Bewusstsein – Nanu wo bin ich?

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Bewusstsein – Nanu wo bin ich?

Beitragvon nocheinPoet » Sonntag 9. September 2012, 12:09

.
Ich habe dazu ja schon den einen oder anderen Thread hier laufen:

Etwas, über die Möglichkeit Bewusstsein zu erschaffen
Gibt es einen freien Willen?

baue es aber aus aktuellem Anlass noch einmal auf. Zum Hintergrund, es gibt Personen die sich mit Physik beschäftigen, aber bestimmten Fragen, welche mehr in die Philosophie gehören, ausweichen. Die eine ist die Frage nach dem Bewusstsein. Ich vermute es liegt daran, dass man Bewusstsein nicht einfach so greifen kann, es nicht physikalisch beschreiben ohne Widersprüche zu erzeugen.

Ich sage, wenn man Bewusstsein physikalisch beschreibt, bekommt man einen Widerspruch, der nicht einfach aufzulösen ist. Mir sind da nur Teillösungen bekannt, oder eine Lösung die nicht wirklich zufriedenstellend genannt werden kann.

Der Widerspruch zeigt sich im Teleporterparadoxon, welche man im ersten Link nachlesen kann.

Zusammengefasst beschreibt es zwei Wege, einen Körper mit Bewusstsein zu „schaffen“. Dazu mal ein Postulat, jeder von uns wird sich wohl als seiner selbst bewusst erfahren und wahrnehmen. Jeder würde wohl nicht bestreiten, das er ein Bewusstsein ist/hat.

Physikalisch macht es nun schon Sinn, den Körper als Ursache dieses Bewusstseins zu sehen. Der Körper besteht aus eine bestimmten Anzahl von Atomen, welche ein dynamisches System bilden. Ständig kommen neue Atome in das System und andere verlassen es. Die Grenzen dieses Systems sind schwammig, es ist schwer eindeutig zu sagen, wann Atome schon dazu und wann nicht mehr dazu gehören.

Die Frage ist, bestimmt alleine dieses System unser Bewusstsein?

Konkret, ich zerlege meinen Körper vollständig in seine Atome und setze diese dann baugleich wieder zusammen, bin das dann noch ich?

Wenn ja kann ich mich zerlegt von einem zu einem anderen Ort bewegen.

Nun unterliege ich durch den Stoffwechsel einem stetigen Austausch von Teilchen, alleine durch Atmung nehme ich ständig neue Atome auf und gebe andere ab. Das scheint aber nicht die Selbsterfahrung des eigenen Bewusstseins zu verändern. Man bleibt sich seiner selbst bewusst, auch wenn nach vielen Jahren fast alle Atome des Körpers durch andere ersetzt sind.

Das Problem ergibt sich erst, wenn man eine Kopie seiner selbst erschafft, was natürlich so bisher nur im Gedankenexperiment möglich ist.

Angenommen ich nehme ein Atom nach dem anderen aus meinem System und bewege dieses an einen anderen Ort (zum Beispiel auf den Mond) und baue mein System dort Atom für Atom genauso wieder auf, wie es auf der Erde zusammengesetzt war. Es ist zu vermuten, dass ich mir meiner dann auf dem Mond bewusst werden würde.

Ich kann auch auf der Erde Atom für Atom meines Systems durch ein anderes ersetzen, wie es durch den Stoffwechsel ja auch geschieht und würde am Ende davon ausgehen, mir weiter als „ich“ bewusst zu sein.

Kombiniere ich nun aber beide Wege, bekomme ich einen Widerspruch, ich würde auf der Erde mit ersetzten Atomen ein System bilden, und auf dem Mond ein System aus meinen originalen Atomen. Für jedes System würde ich alleine behaupten dort zu sein.

Baue ich mich aber auf dem Mond neue zusammen und ersetze gleichzeitig jedes aus Atom welches ich auf der Erde aus meinem System nehme durch ein anders gibt es mich zweimal. Ich kann nicht mehr eindeutig entscheiden, wo ich mir nun bewusst werden würde.

