http://de.reuters.com/article/domesticNews/idDEBEE69104820101002
Berlin (Reuters) - Ungeachtet der immer größeren Proteste gegen das Bahnprojekt "Stuttgart 21" hält die baden-württembergische Regierung an dem Milliarden-Vorhaben fest.
Ministerpräsident Stefan Mappus und Innenminister Heribert Rech kritisierten erneut das Vorgehen der Projektgegner und deren Absage an Gespräche. Der Chef der Bürgerinitiative Leben, Gangolf Stocker, bezeichnete das Gesprächsangebot der Politik als Farce. Die Bauarbeiten wurden am Samstag unter den Augen einer kleinen Gruppe von Demonstranten fortgesetzt. Die nächste Großdemonstration ist für Montag geplant.
Einen Tag nach der gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen Demonstranten und Polizei waren am Freitagabend Zehntausende zu der bislang größte Protestkundgebung in der Stuttgarter Innenstadt zusammengekommen. Während die Veranstalter von rund 100.000 Bürger sprachen, die friedlich gegen das Projekt und den Polizeieinsatz vom Vorabend protestierten, bezifferte die Polizei die Teilnehmerzahl mit rund 50.000 Teilnehmern. Rund 1000 Polizisten waren im Einsatz. Die Demonstranten forderten in Sprechchören den Rücktritt von Mappus und Rech. Der Innenminister verteidigte am Samstag den Polizeieinsatz vom Donnerstag mit weit über 100 Verletzten erneut als verhältnismäßig und schloss einen Rücktritt aus.
Zuerst fand ich die Idee eines neuen, modernen Bahnhofes ja gar nicht schlecht und in Zeiten, wo man Milliarden für die Banken ausgibt wesentlich sinnvoller angelegtes Geld.
Was ich nie in den Medien gehört hatte war, dass die dafür so viele über 300 Jahre alte Bäume fällen würden. Da frage ich mich dann, ob es denn keinen anderen Weg gegeben hätte.
Dann hört man ja nur von "Protesten", aber die Argumente der Gegner kommen in den Medien wenig vor.
http://de.wikipedia.org/wiki/Stuttgart_21
Es geht auf einen Vorschlag des Verkehrswissenschaftlers Gerhard Heimerl von 1988 zurück und wurde 1994 der Öffentlichkeit vorgestellt.[6] Am 2. Februar 2010 begannen die Bauarbeiten.[7] Die Inbetriebnahme ist für Dezember 2019 geplant. Die geplanten Kosten liegen bei rund 4,1 Milliarden Euro (Stand: Dezember 2009).
Das Projekt ist seit Jahren umstritten. Am Protest gegen Stuttgart 21 beteiligten sich zehntausende Bürger. Ein Alternativkonzept wird unter dem Namen Kopfbahnhof 21 diskutiert.
Projektbefürworter betonen unter anderem umfangreiche Möglichkeiten der Stadtentwicklung, wirtschaftliche und gesellschaftliche Möglichkeiten durch das neue Verkehrskonzept, die durchgehende Hochgeschwindigkeitsverbindung mit Halt im Stuttgarter Zentrum, den Erhalt der Verknüpfungsfunktion des Hauptbahnhofs sowie zu erwartende Fahrzeitverkürzungen und Reisendenzuwächse.[54]
Projektgegner halten das Projekt für betriebsschädlich, nicht bahnkundenfreundlich, umweltbelastend und überteuert. Sie bemängeln unter anderem aus ihrer Sicht massive Eingriffe in Umwelt, Mineralwasservorkommen, Grundwasser, Denkmäler und privates Eigentum. Das Projekt mache ferner jedwede Perspektive zunichte, den Hauptbahnhof Stuttgart zu einem Vollknoten in einem Integralen Taktfahrplan auszubauen. Ferner würden zahlreiche weitere Bahnprojekte in Baden-Württemberg (darunter der Ausbau der Gäubahn und der Rheintalbahn sowie die Elektrifizierung der Südbahn) durch das Projekt blockiert, da sich die Landesregierung auf Stuttgart 21 konzentriere. Auch würden Mittel aus der Streichung von Regionalverkehren (2007) in das Projekt gelenkt. Der Reisezeitvorteil des Durchgangsbahnhofs sei, auch aufgrund des Wendezug-Konzepts, für den Großteil der Reisenden im Vergleich zur Alternative Kopfbahnhof 21 null.[121] Durch den Durchgangsbahnhof ließe sich keine signifikante Fahrzeitverkürzung erreichen.[122] Auch die Kosten für das Projekt wurden kritisiert.[123] Teilweise wird die Meinung vertreten, einzig Baukonzerne und Banken profitierten von dem Projekt, das von einer „Mafia“ von Politik, Bauwirtschaft und Banken vorangetrieben werde.[121]
