Hallo zusammen,
ich will nun die erste Einführung in die Weißen Zwerge mit der Frage, woraus Weisse Zwerge bestehen, abschließen. Da ich diesen Beitrag noch an anderer Stelle verwenden möchte, verwende ich (per Copy/Paste)ausnahmsweise den Buchstaben "ß", den es in der Schweiz nicht gibt. - Wir werden sehen, dass es bezüglich ihrer Zusammensetzung nur 3 Typen Weißer Zwerge gibt, sowie einen weiteren Typ "verhinderter" Weißer Zwerge.
Wie weiter oben gesehen ist der Durchmesser von normalen Sternen ist dort, wo sich der Strahlendruck des Sternes, der den Stern nach außen drückt, und seine Gravitationskraft, die den Stern zusammenzieht, gerade ausgleichen. Der Strahlungsdruck eines Sternes erfolgt aufgrund der Kernreaktionen im Sterninneren, bei denen Atome zu größeren Kernen fusioniert werden. Solange Atomkerne mit einer Ordnungszahl kleiner als derjenigen des Eisen fusionieren, wird bei diesem Prozess Energie frei. Während der meisten Zeit wird Wasserstoff in
Helium umgewandelt (
Stufe 1), so dass Sterne in Wirklichkeit riesige Wasserstoffbomben sind. Irgendwann aber einmal ist der Wasserstoff aufgebraucht. Wenn der Stern genügend Masse hat, und zwar mehr als 0.4 Sonnenmassen, so kann der nächste Fusionsschritt stattfinden (
Stufe 2), bei dem das Helium zu
Kohlenstoff und Sauerstoff verschmolzen wird. Hat der Stern mehr als 2.3 Sonnenmassen, so kann nächste Fusionsschritt stattfinden (
Stufe 3), bei der der Kohlenstoff und Sauerstoff im Kern des Sternes zu
Sauerstoff und Neon verschmolzen werden. Bei mehr als 8 Sonnenmassen ist genügend Energie vorhanden, um auch das Verschmelzen zu höheren chemischen Elementen zu ermöglichen (
Stufen grösser als 3). Details hierzu entnehmt Ihr bitte anderen Quellen, eine für den Anfang sehr brauchbare Darstellung befindet sich in der Wikipedia unter dem Stichwort "Nukleosynthese".
Wenn nun das Material, bei dessen Fusionierung Energie frei wird, aufgebraucht ist – das ist spätestens dann der Fall, wenn der Stern nur noch aus Eisen besteht, kann auf diese Weise keine Energie mehr erzeugt werden. Der Stern hat also
keine innere Energiequelle mehr, die einen
Strahlungsdruck erzeugen könnte, so dass sich der Stern unter seiner eigenen Schwerkraft rasch zusammenzieht und kollabiert.
Wie weit kollabiert der Stern ? Oder anders gefragt: Was kann den Gravitationskollaps stoppen ?
Die beiden Pauli'schen Ausschließungsprinzipien für Elektronen und für Neutronen können den Gravitationskollaps stoppen. Beträgt die Masse des Vorläufersterns weniger als 8 Sonnenmassen, so ist der Brennvorrat spätestens während der dritten Stufe aufgebraucht; in diesem Falle kann das Pauli'sche Ausschließungsprinzip für Elektronen den Gravitationskollaps stoppen und der Stern kollabiert zu einem Weißen Zwerg.
Sobald der Vorgängerstern mehr als 8 Sonnenmassen hat, so kann er die
vierte und weiteren Stufe der Nukleosynthese zünden; bei genügend geringer Masse kann zwar das Pauli'sche Ausschließungsprinzip für Elektronen den Gravitationskollaps nicht mehr aufhalten, weil der Weiße Zwerg dann mehr als 1.45 Sonnenmassen aufweisen würde (Chandrasekhar-Grenze), wohl aber das Pauli'sche Ausschließungsprinzip für Neutronen, so dass der Stern zu einem Neutronenstern kollabiert.
Kann der Gravitationskollaps nicht gestoppt werden, so kollabiert der Stern zu einer Singularität, das heißt, zu einem Schwarzen Loch. In der Literatur werden auch noch weitere Zwischenstufen wie
Quarksterne und
Axionensterne diskutiert. Die genaue Größe der Grenzmassen ist Gegenstand aktueller theoretischer Forschung.
Somit gibt es aufgrund dieser drei Stufen der Nukleosynthese drei Typen Weißer Zwerge, nämlich
leichte,
mittelschwere und
schwere Weiße Zwerge. Leichte Weiße Zwerge haben weniger als 0.4 Sonnenmassen, mittelschwere zwischen 0.4 und 1.05 Sonnenmassen und schwere mehr als 1.05 und weniger als 1.45 Sonnenmassen, der maximal möglichen Masse für Weiße Zwerge. Die meisten Weißen Zwerge gehören zu den mittelschweren.
Theoretisch denkbar wäre auch noch ein Typ Weißer Zwerge, die aus der
0.Stufe der Nukleosynthese übriggeblieben sind, die also nach wie vor aus
Wasserstoff bestehen und nicht genügend Masse hatten, um ein Heliumbrennen (
Stufe 1) zu zünden. Tatsächlich gibt es solche Sterne, konkret sind das die massereicheren Exemplare der Braunen Zwerge. Diese könnte man also auch als ultra-leichte "Weiße Zwerge" bezeichnen, und sie wären somit nicht nur verhinderte Sterne, sondern auch verhinderte Weiße Zwerge.
Leichte Weiße Zwerge kann es nach obigem Modell übrigens nicht geben, da das Alter des Universums nicht ausreicht, um den Wasserstoffvorrat solcher massenarmer Vorläufersterne aufzubrauchen. Man hat aber welche beobachtet, und tatsächlich gibt es noch eine zweite Methode, wie ein Stern Masse verlieren kann, nämlich dann, wenn der Stern sich in der Nähe eines massereicheren Sternes (z.B. mindestens mittelschwerer Weißer Zwerg oder Neutronenstern) befindet und der ihm Masse absaugt. Dieser Prozess ist während des bisherigen Alters des Universums möglich und es verbleibt ein weitgehend nackter Heliumkern des Roten Riesen, bei dem der Strahlungsdruck zusammenfällt und der zu einem leichten Weißen Zwerg wird. Wenn der Partnerstern ein Neutronenstern war, so wird letzterer zu einem Millisekunden-Pulsar, die man einfach nachweisen kann, da ein Neutronenstern, der nur aus einem Sternkollaps entstanden ist, bei weitem nicht so schnell rotieren kann. Es wurden übrigens auch schon mittelschwere Weiße Zwerge um Millisekundenpulsare entdeckt, d.h. durch Absaugen können auch mittelschwere Weiße Zwerge entstehen.
Freundliche Grüße, Ralf
P.S. Beiträge mit Formeln von Holger:8. Dezember 2011, 00:23 Uhr8. Dezember 2011, 19:41 Uhr