DAMIT es Glück gibt, sondern, das es Leid gibt, WEIL es Glück gibt.

Wenn aus der Existenz von Glück zwingend die Existenz von Leid folgt, heißt das grade dass Leid eine notwendige Bedingung für Glück ist. Also:„Damit es Glück geben kann, ist es notwendig, dass Leid existiert“.

Edit:
„Damit es Glück geben kann, ist es notwendig, dass Leid existiert“
Das stellt übrigens nicht meine Meinung dar. Wie gesagt denke ich, dass Leid nicht nur die Abwesenheit von Glück ist, sondern das es Arten des Leids gibt die qualitativ eine andere Empfindung darstellen also die nicht nur durch einen quantitativen Unterschied auf der Leiter des Glücks/Leids charakterisiert sind.
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Re: Die Leiter des Leides und warum es Leid geben muss

Beitragvon GambitPi » Samstag 7. August 2010, 06:24

@ Iapetus
Ich glaube, wir haben hier ein einfach zu lösendes Problem:
Glück und Leid sind im Allgemeinen sicher nicht exklusiv in einer oppositen Relation, sondern auch voneinander unabhängig zu sehen.
In diesem Thread allerdings sind die Begriffe klar von NeP als "komplementär" zur Diskussion gestellt. Jetzt kann natürlich ein jeder von uns seine ganz persönliche Definition dieser semantisch sehr weiten Begriffe zur Hand nehmen und lustig drauflos philosophieren - was im Turm von Babel enden wird. Oder wir folgen einfach der sehr klaren Vorgabe, wofür ich - es geht hier ja nur um eine sehr spezielle Frage - plädieren würde.
Sonst kommen wir ja zu nichts.

DAMIT ist eine finadverbiale Bestimmung. Es weist also auf ein Ziel hin. Es ist ein per se teleologisches Adverb.
Ich kenne dich ja nicht. Woher soll ich also wissen, daß das für dich privat etwas anderes bedeutet?

@ Thema

Die Fragen, die ich aus NeP´s Eingangspost herauslese sind:

1. Hier sagen nun oft viele, wenn es einen Gott gäbe, warum lässt er so etwas zu?

2. Was wäre denn nun, wenn wir in unser Güte den lieben Peter auf die oberste Stufe setzen würden?

3. Wäre Peter dann überhaupt noch ein Mensch?

4. Ist eine Welt ohne Leid überhaupt möglich?

Die Zusammenhänge bitte aus dem Eingangspost herauslesen.

Erste Erwiderungsversuche meinerseits ;) :
Ad 1. )

Es geht um persönliches Leid nehme ich ob deines Bsps. an?
Dann ist die Frage nämlich nicht unbedingt: warum lässt SiEr das Leid zu? Denn SiEr lässt ja nicht das Leid zu, sondern nur dies und das geschehen. Leid machen wir durch unsere Empfindungen daraus.
Warum lässt SiEr uns also gewisse Um-/Zustände als Leid empfinden?
Dieses Schöpferwesen wäre den landläufigen Überlieferungen zufolge kein von uns separates Wesen, sondern immer ein Teil von uns.
Die Sufis sagen: Wir sind das Auge durch das Gott sich selber sieht. ;)
Gehen wir also von einem kreationistischen (hier im besten Sinne gemeint, also bitte keine Evodiskussion beginnen...) Weltbild aus, dann könnte eine von vielen Erklärungen sein, das er das nicht "zulässt" im Sinne von etwas geschehen lassen, was eigtl. unbedingt zu vermeiden wäre, sondern, das wir nur so die gesamte Skala des Daseins zu erfassen vermögen, indem wir eben auch die Erfahrung von Leid machen.
Gott (mit dem wir hier ident zu denken sind ;) )will am Ende vielleicht einfach, wie einst Dante nach seiner Höllenwanderung die heilige Losung aussprechen können:
Ich habe alles gesehen.
Und Leid ist nicht nur zermürbend. Es ist auch ein großer Ansporn zu allem Möglichen. Vor allem zum Leben an sich!

Ad 2.)

Da gibt es u.A. die "henochische" Variante: der wurde nach 365 Jahren von Gott an die Hand genommen und "transzendiert" oder
die "buddhistische": Buddha war angeblich auf eben jener Stufe angelangt. ;)
Aber wer weiß? Vielleicht ist dann einfach alles möglich? :D


Ad 3.)

Gute Frage! Er wäre wohl ein Buddha, wie wir im Westen sagen oder ein Christusheiliger, wie man im Osten sagen würde^^
Aber ein Mensch wäre er wohl schon noch. Es sei denn, dieses Glück ginge mit einschneidenden Mutationen einher ;)

Ad 4.)

Da denke ich erst noch mal drüber nach, bevor ich antworte :)


p.s.: Iapetus schrieb: "Über den Sinn des Leids kann hier diskutiert werden Der Sinn des Leids" - irgendwie behandeln beide Threads das gleiche Thema ;)
Die könnte man mMn eher zusammenführen.
NeP?