In den 1990er Jahren wurde kritisiert, dass keine Alternativen zu Stuttgart 21 geprüft worden seien. 1996 legte Umkehr Stuttgart mit dem Konzept Das bessere Stuttgart 21 einen Vorschlag vor, den Stuttgarter Hauptbahnhof ohne die Notwendigkeit von Tunnelröhren und mit besseren Möglichkeiten für einen Integralen Taktfahrplan umzubauen. Projektgegner bemängelten 1996, dass der geplante Erlös von 2,2 Milliarden D-Mark für 56 Hektar Nettobauland (entsprechend rund 4000 D-Mark je Quadratmeter) viel zu hoch angesetzt worden sei.[30] Kritisiert wurde (Stand: 2001) ferner die Vergabe eines Zehn-Jahres-Vertrages für Regionalverkehr an die Deutsche Bahn ohne Ausschreibung. Laut DB-Angaben rechne sich Stuttgart 21 ohne langfristige Nahverkehrsverträge nicht.[124] Seit 1996 setzt sich die Initiative „Leben in Stuttgart – kein Stuttgart 21“ gegen das Projekt ein.[121]
Wettbewerbsrechtler halten die 2001 erfolgte Direktvergabe zusätzlicher Verkehrsleistungen an die DB Regio sowie die darüber hinaus gewährten Zahlungen für eine versteckte Subvention der Deutschen Bahn. Die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg räumte ein, dass in der Auftragssumme ein „gewisser Betrag“ für Stuttgart enthalten sei.[65] Kritiker bemängeln darüber hinaus, dass auch im Anschluss an den bis 2016[65] laufenden Verkehrsvertrag 20 Prozent des Auftragsvolumens sowie weitere attraktive Leistungen ohne Ausschreibung an die Deutsche Bahn vergeben werden sollen. Bis 2025 würden so mehr als 100 Millionen Euro mehr verausgabt als unter Wettbewerb.[125]
Übereinstimmung besteht zwischen Projektbefürwortern und Projektgegnern darin, dass der Stuttgarter Bahnknoten modernisiert – also auch im Hinblick auf seine Leistungsfähigkeit verbessert – werden müsse. Der Verkehrsclub Deutschland entwickelte mit „Umkehr Stuttgart“, einem Bündnis von Umwelt- und Verkehrsverbänden, und der Bürgerinitiative „Leben in Stuttgart – Kein Stuttgart 21“ das alternative Konzept Kopfbahnhof 21 („K 21“), das den Umbau der bestehenden Anlagen unter Beibehaltung des 17-gleisigen Kopfbahnhofs vorsieht.
Etwa 4200 Arbeitsplätze werden, nach Angaben der Bahn, durch das Bauprojekt in Stuttgart gesichert.[1]
Das sind eine ganze Menge Argumente dagegen. Auch interessant, dass es Alternativen gäbe, die zusammen mit dem Verkehrsclub Deutschland und den Gegnern entwickelt wurden. Habe mal geggogelt:
http://www.vcd-bw.de/presse/2010/38-2010/index.html
Jüngste Medienberichte, wonach bei Stuttgart 21 ein Planungschaos herrscht, bestätigen den ökologischen Verkehrsclub Deutschland (VCD) in der Einschätzung, dass es sich beim geplanten Tiefbahnhof sowohl bahnbetrieblich als auch rein handwerklich um die größte Fehlplanung der deutschen Bahngeschichte handelt. Der VCD fordert einen sofortigen Abrissstopp und einen Verzicht auf die geplanten Baumfällarbeiten im Schlossgarten. Der Planungsrückstand bei der Deutschen Bahn AG erlaube eine Pause und ermögliche einen völligen Neustart in der Diskussion um die Gestaltung des Bahnknotens Stuttgart....
...Jetzt rächt sich, dass die Planer der DB nie von der Realisierung und vom Sinn des Tiefbahnhofs überzeugt waren, und deshalb die Planung nur oberflächlich vorangetrieben haben. Das Chaos, das sich jetzt bei Stuttgart 21 abzeichnet, zeigt, dass politischer Druck und Eile denkbar schlechte Planungsgrundlagen sind.“
Das hört sich nicht nicht nach einem sinnvollen Projekt an, eher nach finanziellen Interessen. Was es da an Vorwürfen gibt, Aufträge ohne Ausschreibung an die Bahn zu vergeben, scheint auch nicht rechtens zu sein. Auch bei den Vorwürfen bezüglich versteckter Subventionen entsteht der Eindruck, dass es da nicht so mit rechten Dingen zugeht.
Die Bahn dementiert übrigens die Fehlplanung:
http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622/nid=1622/did=6956020/11udizu/index.html
Für die Tunnelarbeiten sollen "rohbaurelevante Angaben" fehlen, heißt es im Stern-Bericht. Außerdem werde in Stuttgart mit einem modernen europäischen Signalsystem geplant. In Deutschland gebe es aber keine Züge, die mit diesem System fahren. In Stuttgart werde ein Verkehrsknoten geplant, der auch in Zukunft für die meisten Züge unerreichbar sein wird. Daher müssten die Tunnel mit dem üblichen Signalsystem nachgerüstet werden, was Geld und Zeit kosten werde.