Ich habe das schon sehr oft mit Anderen diskutiert und diese Frage gestellt, man bekommt unterschiedliche Antworten, die einen bevorzugen den Mond, weil es ja die originalen Atome sind, und einige sagen dann sogar, ich bin beide. Und hier muss ich widersprechen, man kann nicht einfach beide sein. Wir haben zwei „baugleiche“ Systeme, entweder sehe ich die Dinge auf der Erde, oder ich bin auf dem Mond. Es geht um die eigene Wahrnehmung seiner selbst.

Physikalisch haben wir es auch mit zwei verschieden Systemen zu tun, beide mögen nun ein Bewusstsein schaffen, das glaubt ich zu sein, das davon fest überzeugt ist, aber ich kann doch nur an einem Ort sein, oder?

Das mal zur Einleitung.
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Re: Bewusstsein – Nanu wo bin ich?

Beitragvon Artie » Sonntag 9. September 2012, 12:37

nocheinPoet hat geschrieben:Ich kann auch auf der Erde Atom für Atom meines Systems durch ein anderes ersetzen, wie es durch den Stoffwechsel ja auch geschieht und würde am Ende davon ausgehen, mir weiter als „ich“ bewusst zu sein.

- Durch den Stoffwechsel werden deine "Atome" ausgetauscht, die "Ich"-Erfahrung kann also nicht damit zusammenhängen. Ich kann mich entfernt an einen Artikel erinnern, in dem sogar stand wie lange es dauert, bis alle Atome ausgestauscht sind.
- beeinflusst du dich aber mit bestimmten Stoffen wie "Drogen", dann kann sich deine bewusste Erfahrung der Welt ändern, aber darauf willst du nicht hinaus.

Simplifiziert, fragst du doch: Wer ist nach einer Kopie das "wahre Ichbewusstsein".
Und ich würde sagen: "beide"!
Egal ob Parallelwelt Alter Ego, oder Transport -Unfall-Kopie wie aus STNG.
Bin ich nach ST Beamen immer noch ich?

Egal, jede Kopie wird glauben sie währe "Ich" und ich meine, jede Kopie hätte das Recht dazu.
Das wirkliche Problem ensteht dann, wenn man fragt, wem gehören Dinge die dem Einzelstück gehört haben?
Ich sage "Einzelstück" weil ich das Wort Original explizit vermeiden möchte, da beide Kopien für mich "Originale" sind und eben beim Kopien zwei "Originale" enstehen. Die "Einheit" des Ichs der beiden Kopien ändert sich aber sofort nach dem Abschluss des Kopiervorgangs, da sich ab dem Zeitpunkt die Erfahrungen der beiden Kopien ändern.

Ich kenne da wunderbare Filme und eben auch eine STNG (Startrek Next Generation)folge, wo das interessant thematisiert ist.
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Re: Bewusstsein – Nanu wo bin ich?

Beitragvon Artie » Sonntag 9. September 2012, 12:45

nocheinPoet hat geschrieben:und einige sagen dann sogar, ich bin beide. Und hier muss ich widersprechen, man kann nicht einfach beide sein. Wir haben zwei „baugleiche“ Systeme, entweder sehe ich die Dinge auf der Erde, oder ich bin auf dem Mond. Es geht um die eigene Wahrnehmung seiner selbst.

Physikalisch haben wir es auch mit zwei verschieden Systemen zu tun, beide mögen nun ein Bewusstsein schaffen, das glaubt ich zu sein, das davon fest überzeugt ist, aber ich kann doch nur an einem Ort sein, oder?


Jede der beiden Kopien wird sich als ICH wie du dich jetzt siehst verstehen. Das ist auch kein Verstoß gegen die Einzigartigkeit, da sich nach der Kopie sofort unterschiedliche Erfahrungen einstellen.
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Re: Bewusstsein – Nanu wo bin ich?

