Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?

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Moderator: nocheinPoet

Re: Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?

Beitragvon Le.Mar. » Freitag 14. Dezember 2012, 00:36

Uli hat geschrieben:
Le.Mar. hat geschrieben:...
Was ich mit Pro-Israel meinte, sind die unerbitterlichen Verteidiger der Politik und der Vorgehensweisen dieses Landes (also die von mir erwähnte Hasbara-Fraktion).
Deshalb erscheint es für mich logisch (bitte nicht mit der Fähigkeit des logischen Denkens verwechseln!) dass die "Dikussionsprenger" eher aus diesem Bereich kommen.

Das ist es auch, was ich mit "Keule!" meine. Ein schnelles "Du Antisemit!" und eine weitere Diskussion findet kaum noch statt.
...


Nach meinen Erfahrungen erwägen Israelis oft, dass Antisemitismus im Spiel ist, wenn die Sorge um ihr Überleben bzw. das Überleben ihres Staates nicht ernst genommen wird:
wenn also penetrant andere Motive für ihre Maßnahmen/Politik unterstellt werden: z.B.
Militärschlag gegen Iran wegen Kontrolle der Ölquellen (statt um ihr Überleben zu sichern)
Installation eines imperialistischen Zauns um Palästinenser zu unterdrücken (statt um Terroranschäge zu erschweren)
Bombardierung von Tunneln um Palästinenser zu terrorisieren (statt um Aufrüstung der terroristischen Hamas zu blockieren)
usw. usw. .

Gruss,
Uli

Edit: In so einem Kontext macht die Verwendung der Bezeichnung "Antisemitismus" m.E. durchaus Sinn.



Antisemitismus fängt schon viel früher an.
Wenn die Existenz eines Staates oder eines Volkes, ethnischer Gruppe etc. auf dem Spiel steht oder propagiert wird, dann ist es meisten schon zu spät.

Ich verstehe diesen Thread hier so, dass es um den Umstand geht Kritik an Israel entweder fälschlich und/oder vorschnell mit Antisemitismusvorwürfen zu ersticken oder berechtigt diesen Vorwurf zu begründen.

In den konkret erwähnten Beispielen, also verdrehen von Tatsachen, ist so ein Vorwurf natürlich berechtigt. Ob die eigentliche Motivation Antisemitismus war oder einfach nur Dummheit, sollte aber immer hinterfragt werden, bevor so ein Vorwurf zur Tatsache wird.

mfg
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Re: Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?

Beitragvon galileo2609 » Freitag 14. Dezember 2012, 02:01

Hallo Le.Mar.
Le.Mar. hat geschrieben:Ich verstehe diesen Thread hier so, dass es um den Umstand geht Kritik an Israel entweder fälschlich und/oder vorschnell mit Antisemitismusvorwürfen zu ersticken oder berechtigt diesen Vorwurf zu begründen.

ein wesentliches Element in dieser Austarierung der Gewichte fehlt mir da noch. Das ist die alltägliche Kritik an Israels "Governance", der dieser Staat wie jeder andere selbstverständlich ausgesetzt ist und auch bewältigen muss. Der Threadtitel reflektiert dagegen in nicht ganz unwichtigem Sinne allerdings auch die allfällig behauptete Immunisierung individueller, manchmal auch kollektiver, Unzulänglichkeiten, dass jede sogenannte "Kritik an Israel" nicht möglich, ja tabuisiert sei. Sofern man sich täglich durch die Presse wühlt, ist dieses Konstrukt doch eher als "esoterisch" zu werten. Aus meiner Sicht ist die Fragestellung des Threads objektiv wenig gewinnbringend. In der tatsächlichen aussenpolitischen Agenda der international anerkannten Akteure ist sie zu recht ein nicht merklicher konstitutiver Parameter.

Anders verhält es sich mit den Amateuren, die sich ausgerechnet und nahezu zwanghaft auf diesen Teil der Welt fixiert haben. Da existiert unübersehbar nun mal das ganze Spektrum, leider oft intellektuell nahe bei der flatline. Ich vermute aber zumindest, mit dir einig zu sein, dass es bei der Konfrontation mit solchen Thesen, immer auf den konkreten Einzelfall ankommt.

Grüsse galileo2609
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Re: Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?

Beitragvon Le.Mar. » Freitag 14. Dezember 2012, 08:47

galileo2609 hat geschrieben:Ich vermute aber zumindest, mit dir einig zu sein, dass es bei der Konfrontation mit solchen Thesen, immer auf den konkreten Einzelfall ankommt.