Demnächst sollen die Arbeiten für die Tunnel des Milliardenprojekts vergeben werden. Allerdings geschehe das "ohne eisenbahntechnische Ausrüstung". Oberleitungen sind laut "Stern" ebenso wenig wie Signalanlagen in den Zugtunnel vorgesehen. Die gängigen Oberleitungen passen offenbar nicht in die Tunnel, weil sie von der Normgröße abweichen, daher passe auch die übliche Signaltechnik nicht.
Laut dem Bericht des Nachrichtenmagazins sehe man das Projekt intern "auf kritischem Weg". Beteiligte sollen bereits an der Umsetzung zweifeln. Dies sollen vertrauliche Dokumente, aktuelle Projektanalysen und -berichte zeigen, die dem "Stern" vorliegen.
Bahn weist "Stern"-Bericht entschieden zurück
Den Vorabbericht des "Stern" weist die Deutsche Bahn "mit aller Entschiedenheit als falsch zurück". "In nicht nachvollziehbarer Weise werden ganz unterschiedliche Fakten und Zwischenstände aus den verschiedensten Bereichen in einen vermeintlichen Zusammenhang gebracht", heißt es in der Stellungnahme. Der Bericht sei eine Mischung von Behauptungen und Unterstellungen, die aus fachlicher Sicht nicht nachvollziehbar seien. Die von der Bahn abgegebene Stellungnahme sei in dem Vorabbericht zudem unterschlagen worden.
Die Bahn betont, dass alle Planungen und Ausschreibungen "geltendem nationalem und europäischem Recht" entsprechen. Unter anderem widerspricht der Konzern dem Bericht hinsichtlich dem europäischen Signalsystem ETCS: "Tatsache ist, dass neue Eisenbahninfrastruktur selbstverständlich mit dem modernen europäischen Signalsystem ETCS ausgerüstet wird, gleichzeitig aber mit dem Einbau konventioneller Signaltechnik eine Kompatibilität zu eingesetzten älteren Fahrzeugen geschaffen werden kann."
Da denke ich an die Meldungen der letzten Monate mit den Klimananlagen, die ab 32° nicht mehr funktionierten, kaputte Radreifen und andere Sparmaßnahmen bei der Wartung.
Wer da Recht hat, steht für mich schon irgendwie fest. Das Vertrauen in die Bahn ist da nicht mehr so das beste, zumal ich selbst öfters mit der Bahn fahre und es jedesmal Probleme gibt.
Bei solchen Großprojekten gibt es bestimmt Leute, die sich die Taschen vollstopfen können und das sind meist die größten Schreihälse.
Für die Regierung kommt ein Baustopp weiterhin nicht in Frage. Auch für einen Volksentscheid gebe es keinen Grund. Für die FDP ist Stuttgart 21 ein Schlüsselprojekt für die Infrastrukturentwicklung in Deutschland. Die Menschen müssten nun vom Sinn des Vorhabens überzeugt werden.
Ja, für die FDP war auch die Senkung der MWST für Hotels so wichtig, dass die Regierung das umgesetzt hat. Dumm halt für die Leute, die kein Hotel haben.
Weil die Menschen 'nun vom Sinn des Vorhabens' überzeugt werden müssen, kommen die Argumente der Gegenseite in den Medien bei der Berichterstattung über die Demonstrationen nicht vor. War mir auch alles neu.
Den Stern-Artikel gibt es noch:
http://www.stern.de/wirtschaft/immobilien/geheime-akten-stuttgart-21-nichts-als-chaos-1608267.html
Züge brauchen Strom, Züge brauchen Signalanlagen, ohne die können sie nicht fahren. Bei dem Bahnprojekt Stuttgart 21 ist das in den Planungen jedoch nicht vorgesehen. Das zeigen interne, vertrauliche Dokumente, aktuelle Projektanalysen und -berichte von Deutschlands umstrittenstem Bauprojekt, die dem stern vorliegen. Danach herrschen bei den Planern Chaos und Panik. In Briefen an die DB Projektbau AG wird "das Risikopotenzial" beklagt, weil "rohbaurelavante Angaben" für die vorgesehenen Tunnelarbeiten fehlen. Intern sieht man das "Gesamtprojekt auf kritischem Weg".
...Kanzlerin Angela Merkel hat sich rückhaltlos hinter S21 gestellt. In ihrer Familie ist, wie der stern erfahren hat, das Bauprojekt heftig umstritten. Ihre Cousine in Stuttgart ist "Parkschützerin", hat also per Unterschrift erklärt, sich gegen das für S21 notwendige Abholzen der Bäume im Stuttgart Schlosspark zu wehren. Wenn es sein muss, wird sich die Cousine der Kanzlerin an die Bäume ketten.
Na dann...
Das Vorgehen gegen die Demonstranten ist jedenfalls unverhältnismäßig. Was Mappus und Rech da angeordnet haben, wird bei den Wellen die das schlägt zu ihrem Rücktritt führen. Ich kann mir zumindest nicht vorstellen, dass die Herren nochmal wiedergewählt werden.