Beitragvon nocheinPoet » Sonntag 9. September 2012, 13:17

Artie hat geschrieben:
nocheinPoet hat geschrieben:
Ich kann auch auf der Erde Atom für Atom meines Systems durch ein anderes ersetzen, wie es durch den Stoffwechsel ja auch geschieht und würde am Ende davon ausgehen, mir weiter als „ich“ bewusst zu sein.

Durch den Stoffwechsel werden deine "Atome" ausgetauscht, die "Ich"-Erfahrung kann also nicht damit zusammenhängen.

Dem würde ich so zustimmen.


Artie hat geschrieben:
Beeinflusst du dich aber mit bestimmten Stoffen wie "Drogen", dann kann sich deine bewusste Erfahrung der Welt ändern, aber darauf willst du nicht hinaus.

Nicht wirklich, das ist dann eine andere Frage, bin ich nur stofflich gesteuert…


Artie hat geschrieben:
Simplifiziert, fragst du doch: Wer ist nach einer Kopie das "wahre Ichbewusstsein". Und ich würde sagen: "beide"!

Nein, nicht ganz, die Frage ist, wer bist Du, wo bist Du Dir bewusst, beide geht da eben nicht. Mache ich die Experimente einzeln, ist es für Dich einfach, dann sagst Du, da bist Du. Konkret, welcher von Beiden darf Deine Frau vögeln, bekommt alles Geld und welcher wird als Kopie vernichtet?

Du kannst nur eine Eigenwahrnehmung Deiner selbst haben, oder?

Warst Du schon mal Zwei? ;)

Ich sage nicht, es geht nicht, aber wenn wirfst es neue Problem auf.


Artie hat geschrieben:
Egal ob Parallelwelt Alter Ego, oder Transport -Unfall-Kopie wie aus STNG. Bin ich nach ST Beamen immer noch ich?

Egal, jede Kopie wird glauben sie währe "Ich" und ich meine, jede Kopie hätte das Recht dazu. Das wirkliche Problem entsteht dann, wenn man fragt, wem gehören Dinge die dem Einzelstück gehört haben? Ich sage "Einzelstück" weil ich das Wort Original explizit vermeiden möchte, da beide Kopien für mich "Originale" sind und eben beim Kopieren zwei "Originale" entstehen. Die "Einheit" des Ichs der beiden Kopien ändert sich aber sofort nach dem Abschluss des Kopiervorgangs, da sich ab dem Zeitpunkt die Erfahrungen der beiden Kopien ändern. Ich kenne da wunderbare Filme und eben auch eine STNG (Startrek Next Generation)folge, wo das interessant thematisiert ist.

Es ist eine philosophische alte Frage, viele Filme und Bücher haben es aufgegriffen.

Du erkennst die Folgen noch nicht, wenn eine Kopie als Original durchgeht und erlaubt ist, dann gilt das auch für beliebig viele „Kopien“.


Artie hat geschrieben:
nocheinPoet hat geschrieben:
…und einige sagen dann sogar, ich bin beide. Und hier muss ich widersprechen, man kann nicht einfach beide sein. Wir haben zwei „baugleiche“ Systeme, entweder sehe ich die Dinge auf der Erde, oder ich bin auf dem Mond. Es geht um die eigene Wahrnehmung seiner selbst. Physikalisch haben wir es auch mit zwei verschieden Systemen zu tun, beide mögen nun ein Bewusstsein schaffen, das glaubt ich zu sein, das davon fest überzeugt ist, aber ich kann doch nur an einem Ort sein, oder?

Jede der beiden Kopien wird sich als ICH wie du dich jetzt siehst verstehen. Das ist auch kein Verstoß gegen die Einzigartigkeit, da sich nach der Kopie sofort unterschiedliche Erfahrungen einstellen.