So oder so:
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Re: Die Leiter des Leides und warum es Leid geben muss

Beitragvon nocheinPoet » Samstag 7. August 2010, 09:36

GambitPi hat geschrieben:
Ich glaube, wir haben hier ein einfach zu lösendes Problem:

Nicht wenn ich mit mache. ;)


GambitPi hat geschrieben:
Glück und Leid sind im Allgemeinen sicher nicht exklusiv in einer oppositiven Relation, sondern auch voneinander unabhängig zu sehen.

Hier ist eben mein Widerspruch, ich sage das geht genau so nicht, beides ist nicht zu trennen. Ich versuche es mal deutlicher zu machen. Kann es „mehr“ ohne „weniger“ geben? Gibt es nicht schon durch „mehr“ auch immer „weniger“? Ich zeige auf eine Menge und sage, dort ist „mehr“ als hier und schon ist damit implizit hier „weniger“.

Ist kein Leid nicht Glück?

Ich meine das wir es mit einer Blickrichtung zu tun haben, Norden/Süden oder noch klarer gesagt, es ist eine Relation. Was ich aus einer sehr „leidvollen“ Position als Glück bewerte kann aus einer viel glücklicheren Position leidvoll sein. Beispiel jemand ist ganz arm hat nicht ein Auto und bekommt nun einen kleinen Job und kann sich ein alten Gebrauchtwagen leisten. Das macht ihn glücklich und er sagt, was habe ich doch für ein Glück. Jemand der reich ist, verliert bei einem Brand seinen Ferrari aber er hat ja zum „Glück“ noch einen Porsche? Würde der nun glücklich sein, oder sagen, ich Leide weil mein Ferrari verloren ist? Gut man muss es nicht am Geld festmachen, aber wie dem auch sei, ich meine das Glück/Leid keine eigenständigen Entitäten sind.

Die Frage ob man Leid erfahren kann, ohne Glück zu kennen, ist interessant, wobei ich meinen würde, selbst wenn man mit Schmerzen schon geboren wird, das man schon eine Vorstellung davon haben kann, wie es ohne ist. Man kann ein Gefühl nur „weg“ wünschen, wenn man es erkennen kann, ich glaube das jeder der Zahnschmerzen hat, die auch erkennen kann, wenn er immer schon welche hätte, und darunter „leiden“ würde.

Ist es nicht das Bild das wir in uns tragen, über eine Veränderung die das was ist für uns subjektiv als Glück oder Leid wahrnehmen lässt? Einer kann sagen, man ich leide, ich habe bei einem Unfall einen Arm verloren, der andere sagt, man hast Du ein Glück ich habe nicht mal mehr einen.


GambitPi hat geschrieben:
Die Fragen, die ich aus NeP´s Eingangspost herauslese sind:

    1. Hier sagen nun oft viele, wenn es einen Gott gäbe, warum lässt er so etwas zu?
    2. Was wäre denn nun, wenn wir in unser Güte den lieben Peter auf die oberste Stufe setzen würden?
    3. Wäre Peter dann überhaupt noch ein Mensch?
    4. Ist eine Welt ohne Leid überhaupt möglich?
Ad 1. ) Es geht um persönliches Leid nehme ich ob deines Beispiels an? Dann ist die Frage nämlich nicht unbedingt: warum lässt Sie/Er das Leid zu? Denn Sie/Er lässt ja nicht das Leid zu, sondern nur dies und das geschehen. Leid machen wir durch unsere Empfindungen daraus. Warum lässt Sie/Er uns also gewisse Um-/Zustände als Leid empfinden?

Du hast es gut erkannt, Grundlage meiner Überlegung war sogar noch härter, es geht um die Aussage, es kann kein Gott geben, weil der nie soviel Leid zulassen würde, oder wenn es ihn gibt, dann ist er nicht „gut“ sondern „böse“ weil er seine Geschöpfe so leiden lässt. Brachte mich mit 10 in eine kleine „Glaubenskrise“. Den Aspekt und den Bezug zu Gott habe ich aber auch noch mal gesondert betrachtet: Warum Gott auch böse ist Und er lässt uns nichts erleben, wenn wir im Grunde nur er sind.


GambitPi hat geschrieben:
Dieses Schöpferwesen wäre den landläufigen Überlieferungen zufolge kein von uns separates Wesen, sondern immer ein Teil von uns. Die Sufis sagen: Wir sind das Auge durch das Gott sich selber sieht. ;)

Du bist ja nun Theologe, bist Du nicht sogar Pfarrer? Wie dem auch sei, ist das die Position der evangelischen Kirche? Und was sagen die anderen dazu, ist der Papst auch dieser Meinung? Weißt Du, es steckt meiner Meinung so viel Wahrheit in den Worten, und es ist etwas anderes diese zu hören und darüber nachzudenken, als wenn man das erfahren und gefühlt und in sich gefunden hat. Ich glaube das auch, wir sind ein Traum Gottes, es gibt nichts außerhalb von Gott, ihm war langweilig, er zerlegte sich in ganz viele Teile und spielt das Spiel, mal sehen wann die alle wieder zusammen gefunden haben und erkennen das sie nur ich sind. Man kann es auf viele Arten beschreiben. Mich wundert diese doch schon pantheistische Sichtweise aus Deiner Richtung zu hören. Aber wir haben ja früher schon mal darüber ein wenig diskutiert.