Moin,

Das sollte eine Voraussetzung bei jeder Form von Kritik und bei jedem kritisierten sein. Pauschalabstrafungen führen immer zu Verzerrungen und sind wenig hilfreich. Genauso wie haltlose Spekulationen über Motivation oder Ziel.
Als Beispiel: Wenn behauptet wird, dass eine Verschärfung des Vorgehens einer Seite nur der Stärkung der politischen Position dient.

Das ist wenig hilfreich. Denn niemand kann Aktionen einer Seite zu 100% nachvollziehen.

Qassam-Raketen fliegen nicht immer im Auftrag der Hamas und die IDF ist keine Wahlkampfeinrichtung der regierenden Partei in Israel. Das ist zu einfach gedacht.


mfg
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Re: Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?

Beitragvon ralfkannenberg » Freitag 14. Dezember 2012, 12:39

Le.Mar. hat geschrieben:Nur zum Verständnis, was ist für dich der Unterschied zwischen Pro-Israel und nicht Anti-Israel?

Hallo Le.Mar.,

die Antwort mag Dir patzig vorkommen, ist es aber überhaupt nicht, sondern wirklich ernst gemeint:

Was ist der Unterschied zwischen

- "für keinen gilt" und
- "es gibt mindestens einen, für den nicht gilt" ?

Und welche der beiden ist die Negierung der Aussage "für alle gilt" ?


Freundliche Grüsse, Ralf
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Re: Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?

Beitragvon Le.Mar. » Freitag 14. Dezember 2012, 12:57

ralfkannenberg hat geschrieben:Und welche der beiden ist die Negierung der Aussage "für alle gilt" ?


:? ...sind ja gar keine Antworten vorgegeben? ;)

Warum sollte mir die Antwort patzig vor kommen? Ist doch bis jetzt eine schöne entspante Runde....

Ich frage immer lieber einmal nach, bevor man die Fettnäpfen trifft. Frage ist beantwortet, danke :)

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Re: Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?

Beitragvon elfenpfad » Freitag 14. Dezember 2012, 13:49

Zum thread - Titel: Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?

Kritik an Israel sollte nie einer Einseitigkeit einheimfallen, und stets das Wohl aller dort lebenden Menschen im Auge haben.


Das Beispiel von Dir @Le.Mar. :

Le.Mar hat geschrieben:Ein begründeter Vorwurf nach Äußerungen wie (ich zitiere ein Beispiel aus einem anderen Forum) "...schade das die raketen nicht genauer sind..." (dies war dann auch der Letzte Beitrag dieses User, danach wurde er gesperrt) kommentiere ich dann natürlich, weil offensichtlich mit 'antisemitisch'.


seh ich auch ganz klar als ein antisemitsche Äusserung an, denn sie richtet sich in menschenverachtender Weise gegen die Bevölkerung, die dort im Krisengebiet lebt.
"Nur das Denken, das wir leben, hat einen Wert.
Hermann Hesse, Demian, Gesammelte Werke Bd. 5"
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Re: Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?

Beitragvon ralfkannenberg » Freitag 14. Dezember 2012, 16:07

Le.Mar. hat geschrieben: :? ...sind ja gar keine Antworten vorgegeben? ;)
(...)
Ich frage immer lieber einmal nach, bevor man die Fettnäpfen trifft. Frage ist beantwortet, danke :)

Hallo Le.Mar.,

ich musste mir diesen banal erscheinenden Unterschied im ersten Semester hart erarbeiten, bis er mir auch so geläufig war, dass ich damit die Übungen in Analysis korrekt lösen konnte. Das waren Zeiten, in denen die Anzahl der Stunden Freizeit den Wert 0 hatte.


Freundliche Grüsse, Ralf
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Re: Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?

Beitragvon Le.Mar. » Freitag 14. Dezember 2012, 16:30

Um mal die Frage, die Titel dieses Threads ist, zu beantworten: NEIN

Nicht JEDE Kritik an Israel ist Antisemitisch.

Allein das wäre ja schon die angesprochene Pauschalisierung.
Israel ist und bleibt ein Land wie jedes andere und muß mit Kritik auch wie jedes andere Land umgehen können.
Man sollte nur die Regeln einer sachlichen und ernsten Konversation einhalten. Aber so etwas sollte im politischen Alltag eigentlich die Regel und nicht die Ausnahme sein.


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Re: Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?