Klar wird jeder meinen das Original zu sein, nur kannst Du Dir sicher auch nicht vorstellen, Zwei zu sein. Du bist nun hier, wenn ich Dir sage, da gibt es ein Du auf dem Mond, wirst Du sagen, das ist die Kopie. Deine Wahrnehmung wird eben nur eine und nicht zwei sein. Du versuchst die Frage von Außen zu beantworten, ich suche eine Antwort von Innen.


Mal zu den Folgen, wenn wir beide als originales Bewusstsein sehen, dann kann man sehr lustige Dinge mit den individuellen Erinnerungen machen. Ich könnte die ja verändern, oder Dich mit einem Wissen zusammensetzen, dass Du vor 10 Jahren hattest.

Nun nehme ich mal zwei Personen, gehen wir mal davon aus, dass die Zusammensetzung der Atomsorten so zu 99% gleich ist. Stell Dir vor, ich zerlege Dich, und den anderen und puzzle Dich aus seinen Atomen neu zusammen und ihn aus Deinen. Lustig oder?

Bist dann Du weiter Du und glaubst Du nur er zu sein, oder ist dann er Du? Und es geht noch weiter, da kann man ganz andere Dinge treiben.

Mal eine andere Überlegung, was wen der Körper nicht der Sitz des Bewusstseins ist?

Ist ja nur eine Annahme, ein Postulat, wir gehen davon aus, dass unser Sein, unser Bewusstsein eben durch die Form der Atome gegeben ist. Was wenn es nicht so ist? Was wenn der Körper nur ein Empfänger ist, wie ein Modelauto, wenn er „ferngesteuert“ ist, wenn das Bewusstsein ganz wo anders sitzt, und der Körper es nur empfängt?
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Re: Bewusstsein – Nanu wo bin ich?

Beitragvon Artie » Sonntag 9. September 2012, 17:06

Ich mag Philpp k. Dick, denn der hat dieses Thema mehr als einmal in verschiedenen Variationen aufgegriffen.

Klar das die Kopie auf dem Mond merkt, das sie eine Kopie ist.
Guter Film dazu: Moon.
Die Kopie kann davon ausgehen da die Version auf der Erde das Original sein müsste, aber, es könnten auch beide Kopien auf dem Mond gestartet sein? The sixth Day beschreibt das ganz nett.
Oder das Thema von "die totale Erinnerung"?
Was, wenn man deine Erinnerungen "gefälscht" hat?

ich bin der festen Überzeugung, das so eine Kopie nur Anhand der Umstände überzeugt werden kann, das sie "nur" eine Kopie ist, aber was das für einen Horror für dieses Bewusstsein ist, das zu recht überzeugt sein kann, "echt" zu sein...
Meine Erfahrungen lassen mich vermuten, das das Bewusstsein, sehr eng mit dem Körper verbunden ist. Ein synergetischer Effekt, die "Empfänger" Version liegt mir nicht sehr nahe.

Wenn du die Atome austauscht? Das ist das Gleiche wie die Geschichten, wo die Persönlichkeit getauscht wird.
Bücher, Comics und Filme sind voll davon.
:)
Stellst du mich auf meine 10 Jahre jüngere Person, dann gibts das was mich jetzt ausmacht nicht mehr.
Ist dir bewusst Daseine Frage in Richtung "haben wir eine Seele" geht?
;)
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Re: Bewusstsein – Nanu wo bin ich?

Beitragvon galileo2609 » Sonntag 9. September 2012, 23:57

Hallo neP,
nocheinPoet hat geschrieben:baue es aber aus aktuellem Anlass noch einmal auf.

besser ist das. Deine anderen Arbeiten, insbesondere der erste Link, sind doch eher so schwülstig, dass man spätestens nach der Hälfte durchsrcollt, um endlich ans Ende zu gelangen. :)

Dein neuer Aufbau ist dagegen recht smart, baut auf einem einfachen Gedankenexperiment auf, das, wenn man es in seiner Einfachheit ernst nimmt, durch deine abschliessende Frage definitiv beantwortbar ist. Auch wenn das keinen Erkenntnisgewinn bedeutet.
nocheinPoet hat geschrieben:aber ich kann doch nur an einem Ort sein, oder?