GambitPi hat geschrieben:
Gehen wir also von einem kreationistischen (hier im besten Sinne gemeint, also bitte keine Evolutionsdiskussion beginnen. :) Weltbild aus, dann könnte eine von vielen Erklärungen sein, das er das nicht "zulässt" im Sinne von etwas geschehen lassen, was eigentlich unbedingt zu vermeiden wäre, sondern, das wir nur so die gesamte Skala des Daseins zu erfassen vermögen, indem wir eben auch die Erfahrung von Leid machen. Gott (mit dem wir hier ident zu denken sind ;) ) will am Ende vielleicht einfach, wie einst Dante nach seiner Höllenwanderung die heilige Lösung aussprechen können: „Ich habe alles gesehen.“ Und Leid ist nicht nur zermürbend. Es ist auch ein großer Ansporn zu allem Möglichen. Vor allem zum Leben an sich!

Es macht mir aber auch oft mehr als nur ein Unwohlsein, denn Man könnte irgendwann erkennen, das man der schlimmste Folterer auf Erden war. Am Ende würde man sich jedem Glück und jedem Leid bewusst werden können. Und dann glaube ich nun wieder nicht, das es ein Ende gibt, ich glaube auch nicht an einen Anfang. Ich könnte hier noch einiges zu schreiben, aber ich hebe mir das mal auf.


GambitPi hat geschrieben:
Ad 2.) Da gibt es u.A. die "henochische" Variante: der wurde nach 365 Jahren von Gott an die Hand genommen und "transzendiert" oder die "buddhistische": Buddha war angeblich auf eben jener Stufe angelangt. ;) Aber wer weiß? Vielleicht ist dann einfach alles möglich? :D

Ich glaube es gibt keine oberste Stufe die man erreichen kann. Man könnte sagen, es ist leidvoll zu wissen, das ein mehr an Glück nicht möglich ist. Jedes Handeln macht keinen Sinn mehr. Und gibt es da dann überhaupt noch einen Gedanken den man denken will? Gibt es dann einen da überhaupt noch?


GambitPi hat geschrieben:
Ad 3.) Gute Frage! Er wäre wohl ein Buddha, wie wir im Westen sagen oder ein Christusheiliger, wie man im Osten sagen würde. Aber ein Mensch wäre er wohl schon noch. Es sei denn, dieses Glück ginge mit einschneidenden Mutationen einher ;)

Ach hier ist die Antwort, ich sollte die Beiträge immer einmal ganz lesen und dann beantworten. Im Buddhismus kann so ein „Wesen“ dann die „materielle“ Welt verlassen, er kann auch einfach so sterben, es gibt nichts mehr das ihn tangiert, er erträgt alles was ist, er geht aus jeder „wertenden“ Position dessen was ist. Hier ist ein sehr interessanter Punkt, könnte man auch mal rausziehen. Ich bin mal zu der „Erkenntnis“ gekommen, das unsere Unzufriedenheit, unser „Haben wollen“ unser Drang die Dinge zu verändern uns wirklich erst ausmacht. Es gibt immer etwas, das wir tun können oder wollen, da ist etwas, und wir wollen es anders.

Es kann einen Punkt geben, da sind wir aber mit allem einverstanden, wir erkennen, das alles eben genau so ist, wie wir es wollen, es gibt keine Spannung zwischen dem was wir Wahrnehmen und dem was wir Wünschen, und ich glaube diese Spannung macht uns aus. Würde diese nicht mehr sein, wir wären die Welt, das was ist, wir würden uns nicht mehr abgrenzen können, es gäbe uns nicht mehr.


GambitPi hat geschrieben:
Ad 4.) Da denke ich erst noch mal drüber nach, bevor ich antworte :)

Da bin ich gespannt.


GambitPi hat geschrieben:
Iapetus hat geschrieben:
Über den Sinn des Leids kann hier diskutiert werden: Der Sinn des Leids

Irgendwie behandeln beide Threads das gleiche Thema ;) Die könnte man eher zusammenführen. NeP?

Ich habe darüber schon nachgedacht, auch ob ich meinen Beitrag da direkt reinposte, ich wollte den Thread aber nicht mit einem alten von mir „kapern“. Es ist aber richtig, im Grunde finde ich wenig um beide Titel zu trennen, der Kern ist schon recht gleich. Ich muss mir das mal überlegen, es kann ja sein, das beide Threads doch noch einwenig auseinander laufen.
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