Beitragvon galileo2609 » Freitag 14. Dezember 2012, 21:56

Hallo Le.Mar.,

eine Nachfrage:
Le.Mar. - 13. Dezember 2012, 16:28 hat geschrieben:Ein begründeter Vorwurf nach Äußerungen wie (ich zitiere ein Beispiel aus einem anderen Forum) "...schade das die raketen nicht genauer sind..." (dies war dann auch der Letzte Beitrag dieses User, danach wurde er gesperrt) kommentiere ich dann natürlich, weil offensichtlich mit 'antisemitisch'.

ohne den Kontext des Zitatausschnitts "...schade das die raketen nicht genauer sind..." zu kennen, ist diese Aussage zwar recht gehässig, aber antisemitisch? Oder bleibt mir da eine Ironie verborgen, die du hier zum Ausdruck bringen wolltest?

Jedenfalls ist eine antisemitische Disposition, die in doch sehr lebensnahen Manifestationen Wirklichkeit erlangt,
elfenpfad - 14. Dezember 2012, 12:49 hat geschrieben:seh ich auch ganz klar als ein antisemitsche Äusserung an, denn sie richtet sich in menschenverachtender Weise gegen die Bevölkerung, die dort im Krisengebiet lebt.

durch das Adjektiv "menschenverachtend" zweifellos unzureichend reflektiert und in den Geltungsbereich einer unspezifischen Geisteshaltung aufgelöst, die kaum mehr mit einer konkreten gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit identifiziert werden kann.

Grüsse galileo2609
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Re: Ist jede Kritik an Israel antisemitisch?

Beitragvon Le.Mar. » Freitag 14. Dezember 2012, 23:56

galileo2609 hat geschrieben:ohne den Kontext des Zitatausschnitts "...schade das die raketen nicht genauer sind..." zu kennen, ist diese Aussage zwar recht gehässig, aber antisemitisch?


Dieses Beispiel brachte ich an, als Antwort auf ralfkannenbergs Nachfrage, wann ich jemanden schon einmal als Antisemit bezeichnete. Natürlich fehlt der Kontext. Es war sozusagen "das Maß voll". Der berühmte tropfen. Ich schieb ja auch, dass er wegen dieser Äußerung dann auch Dauergesperrt wurde. Da gab es natürlich vorher schon Sanktionen.

galileo2609 hat geschrieben:Oder bleibt mir da eine Ironie verborgen, die du hier zum Ausdruck bringen wolltest?


Du wirst bei dem Thema Nahost von mir nie "Versteckte Ironie" "Sarkasmus" oder natürlich "Offene Ironie" hören. Dazu nehm ich das Thema viel zu Ernst.
Mich verbindet nichts persönliches mit dieser Gegend oder diesem Konflikt.
Ich habe auch nichts mit Religion am Hut oder besser gesagt, ich kann mit dem Prinzip nichts anfangen.
Doch ich bin nun mal Deutscher. Und ich bin der Meinung, dass ich aus der Geschichte meines Landes etwas lernen sollte. Eigentlich sollte das jeder, leider tun es nur sehr wenige.
Die Lehre?
Kriege, dass töten von Menschen, aus unterschiedlichsten Gründen, ist einfach nur dumm und widerlich! Und wenn man sogar so weit geht und ganze Völker vernichten will, dann ist das sogar Wahnsinn!
Menschen sollten keine Menschen töten!

Ich weiß...
Leider eine Einstellung die ziemlich schwierig zu vermitteln ist und auch manchmal aufgetragen wirkt, das sagt mir jeder.
Aber gerade weil ich verstanden habe, dass es meine Vorfahren waren, die so viele jüdische Menschen auf dem Gewissen haben. Muß es mich auch interessieren, dass die Nachfahren und die immernoch lebenden Zeitzeugen, eine Heimat finden wo sie in Frieden leben können.
Natürlich hat Deutschland eine Verantwortung gegenüber Israel.

Und ich bin mir dessen bewußt.

Ich mag Ironie. Ich mag Sarkasmus. Ich verwende gern Sätze, die man auch mal mit einem Zwinkernden Auge sehen darf. Aber nicht bei diesem Thema. Dann würde ich mich nämlich über die Opfer lustig machen. Und genau das wäre der Neuanfang des Wahnsinns!

dazu mein lieblings Zitat: "Wahnsinn ist, wenn man immer wieder das Gleiche tut, aber andere Resultate erwartet!" Rita Mae Brown


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