Anhand der einfachen Prämisse, die du angelegt hast, kann man hier nur antworten: doch. Formal ist dein Paradoxon damit erledigt. Da uns das aber sicherlich nicht zufrieden stellt, müssen wir tiefer in die 'Materie' einsteigen. :mrgreen:

Grüsse galileo2609
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Re: Bewusstsein – Nanu wo bin ich?

Beitragvon ralfkannenberg » Montag 10. September 2012, 14:01

nocheinPoet hat geschrieben:Physikalisch macht es nun schon Sinn, den Körper als Ursache dieses Bewusstseins zu sehen. Der Körper besteht aus eine bestimmten Anzahl von Atomen, welche ein dynamisches System bilden. Ständig kommen neue Atome in das System und andere verlassen es. Die Grenzen dieses Systems sind schwammig, es ist schwer eindeutig zu sagen, wann Atome schon dazu und wann nicht mehr dazu gehören.

Die Frage ist, bestimmt alleine dieses System unser Bewusstsein?

Konkret, ich zerlege meinen Körper vollständig in seine Atome und setze diese dann baugleich wieder zusammen, bin das dann noch ich?

Wenn ja kann ich mich zerlegt von einem zu einem anderen Ort bewegen.

Nun unterliege ich durch den Stoffwechsel einem stetigen Austausch von Teilchen, alleine durch Atmung nehme ich ständig neue Atome auf und gebe andere ab. Das scheint aber nicht die Selbsterfahrung des eigenen Bewusstseins zu verändern. Man bleibt sich seiner selbst bewusst, auch wenn nach vielen Jahren fast alle Atome des Körpers durch andere ersetzt sind.

Das Problem ergibt sich erst, wenn man eine Kopie seiner selbst erschafft, was natürlich so bisher nur im Gedankenexperiment möglich ist.

Hallo Manuel,

ich denke, hier ist das Problem: Du bist eben nicht nur die "Summe" aller Deiner Atome, da gehören Stoffwechsel-Prozesse hinzu, ok die könnte man auch kopieren, Du kannst aber in so einem n-Körper-System mit sehr sehr grossem n nicht alle Bewegungen und alle anderen relevanten Eigenschaften 1:1 kopieren, dies auch noch in sehr kurzer Zeit !

Ich denke man muss hier grössere Untereinheiten definieren und dann diese betrachten. Selbst der Austausch zweier Zellen muss nicht notwenig zu einem anderen Ergebnis führen, aber da fangen wegen der Komplexität einer Zelle die Probleme schon an, d.h. man kann nicht einfach so zwei Zellen austauschen, denn deren Schnittstelle zu den Nachbar-Zellen ist keineswegs trivial.

Und selbst wenn das gelingt, so bilden die Zellen grössere Komplexe, z.B. Organe - wobei man hier vermutlich noch viel kleinere Einheiten anschauen sollte, also "Organteile", mit nochmals komplexeren Schnittstellen zu den anderen "Organteilen"

Also ich denke, dieses Unterfangen ist hoffnungslos und würde vermutlich einen Kopier- und Koordinierprozess benötigen, dessen Geschwindigkeit weit über der Vakuumlichtgeschindigkeit liegt.


Freundliche Grüsse, Ralf
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Re: Bewusstsein – Nanu wo bin ich?

Beitragvon nocheinPoet » Dienstag 11. September 2012, 16:17

ralfkannenberg hat geschrieben:
Hallo Manuel, ich denke, hier ist das Problem: Du bist eben nicht nur die "Summe" aller Deiner Atome, da gehören Stoffwechsel-Prozesse hinzu, ok die könnte man auch kopieren, Du kannst aber in so einem n-Körper-System mit sehr, sehr großem n nicht alle Bewegungen und alle anderen relevanten Eigenschaften 1:1 kopieren, dies auch noch in sehr kurzer Zeit!

Ich denke man muss hier größere Untereinheiten definieren und dann diese betrachten. Selbst der Austausch zweier Zellen muss nicht notwenig zu einem anderen Ergebnis führen, aber da fangen wegen der Komplexität einer Zelle die Probleme schon an, d.h. man kann nicht einfach so zwei Zellen austauschen, denn deren Schnittstelle zu den Nachbar-Zellen ist keineswegs trivial.

Und selbst wenn das gelingt, so bilden die Zellen größere Komplexe, z.B. Organe - wobei man hier vermutlich noch viel kleinere Einheiten anschauen sollte, also "Organteile", mit nochmals komplexeren Schnittstellen zu den anderen "Organteilen"

Also ich denke, dieses Unterfangen ist hoffnungslos und würde vermutlich einen Kopier- und Koordinierprozess benötigen, dessen Geschwindigkeit weit über der Vakuumlichtgeschwindigkeit liegt.

Nun es ist ja ein Gedankenexperiment, haben wir ja auch in der Physik, da gibt es ja auch keine Raumschiffe die mit fast c durchs All sausen. Und dann bedenke mal, Du wirst durch eine Herztransplantation Du bleiben, auch der Austausch vieler Atome durch den Stoffwechsel macht Dich nicht zu einem Anderen. Jedenfalls nicht das Du es bemerkst.

Die Form und Struktur muss also nicht so genau sein, offenbar kann man da schon schludern. Haue Dir auf den Kopf und zwitschere Dir mal kräftig einen, gehen viele Hirnzellen den Bach runter, und Du wirst dennoch weiter Dich als Dich wahrnehmen.


Allgemein:

Das Thema beschäftigt schon auch Physiker, Schrödinger hat da mal was zu geschrieben: Geist und Materie Der Text ist schon interessant. Vor allem wird da etwas angesprochen, zu dem ich durch eigene Überlegungen in den ganzen Jahren selber gefunden habe:

Nach Spinoza ist jedes Einzelding eine Modifikation der unendlichen Substanz, das ist Gottes. Es drückt sich in jedem seiner Attribute aus, im besonderen in dem der Ausdehnung und in dem des Denkens. Ersteres ist seine körperliche Existenz in Raum und Zeit, letzteres - wenn es sich um den lebendigen Körper eines Menschen oder Tieres handelt - sein Geist (mens). Aber auch alles leblos Körperliche ist für Spinoza auch ,,ein Gedanke Gottes“. Wir stoßen auf den kühnen Gedanken einer Allbeseelung; freilich nicht zum ersten Male; schon zweitausend Jahre zuvor hatte dieser Gedanke der jonischen Philosophenschule (Thales, Anaximander, Anaximenes) den Beinamen der Hylozoisten eingetragen.

Erwin Schrödinger
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Re: Bewusstsein – Nanu wo bin ich?

Beitragvon nocheinPoet » Mittwoch 12. September 2012, 11:47

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Ich habe da noch zwei Links:

Das Manifest - Was wissen und können Hirnforscher heute?

Und von Schrödinger: Geist und Materie - Drittes Kapitel: Objektivierung

Nun, unsere Schädel sind nicht leer, aber was sich darin vorfindet, so interessant es ist, ist doch wahrhaftig nichts, wenn es um Gefühlswerte und das Erleben einer Seele geht. Dies gewahr zu werden, mag uns im ersten Augenblick erschüttern. Wir überwinden den Schrecken aber leicht, wenn wir bedenken, daß die Überlegung ja genauso auf uns selber zutrifft - und doch 'sind' wir. Bei tieferem Nachdenken liegt sogar ein Trost in dieser Erkenntnis. Wenn Sie vor dem entseelten Leichnam eines nahen Freundes stehen, den Sie schwer vermissen werden, ist es eher tröstlich zu wissen, daß dieser Leib 'nie wirklich' der Sitz seiner Persönlichkeit war, sondern nur symbolisch oder semantisch, nicht vielmehr als eine richtige Briefanschrift oder Telefonnummer.

All dies wurde gesagt von dem Standpunkt aus, dass wir die altehrwürdige Unterscheidung zwischen Subjekt und Objekt akzeptieren. Zwar müssen wir das im täglichen Leben "aus praktischen Gründen" tun, aber mir scheint, wir sollten sie im philosophischen Denken aufgeben. Es sind die gleichen Gegebenheiten, aus denen die Welt und mein Geist gebildet sind. Die Welt gibt es für mich nur einmal, nicht eine existierende 'und' eine wahrgenommene Welt. Subjekt und Objekt sind nur eines. Man kann nicht sagen, die Schranke zwischen ihnen sei unter dem Ansturm neuester physikalischer Erfahrungen ausgefallen; denn diese Schranke gibt es überhaupt nicht.


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Re: Bewusstsein – Nanu wo bin ich?

Beitragvon ralfkannenberg » Mittwoch 12. September 2012, 17:50

nocheinPoet hat geschrieben:Und dann bedenke mal, Du wirst durch eine Herztransplantation Du bleiben, auch der Austausch vieler Atome durch den Stoffwechsel macht Dich nicht zu einem Anderen. Jedenfalls nicht das Du es bemerkst.

Die Form und Struktur muss also nicht so genau sein, offenbar kann man da schon schludern. Haue Dir auf den Kopf und zwitschere Dir mal kräftig einen, gehen viele Hirnzellen den Bach runter, und Du wirst dennoch weiter Dich als Dich wahrnehmen.

Hallo zusammen,

das wird letztlich darauf hinauslaufen, dass man "das ich" sehr eng mit dem Gehirn in Verbindung bringen muss, denn alle anderen Teile des Körpers sind letztlich "nur" Hilfskonstruktionen, um das Überleben und die Reproduktion sichern zu können.

An dieser Stelle möchte ich auf einen Ansatz von Karl Pribram verweisen, der das Gehirn mit einem Hologramm verglich. Wenn man ein Hologramm in der Mitte entzwei bricht, so sieht man nicht nur noch das halbe Bild, sondern man sieht nach wie vor das gesamte Bild, dieses aber unschärfer. Das Gehirn funktioniert in vielen Bereichen (z.B. Gedächtnis) sehr ähnlich.

Man kann also an der Peripherie des Menschen alles entfernen, ohne dass das Bewusstsein bzw das "ich" verloren geht, auch wenn das natürlich in extremis zynisch ist und mit der Erhaltung der Lebensqualität und der Würde des Menschen nicht vereinbar ist, aber irgendwann kommt man da hin, dass weiteres Entfernen nur ein "unschärfer werden" verursacht. Insbesondere hat das zur Folge, dass man auf atomarer Ebene wohl in dieser unschärfer-werden-Phase problemlos austauschen kann, ohne dass sich da gross was ändert.

Die Frage, die man sich nun stellen könnte, wäre natürlich die, ob man ein Gehirn einfach mal in der Mitte teilt und dadurch das Bewusstsein einer Person in zwei etwas unschärfere "Bewusstseins" aufteilen kann.

Bei Einzellern ist sowas ganz normal, bei Regenwürmern beispielsweise ist es möglich, einen solchen so zu zerschneiden, dass beide Teile überleben können, so dass man dann also tatsächlich aus einem Individuum zweimal dasselbe "hergestellt" hat. Wobei sich allerdings mit dem Moment der physischen Trennung beide "Nachfolger" seperat weiterentwickeln und dadurch - nicht zuletzt auch deswegen, weil sie einen echt anderen Platz im Raum einnehmen - eine eigene Identität erhalten.


Freundliche Grüsse, Ralf
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